SteuerSparbrief - Archiv

Der Online-SteuerSparbrief erscheint monatlich im Umfang von rund 16 Seiten und ist Teil des Abonnements von Steuerrat24. Die aktuelle Ausgabe steht jeweils ab Monatsbeginn zum Abruf in der Rubrik "SteuerSparbrief" bereit.

Falls Sie eine frühere Ausgabe versäumt haben, können Sie hier die letzten Ausgaben des SteuerSparbriefs aufrufen.

 

Diese Ausgabe bietet unter anderem folgende interessante Themen:

  • Doppelte Haushaltsführung: Wann ist die finanzielle Beteiligung ausreichend?
  • Firmenfahrrad: Neue Steuerbegünstigung der Privatnutzung
  • Verlust des Arbeitsplatzes: Werden Abfindungen zu hoch besteuert?
  • Umsatzsteuer: Ist die Vermietung von Stellplätzen stets steuerpflichtig?
  • Firmenwage; Steuermodell "Kostendeckelung bei Leasing" jetzt beim BFH
  • Änderung von Steuerbescheiden: Sechs-Augen-Prinzip schließt Korrektur aus

Hier geht es zum gesamten Inhaltsverzeichnis und zu Ihrem SteuerSparbrief (Hinweis: Die PDF-Datei zum Ausdruck finden Sie unterhalb des Inhaltsverzeichnisses):

Hier finden Sie auch die PDF-Datei zum Ausdruck: SteuerSparbrief März 2020

 

Liebe Leserin, lieber Leser,

einen Teil des Dezembers und des Januars verbringe ich stets damit, Ausfüllhilfen zu den Steuererklärungsvordrucken zu erstellen. Meistens steht mir zu diesem Zeitpunkt kein Hilfsmittel zur Verfügung und die offiziellen Anleitungen helfen nur sehr bedingt weiter, denn immer dann, wenn es schwierig wird, schweigt des Sängers Höflichkeit und der "Vordruckgeber" beschränkt sich auf Floskeln.

Wie fast jedes Jahr finde ich immer wieder Stellen in den Vordrucken, die mich - sagen wir einmal - ins Grübeln bringen. Ich könnte es auch drastisch formulieren: Auch nach fünfmaligem Lesen verstehe ich sie nicht - dabei bin ich seit über 37 Jahren im Steuerrecht tätig, war Finanzbeamter des mittleren Dienstes und des gehobenen Dienstes, bin Steuerberater und befasse mich als langjähriger Redakteur mit dem Verständnis von Fachtexten.

Bei den Vordrucken zur Einkommensteuererklärung 2019 dachte, nun wird alles besser. Immerhin lässt der bayerische Finanz- und Heimatminister Albert Füracker in Großbuchstaben verkünden: "EINKOMMENSTEUERERKLÄRUNG 2019 WIRD EINFACHER!" Und weiter: "Viele Menschen, vor allem Rentnerinnen und Rentner sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, können ihre Steuererklärung ab dem Veranlagungszeitraum 2019 wesentlich einfacher erstellen ... Die Papiervordrucke für die Einkommensteuererklärung wurden deshalb für den Veranlagungszeitraum 2019 neu gestaltet. Bereiche für Daten, die der Finanzverwaltung in der Regel bereits elektronisch vorliegen, sind farblich hervorgehoben und müssen grundsätzlich nicht mehr ausgefüllt werden. Dies betrifft beispielsweise Lohndaten, Renten oder bestimmte Beiträge zur Kranken-/Pflegeversicherung und Altersvorsorge."

Was Herr Füracker verschweigt: Das Steuerhauptformular, früher auch als Mantelbogen bezeichnet, ist zwar auf zwei Seiten geschrumpft, dafür gibt es aber sage und schreibe vier neue Anlagen, also vier neue Formulare, und zwar die Anlagen Sonderausgaben, Außergewöhnliche Belastungen, Haushaltsnahe Aufwendungen und Sonstiges.

Nun komme ich zu dem Zusammenspiel dieser Anlagen: Ich habe beispielsweise versucht zu durchdringen, wie Pflegekosten geltend zu machen sind. Ich darf Ihnen verraten, dass ich viele Stunden damit verbracht habe und einige Kollegen fragen musste, bevor mir die einzelnen Zeilen verständlich waren. Zusammen mit meinen Kollegen waren rund 150 Jahre Berufserfahrung erforderlich, um zu verstehen, was uns der Autor (= Vordruckgeber) mit seinem Werk sagen wollte. Kleine Kostprobe: Pflegeleistungen sind in der Anlage Außergewöhnliche Belastungen gleich zweimal einzutragen, wobei man darüber stolpert, dass sie in der Anlage Haushaltsnahe Aufwendungen noch einmal abgefragt werden, dort aber gegebenenfalls gar nicht einzutragen sind. Und ein viertes Mal ist eventuell eine Eintragung in der Anlage Sonstiges erforderlich, denn wer hier nicht Obacht gibt, riskiert eine Kürzung der abziehbaren Aufwendungen.

Der eine oder andere wird auch darüber stolpern, dass zwar viele Zeilen mit einem "e" gekennzeichnet sind und die entsprechenden Daten daher als so genannte eDaten angeblich automatisch beigestellt werden, es jedoch zahlreiche Ausnahmen gibt - und zwar trotz des Buchstabens "e" in der betreffenden Zeile. Sie müssen also schon das Kleingedruckte in den Vordrucken lesen. Zudem stolpern getrennt lebende Elternteile einmal über die Formulierung "auf gemeinsamen Antrag" und ein anderes Mal über die Formulierung "auf übereinstimmenden Antrag". Glauben Sie ja nicht, dies sei das gleiche. Die steuerlichen Folgen können vollkommen anders sein.

Lassen Sie sich also nicht von vollmundigen Worten der Politik und der Finanzverwaltung beeindrucken und verlassen Sie sich schon gar nicht auf die amtlichen Anleitungen - sie helfen Ihnen nur bedingt weiter. Einfacher ist es, wenn Sie gleich die Ausfüllhilfen nutzen, die Ihnen Steuerrat24 wie jedes Jahr zur Verfügung stellt. Für alle wichtigen Vordrucke erhalten Sie eine Schritt-für-Schritt-Anleitung mit zahlreichen Steuertipps und weiterführenden Hinweisen.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr

Christian Herold

Redaktion Steuerrat24

 

I. Beruflicher Bereich

1. Doppelte Haushaltsführung:
Wann ist die finanzielle Beteiligung ausreichend?

Liegt der Arbeitsort weit vom Wohnort entfernt, ist dort oftmals eine Zweitwohnung erforderlich. Wenn also aus beruflichen Gründen neben der Hauptwohnung ein Zweithaushalt entsteht, liegt eine doppelte Haushaltsführung vor. Bei Ledigen kommt dem eigenen Hausstand am Hauptwohnort eine größere Bedeutung als Verheirateten zu. Eine neue Bedingung für den "eigenen Hausstand" ist seit 2014 die finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung in der Hauptwohnung (§ 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG). Die Frage ist, wann eine ausreichende finanzielle Beteiligung vorliegt.

AKTUELL hat sich das Niedersächsische Finanzgericht ausführlich mit der Frage befasst, wann eine finanzielle Beteiligung des Arbeitnehmers am Haupthaushalt - vor allem im Mehrgenerationenhaushalt - ausreichend ist, damit eine doppelte Haushaltsführung steuerlich anzuerkennen ist (FG Niedersachsen vom 18.9.2019, 9 K 209/18). Nach Auffassung des Finanzgerichts gilt Folgendes:

  • Neben einer - nicht zwingenden - Beteiligung an den Wohnungs- und Hauskosten ist auch eine alleinige Beteiligung an den übrigen Lebensführungskosten ausreichend.
  • Unter Lebensführungskosten sind (nur) diejenigen Aufwendungen zur Gestaltung des privaten Lebens zu verstehen, die einen Haushaltsbezug aufweisen. Das sind im Wesentlichen Miet- und Hauskosten, Verbrauchs- und sonstige Nebenkosten, Aufwendungen für die Anschaffung und Reparatur von Haushaltsgeräten und Haushaltsgegenständen, Kosten für Lebensmittel und Telekommunikation. Mangels Haushaltsbezugs zählen Kosten für Urlaub, Pkw, Freizeitgestaltung, Gesundheitsförderung sowie Kleidung u.Ä. nicht hierzu.
  • Der Arbeitnehmer hat in jedem Jahr diese Kosten der Lebensführung dem Finanzamt gegenüber darzulegen. Ihn trifft insoweit zwar grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast. Wegen einer im Regelfall jedoch anzunehmenden Unzumutbarkeit - Kosten sind zum Großteil außerhalb seiner Einflusssphäre - ist aber regelmäßig eine Schätzung geboten.
  • Es ist nicht zu beanstanden, wenn eine solche Schätzung der Lebensführungskosten des Haupthaushaltes anhand der jährlichen Angaben des Statistischen Bundesamtes für den jeweiligen Haushaltstypus (etwa Mehrgenerationenhaushalt) erfolgt.
  • Eine finanzielle Beteiligung an den Lebensführungskosten des Haupthaushaltes kann in direkter Form (etwa bare und unbare Leistungen von Geldbeträgen an die Eltern), aber auch indirekt erfolgen (etwa durch Anschaffung von Haushaltsgegenständen, Tragen von Reparatur- oder Renovierungskosten, Beteiligung an den Erwerbs- oder Baukosten). Ideelle Beträge oder Dienstleistungen (im Streitfall: Übernahme von Arbeiten rund ums Haus, Arbeiten im Garten, Mithilfe bei Umbau oder Renovierung) fallen nicht unter den Begriff der "finanziellen Beteiligung".
  • Eine regelmäßige Beteiligung an den laufenden Wohnungs- und Verbrauchskosten fordert die gesetzliche Neuregelung nicht, da weder der Gesetzeswortlaut noch die Gesetzesmaterialien hierauf hindeuten (entgegen BMF-Schreiben vom 24.10.2014, BStBl. 2014 I S. 1412, Rz. 100). Auch unregelmäßige Zahlungen oder nur Einmalzahlungen können als finanzielle Beteiligung angesehen werden.
  • Auf den Zeitpunkt der Zahlung - Anfang, Mitte oder Ende des jeweiligen Jahres - kommt es insoweit nicht an. Auch am Ende des Jahres geleistete finanzielle Beträge können ausreichend sein (im Streitfall: Am Ende des Jahre geleistete - rückbezogene - Überweisungen für laufende Kosten ab Beginn des Jahres und als Beteiligung an den Kosten einer Fenstererneuerung).
  • Selbst eine Einbeziehung von Zahlungen außerhalb des Streitjahres hält der Senat für denkbar, sofern die Zahlungen ihre wirtschaftliche Verursachung im jeweiligen Streitjahr haben, z.B. Beteiligung an den Nebenkosten nach Vorlage der Nebenkostenabrechnung im Folgejahr. Das Abflussprinzip des § 11 Abs. 2 EStG gilt hier nicht.
  • Die finanzielle Beteiligung an den Lebensführungskosten des Haupthaushaltes darf nicht erkennbar unzureichend sein. Das Erfordernis des Überschreitens einer Geringfügigkeitsgrenze von 10 Prozent, wie sie die Finanzverwaltung fordert (BMF-Schreiben vom 24.10.2014, BStBl. 2014 I S. 1412, Rz. 100) und die auch im übrigen Ertragsteuerrecht anerkannt ist, erscheint sachgerecht. Ansonsten wäre die gesetzliche Neuregelung weder praktikabel handhabbar noch justiziabel.

FAZIT: Wohnt ein lediger Arbeitnehmer, der in der Woche in einer angemieteten Wohnung am Arbeitsort lebt, an den Wochenenden und in seiner übrigen Freizeit zusammen mit seinem Bruder und seinen Eltern in einem Mehrgenerationenhaushalt, so sind die Aufwendungen für die wöchentlichen Familienheimfahrten sowie die Mietaufwendungen der Zweitwohnung als Kosten einer doppelten Haushaltsführung anzuerkennen, wenn er sich an den haushaltsbezogenen Lebensführungskosten dieses Haupthaushaltes mehr als nur unwesentlich, d.h. oberhalb einer Geringfügigkeitsgrenze von 10 Prozent, finanziell beteiligt.

STEUERRAT: Gegen das Urteil ist zwischenzeitlich die Revision beim Bundesfinanzhof anhängig unter dem Az. VI R 39/19. Die Rechtsfrage, in welcher Weise und in welcher Höhe sich der Steuerpflichtige an den Kosten der Lebensführung am Hauptwohnsitz beteiligen muss, ist bislang - soweit ersichtlich - nicht Gegenstand einer finanzgerichtlichen Entscheidung gewesen und bedarf der höchstrichterlichen Klärung. Sofern das Finanzamt bei Ihnen eine doppelte Haushaltsführung mit dem Argument der fehlenden Kostenbeteiligung abgelehnt hat, sollten Sie hiergegen Einspruch einlegen und sich auf das genannte Verfahren berufen. Nach Möglichkeit sollten Sie es natürlich erst gar nicht auf einen Streit ankommen lassen, sondern am besten einen Dauerauftrag einrichten und den Eltern einen angemessenen Betrag "Beteiligung an den Miet- und Hauskosten" monatlich überweisen.

HINWEIS: Die entschiedenen Rechtsfragen dürften aufgrund einer Vielzahl vergleichbarer Fallkonstellationen erhebliche praktische Relevanz haben. Nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes aus 2018 sind immerhin mehr als 25 Prozent aller Haushalte in Deutschland sog. Mehrpersonenhaushalte mit zwei Generationen.

Weitere Informationen: Doppelter Haushalt: Wann eine doppelte Haushaltsführung anerkannt wird

 

2. Auswärtstätigkeit:
Übernachtungskosten bei fehlender erster Tätigkeitsstätte

Bei Übernachtungen aus beruflichen Gründen kommen für die steuerliche Berücksichtigung zwei Möglichkeiten in Betracht:

  • Findet die Übernachtung am Ort oder in der Nähe der ersten Tätigkeitsstätte in einer Zweitwohnung statt, können die Kosten als Kosten der doppelten Haushaltsführung im Rahmen der Werbungskosten abgesetzt werden (§ 9 Abs. 1 Nr. 5 EStG).
  • Findet die Übernachtung im Rahmen einer Auswärtstätigkeit außerhalb der ersten Tätigkeitsstätte statt, sind die Kosten als Reisekosten absetzbar (§ 9 Abs. 1 Nr. 5a EStG).
  • Gelegentlich kommt es vor, dass Arbeitnehmer am Ort der ersten Tätigkeitsstätte übernachten, z.B. nach Überstunden, einer fröhlichen Betriebsfeier, einem Geschäftsessen oder bei schlechter Witterung. Die Kosten für gelegentliche Übernachtungen sind bis 2013 als allgemeine Werbungskosten absetzbar, wenn dafür berufliche Gründe vorliegen (BFH-Urteil vom 5.8.2004, VI R 40/03). Seit 2014 sind solche Kosten als Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 5a EStG absetzbar. Verpflegungspauschbeträge werden allerdings nicht anerkannt, weil es sich nicht um eine Auswärtstätigkeit außerhalb der ersten Tätigkeitsstätte handelt (§ 9 Abs. 1 Nr. 5a EStG).

Was aber gilt, wenn Arbeitnehmer keine "erste Tätigkeitsstätte" haben, sondern ausschließlich im Außendienst tätig sind? Dabei kommt es vor, dass sie für ihre Tätigkeit außerhalb ihres Hauptwohnortes eine Zweitwohnung anmieten und diese dann als Büroarbeitsplatz nutzen.

AKTUELL hat das Finanzgericht Hamburg entschieden, dass die Kosten einer vom Lebensmittelpunkt entfernten Zweitwohnung, die für Übernachtungen im Rahmen einer wechselnden Auswärtstätigkeit sowie als Büroarbeitsplatz genutzt wird, als Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 5a EStG absetzbar sind (FG Hamburg vom 24.10.2019, 6 K 35/19).

  • Eine doppelte Haushaltsführung liegt nicht vor, weil es an einer "ersten Tätigkeitsstätte" fehlt. Eine doppelte Haushaltsführung ist nur dann anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes seiner ersten Tätigkeitsstätte einen eigenen Hausstand unterhält und auch am Ort der ersten Tätigkeitsstätte wohnt.
  • Es handelt sich um notwendige Mehraufwendungen für beruflich veranlasste Übernachtungen an einer Tätigkeitsstätte, die nicht erste Tätigkeitsstätte ist. Diese sind seit 2014 als Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 5a EStG absetzbar.
  • Soweit die Zweitwohnung als Büroarbeitsplatz genutzt wird, stellen die Wohnkosten (anteilig) allgemeine Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG dar, weil die Wohnung - vergleichbar wie die Anmietung eines reinen Büros - der Erzielung von Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit dient. Gleichwohl sind die Wohnkosten insgesamt nach § 9 Abs. 1 Nr. 5a EStG als Werbungskosten abziehbar.

Weitere Informationen: Das neue Reisekostenrecht ab 2014: Wann liegt eine Auswärtstätigkeit vor?

 

3. Studienkosten:
Rückzahlung als Werbungskosten absetzbar?

Kürzlich ging durch die Presse, dass ein Ex-Sanitätsoffizier 57.000 EUR an Studienkosten an die Bundeswehr zurückzahlen muss (Spiegel online vom 14.1.2020). Der Betroffene hatte sich bei der Bundeswehr zu einem Dienst von 17 Jahren verpflichtet, konnte dann auf Kosten der Bundeswehr mit einer stattlichen Ausbildungsgeld Medizin studieren, wurde Offizier und durfte nach dem Studium sogar eine klinische Weiterbildung zum Facharzt für Anästhesie absolvieren. Anschließend war er als Armeearzt mehrere Jahre in Krisengebieten im Einsatz gewesen, unter anderem auch in Afghanistan. Dann verweigerte er den Kriegsdienst, wurde vorzeitig aus der Bundeswehr entlassen und soll nun einen Teil seiner Studienkosten zurückzahlen.

AKTUELL hat das Verwaltungsgericht Düsseldorf entschieden, dass die Rückzahlungsforderung der Bundeswehr zu Recht besteht und der ehemalige Sanitätsoffizier 57.000 EUR an die Bundeswehr zurückzahlen muss. Nur in einem Punkt gaben die Richter dem Kläger Recht: Die Bundeswehr muss ihm eine Stundung oder Ratenzahlung der Summe gewähren (VerwG-Urteil vom 14.1.2020, 10 K 15016/16).

Nach Auffassung der Richter ist die Bundeswehr berechtigt, den Vorteil abzuschöpfen, den der Kläger während seines Studiums durch das Ausbildungsgeld, ersparte Studiengebühren und Lernmittel erlangt habe. Die Bundeswehr habe darüber hinaus auch zu Recht die Kosten der von ihm bei der Bundeswehr absolvierten Fachausbildungen, insbesondere der klinischen Weiterbildung zum Facharzt für Anästhesie, zurückgefordert. Bereits 2017 hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass Soldaten auf Zeit, die auf Kosten des Bundes ein Hochschulstudium absolviert haben, die Bundeswehr jedoch vor Ablauf ihrer Verpflichtungszeit verlassen, dem Bund grundsätzlich ihre Ausbildungskosten erstatten müssen (BVerwG-Urteile vom 12.4.2017, 2 C 16.16; 2 C 5.16; 2 C 8.16 u.a.).

Nach Auffassung des BVerwG hat der Bund grundsätzlich das Recht, das während des Studiums gewährte Ausbildungsgeld und die im Anschluss entstandenen Fachausbildungskosten zurückzufordern. Die gesetzlich vorgesehene Rückzahlungsverpflichtung verletze nicht das Eigentumsrecht des ehemaligen Soldaten, sondern sie stelle einen angemessenen Ausgleich für die berechtigten, jedoch enttäuschten Erwartungen des Bundes dar, dass ihm der Soldat die auf Kosten des Bundes erworbenen Spezialkenntnisse und Fähigkeiten bis zum Ende der Verpflichtungszeit zur Verfügung stellen werde.

STEUERRAT: In einem Punkt ist jedoch eine Korrektur an der Berechnungspraxis der Bundeswehr vorzunehmen: So müssen Zeiten, in denen approbierte Sanitätsoffiziere vollen Dienst als Arzt in einem Bundeswehrkrankenhaus leisten, zu einer Verringerung der Rückzahlungsverpflichtung führen (sog. Abdienquote). Das gelte auch dann, wenn sie zu dieser Zeit eine Fachausbildung erhalten (BVerwG-Urteil vom 12.4.2017, 2 C 16.16 u.a.).

