SteuerSparbrief - Archiv

Der Online-SteuerSparbrief erscheint monatlich im Umfang von rund 16 Seiten und ist Teil des Abonnements von Steuerrat24. Die aktuelle Ausgabe steht jeweils ab Monatsbeginn zum Abruf in der Rubrik "SteuerSparbrief" bereit.

Falls Sie eine frühere Ausgabe versäumt haben, können Sie hier die letzten Ausgaben des SteuerSparbriefs aufrufen.

 

Diese Ausgabe bietet unter anderem folgende interessante Themen:

  • Arbeitslohn: Corona-Bonus wirft zahlreiche Fragen auf
  • Kurzarbeitergeld: Steuerfreiheit für Aufstockung
  • Minijob: Steuerfreier Corona-Bonus für Haushaltshilfe
  • Bitcoins & Co.: Sind Gewinne aus dem Verkauf steuerpflichtig
  • Finanzierung von Immobilien: Baukosten frühzeitig aufteilen
  • Firmenwagen: Keine Versteuerung des Privatanteils bei Kfz im Privatvermögen?

Hier geht es zum gesamten Inhaltsverzeichnis und zu Ihrem SteuerSparbrief (Hinweis: Die PDF-Datei zum Ausdruck finden Sie unterhalb des Inhaltsverzeichnisses):

Hier finden Sie auch die PDF-Datei zum Ausdruck: SteuerSparbrief Juni 2020

 

Liebe Leserin, lieber Leser,

zahlreiche Reedereien haben in der Vergangenheit hohe Staatshilfen kassiert. Auch in Zeiten von Corona wird dies nicht anders sein: Der Ruf, die Reedereien "mit dringend benötigter Liquidität zu versorgen", wird immer lauter. Nur: Die Schiffe fahren nach wie vor unter der Flagge von Panama, Liberia oder Malta und werden es auch in Zukunft tun.

Die Lufthansa hat zugegeben, an mehreren Tochterunternehmen mit Sitz in so genannten Steueroasen beteiligt zu sein. Was hätte sie nun gerne? Staatshilfen in Höhe von 9 Milliarden Euro - wohlgemerkt vom deutschen Steuerzahler. Mitreden sollte der "Geldgeber", also der Bund, jedoch am liebsten nicht.

Die Autobranche? In der Finanzkrise massiv unterstützt; man denke nur an die "Abwrackprämie". Zum "Dank" gab es den Diesel-Skandal. Und ausgerechnet die deutschen Autobesitzer wurden wesentlich geringer entschädigt als ihre Leidensgenossen in den USA. Von wem möchte man nun aber wieder einmal staatliche Unterstützung erhalten? Natürlich vom deutschen Steuerzahler (und Autofahrer) - von wem denn sonst?

Die Fleischindustrie, zumindest Teile von ihr? Sie konnte sich interessanterweise lange zu den Gewinnern der Krise zählen und die Betriebe galten als "systemrelevant", bis die unhaltbaren Zustände in den Unterkünften der zumeist südosteuropäischen Zerleger offen zutage getreten sind. Während ich diese Zeilen schreibe, erreicht mich die Nachricht, dass zwei Mitarbeiter einer Fleischfabrik in meinem Nachbarort an der Corona-Infektion verstorben sind.

Seltsamerweise haben die unzähligen Gastronomen, Reisebüroinhaber, Busunternehmer, Veranstalter, Messebauer, Einzelhändler und Vertreter der Freizeitbranche, insbesondere Betreiber von Fitnessstudios, keine große Lobby, obwohl sie wohl am heftigsten von der Corona-Krise betroffen sind. Die einmaligen Finanzhilfen von 9.000 Euro oder 15.000 Euro waren für die meisten nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Die Senkung der Mehrwertsteuer für die Abgabe von Speisen in Restaurants auf 7 Prozent wird ebenfalls nur begrenzt helfen. Viele stehen nach Jahren harter Arbeit, trotz wirtschaftlichen Erfolgs in der Vergangenheit und trotz ordentlicher Steuerzahlungen in den deutschen (!) Staatshaushalt vor dem Aus. Die Insolvenzwelle wird im Herbst anrollen, wenn kein Wunder geschieht.

Doch sollen die eingangs genannten Unternehmen nun von der Politik links liegen gelassen werden? Die Moral würde zwar dafür sprechen. Doch zugegeben: Die Automobilindustrie ist nach wie vor der wichtigste Wirtschaftsfaktor in Deutschland. An den Reedereien hängen die Werften, die wiederum in Deutschland produzieren und sehr erfolgreich sind. Die Lufthansa ist über Jahre, anders als viele ihrer Konkurrenten, sehr ertragreich gewesen und sorgt(e) nicht nur "in der Luft", sondern vor allem an den Flughäfen für tausende Arbeitsplätze rund um die gesamte Luftfahrtbranche. Und die Fleischindustrie würde schnell ins benachbarte Ausland abwandern, wenn sie in Deutschland - wesentlich - teurer produzieren müsste als andernorts.

Insofern bleibt den handelnden Politikern kaum eine Wahl: Sie müssen die Unterstützungen trotz aller Bedenken gewähren. Dabei wissen sie, so viel darf unterstellt werden, dass der Dank für Staatshilfen sehr kurz sein wird. Was also tun? Es bleibt nur, die Staatshilfen nach Möglichkeit an konkrete Zusagen zu koppeln: keine weitere Verlagerung in Steueroasen, Beachtung des Umweltschutzes, Beachtung von Arbeitnehmerrechten, keine (überhöhten) Dividenden, keine (überhöhten) Tantiemen, Beschränkung der Managergehälter. Ob der Staat sich darüber hinaus ins Tagesgeschäft von Unternehmen oder in strategische Belange einmischen sollte, steht auf einem anderen Blatt. Es gibt insoweit gute als auch schlechte Beispiele - der Neubau des Berliner Flughafens lässt grüßen.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr

Christian Herold

Redaktion Steuerrat24

I. Beruflicher Bereich

1. Arbeitslohn:
Corona-Bonus von 1.500 EUR wirft zahlreiche Fragen auf

Arbeitgeber dürfen ihren Arbeitnehmern in der Zeit vom 1. März bis zum 31. Dezember 2020 aufgrund der Corona-Krise Beihilfen und Unterstützungen bis zu einem Betrag von 1.500 EUR nach § 3 Nr. 11a EStG steuerfrei und auch sozialversicherungsfrei in Form von Zuschüssen und Sachbezügen gewähren. Der Volksmund spricht insoweit von einem Corona-Bonus. Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist, dass der Bonus "zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn" geleistet wird. Dies ist in dem Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) vom 9.4.2020 geregelt
(Az. IV C 5 - S 2342/20/10009; vgl. SteuerSparbrief Mai 2020) sowie - ganz aktuell - auch gesetzlich verankert worden Das "Corona-Steuerhilfegesetz" hat der Bundestag am 28.5.2020 beschlossen.

