Im Geschäftsleben erteilt üblicherweise der ausführende Unternehmer eine Rechnung an den Leistungsempfänger. Doch oftmals wird auch per Gutschrift abgerechnet - vor allem, wenn der Leistungsempfänger derjenige ist, der die Berechnungsmodalitäten besser kennt als der Leistende (§ 14 Abs. 2 Satz 2 UStG). Den Besitzern von Fotovoltaikanlagen dürfte dieses Vorgehen bekannt sein, denn fast immer rechnet das Energieunternehmen, in dessen Netz der (überschüssige) Strom eingespeist wird, gegenüber dem Anlagenbetreiber per Gutschrift ab. Bei der Abrechnung per Gutschrift ist aber - ebenso wie bei der klassischen Rechnung - darauf zu achten, dass die Umsatzsteuer nur dann offen ausgewiesen werden darf, wenn diese auch tatsächlich entstehen soll. Das heißt:
  • Wird in einer Rechnung Umsatzsteuer offen ausgewiesen, dann wird diese vom Rechnungsaussteller geschuldet. Er muss sie ans Finanzamt abführen, und zwar unerheblich davon, ob er ansonsten nur steuerfreie Umsätze erbringt oder ob er Kleinunternehmer ist (§ 14c Abs. 2 UStG).
  • Die Umsatzsteuer wird auch dann geschuldet, wenn - vereinbarungsgemäß - per Gutschrift abgerechnet wird, in der Gutschrift die Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen wird und der Gutschriftempfänger dem nicht widerspricht. Wenn also beispielsweise der Betreiber einer Fotovoltaikanlage von dem Energieunternehmen für die Einspeisevergütung eine Gutschrift samt offen ausgewiesener Umsatzsteuer erhält und er der Gutschrift bzw. dem Ausweis der Umsatzsteuer nicht widerspricht, schuldet er die offen ausgewiesene Umsatzsteuer. Er muss diese selbst dann ans Finanzamt abführen, wenn er Kleinunternehmer ist. Auch hier greift § 14c Abs. 2 USG.
  • Letztlich sollen mit der Vorschrift des § 14c Abs. 2 UStG Schein- oder Gefälligkeitsrechnungen verhindert werden. Der Rechnungsaussteller - sowie derjenige, der einer Gutschrift mit Steuerausweis nicht widerspricht - sollen sich darüber im Klaren sein, dass ein unberechtigter Steuerausweis negative Konsequenzen hat.

Im Jahr 2019 hatte der Bundesfinanzhof indes ein Urteil gefällt, das der Finanzverwaltung überhaupt nicht schmeckte, das es aber anerkennen musste. Der BFH hat nämlich zugunsten der Steuerpflichtigen entschieden, dass eine Gutschrift, die an einen Privatmann ausgestellt ist, einer Rechnung nicht gleichsteht und keine Steuerschuld nach § 14c Abs. 2 UStG begründen kann. Anders ausgedrückt: Bei der Gutschrift an einen Steuerbürger, der gar nicht unternehmerisch tätig ist, wird die Umsatzsteuer nicht geschuldet, selbst wenn diese offen ausgewiesen wird (BFH-Urteil vom 27.11.2019, V R 23/19/V R 62/17, BStBl 2021 II S. 542; BMF-Schreiben vom 19.8.2021, BStBl 2021 I S. 1087):

  • In dem zugrundeliegenden Fall ging es zunächst um die Frage der Unternehmereigenschaft eines Aufsichtsratsmitglieds. Die Aktiengesellschaft rechnete gegenüber dem Kläger die Aufsichtsratsvergütung per Gutschrift mit Steuerausweis ab. Dies entsprach der damaligen Rechtsauffassung, wonach Aufsichtsratsmitglieder grundsätzlich als Unternehmer anzusehen waren. Doch nach einem langen Gerichtsverfahren stellte sich heraus, dass die Aufsichtsratstätigkeit des Klägers nicht selbstständig ausgeübt wurde und damit nicht unternehmerisch war.
  • Der Kläger hätte die Umsatzsteuer prinzipiell dennoch geschuldet, und zwar nach § 14c Abs. 2 UStG aufgrund des offenen Ausweises der Steuer in der Gutschrift. Doch da die Gutschrift nicht "über eine Leistung eines Unternehmers" ausgestellt wurde, stand sie einer Rechnung nicht gleich und konnte keine Steuerschuld nach § 14c Abs. 2 UStG begründen - so der BFH.

AKTUELL wird durch eine gesetzliche Neuregelung bestimmt, dass in einer Gutschrift zu Unrecht ausgewiesene Umsatzsteuer selbst dann geschuldet wird, wenn der Gutschriftempfänger gar kein Unternehmer ist (§ 14c Abs. 2 Satz 2 UStG i.d.F. des "Jahressteuergesetzes 2024"). Die Neuregelung gilt ab dem 6.12.2024, dem Tag nach Veröffentlichung des Gesetzes. Konkret heißt es nun in § 14c Abs. 2 Satz 1 u. 2 UStG:

"Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er zum gesonderten Ausweis der Steuer nicht berechtigt ist (unberechtigter Steuerausweis), schuldet den ausgewiesenen Betrag. Das Gleiche gilt, wenn jemand

  1. wie ein leistender Unternehmer abrechnet und einen Steuerbetrag gesondert ausweist oder
  2. einem nach einer vorherigen Vereinbarung erstellten, als Gutschrift verwendeten Dokument mit gesondertem Steuerausweis nicht unverzüglich widerspricht,

obwohl er nicht Unternehmer ist oder eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt."

STEUERRAT: Wenn Sie eine Gutschrift für eine Tätigkeit erhalten, von der Sie persönlich davon ausgehen, dass sie gar nicht selbstständig bzw. unternehmerisch erbracht wird, sollten Sie dennoch genau darauf achten, ob in der Gutschrift Umsatzsteuer ausgewiesen worden ist. Falls ja, sollten Sie der Gutschrift unverzüglich (!) widersprechen. Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn Sie als Aufsichtsrat oder Beirat tätig sind. Selbstverständlich gilt der Rat, einer Gutschrift mir Steuerausweis unverzüglich zu widersprechen auch dann, wenn Sie Kleinunternehmer sind, etwa als Betreiber einer Fotovoltaikanlage.

Beachten Sie auch unsere weiteren Steuertipps in der Rubrik 

 

Steuertipp der Woche vom 24.3.2025