STEUERRAT: Einen weiteren Trost gibt es: Der Ex-Sanitätsoffizier kann die zurückgezahlten Aus- oder Fortbildungskosten als Werbungskosten absetzen, weil sie objektiv in Zusammenhang mit dem Beruf stehen - so zumindest das BFH-Urteil vom 7.12.2005 (I R 34/05). Ob diese Auffassung nach den jüngsten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts in Sachen "Kosten den Erststudiums" noch gilt, könnte zwar angezweifelt werden. Bis auf Weiteres sollten sich Betroffene aber auf das BFH-Urteil berufen.

 

4. Vergünstigte Wohnungsüberlassung:
Gesetzgeber vergisst die Sozialversicherung

Zum 1.1.2020 wurde eine neue Steuervergünstigung für die verbilligte oder kostenlose Überlassung einer Wohnung an Arbeitnehmer eingeführt: Seitdem gilt bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Sachbezugs für eine Mietwohnung, die der Arbeitgeber seinem Mitarbeiter kostenlos oder verbilligt überlässt, ein Bewertungsabschlag. Dieser beträgt ein Drittel vom ortsüblichen Mietwert. Der Sachbezugsansatz soll danach unterbleiben, soweit das gezahlte Entgelt mindestens zwei Drittel des ortsüblichen Mietwerts und dieser nicht mehr als 25 EUR je Quadratmeter Kaltmiete beträgt. Der Bewertungsabschlag wirkt also wie ein steuerlicher Freibetrag (§ 8 Abs. 2 Satz 12 EStG, vgl. SteuerSparbrief Februar 2020).

AKTUELL möchten wir ergänzend darauf hinweisen, dass die steuerliche Neuregelung bislang nicht in das Sozialversicherungsrecht übernommen worden ist, genauer gesagt in die maßgebende Sozialversicherungsentgeltverordnung. Offenbar hat der Gesetzgeber dies vergessen. Daher scheidet nach Auffassung der Sozialversicherungsträger eine Berücksichtigung des Bewertungsabschlags bei der Feststellung des sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelts aus (Besprechung der Sozialversicherungsträger vom 20.11.2019, TOP 4).

Deshalb gilt: Die steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Bemessungsgrundlage (steuerpflichtiger Arbeitslohn/beitragspflichtiges Arbeitsentgelt) weichen voneinander ab. Es bleibt zu hoffen, dass der Gesetzgeber diese differenzierte Betrachtungsweise in Kürze durch eine Gesetzesänderung beseitigen wird.

Weitere Informationen: Freie oder verbilligte Verpflegung und Unterkunft vom Arbeitgeber

 

5. Firmenfahrrad:
Neue Steuerbegünstigung der Privatnutzung

Seit dem 1.1.2019 ist der private Nutzungswert aus der Überlassung eines Firmenfahrrads für den Mitarbeiter steuerfrei und sozialversicherungsfrei. Voraussetzung ist, dass das Fahrrad zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt wird, z.B. anstelle einer Gehaltserhöhung (§ 3 Nr. 37 EStG). Die Steuerbefreiung gilt für Fahrräder und Elektro-Fahrräder, die verkehrsrechtlich als Fahrrad einzuordnen sind, z.B. Pedelecs.

Gesetzlich nicht begünstigt ist die Überlassung eines Firmenfahrrads im Rahmen einer Gehaltsumwandlung. Dabei verzichtet der Mitarbeiter für die Überlassung eines Fahrrades (Sachlohn) auf einen Teil des Gehalts (Barlohn), der z.B. der Leasingrate einschließlich Versicherung entspricht. Dies ist heute - noch - der Normalfall. Im März letzten Jahres hatten sich die Länderfinanzbehörden darauf verständigt, auch in Fällen der Gehaltsumwandlung eine Steuerermäßigung einzuführen. Als geldwerter Vorteil steuerpflichtig ist danach seit dem 1.1.2019 monatlich 1 % des halbierten Listenpreises (vgl. SteuerSparbrief April 2019).

AKTUELL haben sich dich Länderfinanzbehörden wieder zusammengesetzt und wie folgt verständigt: Bei der Überlassung eines Fahrrades ist ab 1.1.2020 nur noch ein Viertel des Listenpreises des Fahrrades als Bemessungsgrundlage für die Privatnutzung anzusetzen. Für die Zeit vom 1.1.2019 bis zum 31.12.2019 gelten weiterhin ein Halb des Listenpreises des Fahrrades als Bemessungsgrundlage.

Genauer gesagt muss es ab 1.1.2020 heißen: Als monatlicher Durchschnittswert der privaten Nutzung (Privatfahrten, Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte, Familienheimfahrten bei doppelter Haushaltsführung) werden 1 % eines auf volle 100 Euro abgerundeten Viertels der unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers, Importeurs oder Großhändlers im Zeitpunkt der Inbetriebnahme des Fahrrads einschließlich der Umsatzsteuer festgesetzt (koordinierter Ländererlass vom 9.1.2020, S 2334). Eine rückwirkende Anwendung der "Viertel-Regelung" auf das Jahr 2019 ist nicht vorgesehen.

Für die Steuerbegünstigung mittels "Viertel-Regelung" kommt es nicht auf den Zeitpunkt an, zu dem der Arbeitgeber dieses Fahrrad angeschafft, hergestellt oder geleast hat. Wurde das betriebliche Fahrrad aber vor 2019 vom Arbeitgeber bereits einem Arbeitnehmer zur privaten Nutzung überlassen, bleibt es bei einem Wechsel des Nutzungsberechtigten in 2019 oder später bei den allgemeinen Regelungen. Sprich: Der private Nutzungswert ist mit 1 % der unverbindlichen Preisempfehlung anzusetzen - die neuen Begünstigungen greifen nicht.

STEUERRAT: Zwar wird der Nutzungswert vom Arbeitgeber monatlich zu Ihren Lasten versteuert. Dafür können Sie aber am Jahresende in Ihrer Steuererklärung die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte als Werbungskosten geltend machen. Für diese Fahrten können Sie - genau wie bei Pkw-Nutzung - die Entfernungspauschale von 30 Cent pro Entfernungskilometer absetzen. Falls Sie das Fahrrad auch für dienstliche Fahrten nutzen (z.B. für Botengänge oder auf dem Werksgelände), sind dafür keine Werbungskosten absetzbar.

Beispiel:
Der Arbeitgeber stellt dem Mitarbeiter ein Firmenfahrrad zur privaten Nutzung zur Verfügung. Es erfolgt insoweit eine Gehaltsumwandlung. Der Mitarbeiter nutzt das Fahrrad auch für die 6 km lange Strecke zur Arbeit.

 

Fall 1

Fall 2

Der inländische Listenpreis für das Fahrrad beträgt

Als geldwerter Vorteil zu versteuern: 1 % des geviertelten
Listenpreises pro Monat

800,00 EUR

 

2,00 EUR

4.000,00 EUR

 

10,00 EUR

Insgesamt im Jahr zu versteuern

Als Werbungskosten absetzbar: 220 Tage x 6 km x 0,30 EUR

24,00 EUR

396,00 EUR

120,00 EUR

396,00 EUR

 

STEUERRAT: Wird die hier vorgestellte Durchschnittsmethode angewandt, kommt nicht zusätzlich die Steuerbefreiung des Steuervorteils mittels 44-EUR-Regelung in Betracht. Die "kleine Sachbezugsgrenze" bleibt also unberücksichtigt. Gehört die Nutzungsüberlassung von Fahrrädern zur Angebotspalette des Arbeitgebers an fremde Dritte (z.B. Fahrradverleihfirmen), kann für den geldwerten Vorteile aber der Rabattfreibetrag in Höhe von 1.080 EUR berücksichtigt werden, wenn die Lohnsteuer nicht pauschal erhoben wird.

HINWEIS: Für Elektro-Fahrräder, die verkehrsrechtlich als Kraftfahrzeug ("S-Pedelecs") einzuordnen sind, gilt die Begrenzung auf die halbe bzw. die geviertelte Bemessungsgrundlage ohnehin per Gesetz. Bei der Neuregelung hat der Gesetzgeber aber geschlafen, denn sie führte dazu, dass Fahrräder und Pedelecs, die per Gehaltsumwandlung überlassen wurden, schlechter gestellt waren als "echte" E-Bikes. Daher hat die Finanzverwaltung reagiert. Unterm Strich ist die Neuregelung aber äußerst kompliziert geworden. Einzelheiten, auch zu den jeweiligen Anwendungszeitpunkten, finden Sie in dem Beitrag Überlassung von Fahrrädern und Elektrofahrrädern: Geldwerter Vorteil für die Privatnutzung

STEUERRAT: Ab dem 1.1.2020 gilt bei unentgeltlicher oder verbilligter Übereignung von betrieblichen Fahrrädern oder Elektrofahrrädern an Arbeitnehmer eine neue Steuervergünstigung: Sofern die Übereignung "zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn" erfolgt, kann der geldwerte Vorteil vom Arbeitgeber pauschal mit 25 Prozent versteuert werden. Hinzu kommen Soli und ggf. Kirchensteuer (§ 40 Abs. 2 Nr. 7 EStG, eingefügt durch das "Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften" vom 12.12.2019). Der Vorteil ist sozialversicherungsfrei (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 SvEV). Wer also allen Fragen rund um die Besteuerung der Privatnutzung entgegen möchte, sollte verdienten Mitarbeitern gleich ein Fahrrad schenken.

Weitere Informationen: Überlassung von Fahrrädern und Elektrofahrrädern: Geldwerter Vorteil für die Privatnutzung

 

6. Verlust des Arbeitsplatzes:
Werden Abfindungen zu hoch besteuert?

Der Verlust des Arbeitsplatzes ist schmerzlich und kann jeden Arbeitnehmer treffen. Oftmals erhalten gebeutelte Arbeitnehmer zumindest eine Abfindung, die sich üblicherweise nach den "Dienstjahren" richtet. Nun liegt der Gedanke nahe, dass der Gesetzgeber zumindest arbeitslos gewordene Menschen jenseits des 55. Lebensjahres, die zumeist schon über 35 Beitrags- und Steuerjahre aufweisen, besonders fördert.

Doch weit gefehlt: Wenn Steuerzahler für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung erhalten, schlägt der Fiskus vielmehr "gnadenlos" zu. Für die Abfindung werden weder ein Freibetrag noch ein ermäßigter Steuersatz gewährt. Lediglich die so genannte Fünftelregelung, die eine Erhöhung der Progression, also des Steuersatzes, verhindern soll, kommt zur Anwendung. Doch diese bewirkt bei Steuersätzen, die sich schon bei einem Facharbeiter der 40 Prozent-Marke nähern, keine nennenswerte Steuerminderung.

Ganz anders sieht die Sache bei Freiberuflern und Gewerbetreibenden aus: Sofern diese Personengruppe ihre Tätigkeit mit Vollendung des 55. Lebensjahres einstellt, wird ein eventueller Veräußerungs- oder Aufgabegewinn mit einem Freibetrag in Höhe von bis zu 45.000 EUR und einem ermäßigten Steuersatz von 56 Prozent des "normalen" Steuersatzes versüßt. Während Freiberufler und Gewerbetreibende also "unterm Strich" nur 20 bis 25 Prozent Steuern auf Veräußerungs- und Aufgabegewinne zahlen, müssen Arbeitnehmer für ihren "Aufgabegewinn" oftmals mit rund 40 Prozent Steuern rechnen. Ist dies gerecht?

AKTUELL hat uns ein Leser von Steuerrat24 darauf hingewiesen, dass in seinem Fall zwar das Niedersächsische Finanzgericht und auch der Bundesfinanzhof keine - verfassungswidrige - Ungleichbehandlung erkennen konnten (Niedersächsisches FG, Urteil vom 6.2.2019, 7 K 71/18, BFH-Beschluss vom 4.9.2019, IX B 39/19). ABER: Er wagt tatsächlich den Gang vor das Bundesverfassungsgericht und hat Verfassungsbeschwerde eingelegt.

STEUERRAT: Ob die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung angenommen wird, muss sich noch zeigen. Bis auf Weiteres sollten Betroffene aber gegen die derzeitige Besteuerung ihrer Abfindungen Einspruch einlegen und darauf hinweisen, dass in einem ähnlichen Fall möglicherweise das Bundesverfassungsgericht entscheiden wird (Az. 2 BvR 176/20). Mit ein wenig Glück wird das Finanzamt die Sache daher zunächst ruhen lassen.

MEINUNG: Bereits im Vorwort des SteuerSparbrief Februar 2018 haben wir die Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern und Selbstständigen angeprangert. Der Hauptgrund für die unterschiedliche Behandlung der Einkunftsarten liegt darin, dass in einem Betrieb so genannte stille Reserven gebildet werden, also etwa Wertsteigerungen in betrieblichen Immobilien, die bei einer Betriebsaufgabe oder -veräußerung zusammengeballt zu versteuern sind. Allerdings unterliegen auch die "immateriellen Wirtschaftsgüter", also z.B. der Kundenstamm, der ermäßigten Besteuerung. Und wenn man so will, bauen auch Arbeitnehmer ein "immaterielles Wirtschaftsgut" auf, denn auch sie haben möglicherweise Kundenbeziehungen oder "Know-how" entwickelt. Letztlich richtet sich die Höhe der Abfindung - zumindest zum Teil - auch nach diesen "Werten". Insofern ist also durchaus eine Parallele zu erkennen. Wir wünschen unserem Leser jedenfalls viel Erfolg mit seiner Beschwerde.

 

7. Steuervorteile:
Lohnsteuer-Modell "Fahrzeugwerbung" vor dem Aus?

Bringt der Arbeitnehmer einen Werbeaufkleber des Arbeitgebers an seinem privaten Pkw an und erhält er dafür von seinem Arbeitgeber eine Vergütung, so handelt es sich nicht um Arbeitslohn, sondern um sonstige Einkünfte i.S. des § 22 Nr. 3 EStG. Diese sind steuerfrei, wenn sie weniger als 256 EUR im Jahr betragen - so die Theorie!

Wie so häufig bei Steuermodellen ist aber auch die Gestaltung "Zuschuss für eine Fahrzeugwerbung" zu sehr auf die Spitze getrieben worden. Auch wenn es genügend Warnungen gab: Allzu viele Arbeitgeber haben ihren Arbeitnehmern 255 EUR lediglich dafür bezahlt, dass sie die Halterung für das Kfz-Kennzeichnen mit einer Werbung für ihre Firma versehen haben. Insofern war es nur eine Frage der Zeit, bis die Finanzverwaltung reagiert. Sie nimmt das Steuermodell ins Visier und sieht in den Zahlungen Lohnbestandteile, die zu Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit führen und voll zu versteuern sind. Und nun war sie damit auch beim Finanzgericht Münster erfolgreich.

AKTUELL haben die Münsteraner Finanzrichter entschieden, dass ein Entgelt, das der Arbeitgeber an seine Mitarbeiter für die Anbringung eines mit Werbung versehenen Kennzeichenhalters zahlt, der Lohnsteuer unterliegt (FG Münster, Urteil vom 3.12.2019, 1 K 3320/18 L).

  • Der Fall: Der Arbeitgeber schloss mit einer Vielzahl von Mitarbeitern Mietverträge über Werbeflächen an deren privaten Fahrzeugen ab, in denen sich die betreffenden Mitarbeiter zur Anbringung von Kennzeichenhaltern mit der Firmenwerbung des Arbeitgebers gegen ein Entgelt in Höhe von 255 EUR im Jahr verpflichteten. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass diese Vergütung Arbeitslohn darstelle und nahm den Arbeitgeber für die Lohnsteuernachzahlung in Haftung. Mit seiner hiergegen erhobenen Klage machte er geltend, dass die Anmietung der Werbefläche in Form der Kennzeichenhalter in seinem eigenbetrieblichen Interesse erfolgt sei und es sich deshalb bei dem hierfür gezahlten Entgelt nicht um Arbeitslohn handele. Die Richter haben die Klage abgewiesen. Die Zahlungen für die Anbringung der Kennzeichenhalter mit Firmenwerbung stellten Arbeitslohn dar.
  • Begründung: Bei Würdigung der Gesamtumstände sei das auslösende Moment für die Zahlungen die Stellung der Vertragspartner als Arbeitnehmer und damit im weitesten Sinne deren Arbeitstätigkeit gewesen. Die betriebsfunktionale Zielsetzung, Werbung zu betreiben, habe nicht eindeutig im Vordergrund gestanden. Letzteres hätte nur dann angenommen werden können, wenn durch eine konkrete Vertragsgestaltung die Förderung des Werbeeffekts sichergestellt worden wäre. Die vom Arbeitgeber geschlossenen Verträge hätten aber insbesondere keinerlei Vorgaben enthalten, um einen werbewirksamen Einsatz des jeweiligen Fahrzeugs sicherzustellen. Auch eine Regelung dazu, ob an dem Fahrzeug noch Werbung für andere Firmen angebracht werden durfte oder eine Exklusivität geschuldet war, sei nicht getroffen worden.

STEUERRAT: Das Urteil liegt auf einer Linie mit einer Entscheidung des FG Rheinland-Pfalz vom 23.11.2016 (2 K 1180/16). Dieser Fall ist zwar vor den Bundesfinanzhof gegangen, allerdings ist die Frage, ob eine Vergütung für einen Werbeaufkleber Arbeitslohn darstellt, leider im Revisionsverfahren ausgeklammert worden (BFH-Urteil vom 1.8.2019, VI R 21/17). Im Münsteraner Fall ist ebenfalls die Revision zugelassen worden. Ein Az. beim BFH ist zwar noch nicht bekannt, dennoch sollte in Streitfällen Einspruch eingelegt und ein Ruhen des Verfahrens beantragt werden. Bestehende Verträge bzw. Gestaltungen hingegen sollten überprüft werden. Das heißt: Statt einer reinen Kennzeichenhalterung sollte ein großformatiger Werbeaufkleber angebracht werden, der eindeutig auf das Unternehmen schließen lässt und den ein fremder Dritter auch tatsächlich als Werbung wahrnehmen würde. Auch sollte der Betrag nicht jährlich erneut gezahlt werden, sondern immer nur dann, wenn sich der Aufkleber/Werbeausdruck ändert oder aber das Fahrzeug gewechselt wird. Zudem ist eine "konkrete Vertragsgestaltung", wie sie das FG Münster fordert, angebracht.

Weitere Informationen: Steuertipp der Woche Nr. 14: Vorsicht beim Lohnsteuer-Modell „Fahrzeugwerbung"

 

8. Gutscheine und Sachbezüge:
Nachträgliche Kostenerstattungen vermeiden

Sachbezüge vom Arbeitgeber sind als Arbeitslohn steuerpflichtig. Für Waren und Dienstleistungen, die der Arbeitgeber herstellt oder erbringt, profitieren die Mitarbeiter von dem Personalrabatt-Freibetrag von 1.080 EUR im Jahr. Für andere Wohltaten gibt es eine weitere interessante Steuervergünstigung: die kleine Sachbezugsfreigrenze von 44 EUR pro Monat. Diese 44-EUR-Grenze haben sich in der Vergangenheit viele Arbeitgeber und Arbeitnehmer zunutze gemacht, beispielsweise durch die monatliche Hingabe eines Warengutscheins oder durch Kostenerstattungen nach dem Erwerb von Waren durch Arbeitnehmer.

AKTUELL ist seit dem 1.1.2020 im Gesetz festgeschrieben, dass nachträgliche Kostenerstattungen jedoch nicht mehr als Sachbezug gelten, folglich nicht unter die 44 EUR-Grenze fallen und zu versteuern sind (§ 8 Abs. 1 Satz 2 EStG). Damit sind folgende - in der Vergangenheit liebgewordene - Modelle unseres Erachtens nicht mehr zulässig und die Kostenerstattungen führen zu einer Lohnsteuer- und Sozialversicherungspflicht:

  • Ein Arbeitnehmer tankt zunächst auf eigene Rechnung und legt seinem Arbeitgeber jeweils am Monatsende eine Tankquittung über 44 EUR vor. Der Arbeitgeber erstattet seinem Arbeitnehmer daraufhin 44 EUR.
  • Der Arbeitnehmer kauft Monat für Monat Waren im Wert von 44 EUR ein und legt seinem Arbeitgeber - wie im Fall der Tankquittungen - am Monatsende die Rechnungen vor. Der Arbeitgeber erstattet seinem Arbeitnehmer daraufhin 44 EUR.
  • Der Arbeitnehmer kauft sich jeden Monat selbst einen Gutschein über 44 EUR, zum Beispiel in einem Blumengeschäft, überreicht dem Arbeitgeber die Quittung und lässt sich den Betrag später erstatten.
  • Der Arbeitgeber "bastelt" jeweils zum Monatsbeginn einen Gutschein über 44 EUR und händigt ihm seinem Arbeitnehmer aus. Dieser geht einkaufen und lässt sich anschließend von seinem Arbeitgeber - mit dem Gutschein und der Einkaufsquittung in der Hand - 44 EUR auszahlen.