Eine gut gemeinte steuerliche Begünstigung wie der Corona-Bonus von 1.500 EUR weckt allerdings immer auch Begehrlichkeiten. Der eine oder andere Arbeitgeber würde seinen Mitarbeitern nämlich gerne 1.500 EUR steuerfrei zahlen, nur eben nicht "zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Lohn", sondern anstelle des üblichen Lohns oder von ohnehin zugesagten Leistungen. Das Bundesfinanzministerium hat angesichts dessen einen umfangreichen Frage-Antwort-Katalog ("FAQ") zu dem Thema veröffentlicht, der bereits heute sechs Seiten umfasst und sicherlich noch ausgeweitet wird. So ist die steuerliche Handhabung des Zuschusses von 1.500 EUR eine Wissenschaft für sich geworden. Wohlgemerkt geht es nur um die steuerliche Behandlung durch die Finanzverwaltung. Was die Sozialträger und später die Gerichte zu dem Zuschuss sagen werden, steht auf einem anderen Blatt. Hier ein Auszug aus den FAQs:

Frage: Der Arbeitgeber leistet regelmäßig eine freiwillige Sonderzahlung oder eine freiwillige Erholungsbeihilfe. Im Jahr 2020 soll anstelle der freiwilligen Sonderzahlung / Erholungsbeihilfe eine Corona-Beihilfe gewährt werden. Ist diese steuerfrei?

Antwort: Für die Steuerfreiheit der Leistungen ist es erforderlich, dass aus den vertraglichen Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer erkennbar ist, dass es sich um steuerfreie Beihilfen und Unterstützungen zur Abmilderung der zusätzlichen Belastung durch die Corona-Krise handelt .... Eine Vereinbarung über Sonderzahlungen, die vor dem 1. März 2020 ohne einen Bezug zur Corona-Krise getroffen wurde, kann nicht nachträglich in eine steuerfreie Beihilfe oder Unterstützung zur Abmilderung der zusätzlichen Belastung durch die Corona-Krise umgewandelt werden ... Maßgeblich ist dabei der Zeitpunkt 1. März 2020, da nur ab diesem Zeitpunkt die Veranlassung in der Abmilderung der zusätzlichen Belastungen durch die Corona-Krise liegen kann. Leistungen des Arbeitgebers, die auf einer vertraglichen Vereinbarung oder einer anderen rechtlichen Verpflichtung beruhen, die vor dem 1. März 2020 getroffen wurden, können nicht als steuerfreie Beihilfen oder Unterstützungen im Sinne des BMF-Schreibens vom 9. April 2020 gewährt werden ....

Frage: Fallen Leistungsprämien für im Jahr 2019 erbrachte Arbeitsleistungen in den Anwendungsbereich des BMF-Schreibens?

Antwort: Leistungsprämien beruhen in der Regel auf bestehenden arbeitsvertraglichen oder dienstrechtlichen Vereinbarungen. Eine Umwandlung oder Umqualifizierung in eine steuerfreie Beihilfe oder Unterstützung zur Abmilderung der zusätzlichen Belastung durch die Corona-Krise ist grundsätzlich nicht möglich.

Frage: Können Arbeitgeber steuerfreie Beihilfen und Unterstützungen zur Abmilderung der zusätzlichen Belastung durch die Corona-Krise an Arbeitnehmer leisten, denen im Gegenzug geleistete Überstunden gekürzt werden, auf die kein Auszahlungsanspruch besteht?

Antwort: Es ist zu berücksichtigen, dass in Fällen, in denen vor dem 1. März 2020 kein Anspruch auf eine Vergütung von Überstunden bestand (also lediglich die Möglichkeit des Freizeitausgleichs gegeben war), die Gewährung einer steuerfreien Beihilfe oder Unterstützung zur Abmilderung der zusätzlichen Belastung durch die Corona-Krise ... begünstigt ist, wenn der Arbeitnehmer im Gegenzug auf einen Freizeitausgleich von Überstunden verzichtet beziehungsweise Überstunden gekürzt werden. Die Voraussetzung einer Gewährung "zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn" ist in diesen Fällen erfüllt.

Hier geht es zu den gesamten FAQs: Steuerliche Fragen rund um "Corona"

STEUERRAT: Die Auffassung des BMF steht den Urteilen des Bundesfinanzhofs vom 1.8.2019 (VI R 32/18, VI R 21/17, VI R 40/17) zum Thema “Gehaltsumwandlung” entgegen. Ohnehin geschuldeter Arbeitslohn ist nach den BFH-Urteilen nur derjenige Lohn, den der Arbeitgeber verwendungsfrei und ohne eine bestimmte Zweckbindung (ohnehin) erbringt. Damit kommt eine - steuergünstige - Lohnsteuerpauschalierung oder eine Steuerfreiheit selbst dann in Betracht, wenn Arbeitnehmer auf Teile ihres bisherigen Arbeitslohns zugunsten von zweckgebundenen Zuschüssen verzichten. Es liegt kann keine schädliche Gehaltsumwandlung vor (siehe SteuerSparbrief März 2020). Damit könnten sich Arbeitgeber - bis aus Weiteres - auf die BFH-Urteile berufen. Der Corona-Bonus müsste also nicht unbedingt "on top" gezahlt werden.

Dennoch warnen wir davor, sich auf die BFH-Urteile beim Corona-Bonus zu verlassen. Die Finanzverwaltung wird sich nämlich - eventuell im Rahmen einer Lohnsteuer-Außenprüfung - auf ihr BMF-Schreiben und ihre eigene Auffassung berufen. Also geht es dann aller Voraussicht nach Gericht, so dass auf längere Zeit eine Rechtsunsicherheit bestehen wird. Und die Prüfer der Sozialversicherung und die Sozialgerichte werden vermutlich ebenfalls streng sein. Von daher sollte der Zuschuss - so wie er vorgesehen ist - tatsächlich nur als Sonderzahlung geleistet werden.