In allen Sachverhalten dürfte es sich nach der Neuregelung um - nicht mehr begünstigte - nachträgliche Kostenerstattungen handeln.

STEUERRAT: Weiterhin gilt zwar, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Gutscheine, Gutscheinkarten und Prepaidkarten gewähren kann. Er muss sich aber die Mühe machen und die Gutscheine und Karten selbst besorgen oder aber gegebenenfalls eine Art Rahmenabkommen mit einer Tankstelle oder einem bestimmten Geschäft abschließen, wonach ihm diese die "Einkäufe" seiner Arbeitnehmer jeweils am Monatsende in Rechnung gestellt werden und er dann die fälligen Beträge überweist. Bei Tankstellen gibt es auch so genannte Stationskarten, bei denen der Arbeitgeber der Zahlende und der Arbeitnehmer der Berechtigte ist.

Gutscheine und Prepaidkarten gelten weiterhin als Sachbezug, wenn sie ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen. Damit diese aber auch bis 44 EUR steuer- und sozialversicherungsfrei bleiben, ist nun erforderlich, dass sie zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden. Damit soll der steuerliche Vorteil insbesondere im Rahmen von Gehaltsumwandlungen ausgeschlossen werden (§ 8 Abs. 2 Satz 11 EStG). Nicht als "Sachbezug", sondern als "Barlohn" bzw. Geldleistung gelten allerdings Geldkarten, die sozusagen "wie Geld" überall eingesetzt werden können oder bestimmte Geldkarten, die über eine Barauszahlungsfunktion verfügen (zu Einzelheiten siehe SteuerSparbrief Januar 2020).

 

9. Gehaltsumwandlung:
Kommt die geplante Gesetzesänderung doch nicht?

Arbeitgeber haben die Möglichkeit, ihren Mitarbeitern verschiedene Leistungen steuerfrei oder steuerbegünstigt zu gewähren, z.B. Fahrtkostenzuschüsse, Zuschüsse zur Internetnutzung oder Kindergartenzuschüsse. Bei manchen Leistungen ist die Steuerfreiheit oder eine Pauschalversteuerung aber nur dann zulässig, wenn diese zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden.

Der Bundesfinanzhof hat kürzlich für Verblüffung gesorgt, als er zu der Frage, wann tatsächlich zusätzlicher Arbeitslohn vorliegt, eine vollkommen neue Linie vertreten hat. "Ohnehin geschuldeter Arbeitslohn" ist danach (nur) derjenige Lohn, den der Arbeitgeber verwendungsfrei und ohne eine bestimmte Zweckbindung (ohnehin) erbringt. Wird Arbeitslohn hingegen verwendungs- bzw. zweckgebunden neben dem ohnehin geschuldeten Arbeitslohn geleistet, wie es bei Fahrtkosten-, Kindergarten- oder Internetzuschüssen der Fall ist, liegt insoweit "zusätzlicher Arbeitslohn" vor.

Damit kommt eine - steuergünstige - Lohnsteuerpauschalierung oder eine Steuerfreiheit selbst dann in Betracht, wenn Arbeitnehmer auf Teile ihres bisherigen Arbeitslohns zugunsten von zweckgebundenen Zuschüssen verzichten (BFH-Urteile vom 1.8.2019, VI R 32/18, VI R 21/17, VI R 40/17). Der BFH stellt dies unter das Motto "Unschädlicher Wechsel der Lohnform" (vgl. SteuerSparbrief November 2019).

Bereits im SteuerSparbrief Februar 2020 haben wir darüber berichtet, dass der Gesetzgeber die positive Rechtsprechung des BFH wieder aushebeln will. Und das Bundesfinanzministerium (BMF) hat sich im vorauseilenden Gehorsam positioniert. Es will die die Gesetzesänderung in allen noch offenen Fällen - mit anderen Worten "rückwirkend" - anwenden. Im BMF-Schreiben vom 5.2.2020 (IV C 5 -S 2334/19/10017 :002) heißt es unter anderem:

"Im Sinne des Einkommensteuergesetzes werden Leistungen des Arbeitgebers oder auf seine Veranlassung eines Dritten (Sachbezüge oder Zuschüsse) für eine Beschäftigung nur dann ´zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn´ erbracht, wenn

  1. die Leistung nicht auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet,
  2. der Anspruch auf Arbeitslohn nicht zugunsten der Leistung herabgesetzt,
  3. die verwendungs- oder zweckgebundene Leistung nicht anstelle einer bereits vereinbarten künftigen Erhöhung des Arbeitslohns gewährt und
  4. bei Wegfall der Leistung der Arbeitslohn nicht erhöht wird.

Dies gilt im Hinblick auf den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung unabhängig davon, ob der Arbeitslohn tarifgebunden ist. Es sind somit im gesamten Lohn- und Einkommensteuerrecht nur echte Zusatzleistungen des Arbeitgebers steuerbegünstigt. ..... Dieses Schreiben ist in allen offenen Fällen anzuwenden ....."

Doch nun die große Blamage für das BMF: Der Gesetzgeber hat einen Rückzieher gemacht. Im aktuellen Entwurf des Grundrentengesetzes, der die genannte Änderung vorsah, ist diese plötzlich verschwunden. Ein eventuelles Jahressteuergesetz 2020 könnte zwar eine Neuregelung aufnehmen - bis dahin fließt aber noch viel Wasser den Rhein hinab. Für das BMF jedenfalls besteht - Stand heute - kein Anlass mehr, die BFH-Rechtsprechung auszuhebeln.

STEUERRAT: Betroffene sollten notfalls zeitnah vor Gericht ziehen, denn die Finanzgerichte wird das BMF-Schreiben nicht interessieren. Vielmehr werden sie sich an der BFH-Rechtsprechung orientieren. Wer "seinen" Fall vor einer eventuell neuen Gesetzesinitiative in trockene Tücher gebracht hat, muss zumindest für die Vergangenheit kein Ungemacht befürchten.

 

II. Privater Bereich

1. Trennung:
Pflicht zur Zusammenveranlagung trotz vorheriger Steuerklasse V

Eheleute, die getrennt leben, können letztmals für das Jahr der Trennung noch gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt werden und damit den Vorteil des günstigen Splittingtarifs nutzen. Dies ist immer dann vorteilhaft, wenn einer der beiden keine oder nur geringe Einkünfte hat. Doch in vielen Fällen sind die Ex-Partner so miteinander zerstritten, dass an eine Unterschrift zur Zusammenveranlagung nicht mehr zu denken ist. Und im Übrigen sieht einer der Partner auch oftmals Nachteile auf sich zukommen. Wenn seine Lohnsteuer nämlich nach der Steuerklasse V einbehalten wurde, so kann er bei der Einzelveranlagung zumeist mit einer hübschen Erstattung rechnen. Dass die Zusammenveranlagung für beide Ex-Partner zusammengerechnet die günstigere Variante ist, wird ihn dann nicht weiter interessieren, denn er schaut auf seinen eigenen Geldbeutel. Doch so einfach ist es nicht.

AKTUELL hat das Oberlandesgericht Koblenz entschieden, dass der Zusammenveranlagung auch in dem genannten Fall der vorigen Steuerklasse V zugestimmt werden muss. Ein Ehepartner ist auch nach der Trennung dem anderen gegenüber verpflichtet, in eine von diesem für die Zeit des Zusammenlebens gewünschte Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer einzuwilligen, wenn dadurch dessen Steuerschuld verringert wird und der auf Zustimmung in Anspruch genommene Ehepartner keiner zusätzlichen steuerlichen Belastung ausgesetzt ist. Dabei liegt die Betonung auf dem Wort "zusätzlichen". Dass sich allein die Steuererstattung für den einen Partner mindert, dessen Lohnsteuer nach der Steuerlasse V einbehalten worden ist, gilt insoweit nicht als "zusätzliche Belastung" (Beschluss vom 12.6.2019, Az. 13 UF 617/18).

  • Der Fall: Während des Zusammenlebens wurde der Lohn des Ehemanns aufgrund dessen höheren Einkommens nach Steuerklasse III und der Lohn der Ehefrau nach Steuerklasse V besteuert. Bei Abgabe der Steuererklärung waren die Partner aber bereits zerstritten. Insgesamt war zwar die - noch zulässige - Zusammenveranlagung die günstigere Variante. Allerdings war die gemeinsame Veranlagung für die Ehefrau nachteilig gegenüber einer Einzelveranlagung. Denn nachdem bei ihr im Jahr 2015 der Steuerabzug nach Lohnsteuerklasse V erfolgt war, hätte sie bei einer Einzelveranlagung eine hohe Steuererstattung erhalten. Doch die Richter des OLG sehen dennoch eine Pflicht, der Zusammenveranlagung zuzustimmen. Auch kann die Ehefrau keinen Ersatz ihres "Schadens" verlangen, den sie dadurch erleidet, dass ihr die von ihr gezahlte hohe Lohnsteuer nun nicht mehr allein angerechnet wird.
  • Begründung: Ehepartner sind einander grundsätzlich verpflichtet, die finanziellen Lasten des anderen nach Möglichkeit zu vermindern, soweit dies ohne eine Verletzung eigener Interessen möglich ist. Ein Ehepartner ist daher dem anderen gegenüber verpflichtet, in eine Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer einzuwilligen, wenn dadurch die Steuerschuld des anderen verringert wird und der auf Zustimmung in Anspruch genommene Ehepartner keiner zusätzlichen steuerlichen Belastung ausgesetzt wird. Das gilt auch bei getrennt lebenden Ehepartnern, wenn noch eine Zusammenveranlagung für die Zeit des Zusammenlebens verlangt wird. Hingegen kann ein Ehepartner nicht wegen des Scheiterns der Ehe von dem anderen den Betrag ersetzt verlangen, den er nach der im Vergleich zur getrennten Veranlagung ungünstigeren Lohnsteuerklasse V zuvor mehr gezahlt hat. Das Gesagte gilt jedenfalls bis zur Trennung.
  • Der ehelichen Lebensgemeinschaft liegt die Auffassung zugrunde, mit dem Einkommen der Ehepartner gemeinsam zu wirtschaften und finanzielle Mehrbelastungen auszugleichen. Es bedarf deshalb einer besonderen Vereinbarung, wenn sich ein Ehepartner die Rückforderung der mit der Wahl der Steuerklasse V verbundenen steuerlichen Mehrbelastung für den Fall der Trennung vorbehalten will.
  • Eine solche Vereinbarung war in dem entschiedenen Fall nicht ersichtlich gewesen. Deshalb habe die Zustimmung zur Zusammenveranlagung nicht von einem Ausgleich der im Falle der gemeinsamen Veranlagung bestehen bleibenden steuerlichen Mehrbelastung abhängig gemacht werden können.

STEUERRAT: Kürzlich hatte auch das OLG Celle in dieser Richtung entschieden. Verletzt ein Ehegatte seine Verpflichtung, der gemeinsamen steuerlichen Veranlagung der Ehegatten zuzustimmen, kann dem anderen Ehegatten ein Erstattungsanspruch aus § 816 Abs. 2 BGB bzw. ein Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB zustehen (Beschluss vom 9.4.2019, 21 UF 119/18).

Gleiches gilt übrigens später für den Abzug von eventuellen Unterhaltszahlungen im Rahmen des so genannten Realsplittings. Der Unterhaltsempfänger ist dazu verpflichtet, seine Zustimmung zum Realsplitting ("Anlage U") zu erteilen. Der Bundesgerichtshof hat geurteilt, dass ein geschiedener oder getrennt lebender Ehegatte, der seine Zustimmung zum steuerlichen Realsplitting verweigert, sich gegenüber dem unterhaltspflichtigen Ehegatten schadensersatzpflichtig machen kann (BGH-Urteil vom 13.4.1988, IVb ZR 46/87, HFR 1989 S. 322). Um Missverständnisse zu vermeiden: Der Unterhaltsempfänger kann seine Zustimmung zum Realsplitting von einer Verpflichtung des Gebers abhängig machen, dass dieser ihm alle steuerlichen und außersteuerlichen Nachteile infolge der Versteuerung ausgleicht (BGH-Urteil vom 23.3.1983, NJW 1983 S. 1545).

 

2. Behinderung:
Umbaumaßnahmen im Garten keine außergewöhnliche Belastung?

Wenn ein Familienmitglied von einer Behinderung betroffen ist, werden oftmals erhebliche Umbaumaßnahmen in der Wohnung oder am Eigenheim erforderlich, um dem Behinderten trotz gesundheitlicher Einschränkungen weiterhin ein Leben in seiner gewohnten Umgebung zu ermöglichen und ihm den Umzug in ein Pflegeheim zu ersparen. Behindertengerechte Umbaumaßnahmen sind grundsätzlich als außergewöhnliche Belastung abziehbar; allerdings werden die Kosten um die zumutbare Eigenbelastung gekürzt. Doch was gilt bei Umbau- und Gestaltungsmaßnahmen im Garten?

AKTUELL hat das Finanzgericht Münster entschieden, dass Aufwendungen für die Anlage eines rollstuhlgerechten Weges im Garten eines Einfamilienhauses nicht zwangsläufig sind, wenn sich auf der anderen Seite des Hauses eine Terrasse befindet, die mit dem Rollstuhl erreichbar ist. Folglich sind die Aufwendungen nicht als außergewöhnliche Belastungen abziehbar. Immerhin sind die Lohnkosten als Handwerkerleistung mit 20 Prozent (höchstens 1.200 EUR) von der Steuerschuld abzuziehen (Urteil vom 15.1.2020, 7 K 2740/18 E).

  • Der Fall: Die Kläger sind Eheleute, die ein in ihrem Eigentum stehendes Einfamilienhaus mit Garten bewohnen. Die Klägerin leidet an einem Post-Polio-Syndrom, weswegen für sie ein Grad der Behinderung von 70 mit den Merkzeichen G und aG festgestellt wurde. Auf der Rückseite des Einfamilienhauses befindet sich eine Terrasse, die mit einem Rollstuhl erreicht werden kann. Auf der Vorderseite befanden sich ursprünglich Beete, auf denen die Klägerin Beerensträucher und Kräuter angebaut hatte und die lediglich durch einen schmalen Fußweg zu erreichen waren. Diesen Weg ließen die Kläger in eine gepflasterte Fläche umbauen und legten dort Hochbeete an. Die Kosten in Höhe von ca. 6.000 EUR machten sie als außergewöhnliche Belastungen geltend, weil die Maßnahme medizinisch notwendig gewesen sei und auch der Garten zum existenznotwendigen Wohnbedarf gehöre. Das Finanzamt versagte den Abzug unter Hinweis darauf, dass Aufwendungen für den Umbau eines Gartens nicht berücksichtigt werden könnten, weil dies den durchschnittlichen Wohnkomfort übersteige. Im Klageverfahren beantragten die Kläger hilfsweise, den in der Rechnung enthaltenen Lohnanteil nach § 35a EStG zu berücksichtigen. Das Gericht hat die Klage mit dem Hauptantrag abgewiesen.
  • Begründung: Grundsätzlich gehöre zwar auch das Hausgrundstück mit Garten zum existenziell notwendigen Wohnbereich. Abzugsfähig seien allerdings nur solche Aufwendungen, die den Zugang zum Garten und damit die Nutzung des Gartens dem Grunde nach ermöglichen. Diese Möglichkeit bestehe im Streitfall aufgrund der vorhandenen Terrasse auf der Rückseite des Einfamilienhauses. Demgegenüber diene die Verbreiterung des Weges auf der Vorderseite zum Anbau von Pflanzen lediglich einer Freizeitaktivität, die nicht den existenznotwendigen Wohnbedarf betreffe.
  • Dem Hilfsantrag, für 20 Prozent der Lohnkosten die Steuerermäßigung zu gewähren, hat das Gericht stattgegeben. Es hat ferner die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

Weitere Informationen: Behindertengerechte Gestaltung von Haus und Wohnung

 

3. Elektromobilität:
Verlängerung und Erhöhung der Kaufprämie für Elektroautos

Es war einmal.... das Ziel der Bundesregierung, bis zum Jahre 2020 eine Million Elektroautos auf Deutschlands Straßen zu haben. Dies wird jedoch nicht der Fall sein. Um die schleppende Nachfrage nach den teuren Elektroautos anzukurbeln, gibt es für Anschaffungen ab dem 18.5.2016 eine Kaufprämie ("Richtlinie zur Förderung des Absatzes von elektrisch betriebenen Fahrzeugen"). Der Zuschuss beträgt 4.000 EUR für reine E-Autos und 3.000 EUR für Hybrid-Autos, also E-Autos mit einem ergänzenden Verbrennungsmotor. Die Kaufprämie wird nur gewährt für Fahrzeuge mit einem Netto-Listenpreis für das Basismodell von höchstens 60.000 EUR. Die Finanzierung des Umweltbonus erfolgt zur Hälfte durch den Automobilhersteller und zur Hälfte durch einen Bundeszuschuss.

AKTUELL wird für Elektrofahrzeuge, die ab dem 5.11.2019 zugelassen wurden bzw. werden, die Kaufprämie bis zum 31.12.2025 verlängert und deutlich verbessert:

(1) Die Kaufprämie beträgt für rein elektrische Autos

  • mit einem Listenpreis bis 40.000 EUR künftig 6.000 EUR (bisher 4.000 EUR),
  • mit einem Listenpreis von 40.000 EUR bis 65.000 EUR künftig 5.000 EUR (bisher 4.000 EUR).

(2) Die Kaufprämie beträgt für Plug-in-Hybride

  • mit einem Listenpreis bis 40.000 EUR künftig 4.500 EUR (bisher 3.000 EUR),
  • mit einem Listenpreis von 40.000 EUR bis 65.000 EUR künftig 3.750 EUR (bisher 3.000 EUR).

Am 19. Februar 2020 tritt eine neue Richtlinie zur Förderung des Absatzes von elektrisch betriebenen Fahrzeugen vom 13.2.2020 (Umweltbonus) in Kraft. Sie wurde veröffentlicht im Bundesanzeiger vom 18.2.2020. Finanziert werden soll die Anhebung der Kaufprämien durch eine Neuberechnung der Kfz-Steuer, die stärker am CO2-Ausstieg ausgerichtet werden soll. Die Autoindustrie wird sich weiterhin zur Hälfte an dem sog. Umweltbonus beteiligen.

Die EU-Kommission hatte am 11.2.2020 mitgeteilt, dass sie keine Einwände gegen eine höhere finanzielle Förderung von Elektrofahrzeugen in Deutschland hat. Die Bundesregierung kann somit den Umweltbonus für Elektrofahrzeuge wie angekündigt erhöhen.

Förderverfahren für Anträge bis 18.2.2020: Für Förderanträge, die zwischen dem 1.7.2019 und dem 18.2.2020 beim BAFA eingegangen sind, gelten die Bestimmungen der "Richtlinie zur Förderung des Absatzes von elektrisch betriebenen Fahrzeugen vom 28. Mai 2019". Nach dieser Richtlinie ist der Erwerb (Kauf oder Leasing) eines neuen, erstmals zugelassenen, elektrisch betriebenen Fahrzeuges gemäß § 2 des Elektromobilitätsgesetzes förderfähig. Mehr dazu auf der Website des BAFA.

STEUERRAT: Zusätzlich ist der Erwerb eines akustischen Warnsystems (AVAS) förderfähig, welches zum Zeitpunkt des Erwerbs serienmäßig vom Hersteller oder durch eine autorisierte Werkstatt in ein gemäß neuer Richtlinie zu förderndes Fahrzeug eingebaut wurde. Die Förderung eines AVAS beträgt pauschal 100 Euro.

Den Antrag auf die Kaufprämie (Umweltbonus)stellen Sie auf der Website des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa). Hier sehen Sie auch die neue Förderrichtlinie.

 

4. Spenden:
Zuwendungen an Campact nicht mehr steuerlich absetzbar

Campact ist ein eingetragener Verein, der Kampagnen zu einer großen Bandbreite politischer Themen organisiert. Erklärte Ziele der Organisation sind u.a. die Stärkung des Sozialstaates, öffentlich finanzierte Kinderbetreuung, Ganztagsschulen, der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen und die Stärkung demokratischer Teilhabe.

Im Januar 2019 hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass das Netzwerk Attac wegen Verfolgung politischer Zwecke nicht länger gemeinnützig ist. Gemeinnützige Körperschaften hätten kein allgemeinpolitisches Mandat. Nach Auffassung des BFH sei der Attac-Trägerverein nicht im Rahmen gemeinnütziger Bildungsarbeit berechtigt, Forderungen zur Tagespolitik bei "Kampagnen" zu verschiedenen Themen öffentlichkeitswirksam zu erheben, um so die politische Willensbildung und die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Der Attac-Organisation gehe es nicht um politische Bildung, sondern um die Durchsetzung eigener politischer Vorstellungen (BFH-Urteil vom 10.1.2019, V R 60/17).