 

2. Arbeitslohn:
Handhabung der Finanzämter zum Corona-Bonus nicht einheitlich

Arbeitgeber dürfen ihren Arbeitnehmern in der Zeit vom 1. März bis zum 31. Dezember 2020 aufgrund der Corona-Krise Beihilfen und Unterstützungen bis zu einem Betrag von 1.500 EUR steuer- und sozialversicherungsfrei gewähren (sog. Corona-Bonus; siehe vorhergehende Meldung). Voraussetzung ist, dass der Bonus zusätzlich zum normalen Gehalt geleistet wird. Rechtsgrundlage ist - nunmehr - § 3 Nr. 11a EStG, zuvor war es aber lediglich das Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) vom 9.4.2020 (Az. IV C 5 - S 2342/20/10009).

Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass der Bonus im Prinzip jedem Arbeitnehmer steuer- und sozialversicherungsfrei ausgezahlt werden kann, denn in dem BMF-Schreiben heißt es: "Aufgrund der gesamtgesellschaftlichen Betroffenheit durch die Corona-Krise kann allgemein unterstellt werden, dass ein die Beihilfe und Unterstützung rechtfertigender Anlass … vorliegt." Im Klartext: Die Finanzverwaltung geht davon aus, dass ein Bonus grundsätzlich immer wegen der coronabedingten Mehrbelastung der Arbeitnehmer geleistet wird. Doch wie sieht die Praxis der Finanzämter aus?

Erste Arbeitgeber und ihre Steuerberater berichten, dass zumindest einige Finanzämter nun doch prüfen, ob der Bonus tatsächlich wegen der coronabedingten Mehrbelastung der Arbeitnehmer geleistet worden ist. Im Einzelfall sei die Steuerfreiheit versagt worden, weil die Finanzämter ihrerseits davon ausgehen, dass gar keine Mehrbelastung der entsprechenden Arbeitnehmer durch die Corona-Pandemie vorliegt oder vorgelegen hat. Misslich bei der Formulierung des BMF sind nämlich die Wörter "kann allgemein unterstellt werden". Und "allgemein" bedeutet nicht "immer."

STEUERRAT: AKTUELL wird mit dem "Corona-Steuerhilfegesetz", das der Bundestag am 28.5.2020 beschlossen hat, die Bonus-Steuerfreiheit (nachträglich) im Steuergesetz verankert, und zwar in § 3 Nr. 11a EStG. Von daher dürften sich die Streitigkeiten mit den Finanzämtern ab sofort erübrigen. Auf jeden Fall empfehlen wir aber dennoch, im Lohnkonto aufzuzeichnen, welche coronabedingte Mehrbelastung vorgelegen hat, die die Gewährung des Zuschusses rechtfertigt.

 

3. Kurzarbeitergeld:
Steuerfreiheit für die Kurzarbeitergeld-Aufstockung

Das Kurzarbeitergeld beträgt für Arbeitnehmer ohne Kinder 60 Prozent und für Arbeitnehmer mit Kindern 67 Prozent des ausfallenden Nettoentgelts. Das Kurzarbeitergeld ist steuerfrei (§ 3 Nr. 2 EStG). Es wird jedoch in den Progressionsvorbehalt einbezogen und erhöht damit die Steuerlast für das übrige Einkommen (§ 32b Abs. 1 Nr. 1a EStG). Sofern solche Progressionseinkünfte, wie auch Elterngeld, Mutterschaftsgeld oder Arbeitslosengeld I, mehr als 410 EUR im Jahr betragen, ist man verpflichtet, am Jahresende eine Einkommensteuererklärung abzugeben (§ 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG).

Viele Arbeitgeber stocken das Kurzarbeitergeld auf 80, 90 oder gar 95 Prozent auf. Bisher ist dieser Aufstockungsbetrag zum Kurzarbeitergeld wie Arbeitslohn steuerpflichtig. Im Sozialversicherungsrecht rechnen solche Zuschüsse bis zu 80 Prozent des letzten Nettogehalts nicht zum Arbeitsentgelt und sind daher sozialversicherungsfrei (§ 1 Abs. 1 Nr. 8 SvEV).

AKTUELL werden mit dem "Corona-Steuerhilfegesetz" die Zuschüsse des Arbeitgebers zum Kurzarbeitergeld und zum Saison-Kurzarbeitergeld steuerfrei gestellt, soweit sie zusammen mit dem Kurzarbeitergeld 80 Prozent des Unterschiedsbetrages zwischen dem Soll-Entgelt und dem Ist-Entgelt nicht übersteigen. Diese Regelung gilt befristet vom 1.3.2020 bis zum 31.12.2020. Mit der Steuerbefreiung wird die vielfach in Tarifverträgen vereinbarte, aber auch aufgrund der Corona-Krise freiwillige Aufstockung des Kurzarbeitergeldes durch den Arbeitgeber gefördert (§ 3 Nr. 28a EStG-neu).

Die Aufstockungsbeträge unterliegen - wie das Kurzarbeitergeld selbst - dem Progressionsvorbehalt (§ 32b Abs. 1 Nr. 1g EStG). Der Arbeitgeber hat sie in die elektronische Lohnsteuerbescheinigung für das Kalenderjahr 2020 unter der Nummer 15 einzutragen.

AKTUELL wird mit dem "Zweiten Sozialschutz-Paket-Gesetz" das Kurzarbeitergeld erhöht, und zwar abhängig von der Bezugsdauer und befristet bis zum 31.12.2020. Ab dem vierten Monat steigt die Leistung auf 70 Prozent des Nettolohns bzw. 77 Prozent für Arbeitnehmer mit Kindern. Ab dem siebten Monat wird die Leistung weiter auf 80 und 87 Prozent des Nettolohns angehoben. Die Vergünstigung gilt für die diejenigen, deren Arbeitszeit um mindestens 50 Prozent reduziert ist. Für die Berechnung der Bezugsmonate sind Monate mit Kurzarbeit ab März 2020 zu berücksichtigen (§ 421c Abs. 2 SGB III-neu).

AKTUELL wird mit dem "Zweiten Sozialschutz-Paket-Gesetz" die Hinzuverdienstgrenze für Kurzarbeiter ausgeweitet: Für Arbeitnehmer in Kurzarbeit werden ab dem 1.5.2020 bis zum 31.12.2020 die bereits bestehenden Hinzuverdienstmöglichkeiten mit einer Hinzuverdienstgrenze bis zur vollen Höhe des bisherigen Monatseinkommens für alle Berufe geöffnet. Bisher gilt dies nur für Hinzuverdienste in "systemrelevanten Branchen", und zwar im Zeitraum vom 1.4.2020 bis 31.10.2020.