AKTUELL hat das Finanzamt Berlin - dem BFH-Urteil folgend - dem Verein Campakt die Gemeinnützigkeit entzogen. Das bedeutet, dass Unterstützer ihre Spenden an Campact nicht mehr steuerlich absetzen können. Zur Begründung hieß es, die Organisation sei überwiegend allgemeinpolitisch tätig gewesen. Campact habe Kampagnen zu Themen durchgeführt, die keinem gemeinnützigen Zweck der Abgabenordnung zugeordnet werden könnten. Im Steuerbescheid für 2016 führt die Behörde aus, dass es sich auch nicht um politische Bildung handele: "Im Vordergrund stand nicht die Information über politische Prozesse, sondern vielmehr die Einflussnahme auf diese."

HINWEIS: Die Bürgerbewegung Campact fordert eine Reform des Gemeinnützigkeitsrechts. So solle die "Förderung von Menschenrechten", "faire Handelspolitik" und "soziale Gerechtigkeit" als neue gemeinnützige Zwecke in den Gemeinnützigkeitskatalog aufgenommen werden. Forderungen aus der CDU, auch der Deutschen Umwelthilfe den Gemeinnützigkeitsstatus zu entziehen, liefen bislang ins Leere. Offenbar sehen die zuständigen Behörden hier die Kriterien der Gemeinnützigkeit als erfüllt an.

 

5. Schwarzarbeit:
Risiko für Auftraggeber und Auftragnehmer

Im realen Leben werden gelegentlich Handwerkerarbeiten und auch andere Tätigkeiten "schwarz" erledigt, d.h. am Fiskus vorbei, ohne Rechnung nach BAT abgerechnet (bar auf Tatze). Offenbar eine Win-win-Situation für beide Seiten: Der Auftraggeber spart die Mehrwertsteuer auf den Lohn, der Auftragnehmer spart seine Steuern auf den Lohn (Einkommen-, Kirchen-, Gewerbesteuer, Soli) und kassiert brutto für netto. Doch sind solche Geschäfte ohne Risiko? Natürlich nicht! Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Zolls und die Steuerfahndung machen Jagd auf Schwarzarbeit, den Beteiligten drohen empfindliche Bußgelder und Geldstrafen. Und es lauern auch noch Gefahren auf der Seite des jeweiligen Vertragspartners.

(1) Risiko auf Seiten des Auftraggebers
Wenn Handwerker oder Unternehmer eine mangelhafte Arbeit abliefern, hat der Auftraggeber keinen Anspruch auf Mängelbeseitigung oder Rückerstattung des Lohns. Denn der zwischen den Parteien geschlossene Werkvertrag ist wegen eines Verstoßes gegen das gesetzliche Verbot von Schwarzarbeit gemäß § 134 BGB nichtig. Und die Nichtigkeit des Werkvertrages führt dazu, dass dem Auftraggeber hieraus grundsätzlich keine Mängelansprüche zustehen (BGH-Urteil vom 1.8.2013, VII ZR 6/13).

Der Fall: Ein Hausherr hat einen Unternehmer beauftragt, die Auffahrt des Grundstücks neu zu pflastern. Hierbei wurde ein Werklohn vereinbart, der bar ohne Rechnung und ohne Umsatzsteuer gezahlt werden sollte. Die Arbeit war mangelhaft, der Unternehmer weigerte sich, die Mängel zu beseitigen. Hier hat der Unternehmer gegen seine steuerlichen Pflichten verstoßen, weil er nicht innerhalb von sechs Monaten nach Ausführung der Leistung eine Rechnung ausgestellt hat. Er hat außerdem eine Steuerhinterziehung begangen, weil er die Umsatzsteuer nicht abgeführt hat. Wegen dieser Verstöße ist der gesamte Werkvertrag nichtig.

(2) Risiko auf Seiten des Handwerkers
Ist ein Werkvertrag wegen Verstoßes gegen das Schwarzarbeitsgesetz gemäß § 134 BGB nichtig, kann der Unternehmer keinen Werklohn verlangen. Auch bei einer nur teilweisen Schwarzgeldvereinbarung ist der geschlossene Vertrag insgesamt nichtig. Und deshalb hat der Handwerker keinen weiteren Zahlungsanspruch für seine Leistungen. Ferner kann er auch keinen Wertersatz für die bereits erbrachten Leistungen unter dem Gesichtspunkt der "ungerechtfertigten Bereicherung" verlangen (BGH-Urteil vom 10.4.2014, VII ZR 241/13). Umgekehrt kann der Auftraggeber einen bereits gezahlten Werklohn grundsätzlich nicht wegen ungerechtfertigter Bereicherung des Auftragnehmers zurückverlangen (BGH-Urteil vom 11.6.2015, VII ZR 216/14). Ansprüche auf Arbeitslohn bestehen auch dann nicht, wenn die Schwarzarbeit erst nachträglich vereinbart wurde (BGH-Urteil vom 16.3.2017, VII ZR 197/16).

Der Fall: Eine Elektrofirma hat in einem Haus Elektroinstallationsarbeiten durchgeführt. Vereinbart war ein Betrag von 13.800 EUR auf Rechnung und daneben 5.000 EUR ohne Rechnung. Der Eigentümer überwies 10.000 EUR und zahlte 2.300 EUR in bar. Der restliche offenstehende Betrag wurde nicht gezahlt. Die Firma klagte vor Gericht - und guckte anschließend in die Röhre. Das Gericht: Die Parteien hätten gegen das Schwarzarbeitsgesetz verstoßen. Wäre nur der Vertragsteil nichtig, in dem es um Schwarzarbeit geht, sei die Abschreckungswirkung des Gesetzes zu gering.

AKTUELL hat das Oberlandesgericht Düsseldorf entschieden, dass ein Bauunternehmer für Sanierungsarbeiten aufgrund einer WhatsApp-Nachricht mit einer sogenannten "Schwarzgeldabrede" keinen Werklohn bekommt (OLG Düsseldorf vom 21.1.2020, I-21 U 34/19).

  • Der Fall: In den Jahren 2016 und 2017 hatte der Bauunternehmer umfangreiche Sanierungsarbeiten für den Auftraggeber erbracht. Während der Bauarbeiten zahlte dieser an den Bauunternehmer ohne Rechnung mehrere hunderttausend Euro als Abschläge. Bezüglich einer weiteren Abschlagszahlung bat der Bauunternehmer per WhatsApp, die Zahlung per Überweisung auf zwei verschieden Konten aufzuteilen, "damit nicht so viel an die Augen von F? kommt". Nach Abschluss der Arbeiten meinte der Bauunternehmer, ihm stünden noch rund 275.000 EUR zu, die er einklagte.
  • Nach dem Urteil des Oberlandesgerichts steht dem Bauunternehmer kein Werklohn zu. Der zugrundeliegende Vertrag verstoße gegen § 1 SchwarzArbG, weil sich die Parteien einig gewesen waren, dass die Arbeiten ohne Erteilung einer Rechnung und unter Verkürzung des Werklohns um die Mehrwertsteuer erbracht werden sollten. Die Richter waren davon überzeugt, dass mit "F?" in der WhatsApp-Nachricht das Finanzamt gemeint war.

 

6. Pflegebedürftigkeit:
Rückforderung einer Schenkung bei Pflegebedürftigkeit

Bei der steuerlichen Anerkennung von pflegebedingten Aufwendungen, insbesondere von Heimkosten, gibt es Probleme, wenn in früheren Jahren Vermögensübertragungen stattgefunden haben. Hat nämlich die pflegebedürftige Person einem Angehörigen im Hinblick auf ihr Alter oder eine etwaige Pflegebedürftigkeit Vermögenswerte zugewendet, z.B. ein Haus, erkennt das Finanzamt die pflegebedingten Aufwendungen erst dann als außergewöhnliche Belastung an, wenn die Aufwendungen den Wert des Vermögens übersteigen (R 33.3 Abs. 5 EStR).

Nicht nur das Finanzamt prüft eine Schenkung, sondern auch das Sozialamt prüft, ob zivilrechtlich eine Rückforderung der Schenkung wegen Verarmung des Schenkers möglich ist. Dies ist dann der Fall, wenn seit der Schenkung noch keine 10 Jahre vergangen sind (§ 528 Abs. 1, § 529 BGB).

AKTUELL hat das Oberlandesgericht Celle entschieden, dass regelmäßige Zahlungen zum Kapitalaufbau an Familienangehörige zurückgefordert werden können, wenn der Schenker selbst bedürftig wird. Der Rückforderungsanspruch gehe auf den Sozialhilfeträger über, wenn dieser Leistungen erbringe. Das gilt auch dann, wenn eine Großmutter für ihre Enkelkinder Zahlungen auf ein Sparkonto geleistet hat (OLG Celle vom 13.2.2020, 6 U 76/19).

  • Der Fall: Eine Großmutter hat für ihre beiden Enkel nach deren Geburt jeweils ein Sparkonto eröffnet und darauf über einen Zeitraum von elf bzw. neun Jahren jeweils monatlich 50 Euro eingezahlt, um für die Enkel Kapital anzusparen. Als die Großmutter vollstationär in einer Pflegeeinrichtung untergebracht werden musste, hatte sie die Zahlungen an ihre Enkel zwar bereits eingestellt, die für die Heimunterbringung von ihr anteilig zu tragenden Kosten konnte sie aber nicht aus eigenen Mitteln aufbringen. Deshalb kam der Sozialhilfeträger für diese Kosten auf und verlangte von den Enkeln die Rückzahlung der Beträge, die die Großmutter in den letzten zehn Jahren auf die Sparkonten der Enkel eingezahlt hatte. Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen, weil es sich bei den geleisteten Zahlungen um sog. "Anstandsschenkungen" handele, die nach dem Gesetz nicht zurückgefordert werden könnten. ABER das OLG Celle hat dieses Urteil geändert und die Enkel zur Zahlung der zurückgeforderten Beträge verurteilt.
  • Nach Auffassung des Oberlandesgerichts stellen über mehrere Jahre monatlich geleistete Zahlungen an Familienangehörige zum Kapitalaufbau keine "privilegierten Schenkungen" i.S.v. § 534 BGB dar. Deshalb kann der Sozialhilfeträger diese von den beschenkten Familienangehörigen zurückfordern, wenn der Schenker selbst bedürftig wird und deshalb Leistungen von einem Sozialhilfeträger bezieht. Schenkungen könnten nach dem Gesetz grundsätzlich dann zurückgefordert werden, wenn der Schenker seinen angemessenen Unterhalt nicht mehr selbst bestreiten könne und die zuvor geleisteten Schenkungen keiner sittlichen Pflicht (sog. "Pflichtschenkungen") oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprach (sog. "Anstandsschenkungen"). Dieser Anspruch gehe nach dem Gesetz auf den Sozialhilfeträger über, wenn der Schenker Sozialleistungen beziehe.
  • Die von der Großmutter regelmäßig zum Kapitalaufbau an die Enkel geleisteten Zahlungen stellten weder eine sittlich gebotene "Pflichtschenkung" noch eine auf moralischer Verantwortung beruhende "Anstandsschenkung" dar. Als solche könnten zwar anlassbezogene Geschenke z.B. zu Weihnachten und zum Geburtstag zu werten sein, die die Enkel ebenfalls von ihrer Großmutter bekommen hatten. Hier spreche aber nicht nur die Summe der jährlich geleisteten Beträge in Anbetracht der finanziellen Verhältnisse der Großmutter gegen ein dem Anstand entsprechendes Gelegenheitsgeschenk, auch der Zweck der Zuwendungen (Kapitalaufbau) spreche gegen eine solche Charakterisierung der Zahlungen, die gerade nicht als Taschengeld an die Enkel geleistet wurden. Die Richter betonen, dass es für den geltend gemachten Rückforderungsanspruch nicht darauf ankommt, ob es bei Beginn der Zahlungen für die Großmutter absehbar war, dass sie später einmal pflegebedürftig werden würde.

 

III. Kinder

1. Kindergeld:
Anrechnung polnischer Familienleistung aufs deutsche Kindergeld

Für Kinder, die im Ausland leben, können Eltern durchaus Kindergeld in Deutschland bekommen. Dieses wird aber nicht gezahlt, wenn "Leistungen für Kinder im Ausland gewährt werden, die dem Kindergeld vergleichbar sind" (§ 65 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Gleiches gilt für Leistungen, die vergleichbar sind mit der Kinderzulage aus der gesetzlichen Unfallversicherung oder dem Kinderzuschuss aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Diese "vergleichbaren Leistungen" werden wie das Kindergeld in die Günstigerprüfung im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung einbezogen und - falls Kinder- und Betreuungsfreibetrag abgezogen wurden - der Einkommensteuer hinzugerechnet.

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass Familienleistungen nach dem polnischen Gesetz über staatliche Beihilfen zur Kindererziehung vom 17.2.2016 auf das in Deutschland gezahlte Kindergeld anzurechnen sind. Damit haben die obersten Finanzrichter eine für das Kindergeldrecht bedeutsame Grundsatzfrage zu Lasten polnischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz im Inland entschieden (BFH-Urteil vom 25.7.2019, III R 34/18).

  • Der Fall: Der Kläger ist polnischer Staatsangehöriger und Vater zweier Töchter. Er wurde von seinem polnischen Arbeitgeber nach Deutschland entsandt und hatte hier einen Wohnsitz. Die Familienkasse bewilligte dem Kläger ab September 2015 Kindergeld für beide Kinder in voller Höhe. Im September 2017 teilte die polnische Behörde ROPS der Familienkasse mit, dass an den Kläger für den Streitzeitraum monatlich 500 PLN nach dem polnischen Gesetz über staatliche Beihilfen zur Kindererziehung vom 17.02.2016 (sog. "500+") gezahlt worden seien. Daraufhin änderte die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung. Sie rechnete nun für den Zeitraum April 2016 bis September 2017 die polnischen Familienleistungen in Höhe von monatlich 500 PLN, insgesamt 2.122,38 EUR, auf das dem Kläger gezahlte Kindergeld an und forderte diesen Betrag zurück. Einspruch, Klage und Revision zum BFH hatten keinen Erfolg.
  • Nach dem Urteil des BFH ist die Familienleistung "500+" dem Kindergeld gleichartig. Sowohl beim deutschen Kindergeld als auch bei der polnischen Familienleistung "500+" handele es sich um regelmäßige Geldleistungen, die ausschließlich nach Maßgabe der Zahl und des Alters der Kinder gewährt werden. Die polnische Familienleistung sei daher nach Art. 68 Abs. 2 der Verordnung Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.4.2004 zur Koordinierung des Systems der sozialen Sicherheit anzurechnen. Die Mitteilung einer ausländischen Behörde über die Gewährung einer Familienleistung habe darüber hinaus Bindungswirkung für die Familienkasse. Erfolgt diese erst nach der Kindergeldfestsetzung, stelle dies eine nachträgliche Änderung der Verhältnisse dar, die nach § 70 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes zur Änderung des Bescheids berechtige.

STEUERRAT: Neu nach Deutschland zugezogene EU-Bürgerinnen und Bürger sind im Übrigen in den ersten drei Monaten vom Leistungsbezug, also von der Kindergeld-Berechtigung, ausgeschlossen, sofern sie keine inländischen Einkünfte erzielen. Auch laufende Kindergeldzahlungen kann die Familienkasse in begründeten Zweifelsfällen künftig vorläufig einstellen ("Gesetz gegen illegale Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch").

Weitere Informationen: Kinder im Ausland

 

IV. Nebentätigkeit

1. Übungsleiterfreibetrag:
Wohnpatenschaften für geflüchtete junge Erwachsene

In den vergangenen Jahren haben sich verschiedene Initiativen gebildet, die dazu aufrufen, so genannte Wohnpatenschaften für geflüchtete junge Erwachsene zu übernehmen. Die Wohnpaten stellen in ihrem häuslichen Umfeld entweder ein Zimmer mit Küchen- und Badbenutzung oder eine Wohnung/Appartement zur Verfügung. Dabei sollen sie Ansprechpartner für alle Belange des jungen Erwachsenen sein und ihn bei seiner Integration unterstützen. Es stellte sich die Frage, ob für die Vergütung für diese nebenberufliche Tätigkeit der Übungsleiterfreibetrag von 2.400 EUR (§ 3 Nr. 26 EStG) beansprucht werden kann, entsprechende Vergütungen also insoweit steuer- und sozialversicherungsfrei bleiben.

AKTUELL teilt das Bayerische Landesamt für Steuern im Hinblick auf dieses oder ähnliche Programme mit: Soweit eine Vergütung für die Unterstützungs- und Integrationsleistung gezahlt wird, gehört diese zu den begünstigten Betreuungsleistungen. Dies gilt nicht für die Vergütung, die für die Wohnraumüberlassung gewährt wird (Verfügung vom 19.9.2019, S 2121.2.1-29/25 St36).

STEUERRAT: Honorare bleiben also steuer- und beitragsfrei, bestimmter Aufwendungsersatz hingegen nicht. Ob dann im zweiten Fall Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung vorliegen, bei denen Werbungskosten gegengerechnet werden können, steht auf einem anderen Blatt. Das Finanzgericht Baden-Württemberg hat kürzlich entschieden, dass eine selbstständig tätige Tagesmutter Aufwendungen für ihr Eigenheim, in dem sie mehrere Kinder betreut, nicht anteilig als Betriebsausgaben geltend machen kann (FG Baden-Württemberg vom 7.5.2019, 8 K 751/17). Ob dies zu halten ist, wenn eine abgeschlossene Wohnung oder ein Appartement zur Verfügung gestellt wird, kann sicherlich bezweifelt werden. Voraussetzung ist aber natürlich immer eine Einkünfteerzielungsabsicht.

 

2. Schriftsteller:
Recherche für eine Biografie nicht als Betriebsausgaben absetzbar

Grundsätzlich gilt: Aufwendungen im Zusammenhang mit steuerpflichtigen Einkünften sind als Werbungskosten oder Betriebsausgaben absetzbar. Dies gilt auch dann, wenn es sich um eine Nebentätigkeit handelt. Doch Nebentätigkeiten, mit denen auf Dauer Verluste eingefahren werden, möchte das Finanzamt als "Liebhaberei" werten und deshalb steuerlich nicht berücksichtigen. Erforderlich ist also eine "Gewinnerzielungsabsicht", d.h. über mehrere Jahre hinweg muss als Ergebnis eine "schwarze" Zahl stehen. Das bedeutet:

  • Entstehen in den Anfangsjahren Verluste, sind diese als Betriebsausgaben bei der Nebentätigkeit absetzbar und führen so zu "negativen Einkünften". Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass eine Gewinnerzielungsabsicht vorliegt, d.h. auf Dauer gesehen müssen die Einnahmen voraussichtlich höher sein als die Ausgaben.
  • Falls die Verluste über viele Jahre anhalten und eine Gewinnerzielungsabsicht nicht gegeben ist, unterstellt das Finanzamt sog. "Liebhaberei" und erkennt die Verluste nicht mehr an. Daraus folgt, dass dann auch die Einnahmen nicht versteuert werden müssen.

AKTUELL hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz entschieden, dass ein Steuerpflichtiger, der an einer Biografie über das Leben und Wirken seines Vaters arbeitet, aber sonst nicht weiter schriftstellerisch tätig ist bzw. werden möchte, keine Gewinnerzielungsabsicht hat und die Kosten seiner Recherchen daher nicht steuerlich absetzen kann (Urteil vom 18.9.2019, 3 K 2083/18).

  • Der Fall: Der Vater des Klägers war vor und nach dem Zweiten Weltkrieg u.a. als Schauspieler, Regisseur und Filmeditor tätig. Der Kläger arbeitete an seiner Biografie und machte den ihm ab dem Jahr 2011 für Recherchearbeiten entstandenen Aufwand (bis 2016 waren dies rund 20.500 EUR) als Verluste steuerlich geltend. Das Finanzamt erkannt die Verluste nicht an.
  • Bei Schriftstellern - so das Gericht - sei zwar zu berücksichtigen, dass sich ähnlich wie bei Künstlern positive Einkünfte vielfach erst nach einer längeren Anlaufzeit erzielen ließen. Anlaufverluste seien jedoch dann steuerrechtlich nicht anzuerkennen, wenn eindeutig feststehe, dass der Steuerpflichtige von vornherein nicht willens oder in der Lage sei, nachhaltige Gewinne zu erzielen. Dies sei hier der Fall. Es bestünden zwar keine Zweifel daran, dass der Kläger seit 1993 das Leben und berufliche Wirken seines Vaters erforsche. Die Recherchen würden allerdings offensichtlich nicht in ein wirtschaftlich verwertbares Buch münden. Nach Würdigung aller Umstände komme das Gericht daher zu dem Ergebnis, dass der Kläger vor allem aus persönlichen Gründen und Neigungen bzw. aus eigenem Interesse am Leben seines Vaters recherchiert habe.