AKTUELL entfällt mit dem "Arbeit-von-morgen-Gesetz", das der Bundestag am 23.4.2020 beschlossen hat, für Bezieher von Kurzarbeitergeld, die während des Arbeitsausfalls eine Nebentätigkeit als Minijob in "systemrelevanten Branchen" aufnehmen, ab April die Anrechnung des daraus erzielten Einkommens auf das Kurzarbeitergeld vollständig. Dies gilt im Zeitraum vom 1.4.2020 bis zum 31.10.2020. Die Ergänzung dient auch der Vereinfachung der Umsetzung durch die Bundesagentur für Arbeit (§ 421c Satz 2 SGB III, eingefügt durch das "Gesetz zur Förderung der beruflichen Weiterbildung im Strukturwandel und zur Weiterentwicklung der Ausbildungsförderung").

 

4. Arbeitslosengeld I:
Verlängerung der Bezugsdauer

Wer arbeitslos wird, bekommt bisher 12 Monate lang Arbeitslosengeld I. Das gilt für Arbeitnehmer bis 50 Jahre, vorausgesetzt, sie waren zuvor 24 Monate oder länger versicherungspflichtig. Für Arbeitslose ab 50 Jahren steigt die Bezugsdauer in mehreren Schritten auf bis zu 24 Monate an. Vorausgesetzt, sie waren 48 Monate oder länger versicherungspflichtig. Die Höhe des Arbeitslosengelds liegt bei 60 Prozent des letzten Netto-Entgelts, bei Arbeitslosen mit Kindern sind es 67 Prozent.

Aufgrund der außergewöhnlichen Situation auf dem Arbeitsmarkt haben diejenigen, die bereits vor der Krise arbeitsuchend waren und Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) beziehen, derzeit geringere Aussichten auf eine neue Beschäftigung. Hinzu kommt, dass die Vermittlungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten der Agenturen für Arbeit aufgrund des Gesundheitsschutzes eingeschränkt sind.

AKTUELL wird mit dem "Zweiten Sozialschutz-Paket-Gesetz" die Bezugsdauer für das Arbeitslosengeld I verlängert - und zwar um drei Monate für diejenigen, deren Anspruch zwischen dem 1.5.2020 und dem 31.12.2020 enden würde (§ 421d SGB III).

 

5. Fahrten zur Arbeit:
Gilt ein Taxi gilt als öffentliches Verkehrsmittel?

Für Fahrten zur Arbeit können Sie grundsätzlich 30 Cent pro Entfernungs-Km als Werbungskosten geltend machen. Bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wie Bus und Bahn dürfen Sie ebenfalls die Entfernungspauschale abziehen. Falls die tatsächlichen Kosten für öffentliche Verkehrsmittel auf das Kalenderjahr bezogen nachweislich höher sind als die Entfernungspauschale, können Sie aber diese geltend machen. Fraglich ist, ob auch ein Taxi als öffentliches Verkehrsmittel gilt.

Zwar hatte das Finanzgericht Düsseldorf dies mit Urteil vom 8.4.2014 (13 K 339/12 E) bestätigt. Das bedeutet: Taxikosten sind - wie öffentliche Verkehrsmittel - über die Entfernungspauschale hinaus mit den tatsächlichen Aufwendungen absetzbar. Allerdings sind Zweifel aufgekommen, nachdem der Bundesfinanzhof die Frage im Urteil vom 15.11.2016 (VI R 4/15) ausdrücklich offengelassen hatte. Im Jahre 2018 hatte dann auch das Thüringer FG entschieden, dass ein Taxi als öffentliches Verkehrsmittel gilt und demnach die vollen Kosten zum Abzug zugelassen. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache ist seinerzeit die Revision zugelassen worden; diese ist aber offenbar seitens der Finanzverwaltung nicht eingelegt worden (Urteil vom 25.9.2018, 3 K 233/18). Die Sache schien damit allgemein erledigt zu sein.

AKTUELL hat das Thüringer FG seine damalige Auffassung bestätigt (Urteil vom 22.10.2019, 3 K 490/19). ABER: Dieses Mal ist die Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt worden, so dass dieser nun entscheiden muss (Az. VI R 26/20). Die Frage lautet: Gilt ein Taxi als öffentliches Verkehrsmittel und können damit die Taxikosten für die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte in tatsächlich entstandener Höhe - über die Entfernungspauschale hinaus - als Werbungskosten geltend gemacht werden? Das Urteil der Vorinstanz ist leider nicht veröffentlicht worden, so dass an dieser Stelle kurz der Sachverhalt des Jahres 2018 skizziert werden soll.

  • Der Fall: Der Kläger arbeitet bei einem großen Warenhaus in einer führenden Position. Er kann krankheitsbedingt nicht mehr selbst Auto fahren. Er hat einen Schwerbehindertenausweis mit einem Grad der Behinderung von 60 %. Da die öffentliche Verkehrsanbindung zeitlich nicht hinreichend flexibel und zu langwierig war, nahm er regelmäßig ein Taxi für den Weg zur Arbeit. Hierzu vereinbarte er Sonderkonditionen mit dem Taxiunternehmer. Es fielen Taxikosten von 6.498 EUR an, die er als Werbungskosten geltend machte. Das Finanzamt hingegen erkannte nur die Entfernungspauschale an. Die Klage des Steuerzahlers war erfolgreich.
  • Begründung des FG: Soweit das Gesetz lediglich von "öffentlichen Verkehrsmitteln" spricht, seien dies zunächst nur solche, die der Allgemeinheit zur Verfügung stehen, z.B. Bahn, Bus, Schiff, Fähre und Flugzeug. Da auch Taxis insoweit allgemein zugänglich sind und die Norm nicht "öffentliche Verkehrsmittel im Linienverkehr" bzw. "regelmäßig verkehrende öffentliche Verkehrsmittel" voraussetzt, spreche zumindest der Wortlaut des Gesetzes nicht zwingend dagegen, Taxifahrten unter die gesetzliche Privilegierung zu fassen.

STEUERRAT: Berufen Sie sich auf das aktuelle Urteil, wenn das Finanzamt Ihre Taxikosten nicht anerkennen will. Beantragen Sie gegebenenfalls ein Ruhen Ihres Verfahrens, bis der Bundesfinanzhof in der Revision entschieden hat.

Weitere Informationen: Fahrten zur Arbeit: Entfernungspauschale und Mobilitätsprämie

 

6. Internetarbeit:
Crowdworker sind keine Arbeitnehmer

Das so genannte Crowdworking ist auf dem Vormarsch. Die Aufträge für Crowdworker werden üblicherweise per Internet über Crowdsourcing-Plattformen angeboten und je nach Auftrag oder Projekt von einem oder auch mehreren Crowdworkern bearbeitet (vgl. www.clickworker.de). Die von den Crowdworkern übernommenen Aufträge können vielfältig sein. Es kann sich zum Beispiel um Recherchetätigkeiten, Übersetzungen, Datenbankarbeiten oder Preisanalysen handeln. Allen Tätigkeiten ist gemein, dass sie über den PC oder ein mobiles, internetfähiges Gerät erbracht werden.

AKTUELL hat das Landesarbeitsgericht München entschieden, dass die Vereinbarung eines Crowdworkers mit dem Betreiber einer Internetplattform kein Arbeitsverhältnis begründet, wenn keine Verpflichtung zur Übernahme von Aufträgen besteht (LAG München, Urteil vom 4.12.2019, 8 Sa 146/19).

  • Der Fall: Das beauftragende Unternehmen führt u.a. für Markenhersteller Kontrollen der Warenpräsentation im Einzelhandel oder in Tankstellen durch. Diese Aufträge werden dann über eine "Crowd" vergeben. Der Abschluss der Basisvereinbarung berechtigt dazu, über eine App die auf einer Internetplattform angebotenen Aufträge, die in einem selbst gewählten Radius von bis zu 50 km angezeigt werden, zu übernehmen. Bei erfolgter Übernahme ist ein Auftrag regelmäßig innerhalb von zwei Stunden nach bestehenden Vorgaben abzuarbeiten. Im vorliegenden Fall bestand weder eine Verpflichtung zur Annahme eines Auftrags, noch umgekehrt eine Verpflichtung für den Auftraggeber, Aufträge anzubieten. Das LAG sieht hierin kein Arbeitsverhältnis.
  • Begründung: Ein Arbeitsvertrag liegt nach der gesetzlichen Definition nur dann vor, wenn der Vertrag die Verpflichtung zur Leistung von weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit vorsieht. Dies drückt sich im Allgemeinen darin aus, dass der Mitarbeiter Arbeitsanweisungen hinsichtlich Zeit, Ort und Inhalt der geschuldeten Dienstleistung beachten muss und in die Arbeitsorganisation des Arbeitgebers eingebunden ist. Maßgeblich ist die tatsächliche Durchführung des Vertrages. Die Basisvereinbarung erfüllt die Voraussetzungen schon deswegen nicht, weil sie keinerlei Verpflichtung zur Erbringung von Leistungen enthält.
  • Der Umstand, dass der Crowdworker (hier: der Kläger) tatsächlich einen erheblichen Teil seines Lebensunterhalts durch die Aufträge verdient hat und sich aus verschiedenen Gründen unter Druck gesehen hat, auch in Zukunft Aufträge anzunehmen, führt nach der bestehenden Gesetzeslage nicht dazu, dass der Kläger die Schutzvorschriften für Arbeitnehmer beanspruchen kann. Die Basisvereinbarung konnte deshalb als bloßer Rahmenvertrag auch per Email wirksam gekündigt werden.

HINWEIS: Das LAG hat nicht entschieden, ob jeweils durch das Anklicken eines Auftrags ein befristetes Arbeitsverhältnis begründet wurde. Dies war für die Entscheidung nicht relevant, weil die Unwirksamkeit einer Befristung nur innerhalb einer Frist von drei Wochen im Klagewege geltend gemacht werden kann, was vorliegend nicht der Fall war. Wegen grundsätzlicher Bedeutung wurde die Revision zum Bundearbeitsgericht zugelassen. Das Urteil zeigt im Übrigen, dass das Arbeits-, aber auch das Steuerrecht mit den neuen Tätigkeitsformen nicht immer Schritt hält. Die Crowdworker oder auch Clickworker wären in der "analogen" Arbeitswelt üblicherweise als geringfügig oder kurzfristig Beschäftigte eingestellt worden. In der "digitalen" Welt sieht die Sache anders aus: Hier arbeiten sie ohne Mindestlohn und ohne Absicherung. Der eine begrüßt es, der andere verteufelt es - je nach Sichtweise.

 

7. Teilzeit:
Reduzierung der Arbeitszeit nur im Sommer kann missbräuchlich sein

Das Teilzeit- und Befristungsgesetz gibt Arbeitnehmern grundsätzlich das Recht, ihre Arbeitszeit zu verringern. Der Arbeitgeber hat der Verringerung der Arbeitszeit zuzustimmen und ihre Verteilung entsprechend den Wünschen des Arbeitnehmers festzulegen, soweit betriebliche Gründe nicht entgegenstehen. Für den Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit gilt zudem die Voraussetzung, dass der Arbeitgeber, unabhängig von der Anzahl der Personen in Berufsbildung, in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt (§ 8 TzBfG).

Eine feine Idee, das Gesetz in seinem Sinne zu nutzen, hatte ein Arbeitnehmer, der sich offenbar gerne den gesamten August freihalten wollte, um diese Zeit gemeinsam mit seinem Kind zu verbringen. Dieses war noch schulpflichtig, hatte jedoch jeweils im August Ferien. Der Arbeitnehmer, ein Sachverständiger für den Kraftfahrzeugverkehr, beantragte bei seinem Arbeitgeber die Reduzierung seiner regelmäßigen jährlichen Arbeitszeit um 1/12. Die Verteilung der arbeitsfreien Tage sollte dabei dergestalt vorgenommen werden, dass der Kalendermonat August arbeitsfrei bleibt. Doch der Arbeitgeber lehnte das Begehren unter Berufung auf entgegenstehende betriebliche Gründe ab. Und aktuell bekam dieser vor dem Landesarbeitsgericht Nürnberg recht.