 

V. Kapitalerträge

1. Negativzinsen: Sollten Negativzinsen als negative Einnahmen absetzbar sein?

Was waren das herrliche Zeiten, als man für das mühsam Ersparte noch Zinsen bekam. Zinsen sind der Lohn für den Verzicht auf Konsum. Schon lange gibt es für das Sparbuch keine Zinsen mehr. Auch bei anderen Anlagen haben sich die Sparer inzwischen an Niedrig- und Nullzinsen gewöhnt. Neu aber ist, dass Sparer bei manchen Banken draufzahlen sollen, wenn sie dort ihr Geld hinbringen. Ein solcher Obolus ist eine Bestrafung fürs Sparen und wird als Strafzinsen oder Negativzinsen bezeichnet.

Von Zinsen - selbst von mickrigen Zinsen - verlangt der Fiskus seit eh und je einen Anteil, seit 2009 ein Viertele. Spiegelbildlich zu den Guthabenzinsen müssten die Negativzinsen als negative Kapitaleinnahmen steuermindernd verrechnet werden können. Denn den Negativzinsen ähnlich sind sog. "Vorschusszinsen", die der Sparer bei vorzeitiger Auszahlung eines Sparguthabens ohne Einhaltung der Kündigungsfrist bezahlen muss. Diese werden steuerlich als negative Einnahmen berücksichtigt und mit positiven Kapitalerträgen verrechnet. Ebenfalls sind "gezahlte Stückzinsen" beim Kauf eines festverzinslichen Wertpapiers als negative Einnahmen verrechenbar. Gleiches gilt für den "negativen Unterschiedsbetrag" zwischen eingezahlten Beiträgen und Auszahlungsbetrag einer Lebensversicherung. Auch bei Anleihen, die bei Fälligkeit mit einem Kursverlust zurückgezahlt werden, ist dieser absetzbar. Gezahlte Minuszinsen stellen wirtschaftlich betrachtet einen Verlust aus der Anlage dar. Doch bezüglich der Negativzinsen hat der Fiskus eine andere Logik und eine profiskalische Sichtweise.

Im Jahre 2015 hat das Bundesfinanzministerium eine verblüffende Mitteilung veröffentlicht: Negative Zinsen sind gar keine Zinsen. Aha! Denn sie würden nicht vom Kapitalnehmer an den Kapitalgeber als Entgelt für die Überlassung von Kapital gezahlt. Vielmehr handele es sich wirtschaftlich gesehen um eine Art Verwahr- oder Einlagegebühr. Oho! Diese fragwürdige Erkenntnis wäre nicht weiter tragisch, wenn sie nicht gravierende steuerliche Konsequenzen hätte: Während negative Einnahmen mit Guthabenzinsen verrechnet werden können, sind die umdeklarierten Gebühren Werbungskosten - und diese sind seit 2009 nicht mehr steuerlich abzugsfähig (BMF-Schreiben vom 27.5.2015, BStBl. 2015 I S. 473).

Unsere Meinung: Negative Zinsen heißen so, weil der Kapitalgeber an den Kapitalnehmer ein Entgelt zahlt. So wie Zinsen eine Art "Gewinn" sind, stellen Negativzinsen eine Art "Verlust" dar. Sie sind also wirtschaftlich gesehen u.E. sehr wohl negative Einnahmen. Und diese müssen mit positiven Zinserträgen verrechenbar sein! Dadurch wird der Sparerpauschbetrag nicht "verbraucht". Aufgrund der verminderten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit müssen die Minuszinsen die Steuerlast mindern und dürfen nicht wegen des Werbungskostenabzugsverbots im Nirwana landen. Der Fiskus partizipiert an Guthabenzinsen und müsste sich deshalb auch an Negativzinsen beteiligen.

AKTUELL hat die FDP-Fraktion im Bundestag einen Antrag gestellt, Negativzinsen im Steuerrecht zu berücksichtigen. Damit sollten von den Banken erhobene negative Einlagezinsen für die Überlassung von Kapital für die belasteten Steuerpflichtigen als negative Erträge angesehen und damit im Rahmen der Verlustverrechnung innerhalb der Kapitaleinkünfte verrechnet werden können. Doch der Finanzausschuss des Bundestages hat diesen Antrag am 15.1.2020 abgelehnt. Gegen den Antrag stimmten die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD sowie die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. AfD- und FDP-Fraktion stimmten dafür, die Linksfraktion enthielt sich (Hib-Meldung vom 15.1.2020).

  • In der Begründung des Antrages heißt es, Sparer dürften durch negative Zinsen nicht doppelt belastet werden. Das wäre jedoch die Folge, wenn sie einerseits negative Zinsen für Guthaben an die Bank entrichten müssten, aber andererseits diese nicht steuerlich geltend machen könnten. Das anhaltende Niedrigzinsumfeld zwinge immer mehr Banken, die Belastungen, die durch die negativen Einlagezinsen hervorgerufen würden, an die Kunden weiterzugeben. Dass die Sparer diese Negativzinsen nicht mit positiven Einkünften bei der Steuer verrechnen könnten, sei unsystematisch und belaste die Sparer (BT-Drucksache 19/15771 vom 10.12.2019).
  • Die CDU/CSU-Fraktion sprach von einem komplexen Thema. Was - bitte sehr - soll daran so komplex sein!? Die SPD-Fraktion verwies darauf, dass Anleger die Möglichkeit hätten, zu Banken zu wechseln, die keine Negativzinsen erheben würden. Ein toller Vorschlag. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wies darauf hin, dass Kleinsparer von einer Abzugsfähigkeit der Negativzinsen wegen des Sparerfreibetrages nichts hätten. Korrekt, aber hier geht es darum, dies zu verändern! Es scheint, als hätten unsere Abgeordneten das Problem, unter dem die Sparer leiden, nicht verstanden. Den Banken ist stets vorgeworfen worden, dass sie Gewinne kassieren, Verluste aber verstaatlichen wollen. Dem Gesetzgeber ist vorzuwerfen, dass er Kapitalerträge stets versteuern, Verluste aber bei den Sparern belassen will. Er ist damit nicht besser als die Banken, die er immer kritisiert hat.

 

2. Thesaurierende Fonds:
Wie hoch ist die steuerpflichtige Vorabpauschale für 2020?

Seit dem 1.1.2018 gelten neue Regeln zur Investmentbesteuerung. Der Anleger versteuert jetzt grundsätzlich nur die tatsächlichen Zuflüsse aus der Investmentanlage, d.h. die Ausschüttungen des Fonds sowie die Gewinne aus der Veräußerung oder Rückgabe der Fondsanteile. Doch häufig werden die Erträge auch ganz oder teilweise thesauriert. Bei solchen nicht ausschüttenden (thesaurierenden) und teilausschüttenden Fonds müssen Anleger jedes Jahr einen Mindestbetrag versteuern - eine sog. Vorabpauschale. Für diese gelten die gleichen Teilfreistellungen wie für die Besteuerung von Ausschüttungen. Die Höhe des steuerfreien Anteils richtet sich auch hier nach der Art des Fonds.

Die Höhe der Vorabpauschale orientiert sich an einer risikolosen Marktverzinsung, d.h. an dem Betrag, den ein Anleger am Markt für eine risikofreie Geldanlage erhalten würde. Die tatsächlichen Ausschüttungen mindern die Vorabpauschale im Jahr ggf. bis auf null. Darüber hinaus ist die Vorabpauschale auf die tatsächliche Wertsteigerung des Anteils im Jahr begrenzt und fällt somit nicht an, wenn ein Verlust erzielt wurde.

Anfang Januar 2019 hat der deutsche Fiskus Investmentsparern erstmals eine Vorabpauschale in Rechnung gestellt. Mit ihr wurden Erträge aus thesaurierenden und teilthesaurierenden Fonds besteuert. Die Vorabpauschale ist - wirtschaftlich betrachtet - eine vorweggenommene Besteuerung zukünftiger Wertsteigerungen. Daher wird sie beim Verkauf der Fondsanteile vom tatsächlichen Veräußerungsgewinn abgezogen. Die Vorabpauschale orientiert sich nicht an den tatsächlich angefallenen Gewinnen, sondern anhand einer bestimmten Formel berechnet:

  • Die Vorabpauschale beträgt 70 Prozent des jährlichen Basiszinses der Bundesbank multipliziert mit dem Wert des Fondsanteils zum Jahresbeginn (sog. Basisertrag). Der Basisertrag ist auf den Mehrbetrag begrenzt, der sich zwischen dem ersten und dem letzten Rücknahmepreis zzgl. der Ausschüttungen ergibt. Wird kein Rücknahmepreis festgesetzt, so gilt stattdessen der Börsen- oder Marktpreis.
  • Für das Jahr 2019 gilt Folgendes: Das BMF gibt als Basiszins 0,52 Prozent bekannt, den die Deutsche Bundesbank auf den 2.1.2019 anhand der Zinsstrukturdaten errechnet hat. 70 Prozent des Basiszinssatzes ergeben 0,364 Prozent. Hierauf kommt dann die Abgeltungsteuer in Höhe von 25 Prozent zum Ansatz zzgl. Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer (BMF-Schreiben vom 9.1.2019, IV C 1-S 1980-1/14/10001).

AKTUELL gibt das Bundesfinanzministerium den Basiszins für das Jahr 2020 bekannt: Der Basiszins für 2020 beträgt 0,07 Prozent. Diesen Zinssatz hat die Deutsche Bundesbank auf den 2.1.2020 anhand der Zinsstrukturdaten errechnet. 70 Prozent des Basiszinssatzes ergeben 0,049 Prozent des Anteilswertes am Investmentfonds. Hierauf kommt dann die Abgeltungsteuer in Höhe von 25 Prozent zum Ansatz zzgl. Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer (BMF-Schreiben vom 29.1.2020, IV C 1-S 1980-1/19/10038).

Bei einem Anteilswert am Anfang des Jahres von beispielsweise 100 EUR fallen 0,049 EUR Vorabpauschale an, falls der Wert bis zum Jahresende mindestens um diesen Betrag gestiegen ist. Hinzu kommen rund 0,0123 EUR Kapitalertragsteuer zuzüglich Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer.

STEUERRAT: Die Vorabpauschale für die Wertentwicklung des Jahres 2020 fließt Anfang 2021 zu, damit sie mit dem meist noch in voller Höhe vorhandenen Sparerpauschbetrag verrechnet werden kann. Reicht der Sparerpauschbetrag nicht aus oder wurde kein Freistellungsauftrag gestellt, erhebt das depotführende Kreditinstitut Kapitalertragsteuer auf die Vorabpauschale in der Weise, dass ein entsprechender Geldbetrag vom Konto des Anlegers eingezogen und an die Finanzverwaltung abgeführt wird. Wenn das depotführende Institut das Geld für die Steuer nicht einziehen kann, meldet die Bank dies dem Finanzamt.

STEUERRAT: Den Steuerabzug auf die Vorabpauschale können Sie verhindern, wenn Sie der depotführenden Bank einen Freistellungsauftrag in ausreichender Höhe erteilen. Weil die Steuer auf die Vorabpauschale für 2020 Anfang 2021 abgezogen wird, sollten Sie Ihren Sparerpauschbetrag für das Jahr rechtzeitig anpassen.

HINWEIS: Investmenterträge - und somit auch eine Vorabpauschale - sind nicht anzusetzen, wenn die Fondsanteile im Rahmen von Riester- oder Rürup-Verträgen gehalten werden. Hier bleibt es bei der nachgelagerten Besteuerung der Erträge in der Auszahlungsphase.

Weitere Informationen: Besteuerung von Investmentfonds: Die neuen Steuerregeln ab 2018

 

VI. Eigenheim und Vermietung

1. Vermietung:
Bei günstiger Vermietung steuerliche Nachteile vermeiden

Obwohl die Mieten derzeit in den Städten rasant steigen, gibt es dennoch Vermieter, die ihre Wohnungen - vor allem an langjährige Mieter - weit unterhalb der ortsüblichen Miete vermieten. Doch solche Vermieter, die zu besonders günstigen Konditionen vermieten, werden durch die aktuelle Gesetzeslage steuerlich benachteiligt. Vermieter dürfen Werbungskosten für Investitionen in die Wohnung nur dann vollständig geltend machen, wenn die Miete mehr als 66 Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete beträgt.

Eine verbilligte Vermietung liegt vor, wenn die vereinbarte Miete im Vergleich zur ortsüblichen Marktmiete niedriger ist. Seit 2012 sind die Aufwendungen nur dann in voller Höhe als Werbungskosten absetzbar, wenn die vereinbarte Miete mindestens 66 Prozent der ortsüblichen Miete zuzüglich der umlagefähigen Nebenkosten beträgt. Beträgt die vereinbarte Miete weniger als 66 Prozent der ortsüblichen Miete mit Umlage, ist eine Aufteilung in einen entgeltlichen und unentgeltlichen Teil vorzunehmen, d.h. die Aufwendungen sind nur anteilig als Werbungskosten abziehbar (§ 21 Abs. 2 EStG).

AKTUELL teilt die Bundesregierung mit, dass sie nicht beabsichtigt, Änderungen am § 21 Abs. 2 EStG vorzunehmen, um die Vermietung von günstigem Wohnraum steuerlich attraktiver zu gestalten. Ein entsprechender Antrag des Bundesrates zum "Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften" wurde von der Bundesregierung abgelehnt (siehe BT-Drucks. 19/13712). Mit einer Herabsetzung der Grenze würde nicht primär die Wohnsituation für die Allgemeinheit geändert werden, sondern es wären Mitnahmeeffekte (insbesondere bei Wohnraummietverhältnissen unter Angehörigen) zu erwarten (BT-Drucksache 19/15288 vom 19.11.2019).

STEUERRAT: Sind Mietspiegel nicht vorhanden oder nur begrenzt aussagekräftig, kann die Finanzverwaltung eine sog. Vergleichsmiete auf der Basis der bundesdurchschnittlichen Bruttokaltmiete - fortgeschrieben um jährliche Preissteigerungen und regionalisiert um Mietstufen nach § 12 des Wohngeldgesetzes - ermitteln und diesen Wert bei der Prüfung des § 21 Abs. 2 EStG zugrunde legen. Diese Vorgehensweise ist bundeseinheitlich abgestimmt (BT-Drucksache 19/15288 vom 19.11.2019).

Die Bundesregierung hat bereits mit verschiedenen Maßnahmen auf die in vielen Regionen steigenden Mieten reagiert, um die Bezahlbarkeit der Wohnraummieten zu sichern. Durch das am 1.1.2019 in Kraft getretene "Mietrechtsanpassungsgesetz" wurden die Regelungen über die sog. Mietpreisbremse wirksamer gestaltet. Außerdem wurde der Satz, mit dem die Kosten einer Modernisierung durch Mieterhöhung an den Mieter weitergegeben werden können, deutlich gesenkt und betragsmäßig gekappt. Angesichts der angespannten Lage auf dem Wohnungsmarkt wird nun die Mietpreisbremse um fünf Jahre verlängert und verschärft. In besonders betroffenen Bezirken dürfen bis 2025 die Mieten bei neuen Vertragsabschlüssen maximal zehn Prozent über einem Vergleichsindex liegen. Zudem wird es Mietern künftig erleichtert, bei überhöhten Mieten die seit Vertragsabschluss zu viel gezahlten Beträge zurückzufordern. Darüber hinaus soll der Betrachtungszeitraum für die ortsübliche Vergleichsmiete, die in Mietspiegeln abgebildet wird, von bislang vier auf sechs Jahre verlängert werden. Dies soll insbesondere in nachfragestarken Mietmärkten zu einer Dämpfung des Mietspreisanstiegs führen.

 

2. Erwerb eines Mietobjekts:
Kosten für vorigen Eigenheimverkauf nicht abziehbar

Kosten im Zusammenhang mit einem Eigenheim sind nicht abziehbar, im Zusammenhang mit einer vermieteten Immobilie dagegen sehr wohl - und zwar als sofort abzugsfähige Werbungkosten oder als Anschaffungskosten im Wege der Abschreibung (AfA). Wenn das Leben und das Steuerrecht doch nur immer so einfach wären. Denn was gilt, wenn ein Eigenheim verkauft wird, um sich die nötigen Geldmittel für die Anschaffung eines Vermietungsobjekts zu verschaffen? Liegen dann hinsichtlich der Makler- und sonstigen Veräußerungsgebühren Werbungkosten der neuen Immobilie vor, die steuerlich abgezogen werden dürfen?

Im Jahre 2014 hatte der Bundesfinanzhof einen solchen Abzug für den Einzelfall bejaht: "Ausnahmsweise können Maklerkosten zu den Finanzierungskosten eines anderen Objekts gehören, wenn und soweit der Erlös von vornherein zur Finanzierung dieses Objekts bestimmt und auch tatsächlich verwendet worden ist. Die Verwendung des Erlöses für die Finanzierung eines anderen Objekts und dessen Nutzung zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung begründet den wirtschaftlichen Zusammenhang der Maklerkosten mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung" (BFH Urteil vom 11.2.2014, IX R 22/13). Doch von dieser Linie scheinen die obersten Finanzrichter abzurücken.

AKTUELL hat der BFH geurteilt, dass die Veräußerungskosten in dem eingangs geschilderten Sachverhalt grundsätzlich nicht als vorab entstandene Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar sind. Eine den Veräußerungszusammenhang überlagernde und diese verdrängende Veranlassung durch die beabsichtigte Vermietung sei jedenfalls dann nicht anzunehmen, wenn sich der Steuerpflichtige ohne wirtschaftlichen oder rechtlichen Zwang zur Veräußerung entschlossen hat und er auch über die Verwendung des Veräußerungserlöses frei disponieren kann. Er grenzt sich damit nach eigener Aussage von seinem Urteil aus dem Jahre 2014 ab (BFH-Urteil vom 29.10.2019, IX R 22/18).

  • Der Fall: Die Klägerin war seit 1994 Eigentümerin eines Einfamilienhauses. Im Mai 2013 erwarb sie eine noch zu errichtende Eigentumswohnung. Der Kaufpreis in Höhe von 172.900 EUR sollte nach Baufortschritt bezahlt werden. Die Klägerin beabsichtigte, die Wohnung nach Fertigstellung an ihre Eltern zu vermieten. Zur Finanzierung des Kaufpreises für die Wohnung nahm die Klägerin zwei Darlehen auf. Sie hatte dem Kreditinstitut in Aussicht gestellt, das Eigenheim alsbald veräußert zu haben und aus dem Erlös eines der Darlehen tilgen zu wollen. Und tatsächlich veräußerte die Klägerin das Hausgrundstück zum Preis von 75.000 EUR. Der Kaufvertrag war durch Vermittlung einer Immobilienmaklerin zustande gekommen. In ihrer Einkommensteuererklärung für 2014 machte die Klägerin die im Zusammenhang mit dem Verkauf angefallenen Kosten von zusammen 4.270,04 EUR als Werbungskosten bei den Einkünften aus der Vermietung der neu angeschafften Wohnung geltend. Das Finanzamt versagte den Abzug und hat nun Unterstützung vom BFH erhalten.
  • Begründung: Die Klägerin sei nicht wirtschaftlich gezwungen gewesen, das Hausgrundstück zu veräußern, um die Eigentumswohnung anschaffen zu können. Sie habe die Zwischenfinanzierung offenbar erhalten, ohne das Hausgrundstück dinglich belasten zu müssen. Das Kreditinstitut habe auch nicht verlangt, dass der Veräußerungserlös bis zu dessen Tilgung auf das Darlehenskonto gezahlt werden muss. Es habe der Klägerin vielmehr angeboten, das Darlehen in voller Höhe zu geänderten Konditionen fortzusetzen. Die Klägerin musste sich mithin nicht entschulden, um (weiterhin) Vermietungseinkünfte erzielen zu können. Sie habe sich vielmehr ohne jeden wirtschaftlichen Zwang dazu entschlossen, das Haus zu verkaufen und das frei gewordene Kapital in die neue Eigentumswohnung zu investieren. Unter diesen Umständen sei eine den Veräußerungszusammenhang überlagernde und diesen verdrängende Veranlassung durch die Erzielung von Einkünften nicht anzunehmen. Es handelt sich vielmehr um eine Umschichtung im nicht steuerbaren Vermögensbereich.
  • Das Urteil des Jahres 2014 betreffe dagegen einen Sonderfall. Nur unter sehr engen Voraussetzungen seien seinerzeit die angefallenen Maklerkosten als Werbungskosten bei der Vermietung anderer Objekte zum Abzug zugelassen worden. Ein steuerlicher Abzug sei nur dann vorzunehmen, wenn "ausschließlicher Grund für die Beauftragung des Maklers das Erzielen liquider Mittel für eine Entschuldung ist, um mit Hilfe der dadurch möglichen Darlehenstilgung es weiterhin zu ermöglichen, aus den damit entschuldeten Objekten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen." Danach müssen die Veräußerung und die dadurch ermöglichte (teilweise) Entschuldung notwendige Bedingung für die Fortsetzung der Vermietungstätigkeit und das Erzielen steuerpflichtiger Einkünfte sein.