  • Ein Antrag auf Reduzierung der Arbeitszeit um 1/12 mit dem Ziel der dauerhaften Freistellung im Ferienmonat August kann rechtsmissbräuchlich sein, wenn dieser Monat regelmäßig zu den arbeitsintensivsten Monaten zählt und Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer dadurch von vorneherein deutlich eingeschränkt würden (Urteil vom 27.8.2019, 6 Sa 110/19).
  • Nach § 8 Abs. 4 Satz 2 TzBfG liegt ein betrieblicher Grund insbesondere dann vor, wenn die Verringerung der Arbeitszeit die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht. Insoweit genügt es, wenn der Arbeitgeber rational nachvollziehbare, hinreichend gewichtige Gründe hat, der Verringerung der Arbeitszeit nicht zuzustimmen. Im Urteilsfall konnte der Arbeitgeber glaubhaft darlegen, dass es sich beim August um den umsatzstärksten Monat eines Jahres handelt, in dem zur Aufrechterhaltung des Dienstbetriebes nicht allen Urlaubswünschen der Mitarbeiter nachgekommen werden kann. Seine Verfahrensanweisung sehe vor, dass in der Regel im August maximal 10 Urlaubstage, in einzelnen Ausnahmefällen 15 Urlaubstage, gewährt würden.

 

II. Privater Bereich

1. Behinderung:
Aktuelle Broschüre des Landes NRW mit Steuertipps

Menschen mit besonderen Bedürfnissen aufgrund einer Behinderung sowie ihren Angehörigen entstehen regelmäßig höhere Aufwendungen für ihren Lebensunterhalt oder für ihre berufliche Tätigkeit als der Mehrzahl anderer Mitbürger. Deshalb gibt es zahlreiche Steuererleichterungen in fast allen Steuerarten. In einer aktuellen Broschüre der Finanzverwaltung Nordrhein-Westfalen wird die Rechtslage für das Kalenderjahr 2019 (Veranlagung der Einkommensteuererklärung 2019) dargestellt. Sie können die Broschüre hier herunterladen: Broschüre der Finanzverwaltung NRW

Weitere Informationen: Behinderung: Steuerliche Vergünstigungen für behinderte Menschen

 

2. Minijob:
Steuerfreier Corona-Bonus von 1.500 EUR für Haushaltshilfe möglich

Arbeitgeber dürfen ihren Arbeitnehmern in der Zeit vom 1. März bis zum 31. Dezember 2020 aufgrund der Corona-Krise Beihilfen und Unterstützungen bis zu einem Betrag von 1.500 EUR steuerfrei gewähren (sog. Corona-Bonus). Der Zuschuss unterliegt auch nicht der Sozialversicherung. Er muss allerdings "zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn" geleistet werden und nicht nur anstelle des üblichen Lohns (Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 9.4.2020, Az. IV C 5 - S 2342/20/10009; vgl. SteuerSparbrief Mai 2020; ganz aktuell: § 3 Nr. 11a EStG). Nun ist die Frage aufgekommen, ob auch Minijobber in Privathaushalten einen steuer- und sozialversicherungsfreien Zuschuss von 1.500 EUR erhalten können.

Antwort: Ja, können sie. Einer Haushaltshilfe dürfen also in der Corona-Zeit 1.500 EUR zusätzlich zum vereinbarten Lohn (zumeist 450 EUR) ohne Belastung mit Steuern und Sozialabgaben gezahlt werden. Darauf weist die Minijob-Zentrale in ihrem Newsletter 6/2020 hin. Sie führt ferner aus: "Sachleistungen, die der Privathaushalt der Haushaltshilfe zukommen lässt, zählen losgelöst von der steuerfreien Bonuszahlung hingegen niemals zum Arbeitsentgelt. Sie sind somit immer möglich und bleiben unabhängig von Zeitraum und Wert der Sachleistung stets unberücksichtigt."

Folgendes sollten Sie beachten:

  • Eine Vereinbarung über Sonderzahlungen, die vor dem 1. März 2020 ohne einen Bezug zur Corona-Krise getroffen wurde, kann nicht nachträglich in eine steuerfreie Beihilfe oder Unterstützung zur Abmilderung der zusätzlichen Belastung durch die Corona-Krise umgewandelt werden.
  • Die steuerfreie zusätzliche Sonderzahlung zählt nicht zum regelmäßigen Verdienst des Minijobbers und führt somit nicht zum Überschreiten der zulässigen Entgeltgrenze von 450 EUR. Das heißt: Ein Minijob wird durch den Corona-Bonus nicht zu einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung.
  • Ein Beschäftigter mit mehreren Beschäftigungen kann von jedem seiner Arbeitgeber eine Bonuszahlung von jeweils bis zu 1.500 EUR über dem vereinbarten Verdienst steuerfrei erhalten. Hat ein Minijobber z.B. noch eine sozialversicherungspflichtige Hauptbeschäftigung, kann er sowohl im Minijob, als auch in der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung eine steuerfreie Sonderzahlung von bis zu 1.500 EUR erhalten (Quelle: Blog der Minijob-Zentrale vom 23.4.2020).
  • Der Bonus darf nicht zum Ausbezahlen von Überstunden genutzt werden. Damit ist die Sozialversicherung in diesem Punkt übrigens strenger als die Finanzverwaltung. Diese belässt es bei der Begünstigung, wenn der Arbeitnehmer "im Gegenzug auf einen Freizeitausgleich von Überstunden verzichtet" (siehe dazu obigen Beitrag: "Arbeitslohn: Corona-Bonus von 1.500 EUR wirft zahlreiche Fragen auf").
  • Der Corona-Bonus muss vom Arbeitgeber in den Entgeltunterlagen dokumentiert werden, das heißt es müssen insoweit Unterlagen aufbewahrt werden, die belegen, wann der Bonus gezahlt wurde uns aus welchem Rechtsgrund.
  • Ganz unabhängig vom Steuer- und Sozialversicherungsrecht müssen Arbeitgeber und Haushaltshilfen natürlich die jeweils maßgebenden Corona-Regeln beachten, also etwa zur Hygiene und zum Mindestabstand.

STEUERRAT: Für den Fall, dass sich die Arbeitsstunden einer Haushaltshilfe ändern, also weniger oder mehr Stunden als gewöhnlich geleistet werden und der Verdienst entsprechend angepasst wird, muss der Arbeitgeber der Minijob-Zentrale den abweichenden Verdienst der Haushaltshilfe mit dem Änderungsscheck mitteilen. Die Minijob-Zentrale wird den reduzierten bzw. erhöhten Verdienst beim folgenden Abgabenbescheid entsprechend berücksichtigen.