STEUERRAT: Der Hinweis des BFH auf den Sonderfall ist als Wink mit dem Zaunpfahl zu verstehen. Gegebenenfalls sollte der Zusammenhang mit den Vermietungseinkünften über vertragliche Vereinbarungen mit der finanzierenden Bank hergestellt werden. Ob die steuerlich sinnvolle Verbindung allerdings auch wirtschaftlich Sinn macht, steht natürlich auf einem anderen Blatt.

Weitere Informationen: Erwerb einer Immobilie: Anschaffungskosten

 

3. Umsatzsteuer:
Ist die Vermietung von Stellplätzen stets steuerpflichtig?

Die Vermietung von Kfz-Stellplätzen ist im Prinzip umsatzsteuerpflichtig. Allerdings sieht der Gesetzgeber für die meisten Fälle dann doch eine Steuerbefreiung vor, nämlich dann, wenn die Überlassung des Stellplatzes eine reine Nebenleistung zur Vermietung von Räumlichkeiten darstellt. Die Formel lautet: Die Vermietung einer Wohnung plus eines Stellplatzes an den gleichen Mieter führt insgesamt zu einer steuerfreien Leistung. Diese Formel gilt bereits seit Jahren. Doch ob sie noch Gültigkeit besitzt, muss nun wohl der Bundesfinanzhof klären.

AKTUELL hat das Thüringer Finanzgericht nämlich entgegen der langjährigen Auffassung entschieden: Soweit die Finanzverwaltung und die Rechtsprechung davon ausgehen, dass es sich bei der Vermietung der Stellplätze stets um eine unselbständige Nebenleistung zur steuerfreien Wohnungsvermietung als Hauptleistung handele, wenn Wohnung und Stellplatz zusammen vermietet werden, ist dem nicht länger zuzustimmen (Urteil vom 27.6.2019, 3 K 246/19).

  • Der Fall: Der Kläger errichtete einen Gebäudekomplex mit 15 Tiefgaragenstellplätzen. Nach der ursprünglichen Planung sollte der gesamte Komplex zur kurzfristigen Beherbergung dienen. Deshalb machte der Kläger während der Errichtungsphase die in Rechnung gestellten Vorsteuerbeträge in voller Höhe geltend. Doch noch während oder kurz nach der Bauphase änderte sich für leerstehende Flächen im Gebäude die Verwendungsabsicht. Der Kläger vermietete nun nur noch einen Teil der Einheiten umsatzsteuerpflichtig. Andere Gebäudeteile vermietete er umsatzsteuerfrei dauerhaft zu Wohnzwecken. Die Tiefgaragenstellplätze wurden aber weiterhin zum größten Teil unter Ausweis von Umsatzsteuer vermietet. Dabei waren 10 Nutzer der Stellplätze gleichzeitig auch Mieter jeweils einer Wohneinheit. Nur ein geringer Teil der Stellplätze diente z.B. als Besucherstellplatz oder wurde nicht im Haus wohnenden Mietern überlassen. Das Finanzamt sah in der Überlassung der Stellplätze an die jeweiligen Wohnungsmieter eine einheitliche Leistung, die der steuerfreien Wohnungsvermietung zuzurechnen sei. Für Vorsteuerbeträge, die hierauf entfielen, sei mithin die Vorsteuer anteilig zurückzuzahlen. Hiergegen wendet sich der Kläger; das Finanzgericht hat der Klage stattgegeben.
  • Die Begründung: Die bisherige rechtliche Wertung finde keine hinreichende Grundlage in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. Im Streitfall sei zu berücksichtigen, dass externen Mietern von Stellplätzen der Zugang zur Tiefgarage möglich sei, ohne das Mietgebäude zu betreten. Ein enger räumlicher Zusammenhang zwischen der umsatzsteuerfreien Vermietung der Wohnungen und der steuerpflichtigen Vermietung der Stellplätze sei deshalb bereits zu verneinen.
  • Bedeutsam sei für den Streitfall zudem, dass aus der Sicht eines Leistungsempfängers die Überlassung von Wohnungen unabhängig davon erfolgt, ob für den Nutzer dieser Flächen ein ausreichender Platz zum Abstellen von Kfz in unmittelbarer Nähe zur Wohnung vorhanden ist. Andererseits seien bekanntermaßen Parkflächen im Innenstadtbereich von größeren Städten knapp bemessen und deshalb bezüglich einer Anmietung für einen durchschnittlichen Leistungsempfänger auch dann interessant, wenn damit nicht die Anmietung einer Wohnung verbunden wäre. Die Richter waren deshalb der Auffassung, dass es für die Vermietung von Wohnungen und für die Vermietung von Stellflächen jeweils einen eigenständigen Markt gibt und deshalb deren Anmietung nicht als einheitlicher wirtschaftlicher Vorgang angesehen werden könne.

STEUERRAT: Sollte das Urteil vor dem BFH Bestand haben, würde es zu einer Abkehr der bisherigen Grundsätze bei der Überlassung von Stellplätzen führen. Das Urteil weicht insbesondere von der Auffassung der Finanzverwaltung in Abschnitt 4.12.2. Abs. 3 Sätze 4 bis 9 UStAE ab, wie die Richter selbst ausführen. Daher haben sie die Revision zugelassen. Das Az. beim BFH lautet V R 41/19. In ähnlich gelagerten Fällen sollten Betroffene die Kürzung von Vorsteuern jedenfalls zunächst nicht akzeptieren und sich unter Hinweis auf das aktuelle Verfahren zur Wehr setzen. Wer hingegen weiterhin umsatzsteuerfrei vermieten will, kann sich auf die bisherige Auffassung der Finanzverwaltung berufen.

Weitere Informationen: Vermietung von Stellplätzen und Garagen: Risiko Umsatzsteuer

 

4. Umsatzsteuer:
Keine Ermäßigung bei Vermietung von Bootsliegeplätzen

Gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 1 UStG ermäßigt sich die Umsatzsteuer von 19 Prozent auf 7 Prozent für die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, sowie für die kurzfristige Vermietung von Campingflächen. Nach derzeitiger Rechtslage gilt für die kurzfristige Vermietung von Bootsliegeplätzen der normale Umsatzsteuersatz von 19 Prozent.

Der Bundesfinanzhof sah es als möglich an, dass die im Umsatzsteuerrecht geltende Steuersatzermäßigung gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 1 UStG für die kurzfristige Vermietung von Campingflächen auch auf die kurzfristige Vermietung von Bootsliegeplätzen anzuwenden ist und hatte daher den Europäischen Gerichtshof um Klärung gebeten, ob ein Hafen bei gleicher Funktion wie ein Campingplatz zu behandeln ist (BFH-Beschluss vom 2.8.2018, V R 33/17).

  • Der Fall: Ein eingetragener Verein, dessen Zweck die Förderung des Segel- und Motorwassersports ist, überließ Bootsliegeplätze in seinem Hafen gegen ein sog. Hafengeld Wassersportlern, die dort mit ihrem Boot ankern und übernachten konnten. Das Hafengeld umfasste auch die Nutzung ähnlicher (Sanitär-) Einrichtungen wie auf Campingplätzen und in sog. Wohnmobilhäfen.
  • Nach Auffassung des Niedersächsischen Finanzgerichts kann die kurzfristige Überlassung von Bootsliegeplätzen nicht unter die Formulierung "kurzfristige Vermietung von Campingflächen" nach § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG subsumiert werden. Ein Boot sei in erster Linie ein Beförderungsmittel. Dem stehe nicht entgegen, dass viele Boote auch Einrichtungen zum Übernachten (Kajüten) hätten und diese auf den Gastliegeplätzen entsprechend genutzt werden könnten (Urteil vom 15.6.2017, 5 K 210/15).
  • Der Bundesfinanzhof sah es als möglich an, dass es der in der Europäischen Grundrechtscharta verankerte allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 20 EUGrdRCh), der im Steuerrecht im Grundsatz der steuerlichen Neutralität zum Ausdruck komme, gebiete, die Steuersatzermäßigung für Campingplätze und damit für sog. "Wohnmobilhäfen" auch auf die Überlassung von Bootsliegeplätzen anzuwenden, soweit diese gleichartige Umsätze ausführen. Und so fragten die BFH-Richter den Europäischen Gerichtshof: Umfasst die Steuersatzermäßigung für die Vermietung von Campingplätzen und Plätzen für das Abstellen von Wohnwagen auch die Vermietung von Bootsliegeplätzen?

AKTUELL hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass der ermäßigte Mehrwertsteuersatz für die Vermietung von Campingplätzen nicht auf die Vermietung von Bootsliegeplätzen anwendbar ist (EuGH-Urteil vom 19.12.2019, C‑715/18).

Art. 98 Abs. 2 in Verbindung mit Anhang III Nr. 12 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist dahin auszulegen, dass der ermäßigte Mehrwertsteuersatz, der dort für die Vermietung von Campingplätzen und Plätzen für das Abstellen von Wohnwagen vorgesehen ist, nicht auf die Vermietung von Bootsliegeplätzen anwendbar ist. Die Vermietung von Bootsliegeplätzen ist zum einen nicht im Wortlaut von Anhang III Nr. 12 der Mehrwertsteuerrichtlinie enthalten und zum anderen nicht dem Begriff der Beherbergung immanent, sondern soll in erster Linie das sichere Festmachen der Boote am Liegeplatz ermöglichen.

 

5 Ferienwohnung:
Wie ist die ortsübliche Vermietungszeit zu ermitteln?

Bei Ferienwohnungen, die im Rahmen der privaten Vermögensverwaltung vermietet werden, sind die Werbungskosten oftmals über viele Jahre höher als die Einnahmen, weil die Wohnungen selten ganzjährig vermietet werden. Und da hier auch noch private Motive mitspielen, lehnen die Finanzämter die Anerkennung der Verluste wegen "Liebhaberei" häufig ab. Das heißt: Der Vermieter muss in vielen Fällen den Gegenbeweis antreten und dem Finanzamt gegenüber darlegen, dass er langfristig doch einen "Total-Überschuss" erreichen kann.

Bei Wohnungen, die ausschließlich an wechselnde Feriengäste vermietet, also nicht selbstgenutzt werden, muss der Fiskus dem Eigentümer grundsätzlich Glauben schenken. Der Nachweis eines Total-Überschusses ist also nicht erforderlich; vielmehr wird dieser - anders als bei zeitweise selbstgenutzten Wohnungen - unterstellt. Allerdings spielt die Anzahl der Vermietungstage eine bedeutende Rolle:

  • Eine Überschusserzielungsabsicht wird (nur) dann unterstellt, wenn die Ferienwohnung im ganzen Jahr - bis auf die üblicherweise vorkommenden Leerstandszeiten - an wechselnde Feriengäste vermietet wird. Dabei darf die tatsächliche Vermietungszeit nur um bis zu 25 % niedriger sein als die ortsübliche Vermietungszeit (BFH-Urteil vom 26.10.2004, IX R 57/02).
  • Steht die Wohnung im Durchschnitt häufiger leer als andere Ferienwohnungen desselben Ortes, so wird das Finanzamt eine Ertragsprognose für 30 Jahre verlangen, um zu prüfen, ob in diesem Zeitraum ein Überschuss erzielt werden kann. Nur bei positiver Ertragsprognose werden die Werbungskosten in voller Höhe anerkannt.

Doch was bedeutet eigentlich "ortsübliche Vermietungszeit"? Auf welche Zahlen kommt es konkret an?

AKTUELL hat sich das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern mit dieser Frage befasst und ein Urteil gefällt, das betroffenen Besitzern von Ferienwohnungen möglicherweise helfen kann. Bei der Ermittlung des Vergleichsmaßstabes für die Auslastungszahlen ist nämlich nur auf die ortsübliche Vermietungszeit von Ferienwohnungen, nicht jedoch auf diejenige von sämtlichen Beherbergungsbetrieben einer Stadt abzustellen. Daher ist der Vergleichsmaßstab deutlich geringer als von der Finanzverwaltung angenommen (Urteil vom 23.10.2019, 3 K 276/15).

  • Der Fall: Die Kläger erklärten Verluste aus der Vermietung einer Ferienwohnung in der Stadt A. Die Ferienwohnung befindet sich im selbstgenutzten Haus mit einer Gesamtwohnfläche von ca. 220 qm, wovon 155 qm auf den selbstgenutzten Teil und 65 qm auf die Ferienwohnung entfallen. Die Ferienwohnung wurde in den Jahren 2006 bis 2015 maximal an 124 Tagen pro Jahr, zumeist aber wesentlich darunter und in einem Jahr sogar nur an 13 Tagen vermietet. Das Finanzamt erkannte die geltend gemachten Verluste aus Vermietung und Verpachtung nicht an.
  • Zur Begründung wies das Finanzamt darauf hin, dass die Kläger zwar eine ausschließliche Vermietung der Ferienwohnung nachgewiesen hätten. So böten sie die Ferienwohnung über Vermittler an und es stünde ihnen genügend Wohnfläche für die Unterbringung von eigenen Gästen zur Verfügung. Dennoch sei die Einkünfteerzielungsabsicht immer dann anhand einer Prognose zu überprüfen, wenn das Vermieten die ortsübliche Vermietungszeit von Ferienwohnungen mindestens um 25 % unterschreitet. Im Streitfall sei die ortsübliche Vermietungszeit unterschritten. Nach den Erhebungen des Statistischen Amtes Mecklenburg-Vorpommern habe die durchschnittliche Auslastung der Stadt A 35,5 % (alle Unterkünfte) betragen. Für die Region Vorpommern/Rügen läge sie bei 29,3 % (alle Unterkünfte) und bei 23,6 % (nur Ferienunterkünfte und Campingplätze). Dies ergebe ins Verhältnis gesetzt eine durchschnittliche Vermietung von 104 Tagen für die Stadt A für das Jahr 2013. Anhand der Prognoseberechnung sei ersichtlich, dass ein Totalüberschuss innerhalb des Prognosezeitraumes mit der Ferienwohnung nicht erzielt werden könne. Besonders auffällig an der Prognose sei, dass bereits die Kosten, auf die die Kläger kaum Einfluss hätten, fast doppelt so hoch seien wie die Einnahmen.
  • Die hiergegen gerichtete Klage war erfolgreich. Die Kläger haben Anspruch auf Berücksichtigung der von ihnen geltend gemachten Verluste aus der Vermietung ihrer Ferienwohnung. Die Einkünfteerzielungsabsicht ist im Streitfall nicht anhand einer Prognoserechnung zu überprüfen.
  • Begründung: Gemessen an den Zahlen des Statistischen Amtes Mecklenburg-Vorpommern haben die Kläger mit der Vermietung ihrer Ferienwohnung eine Auslastung erreicht, die mit Ausnahme des Jahres 2012 oberhalb von 75 % des ortsüblichen Wertes lag. Bei der Ermittlung des Vergleichsmaßstabes ist auf die ortsübliche Vermietungszeit von Ferienwohnungen, nicht jedoch auf diejenige von sämtlichen Beherbergungsbetrieben in der Stadt A abzustellen. Auf die ortsübliche Auslastung der insgesamt angebotenen Betten/Schlafgelegenheiten in A (Hotels, Gasthöfe, Pensionen, Ferienunterkunft und sonstige Unterkünfte) ist also nicht abzustellen. Die Auslastungszahlen von Hotels sowie Gasthöfen sind mit denjenigen von Ferienwohnungen nicht vergleichbar. So ergibt sich aus den Erhebungen des Statistischen Amtes Mecklenburg-Vorpommern, dass Hotels in A im Streitjahr 2013 eine Auslastungsquote von 45,6 %, Hotels garni von 35,9 % und Gasthöfe eine Auslastung von 49,8 % erreicht haben. Demgegenüber erzielten Ferienhäuser und Ferienwohnungen (ab zehn Betten) lediglich Auslastungszahlen von 27,2 %.

STEUERRAT: Gegen das Urteil ist die Revision zugelassen worden, die zwischenzeitlich beim Bundesfinanzhof unter dem Az. IX R 33/19 geführt wird. Berufen Sie sich hierauf und beantragen Sie ein Ruhen Ihres eigenen Falles, wenn das Finanzamt bei Ihnen die Verluste nicht anerkennen will.

Weitere Informationen: Steuerrat zur Ferienwohnung

 

VII. Renten und Pensionen

1. Steuererklärung:
Vereinfachte Steuererklärung für Rentner und Pensionäre

Seit 2018 gibt es für Rentner und Pensionäre in Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen die Möglichkeit der vereinfachten Steuererklärung. Diese Länder haben mit Unterstützung des Bundesministeriums der Finanzen ein Pilotprojekt gestartet, um Steuererklärungen für Rentner und Pensionäre zu vereinfachen. Der zusätzliche Service einer "Erklärung zur Veranlagung von Alterseinkünften" richtet sich gezielt an Rentner und Pensionäre, bei denen das Finanzamt bereits die überwiegende Anzahl von steuerlich relevanten Informationen von dritter Seite elektronisch erhalten hat. Dazu gehören z.B. die elektronisch an die Finanzverwaltung übermittelten Renteneinkünfte oder/und Pensionen und die Krankenversicherungsbeiträge.

Auf dem neuen Steuerformular können ergänzend folgende Aufwendungen geltend gemacht werden:

  • Beiträge zur Risikolebensversicherungen, Unfall- und Haftpflichtversicherungen. Diese wirken sich steuerlich nur aus, wenn der Höchstbetrag (typischerweise 1.900 EUR) nicht bereits durch Beiträge zu Basiskranken- und gesetzlichen Pflegeversicherungen ausgeschöpft wurde.
  • Spenden und Mitgliedsbeiträge.
  • Kirchensteuer (nicht Kirchensteuer auf Abgeltungsteuer).
  • außergewöhnliche Belastungen, z.B. Krankheitskosten, Pflege- und Pflegeheimkosten, behinderungsbedingte Kosten.
  • Steuerermäßigungen für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen.

Damit sind alle steuerlichen Pflichten erledigt. Die Werbungskostenpauschale und der Sonderausgaben-Pauschbetrag werden automatisch berücksichtigt. Belege müssen der Steuererklärung nicht mehr beigefügt werden, sollen aber für Nachfragen des Finanzamtes aufbewahrt werden. Die Abgabefrist für die Steuererklärung 2019 endet am 31. Juli 2020. Wenn allerdings noch zusätzliche Einkünfte wie z.B. aus Vermietung oder Gewerbe vorliegen, dann müssen die vollumfänglichen Steuererklärungsvordrucke genutzt werden.

SERVICE:

Hier können Sie das neue Steuerformular aufrufen:

- Erklärung zur Veranlagung von Alterseinkünften 2018

- Erklärung zur Veranlagung von Alterseinkünften 2019

Weitere Informationen: Rentner und Pensionäre: Wann Sie eine Steuererklärung abgeben müssen

 

2. Bahnpensionäre:
Personalrabattfreibetrag auch für Tagesfreifahrtscheine

Der Personalrabattfreibetrag von 1.080 EUR gemäß § 8 Abs. 3 EStG wird unabhängig davon gewährt, ob es sich um einen Sachbezug aus einem gegenwärtigen, früheren oder zukünftigen Dienstverhältnis handelt. Hier steht er aufgrund besonderer Regelung auch den Ruhestandsbeamten des Bundeseisenbahnvermögens zu, obwohl die Dienstleistung nicht vom (ehemaligen) Arbeitgeber, sondern von der Deutsche Bahn AG erbracht wird (§ 12 Abs. 8 Deutsche Bahn Gründungsgesetz). Die Vorschrift stellt insoweit eine steuerliche Gleichstellung der unmittelbar bei der DB AG und den ihr zugewiesenen Beamten bzw. der Versorgungsempfänger sicher.

Nach Auffassung der Finanzverwaltung können marktunübliche Produkte dieser Art (etwa "Tages-Ticket M Fern F" und "Tages-Ticket M Fern P") nicht nach § 8 Abs. 3 EStG (mit Personalrabattfreibetrag und Bewertungsabschlag) bewertet werden. Denn diese Produkte werden nicht am freien Markt angeboten. In diesem Fall sei der geldwerte Vorteil nach § 8 Abs. 2 EStG mit dem marktüblichen Preis zu bewerten (LfSt Bayern vom 26.4.2016, S 2370.1.1-4/4 St 32).

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass der Personalrabattfreibetrag von 1.080 EUR gemäß § 8 Abs. 3 EStG sich auf alle Fahrvergünstigungen erstreckt, die die Deutsche Bahn AG (ehemaligen) Arbeitnehmern gewährt. Dies gilt auch dann, wenn die unentgeltlich oder verbilligt gewährten Freifahrtscheine aufgrund besonderer Nutzungsbestimmungen fremden Letztverbrauchern nicht angeboten werden (BFH-Urteile vom 26.9.2019, VI R 23/17, VI R 4/17 und VI R 7/19).

  • Nach Auffassung der Richter ist der Rabattfreibetrag auf Fahrvergünstigungen, die die DB AG bzw. deren Konzerngesellschaften Ruhestandsbeamten des BEV in Form von Tagesfreifahrtscheinen mit und ohne Zuzahlung gewähren, entsprechend anwendbar (§ 12 Abs. 8 Deutsche Bahn Gründungsgesetz). Dies gilt, obwohl in einem solchen Fall die Zuwendung nicht durch den Arbeitgeber des Ruhestandsbeamten, also das BEV, sondern durch einen Dritten (die DB AG bzw. deren Konzerngesellschaften) gewährt wird und die Zuwendung nicht zur Liefer- und Leistungspalette des Arbeitgebers des Ruhestandsbeamten gehört.
  • Der BFH bestätigt, dass der Rabattfreibetrag auch auf die Fahrvergünstigung "Tagesticket M Fern F" anwendbar ist, obgleich dieses Produkt von der DB am freien Markt nicht angeboten wird.
  • Der BFH stellt klar, dass der Rabattfreibetrag ebenfalls gilt für "Tagestickets M Fern Zu" ("Tagestickets M Fern" mit zu leistender Zuzahlung). Anders als der Fiskus meint, besteht der Sachbezug nicht in den verklausuliert als "Tagestickets M Fern F" bzw. "Tagesticket M Fern Zu" umschriebenen Berechtigungsscheinen, sondern in der am konkreten Tag erbrachten verbilligten Beförderungsleistung, wie sie auch allen anderen Kunden der DB AG angeboten wird.

ACHTUNG: Der geldwerte Vorteil aus den Freifahrtscheinen fließt den Begünstigten schon mit dem Bezug der Freifahrtscheine zu und ist unabhängig vom konkreten Fahrtantritt. Denn die DB AG bzw. deren Konzerngesellschaften haben hiermit das (tarifvertraglich geregelte) Leistungsversprechen, unentgeltliche oder vergünstigte Fahrtberechtigungen auszureichen, ihnen gegenüber bewirkt.

Weitere Informationen: Personalrabatte für Waren und Dienstleistungen

 

VIII. Schenkung und Erbschaft

1. Erbschaftsteuer:
Pauschale von 10.300 EUR trotz minimaler Erbfallkosten nutzen

Die Erbschaftsteuer kann mitunter einen beträchtlichen Teil des Erbes aufzehren. Von daher sind Erben gut beraten, möglichst alle Frei- und Pauschbeträge ausnutzen. Besonders gilt dies, wenn die Erben nicht mit dem Erblasser in gerader Linie verwandt und die persönlichen Freibeträge recht gering sind. Einer dieser Beträge ist die Erbfallkosten-Pauschale gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG.

Zunächst gilt: Von dem Erbe, das der Erbschaftsteuer unterliegt, sind abzuziehen die Kosten der Bestattung des Erblassers, die Kosten für ein angemessenes Grabdenkmal, die Kosten für die übliche Grabpflege mit ihrem Kapitalwert für eine unbestimmte Dauer sowie die Kosten, die dem Erwerber unmittelbar im Zusammenhang mit der Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses oder mit der Erlangung des Erwerbs entstehen. Diese Aufwendungen sind aber nachzuweisen. Doch: Ohne Nachweis wird für diese Kosten insgesamt ein Betrag von 10.300 EUR abgezogen. Bei einem Steuersatz von 30 Prozent wird die Erbschaftsteuer folglich um 3.090 EUR gemindert. Doch was gilt, wenn de facto nur 40 oder 50 EUR Erbfallkosten entstanden sind? Dürfen auch in diesem Fall 10.300 EUR abgezogen werden?

AKTUELL hat das Finanzgericht Münster entschieden, dass die Erbfallkosten-Pauschale trotz minimaler Kosten für die Abwicklung des Erbfalls anzusetzen ist (Urteil vom 24.10.2019, 3 K 3549/17 Erb).

  • Der Fall: Die Klägerin ist Nacherbin ihrer verstorbenen Tante. Vorerbe war deren Ehemann, der nur wenige Monate nach seiner Frau verstorben ist. Im Rahmen der Erbschaftsteuererklärung beantragte die Klägerin die Berücksichtigung der Erbfallkosten-Pauschale in Höhe von 10.300 EUR. Sie gab u.a. an, Abwicklungskosten hinsichtlich des Nachlasses getragen zu haben. Hierzu reichte sie eine Rechnung des Amtsgerichts über 40 EUR für die Erteilung des Erbscheins und die Testamentseröffnung ein. Die Beerdigungskosten wies sie nicht nach. Das Finanzamt berücksichtigte die Erbfallkosten-Pauschale nicht. Allenfalls könnten die nachgewiesenen 40 EUR berücksichtigt werden. Die Klage hatte Erfolg.
  • Von der Erbfallkosten-Pauschale seien neben den Beerdigungskosten auch die unmittelbar im Zusammenhang mit der Abwicklung und Regelung des Erwerbs entstandenen Kosten umfasst - so das FG Münster. Voraussetzung sei lediglich, dass dem Erwerber derartige Kosten entstanden sind und er nur die Höhe nicht nachgewiesen habe. Mit der Rechnung des Amtsgerichts habe die Klägerin allerdings entsprechende Kosten nachgewiesen. Dass es sich im Verhältnis zum Pauschbetrag lediglich um geringe Kosten handele, stehe dem Abzug nicht entgegen, denn dies sei von der gesetzlichen Regelung gewollt.
  • Der Gewährung des Pauschbetrages stehe auch nicht entgegen, dass die Klägerin nur Nacherbin sei. Bei der Vor- und Nacherbschaft handele es sich um zwei Erwerbsvorgänge, sodass die Erbfallkosten-Pauschale sowohl dem Vorerben als auch den Nacherben gewährt werden könne.

Das Finanzgericht hat die Revision zugelassen. Ob diese tatsächlich vom Finanzamt eingelegt worden ist, ist noch nicht bekannt.

 

IX. Selbstständige

1. Handwerkerleistung:
Belastung des GmbH-Verrechnungskontos unzureichend

Aufwendungen für Handwerkerleistungen in der selbst genutzten Wohnung sind direkt von der Steuerschuld abziehbar, und zwar mit 20 %, höchstens 1.200 EUR im Jahr (§ 35a Abs. 3 EStG). Den Steuerbonus gibt es nur dann, wenn eine Rechnung ausgestellt wird und die Zahlung auf ein Konto des Handwerkers erfolgt. Dabei gibt es keine Ausnahme, auch nicht, wenn der Leistende die bargeldlose Zahlung verweigert. Doch was gilt, wenn der Gesellschafter einer GmbH von seiner "eigenen" GmbH Handwerkerleistungen erbringen lässt und die Belastung über dessen Verrechnungskonto in der GmbH erfolgt? Gilt dies als "Überweisung"?

AKTUELL hat das Thüringer Finanzgericht entschieden, dass keine steuerbegünstigte Handwerkerleistung vorliegt, wenn ein Steuerzahler diese durch eine GmbH erbringen lässt, an der er beteiligt ist und die Handwerkerrechnung nur durch Buchung auf dem Gesellschafter-Verrechnungskonto beglichen wird. Es mangelt an der formellen Voraussetzung "Überweisung" für die Steuerermäßigung nach § 35a EStG (Urteil vom 22.10.2019, 3 K 452/19).

  • Der Fall: Der Kläger ist von Beruf Dachdeckermeister. Er ist an einer GmbH beteiligt, die er mit Abdichtungs- und Reparaturarbeiten an seinem Wohnhaus beauftragte. Die Rechnung beglich er über sein Gesellschafter-Verrechnungskonto. Das Finanzamt versagte die Steuerermäßigung nach § 35a EStG für die Handwerkerleistung, da keine Abwicklung der Zahlung über ein Kreditinstitut erfolgt sei. Die Klage blieb erfolglos.
  • Begründung: Zwar sind die geltend gemachten Aufwendungen für die erbrachten Abdichtungs- und Reparaturarbeiten am Wohnhaus des Klägers grundsätzlich nach § 35a EStG begünstigt. Die Zahlung der von der GmbH erbrachten Arbeiten erfolgte jedoch nicht auf deren Konto. Die erfolgte Buchung auf dem Gesellschafter-Verrechnungskonto des Klägers bei der GmbH genügt nicht den gesetzlichen Voraussetzungen. Zwar mag die erfolgte Buchung auf dem Verrechnungskonto begrifflich ein "Konto des Erbringers der Leistung" betroffen haben und damit eine ähnliche kontenmäßige "Dokumentation" des Zahlungsvorgangs darstellen. Jedoch war im Streitfall kein Kreditinstitut eingebunden. Dies ist aber für die Inanspruchnahme der Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 3 EStG unbedingt erforderlich, um die bankmäßige Dokumentation des Zahlungsvorgangs zu gewährleisten. Allein der Umstand, dass das leistungserbringende Unternehmen den Rechnungsbetrag ordnungsgemäß als betrieblichen Ertrag verbucht hat, ist unbeachtlich.

STEUERRAT: Die Richter haben die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Der Bundesfinanzhof habe bisher lediglich zu Fällen entschieden, in denen eine Barzahlung von Aufwendungen erfolgt war, nicht aber zu Fällen der Belastung eines Verrechnungskontos. Von daher sollten Betroffene eventuelle Einsprüche noch nicht zurücknehmen. Wer indes noch gestalten kann, sollte natürlich eine tatsächliche Überweisung auf das Bankkonto der GmbH vornehmen. Dass es sich bei dem Handwerksbetrieb um die "eigene" GmbH handelt, war im Streitfall übrigens kein Thema. Bei Beachtung der Formvoraussetzungen wäre also ein Abzug möglich gewesen.

 

2. Firmenwagen:
Steuermodell "Kostendeckelung bei Leasing" jetzt beim BFH

Viele Einnahmen-Überschussrechner haben in den vergangenen Jahren ein schönes Steuermodell für sich genutzt: Sie haben ihren Betriebs-Pkw geleast, im Erstjahr eine hohe Leasingsonderzahlung geleistet, diese voll als Betriebsausgabe abgezogen und dann in den Folgejahren den Privatanteil nach der 1 %-Regelung ermittelt. Aufgrund der so genannten Kostendeckelung kam es dann vielfach nur zu einem äußerst geringen Privatanteil für die Kfz-Nutzung. Mit diesem Modell ist zwar seit einiger Zeit Schluss, da die Finanzverwaltung zum Halali geblasen hat. Doch es stellt sich die Frage, ob die Finanzverwaltung - etwa in Betriebsprüfungen - auch alte Jahre aufrollen darf oder ob die Steuerzahler insoweit einen Vertrauensschutz genießen.

AKTUELL ist darauf hinzuweisen, dass das Finanzgericht Rheinland-Pfalz zwar einen Vertrauensschutz ablehnt, die Finanzverwaltung also die Möglichkeit hat, alte Jahre aufzugreifen, sofern diese noch nicht bestandskräftig sind. ABER: Die Richter haben die Revision zugelassen, die nunmehr auch beim Bundesfinanzhof vorliegt. Betroffene können also hoffen, dass die obersten Finanzrichter die Sache anders beurteilen werden als das FG Rheinland-Pfalz, auch wenn die Hoffnung zugegebenermaßen nicht sehr groß ist (Urteil vom 10.12.2019, 3 K 1681/19).

Folgendes Beispiel soll das Problem verdeutlichen:

Architekt Meier least einen Pkw mit einem Bruttolistenpreis von 120.000 EUR, beginnend im Dezember 2015 (Laufzeit 36 Monate). Im Erstjahr wird eine Sonderzahlung von 30.000 EUR zzgl. Umsatzsteuer vereinbart. Die monatlichen Leasingraten betragen anschließend nur noch 350 EUR zzgl. Umsatzsteuer. Meier ermittelt seinen Gewinn per Einnahmen-Überschuss-Rechnung und zieht die Leasingsonderzahlung in 2015 voll als Betriebsausgabe ab (ob bei Fahrtenbuch- oder der 1 %-Regelung; darauf soll es hier nicht ankommen). In den Jahren 2016 und 2017 wählt er die 1 %-Regelung und müsste demnach monatlich 1 % des Bruttolistenpreises (jährlich also 14.400 EUR) als Privatentnahme versteuern. Er macht jedoch die Kostendeckelung geltend und versteuert pro Jahr lediglich einen Privatanteil von zum Beispiel 6.000 EUR.

Die Gestaltung ist in der Vergangenheit von den Finanzämtern regelmäßig akzeptiert worden. Das heißt: Die einmal geltend gemachten hohen Betriebsausgaben sind bei den Leasingmodellen selbst dann nicht verloren gegangen, wenn in den Folgejahren die betriebliche Nutzung gesunken ist, da das so genannte Abflussprinzip des § 11 Abs. 2 EStG gilt. Und zudem führte die Kostendeckelung zu einem weiteren Steuerspareffekt. Doch die Finanzbehörden haben sich auf Bundesebene darauf verständigt, das Modell nicht länger zu akzeptieren (OFD Karlsruhe, VASt Aktuell 6/2018 vom 1.8.2018; Erlass der Finanzbehörde Hamburg vom 8.11.2018, S 2177- 2018/001 - 52).

Für das genannte Beispiel bedeutet dies: Die Leasingsonderzahlung ist für die Prüfung der Kostendeckelung über die Laufzeit zu verteilen. Es sind damit in 2015 lediglich 1/36 der Leasingsonderzahlung für Zwecke der Kostendeckelung mit einzubeziehen. Im Jahr 2016 sind 12/36, im Jahr 2017 ebenfalls 12/36 und im Jahr 2018 11/36 der Leasingsonderzahlung anzusetzen. Die Kostendeckelung in 2016 würde also nicht 6.000 EUR, sondern 6.000 EUR + 10.000 EUR = 16.000 EUR betragen, so dass 14.400 EUR als Privatanteil zu versteuern wären. Um Missverständnisse zu vermeiden: Die Leasingsonderzahlung selbst bleibt bei Zahlung als Betriebsausgabe voll abzugsfähig; es geht hier nur um die Kostendeckelung.

Das FG Rheinland-Pfalz hält die Auffassung der Finanzverwaltung für zutreffend. Jeder Steuerpflichtige, der einen Firmen-Pkw auch zu privaten Zwecken nutzt, könne sich mittels Führung eines Fahrtenbuchs der 1 %-Regelung entziehen. Zudem wird erläutert, dass die Kostendeckelung in dem klaren Regelungssystem der Besteuerung der Pkw-Privatnutzung nicht vorgesehen ist. Und in der Tat: Der BFH selbst hat zuletzt mehrfach und eindeutig darauf hingewiesen, dass nur ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch die pauschale Nutzungswertbesteuerung verhindern kann. Die Kostendeckelung hingegen hat er nur aufgrund der Selbstbindung der Finanzverwaltung akzeptiert, sie also als reine Billigkeitsregelung gesehen (vgl. BFH 14.3.07, XI R 59/04)

Alsdann kommt der wesentliche Aspekt, nämlich die Frage, ob das BMF-Schreiben vom 18.11.09 (BStBl I 09, 1326) einen Anspruch auf Anwendung einer Billigkeitsregelung begründet, also zur Kostendeckelung aus Gründen des Vertrauensschutzes führt. Doch dies wird verneint. Die Finanzverwaltung habe ihre Grundsätze nach Bekanntwerden des Steuersparmodells geändert. Sie habe damit in einer für das Gericht maßgeblichen Form ausgedrückt, wie sie das frühere BMF-Schreiben vom 18.11.09 verstanden sehen will. Dies müsse im aktuellen Prozess vor dem Finanzgericht berücksichtigt werden, auch wenn die Finanzverwaltung ihre Auffassung erst im Jahre 2018 nach außen hin kundgetan hat. Doch so ganz sicher waren sich die Richter des FG dann doch nicht und halten es für angebracht, dass der BFH die Frage des Vertrauensschutzes klärt (Az. der Revision beim BFH: VIII R 11/20).

STEUERRAT: Halten Sie ihre Steuerbescheide unbedingt offen. Und besonders wichtig: Stellen Sie aus verfahrensrechtlichen Gründen einen Antrag auf Erlass einer Billigkeitsregelung, das heißt auf Anwendung der Kostendeckelung. In aktuellen Fällen hingegen sollten Sie auf das Modell verzichten, denn es besteht nur wenig Aussicht auf Anerkennung. Natürlich soll das nicht bedeuten, auf eine hohe Leasingsonderzahlung zu verzichten, wenn diese aus rein wirtschaftlichen Gründen sinnvoll ist. Sie sollten halt nur nicht darauf hoffen, dass das Finanzamt bei Ihnen die Kostendeckelung akzeptieren wird.

Weitere Informationen: Steuermodell „Kostendeckelung bei Leasing“ jetzt beim BFH

 

3. Firmenwagen:
Aktuelles zur Kostendeckelung bei abgeschriebenen Kfz

Wer für seinen Betriebs-Pkw kein Fahrtenbuch führt, muss die Privatnutzung des Fahrzeugs nach der so genannten 1 %-Regelung versteuern (zzgl. eines pauschalen Anteils für Fahrten Wohnung - Betrieb). Die Pauschalregelung führt in vielen Fällen zu vollkommen überhöhten Privatanteilen, denn es sind selbst dann pro Monat 1 % des Listenpreises zu versteuern, wenn das Fahrzeug ein gewisses Alter hat und voll abgeschrieben ist. Doch immerhin: Bei Anwendung der Pauschalmethode kann es vorkommen, dass die Summe der Pauschalwerte (für Privatnutzung und auch für Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb) höher ist als die Gesamtkosten des Fahrzeugs. In diesem Fall kommt eine Kostendeckelung in Betracht, die vermeidet, dass Sie nicht mehr versteuern müssen als an Kosten entstanden sind (BMF-Schreiben vom 18.11.2009, BStBl. 2009 I S. 1326, Tz. 18): Die Pauschalwerte werden begrenzt auf die tatsächlichen Gesamtkosten des Fahrzeugs.

Beispiel:
Für ein Kfz des Betriebsvermögens (Bruttolistenpreis 35.600 EUR) sind im Wirtschaftsjahr 5.000 EUR Gesamtkosten angefallen. Das Kfz wurde an 200 Tagen für Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb (Entfernung 27 Kilometer) genutzt. Ein Fahrtenbuch wurde nicht geführt.

Fahrten Wohnung - Betrieb: 35.600 EUR × 0,03 % × 27 km × 12 Monate =

3.460,32 EUR

Listenpreisregelung: 35.600 EUR × 1 % × 12 Monate =

4.272,00 EUR

Summe

7.732,32 EUR

Gesamtaufwendungen

5.000,00 EUR

Höchstbetrag der pauschalen Wertansätze

5.000,00 EUR

Die pauschalen Wertansätze übersteigen die entstandenen Gesamtkosten. Es liegt also ein Fall der Kostendeckelung vor, so dass maximal 5.000 EUR als Privatanteil anzusetzen sind. (Die Entfernungspauschale für Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb bleibt zudem abziehbar.)

Nun kann es bei älteren Pkw vorkommen, dass in einem Jahr ein hoher Reparaturaufwand anfällt. Würden in obigem Beispiel neben den laufenden Kosten von 5.000 EUR einmalig 4.000 EUR Reparaturkosten hinzukommen, würde die Kostendeckelung nicht greifen und es wäre ein Privatanteil von 7.732,32 EUR anzusetzen.

Doch manchmal schlägt sich die Finanzverwaltung selbst ein "Schnippchen": Wie in der vorgehenden Meldung ausgeführt, will der Fiskus eine Leasingsonderzahlung für die Frage der Kostendeckelung auf die Laufzeit des Leasingvertrages verteilen. Warum soll dann bei einmaligen hohen Reparaturkosten etwas anderes gelten? Der Unternehmer könnte also argumentieren, dass die Reparaturkosten - für die Frage der Kostendeckelung - zum Beispiel auf vier Jahre zu verteilen sind. Dann würden im Jahr der Reparatur nicht 7.732,32 EUR, sondern nur 6.000 EUR zu versteuern sein (5.000 EUR plus ¼ von 4.000 EUR). Rückendeckung bietet insoweit das Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom (10.12.2019, 3 K 1681/19). Denn die Richter haben entschieden, dass eine Leasingsonderzahlung - für die Frage der Kostendeckelung - zu verteilen ist. Das muss nach unserer Auffassung analog für weitere Fälle gelten.