Weitere Informationen: Steuervergünstigung bei Beschäftigung einer Haushaltshilfe

 

3. Reiseverkehr in die Schweiz:
Umsatzsteuererstattung jetzt mit Bagatellgrenze

Personen, die in einem Nicht-EU-Staat (z.B. Schweiz) wohnen, haben die Möglichkeit, gezahlte Umsatzsteuer für Einkäufe in Deutschland von den jeweiligen Einzelhändlern erstattet zu bekommen, wenn sie die erworbenen Waren im nichtkommerziellen Reiseverkehr in ein Drittland ausführen. Voraussetzung hierfür ist u.a. die Vorlage eines Ausfuhrkassenzettels (AKZ), der von der Zollverwaltung bei der Ausreise des Käufers derzeit manuell erteilt wird. Hierbei prüft die Zollverwaltung, ob der Reisende im Drittland ansässig ist (Abnehmernachweis), sowie stichprobenweise, ob er die im AKZ aufgeführten Waren tatsächlich mit sich führt (Ausfuhrnachweis).

  • Nach EU-Recht ist eine Wertgrenze von 0 EUR bis zu 175 EUR (Rechnungsbetrag bei Einkauf im gleichen Warengeschäft) möglich, oberhalb derer die Ausfuhrlieferung im nichtkommerziellen Reiseverkehr umsatzsteuerfrei ist. Ausfuhrlieferungen im nichtkommerziellen Reiseverkehr, deren Gesamtwert einschließlich Umsatzsteuer 175 EUR übersteigt, sind zwingend von der Umsatzsteuer zu befreien.
  • Deutschland wendet bislang keine Wertgrenze an. Das bedeutet, dass Ausfuhrlieferungen im nichtkommerziellen Reiseverkehr steuerfrei gestellt werden, ohne dass ein bestimmter Mindestwert erreicht werden muss. Doch insbesondere im Grenzgebiet zur Schweiz ist es aufgrund des Preisgefälles und zusätzlich auch infolge der Freigabe des Schweizer Franken in den letzten 10 Jahren zu steigenden Abfertigungszahlen gekommen.

AKTUELL wurde zum 1.1.2020 mit dem "Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften" vom 12.12.2019 eine Bagatellgrenze von 50 EUR für die Umsatzsteuererstattung im nichtkommerziellen Reiseverkehr eingeführt. Das bedeutet konkret: Beträgt der Wareneinkauf weniger als 50 EUR, ist eine Umsatzsteuererstattung nicht mehr möglich (§ 6 Abs. 3a UStG-neu).

Die Wertgrenze entfällt wieder zum Ende des Jahres, in dem das bereits in Vorbereitung befindliche IT-Verfahren zur automatisierten Erteilung der Ausfuhrkassenzettel in Deutschland in den Echtbetrieb geht (§ 6 Abs. 3a Satz 2 UStG).

Eine "Ausfuhr im Reiseverkehr" liegt vor, wenn der Drittlandskäufer die erworbene Ware im persönlichen Reisegepäck ins Drittlandsgebiet mitnimmt. Als Reisende gelten Touristen (Urlauber), Berufspendler, aber auch Käufer, die eigens zum Einkaufen aus dem Drittlandsgebiet in das EU-Gebiet kommen. Die Mitnahme der Ware im persönlichen Reisegepäck ist möglich im Handgepäck, im aufgegebenen Gepäck bei einer Bahn-, Flug- oder Schiffsreise oder in einem Pkw, auch in einem Kleintransporter.

 

4. Spenden:
Ist die Zuwendung an ein Tierheim für ein bestimmtes Tier abziehbar?

Spenden an gemeinnützige Tierschutzvereine sind eigentlich unstrittig als Sonderausgaben abziehbar (§ 10b Abs. 1 EStG). Doch was gilt, wenn die Zuwendung zur Rettung eines einzelnen - ganz konkreten - hilfsbedürftigen Tieres bestimmt ist, damit dieses in einer Tierpension untergebracht wird? Mit dieser Frage muss sich nun der Bundesfinanzhof auseinandersetzen (Az. beim BFH: X R 37/19).

Die Vorinstanz, das Finanzgericht Köln, hatte dem Spender den Abzug als Sonderausgabe verweigert und nicht einmal die Revision zugelassen (Urteil vom 11.12.2018, 10 K 1568/17). Doch die Nichtzulassungsbeschwerde des Steuerzahlers war erfolgreich, so dass der BFH alsbald urteilen wird.

HINWEIS: Zweckgebundene Spenden sind durchaus üblich. Oftmals rufen Vereine sogar ganz gezielt zu Spenden für ein bestimmten Projekt auf, etwa den Bau eines Katzenhauses in einem Tierheim. Probleme sind bislang in rechtlicher Hinsicht eigentlich eher auf Seiten des Vereins aufgetreten - nämlich dann, wenn die Spenden zweckwidrig verwendet worden sind. Dass es aber auf Seiten des Spenders zu steuerlichen Problemen kommt, ist ungewöhnlich. Daher ist es begrüßenswert, dass der BFH die Revision gegen das Urteil des FG Köln zugelassen hat.

Weitere Informationen: Spenden: Steuern sparen mit Spenden und Mitgliedsbeiträgen

 

III. Kinder

1. BEA-Freibetrag:
Anforderungen an die nicht unwesentliche Betreuung

Bei Geschiedenen kann der BEA-Freibetrag (für Betreuung, Erziehung und Ausbildung) unabhängig und abweichend vom Kinderfreibetrag von einem Elternteil auf den anderen Elternteil übertragen werden. Es genügt ein einseitiger Antrag des betreuenden Elternteils, ohne dass weitere Nachweise oder Begründungen vorgelegt werden müssen. Der BEA-Freibetrag kann nur für minderjährige Kinder auf einseitigen Antrag des betreuenden Elternteils übertragen werden. Voraussetzung ist, dass das Kind bei dem barunterhaltspflichtigen Elternteil an keinem Tag im Jahr gemeldet ist (§ 32 Abs. 6 Satz 8 EStG).

  • Seit 2012 ist es zulässig, dass der barunterhaltspflichtige Elternteil, bei dem das Kind nicht gemeldet ist, der Übertragung des BEA-Freibetrages widersprechen kann, wenn er Kinderbetreuungskosten trägt oder das Kind regelmäßig in einem nicht unwesentlichen Umfang betreut. In diesem Fall ist eine Übertragung des BEA-Freibetrages auf einseitigen Antrag des betreuenden Elternteils nicht mehr möglich (§ 32 Abs. 6 Satz 9 EStG). Die Frage ist: Wann liegt eine Betreuung "in nicht unwesentlichem Umfang" vor?
  • Im Jahre 2017 hat der Bundesfinanzhof geklärt, was unter einer Betreuung "in nicht unwesentlichem Umfang" zu verstehen ist: Dies ist der Fall, wenn der zeitliche Betreuungsanteil des barunterhaltspflichtigen Elternteils jährlich durchschnittlich 10 % beträgt, wobei weitere Indizien in diesem Fall regelmäßig vernachlässigt werden können (BFH-Urteil vom 8.11.2017, III R 2/16).