STEUERRAT: Argumentieren Sie in betroffenen Fällen mit dem genannten Urteil und der eigenen Auffassung der Finanzverwaltung in folgenden Verwaltungsanweisungen: OFD Karlsruhe, VASt Aktuell 6/2018 vom 1.8.2018; Erlass der Finanzbehörde Hamburg vom 8.11.2018, S 2177- 2018/001 - 52. Bitten Sie zudem um ein Ruhen Ihres Verfahrens, bis der BFH in dem Revisionsverfahren zu dem rheinland-pfälzer Urteil entschieden hat. Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass bei einer Generalüberholung eines Kfz ausnahmsweise die Grenzen des Erhaltungsaufwands überschritten sein können, so dass die Kosten nur im Wege der AfA zu berücksichtigen wären.

 

4. Umsatzsteuer: Vorsteuerabzug für Bahntickets aus 2019 bleibt bei 19 Prozent

Ende des vergangenen Jahres sind eine ganze Reihe von umsatzsteuerlichen Änderungen verabschiedet worden, und zwar mit sehr unterschiedlichen erstmaligen Anwendungszeitpunkten. Da die Änderungen zudem ohne nennenswerten zeitlichen Vorlauf verabschiedet worden sind, kommt es bei einigen Konstellationen zu Fragen rund um die Anwendung des richtigen Steuersatzes - und mithin auch zur Beurteilung des Vorsteuerabzugs der Kunden. Ein Problem betrifft die Deutsche Bahn und ihre Kunden:

  • Wie ist mit den Tickets umzugehen, die in 2019 noch mit 19 Prozent Umsatzsteuer ausgestellt worden sind, aber erst in 2020 zum Fahrtantritt berechtigen?
  • Dürfen unternehmerisch tätige Kunden dann nur 7 Prozent als Vorsteuer abziehen?

Eigentlich dürfen Vorsteuern nur in Höhe des "richtigen" Steuersatzes abgezogen werden, und das sind hier 7 Prozent, denn es kommt nicht auf den Verkauf der Tickets, sondern auf den Zeitpunkt der Leistung an.

Aktuell hat das BMF diesbezüglich eine Billigkeitsregelung erlassen, das heißt, es bleibt beim Vorsteuerabzug von 19 Prozent (BMF-Schreiben vom 14.1.2020, BStBl 2020 I S. 197, Rz. 19):

  • "Hat das leistende Schienenbahnverkehrsunternehmen Fahrausweise für eine nach dem 31. Dezember 2019 an einen Bahnkunden erbrachte Beförderungsleistung vor dem 1. Januar 2020 verkauft und diese nach dem bis zum 31. Dezember 2019 geltenden Regelsteuersatz versteuert (...) wird es aus Vereinfachungsgründen nicht beanstandet, wenn das Schienenbahnverkehrsunternehmen in den Fahrausweisen und Rechnungen über die Beförderungsleistung den Umsatzsteuerausweis nicht berichtigt.
  • Einem zum Vorsteuerabzug berechtigten Bahnkunden wird aus Gründen der Praktikabilität aus derartigen Rechnungen oder Fahrausweisen auch für die nach dem 31. Dezember 2019 seitens des Schienenbahnverkehrsunternehmens erbrachte Beförderungsleistung ein Vorsteuerabzug in Höhe des Regelsteuersatzes gewährt. Rechnungen, mit denen über die nach dem 31. Dezember 2019 erbrachte Beförderungsleistung abgerechnet wurde, dürfen nicht berichtigt worden sein, und es darf insoweit keine Preisanpassung anlässlich der Steuersatzsenkung seitens des Schienenbahnverkehrsunternehmens gegenüber dem Bahnkunden erfolgt sein."

STEUERRAT: Keine Bedeutung hat die Billigkeitsregelung für Privatkunden und nicht vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer. Hier wird es darauf ankommen, wie sich die Deutsche Bahn verhält und ob Kunden möglicherweise sogar einen zivilrechtlichen Anspruch auf Rechnungsberichtigung geltend machen bzw. im Streitfall geltend machen können. Ob sich ein Streit mit der Bahn lohnt, muss dann aber jeder für sich entscheiden.

 

X. Steuergrundlagen

1. Solidaritätszuschlag:
Musterklage läuft - Einsprüche nicht mehr erforderlich

Der Solidaritätszuschlag wurde im Jahre 1991 eingeführt und wird seitdem - mit Ausnahme vom 1.7.1992 bis 31.12.1994 - als Zuschlag zur Einkommen-, Körperschaft-, Lohn- und Kapitalertragsteuer erhoben, um gezielt den Aufbau Ost zu finanzieren. Ab dem 1.1.2021 soll der Solidaritätszuschlag für 90 Prozent der Steuerzahler wegfallen, nach kürzlichen Äußerungen von Bundesfinanzminister Scholz schon ab dem 1.7.2020. Aber 6,5 Prozent der Steuerzahler sollen nur teilweise entlastet werden und 3,5 Prozent müssen ihn komplett weiter zahlen ("Gesetz zur Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995" vom 10.12.2019).

AKTUELL ist wegen des Solidaritätszuschlages im Jahre 2020 eine Musterklage beim Finanzgericht Nürnberg anhängig unter dem Aktenzeichen 3 K 1098/19. Vorgegangen wird gegen die Festsetzung von Solidaritätszuschlag zu den Einkommensteuer-Vorauszahlungen ab 2020. Die Verfassungswidrigkeit wird damit begründet, dass der Solidaritätszuschlag als Aufbauhilfe für die neuen Bundesländer gedacht gewesen sei. Da diese Aufbauhilfe durch die Neuregelung des Finanzausgleichs ab 2020 wegfalle, fielen auch die Gründe für die Erhebung des Solidaritätszuschlages weg. Das bedeutet: Einsprüche gegen den Steuerbescheid kann das Finanzamt ruhen lassen, weil dies hier "aus wichtigen Gründen zweckmäßig" ist (§ 363 Abs. 2 Satz 1 AO).

ACHTUNG: Die OFD Nordrhein-Westfalen hat die Finanzämter angewiesen, Einsprüche von Steuerzahlern gegen Soli-Vorauszahlungen für 2020 vorerst ruhen zu lassen, bis ein Finanzgericht über die Rechtmäßigkeit der Vorauszahlungen entschieden hat. Dies zeigt, dass die Erhebung des Soli ab 2020 verfassungsrechtlich äußerst fragwürdig ist. Ein Gutachten des ehemaligen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichtes Papier hält sie sogar für verfassungswidrig.

AKTUELL ist ebenfalls eine Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht anhängig, bei der es um die Frage geht, ob der Solidaritätszuschlag im Jahr 2007 verfassungsgemäß ist (2 BvL 6/14). Wegen dieser Verfassungsbeschwerde erlässt die Finanzverwaltung Steuerbescheide in Bezug auf die Festsetzung des Solidaritätszuschlags bereits seit 2005 mit einem Vorläufigkeitsvermerk gemäß § 165 AO. Sie müssen also deswegen keinen Einspruch einlegen. Diesen Vorläufigkeitsvermerk finden Steuerzahler im "Kleingedruckten" ihres Steuerbescheids.

 

2. Steuererklärung 2019:
Letztmals mit dem Programm ElsterFormular möglich

Die Steuererklärung und die Umsatzsteuer-Voranmeldung können schon seit etlichen Jahren elektronisch auf der Website Elster erstellt und abgegeben werden. Noch länger ist die Erstellung der Steuererklärung und der Umsatzsteuer-Voranmeldungen möglich im Programm "ElsterFormular". Dies ist das offizielle und kostenlose PC-Programm der Finanzverwaltung zum Ausfüllen der Steuererklärungsformulare. Sie können Ihre Steuererklärung einfach am PC ausfüllen und die Daten anschließend verschlüsselt via Internet abgeben. Die von Ihnen eingegebenen Daten werden durch ElsterFormular auf formale Richtigkeit überprüft. Gegebenenfalls werden Sie auf fehlende bzw. unbedingt notwendige Angaben hingewiesen. Ergänzend werden weitere Möglichkeiten der Datenkommunikation mit der Steuerverwaltung angeboten.

AKTUELL weist das Bayerische Landesamt für Steuern darauf hin, dass ElsterFormular letztmalig im Jahr 2020 für Steuererklärungen des Jahres 2019 genutzt werden kann. Die Einkommensteuererklärung für das Jahr 2020 (abzugeben im Jahr 2021) kann nicht mehr in "ElsterFormular" erstellt werden (Bayerisches LfSt vom 6.2.2020, Senator für Finanzen Bremen vom 7.2.2020).

Sie können Ihre Steuerdaten aus "ElsterFormular" zu "Mein Elster" übernehmen. Dies erspart Ihnen die Neueingabe der bereits in ElsterFormular erfassten Angaben. Den Start des Datenexports aus ElsterFormular finden Sie im Menüpunkt "Export" im ElsterFormular.

Weitere Informationen sind auf www.elster.de und in einem Erklärvideo auf der Website elster.de zu finden.

 

3. Änderung von Steuerbescheiden:
Sechs-Augen-Prinzip schließt Korrektur aus

Bestandskräftige Steuerbescheide dürfen vom Finanzamt zu Ihren Lasten nur unter engen Voraussetzungen geändert werden. Eine dieser Möglichkeit ist die Korrektur von so genannten offenbaren Unrichtigkeiten wie etwa Schreib-, Rechen- und rein mechanischen Fehlern (§ 129 AO). Natürlich ist die Finanzverwaltung mit dem Argument des "mechanischen Fehlers" schnell bei der Hand, das heißt, sie behauptet, dass eine inhaltliche Prüfung eines bestimmten Sachverhalts nicht erfolgt sei und sich der Bearbeiter lediglich vertan hat, etwa bei der Eintragung eines Wertes in eine falsche Kennziffer. Und so gibt es bei den Finanzgerichten immer wieder Streit über die Frage, ob nun eine offenbare Unrichtigkeit vorliegt oder nicht.

AKTUELL stand beim Bundesfinanzhof folgende Frage auf der Agenda: Kann ein Steuerbescheid nach § 129 AO geändert werden, obwohl die Veranlagung von mehreren Finanzbeamten und sogar vom Sachgebietsleiter geprüft worden ist? Wenn es nach dem Finanzgericht Köln gegangen wäre, hätte die Antwort gelautet: Ja, der Bescheid kann dennoch geändert werden (Urteil vom 14.6.2018, 15 K 271/16). Doch glücklicherweise hat der Bundesfinanzhof diesem Unfug soeben ein Ende bereitet. Haben sich sechs Augen den Fall angeschaut, scheidet eine Änderung von Steuerbescheiden nach § 129 AO prinzipiell aus (BFH-Urteil vom 10.12.2019, IX R 23/18)

  • Der Fall: Der Kläger war alleiniger Gesellschafter einer GmbH und veräußerte einen Gesellschaftsanteil von 20 Prozent für einen Verkaufspreis von 138.400 EUR. Die Beteiligung wurde im Privatvermögen gehalten. Im Rahmen der Einkommensteuererklärung 2011 erklärte der Steuerbürger daher einen entsprechenden Veräußerungsgewinn (§ 17 EStG). Vom Grundsatz her waren sich der Kläger und auch das Finanzamt über die Besteuerung einig. Offenbar kannten sich aber mehrere Finanzbeamte mit den erforderlichen Kennziffern im maschinellen Veranlagungsverfahren nicht aus. Und so kam es wie es kommen musste. Trotz eines Prüfhinweises haben weder
  • der Veranlagungssachbearbeiter noch
  • die Bearbeiterin in der Qualitätssicherungsstelle noch
  • die zuständige Sachgebietsleiterin des Veranlagungsbezirks

den Eingabefehler erkannt, so dass ein Wert von 0 EUR bei der Summe der Einkünfte berücksichtigt worden ist. Der Steuerbescheid wurde bestandskräftig und sogar der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben. In der Folgezeit fand bei der GmbH eine Betriebsprüfung statt, bei welcher der Fehler in der Einkommensteuerveranlagung bemerkt wurde. Der Fehler sei als ähnliche offenbare Unrichtigkeit nach § 129 AO zu korrigieren.

Der BFH hat nun entschieden, dass ein bestandskräftiger Steuerbescheid nicht mehr nach § 129 AO berichtigt werden kann, wenn die fehlerhafte Festsetzung trotz eines vom Finanzamt praktizierten "Sechs-Augen-Prinzips" nicht auf einem bloßen "mechanischen Versehen" beruht. Die inhaltliche Prüfung und Bearbeitung ginge im Streitfall eindeutig aus den Steuerakten und den darin befindlichen handschriftlichen Vermerken hervor, die sich vom Schriftbild her deutlich unterschieden und zwei verschiedenen Personen zuzuordnen seien. § 129 Satz 1 AO erlaube nur die Berichtigung von Schreibfehlern, Rechenfehlern und ähnlichen offenbaren Unrichtigkeiten (sog. mechanische Versehen), die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen sind. § 129 AO sei dagegen nicht anwendbar, wenn dem Sachbearbeiter des Finanzamts ein Tatsachen- oder Rechtsirrtum unterlaufen ist oder er den Sachverhalt mangelhaft aufgeklärt hat. Die inhaltliche Prüfung und Bearbeitung durch zumindest zwei Mitarbeiter des Finanzamts schließe das Vorliegen eines bloß mechanischen Versehens und damit die Anwendung der Berichtigungsnorm des § 129 AO aus.

STEUERRAT: Der Fall zeigt, dass die Hürden für eine Änderung nach § 129 AO für die Finanzverwaltung hoch sind. Betroffene sollten sich im Zweifelsfall immer zeigen lassen, ob, inwieweit und von wem Prüfhinweise bearbeitet worden sind und ob sich eventuell handschriftliche Vermerke darauf befinden.

 

4. Steuerzinsen:
Einsprüche gegen Vorläufigkeit der Erstattungszinsen ruhen

Wer seinen Steuerbescheid später als 15 Monate nach dem Steuerjahr erhält, muss bei einer Steuernachzahlung zusätzlich Zinsen zahlen. Diese Nachzahlungszinsen betragen jeweils 0,5 Prozent je vollen Monat. Wer indes eine Steuererstattung erhält, bekommt entsprechende Erstattungszinsen (§§ 233a, 238 AO). Derzeit sind beim Bundesverfassungsgericht zwei Verfassungsbeschwerden zur Zinsproblematik anhängig (1 BvIR 2237/14, 1 BvIR 2422/17).

Wie im SteuerSparbrief September 2019 berichtet, hat das Bundesfinanzministerium (BMF) die Finanzämter angewiesen, sämtliche erstmaligen Festsetzungen von Zinsen, in denen die Verzinsung mit 0,5 Prozent pro Monat erfolgt, insoweit vorläufig durchzuführen (BMF-Schreiben vom 2.5.2019 BStBl 2019 I S. 448). Betroffen sind aber nicht nur Nachzahlungs-, sondern auch die Erstattungszinsen. Der Fiskus will also bereits gezahlte Erstattungszinsen - anteilig - zurückfordern, wenn das Bundesverfassungsgericht die Zinsen tatsächlich als zu hoch betrachtet. Er wird sich auf die Vorläufigkeit der Festsetzung berufen. Wir haben unseren Lesern empfohlen, gegen die Vorläufigkeit der Festsetzung von Erstattungszinsen Einspruch einzulegen (eine Musterformulierung finden Sie unten nochmals).

AKTUELL: Wie nun zu erfahren ist, haben sich die Landesfinanzverwaltungen zumindest intern darauf verständigt, die Einsprüche ruhen zu lassen, bis das Bundesverfassungsgericht entschieden hat. Zuvor sind die Steuerzahler aufgefordert worden, ihre Einsprüche zurückzunehmen, da diese angeblich nicht hinreichend begründet seien. Doch diese Linie konnten die Finanzämter nicht durchhalten.

Doch was ist, wenn die Verfassungshüter den Zinssatz tatsächlich als zu hoch einstufen? Dürfen dann Erstattungszinsen zurückgefordert werden, ist also eine Änderung zu Lasten der Steuerzahler zulässig? Antwort: grundsätzlich nein, denn § 176 AO gewährt einen Vertrauensschutz für diese Fälle. Allerdings gibt es eine Ausnahme: Eine rückwirkende Anpassung der Zinsbescheide zu Ungunsten der Steuerzahler ist ausnahmsweise möglich, wenn das Bundesverfassungsgericht im Tenor seiner Entscheidung und damit mit Gesetzeskraft dem Gesetzgeber eine derartige Möglichkeit eröffnen würde. Dies ergibt sich aus § 31 Abs. 2 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes. Also könnte doch eine Rückforderung von bereits gezahlten Erstattungszinsen erfolgen. Das wäre dann eine böse Überraschung.

STEUERRAT: Wir empfehlen, auch weiterhin Einspruch gegen die Vorläufigkeit von Zinsfestsetzungen einzulegen. Musterformulierung: "Hiermit lege ich gegen den Bescheid über die Festsetzung von Erstattungszinsen zur Einkommensteuer 20.. vom ............. Einspruch ein. Ich beantrage, den genannten Bescheid endgültig ergehen zu lassen. Ich bin durch die Vorläufigkeit in meinen Rechten verletzt, da die Finanzverwaltung ihrerseits die Höhe der Zinsen nach § 238 AO stets als angemessen betrachtet hat und aus heutiger Sicht keinerlei Grundlage für die vorläufige Festsetzung besteht."

 

XI. Ausland

1. Beruflicher Aufenthalt im Ausland:
Neue Werte für den Kaufkraftausgleich

Bei einem beruflich veranlassten Auslandsaufenthalt entstehen aufgrund des Währungsgefälles häufig höhere Lebenshaltungskosten. Dann kommt der sog. Kaufkraftausgleich ins Spiel, der die Unterschiede der Kaufkraft der fremden Währung und der Kaufkraft des Euro durch Zuschläge (im öffentlichen Dienst) oder durch Abschläge (in der Privatwirtschaft) ausgleichen soll. Diese Zahlung des Arbeitgebers ist steuer- und sozialversicherungsfrei.

  • Beamte und Angestellte des öffentlichen Dienstes erhalten als Gehaltsbestandteil einen Kaufkraftausgleich (§ 55 BBesG). Bemessungsgrundlage für den Kaufkraftausgleich sind 60 % der Dienstbezüge, die bei einer Verwendung in Deutschland gewährt würden, und der Auslandsdienstbezüge (Auslandszuschlag, Auslandskinderzuschlag, Mietzuschuss). Dieser Kaufkraftausgleich ist steuer- und sozialversicherungsfrei. Er unterliegt nicht dem Progressionsvorbehalt.
  • Arbeitnehmer der Privatwirtschaft erhalten im Allgemeinen von ihrem Arbeitgeber ein höheres Gehalt. Zur Berechnung des steuerfreien Anteils werden die Zuschlagssätze für den Kaufkraftausgleich im öffentlichen Dienst in Abschlagssätze umgerechnet. Und in Höhe dieses Abschlagssatzes bleibt dann der entsprechende Teil der Gesamtbezüge steuerfrei und unterliegt nicht dem Progressionsvorbehalt.

AKTUELL hat das Bundesfinanzministerium eine Gesamtübersicht über die neuen Kaufkraftzuschläge aller Länder mit Stand 1.1.2020 veröffentlicht (BMF-Schreiben vom 13.1.2020, IV C 5 - S 2341/19/10002:003).

STEUERRAT: Der Kaufkraftausgleich ist steuer- und sozialversicherungsfrei. Er unterliegt nicht dem Progressionsvorbehalt. Dabei ist es gleichgültig, ob die Bezüge im Inland oder im Ausland ausgezahlt werden (§ 3 Nr. 64 EStG). Ein alternativer Abzug als Werbungskosten ist jedoch nicht möglich.

ACHTUNG: Einen Kaufkraftzuschlag gibt es nicht nur für exotische, weit entfernte Länder, sondern sogar auch für einige europäische Länder, so in Höhe von 20 %(!) für Norwegen und Schweiz, 15 % für Israel, 10 % für Dänemark, Schweden, Finnland und Island, in Höhe von 5 % für Belgien, Frankreich, Großbritannien, Italien und Irland. Einen Kaufkraftzuschlag gibt es ebenfalls für einige Städte in den USA, so in Höhe von 15 % für New York und in Höhe von 10 % für Atlanta, Boston, Chicago, Houston, Los Angeles, Miami, San Francisco, Washington (Stand 1.1.2020).

Die aktuelle Gesamtübersicht gibt's hier: Kaufkraftzuschläge: Gesamtübersicht zum 1.1.2020.

Weitere Informationen: Auslandstätigkeit: Kaufkraftausgleich

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© Steuerrat24, Erich-Grisar-Weg 13, 45699 Herten - www.steuerrat24.de - Stand 28.2.2020.
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