AKTUELL hat das Niedersächsische FG entschieden, dass ein Vater, der seinen bei seiner geschiedenen Ehefrau lebenden minderjährigen Sohn entsprechend dem vereinbarten Umgangsrecht nahezu an jedem zweiten Wochenende abholt und betreut, einen nicht unwesentlichen zeitlichen Betreuungsanteil gemäß § 32 Abs. 6 Satz 9 EStG leistet und damit der Übertragung des ihm zustehenden BEA-Freibetrags auf die Kindesmutter wirksam widersprechen kann (FG Niedersachsen vom 19.2.2020, 9 K 20/19).

  • Der Fall: Der Kindesvater hat mit seiner geschiedenen Ehefrau (Kindesmutter) vor dem Familiengericht ein Umgangsrecht dergestalt vereinbart, dass er seinen Sohn in einem wöchentlichen Rhythmus jedes zweite Wochenende samstags um 10.00 Uhr abholt und sonntags um 16.00 Uhr zurückbringt. Die einfache Entfernung zwischen den Wohnorten beträgt 163 km. Vergeblich begehrte der Vater beim Finanzamt die Berücksichtigung des BEA-Freibetrags im Hinblick auf die von ihm erbrachten Betreuungsleistungen. Das Finanzamt war der Meinung, der vom Vater geltend gemachte Betreuungsumfang (2016: 45 Tage; 2017: 55 Tage) sei nicht ausreichend.
  • Die Finanzrichter folgen den Grundsätzen der neuen BFH-Rechtsprechung zur Auslegung des Tatbestandsmerkmals der "nicht unwesentlichen Betreuung" in § 32 Abs. 6 Satz 9 EStG. Danach bestehen grundsätzlich aus Vereinfachungsgründen keine Bedenken, bei einem zeitlichen Betreuungsanteil von jährlich durchschnittlich 10 % von einem ausreichenden Betreuungsumfang auszugehen (BFH-Urteil vom 8.11.2017, III R 2/16). Im Urteilsfall war zwischen den Beteiligten streitig, wie die 10 %-Grenze in zeitlicher Hinsicht zu bestimmen ist. Zählen in diesem Zusammenhang auch Tage voll mit, an denen das Kind nur einen Teil des Tages betreut wird?
  • Ja, sagen die Richter. Einzelne Betreuungstage zählen zur Bestimmung eines wesentlichen Betreuungsumfangs auch dann mit, wenn die Betreuungszeit nicht volle 24 Stunden umfasst. Dies gelte jedenfalls für den Fall, dass die Betreuungszeit deutlich mehr als 12 Stunden beträgt und damit über reine Besuchszwecke hinausgehe. Selbst bei stundengenauer Abrechnung mit der Folge des Unterschreitens der Wesentlichkeitsschwelle sei gleichwohl von einem wesentlichen Betreuungsumfang auszugehen. Denn angesichts der großen Entfernung zwischen den Wohnorten des Vaters und der Mutter, die einen höheren Betreuungsanteil wegen der Arbeitsverpflichtung unter der Woche erschwere und die Betreuungszeiten in der Regel auf die Wochenenden, Feiertage und Urlaubszeiten beschränke, erscheine der Betreuungsanteil auch in diesem Fall als nicht unwesentlich.

Weitere Informationen: Steuerrat für Geschiedene und dauernd Getrenntlebende

 

2. Berufsausbildung:
Sozialversicherungspflicht für praxisintegrierte Ausbildungen

Der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung gilt als "Beschäftigung" - und somit sind Auszubildende versicherungspflichtig in allen Zweigen der Sozialversicherung (§ 7 Abs. 2 SGB IV). Seit 2012 unterliegen auch Studenten dualer Studiengänge der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung. Dies gilt sowohl für ausbildungsintegrierte duale Studiengänge als auch für praxisintegrierte duale Studiengänge und ebenso für berufsintegrierte und berufsbegleitende duale Studiengänge (§ 25 Abs. 1 Satz 2 SGB III; § 5 Abs. 4a Satz 1 SGB V; § 1 Nr. 1 SGB VI, § 20 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI, eingeführt durch das "Vierte Gesetz zur Änderung des SGB IV und anderer Gesetze" vom 22.12.2011).

  • Daneben gibt es aber auch praxisintegrierte schulische Ausbildungen, die oftmals nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegen, so insbesondere im Gesundheits-, Erziehungs- und Sozialbereich. Dabei werden Abschnitte schulischen Unterrichts mit betrieblichen Ausbildungsabschnitten verknüpft. Die entsprechenden Ausbildungsgänge sind sehr unterschiedlich organisiert, teilweise im regelmäßigen Wechsel von Abschnitten des schulischen Unterrichts mit betrieblichen Ausbildungsabschnitten, teilweise mit entsprechenden längeren Blockphasen.
  • Ob eine entsprechende Ausbildung als betriebliche Berufsausbildung Sozialversicherungspflicht begründet, richtet sich bisher nach der konkreten Ausgestaltung im Einzelfall und ist nicht einheitlich geregelt. Von einer nichtbetrieblichen (schulischen) Ausbildung, die keine Sozialversicherungspflicht begründet, wird ausgegangen, wenn auch die Phasen der praktischen Ausbildung im Wesentlichen durch die Schule geregelt und gelenkt werden und sich infolge enger Verzahnung mit der theoretischen Ausbildung als Bestandteil der Schulausbildung darstellen.

AKTUELL wird ab dem 1.7.2020 mit dem "7. Gesetz zur Änderung des SGB IV und anderer Gesetze" eine einheitliche Sozialversicherungspflicht bei allen praxisintegrierten Ausbildungen eingeführt. Davon werden nun neben dualen Studiengängen auch "praxisintegrierte schulische Ausbildungen" erfasst, die sich mit Abschnitten des schulischen Unterrichts abwechseln. Teilnehmer an praxisintegrierten schulischen Ausbildungen sind nun unabhängig vom konkreten Ausbildungsberuf in die Sozialversicherungspflicht einbezogen, wenn ein Ausbildungsvertrag geschlossen wird und Anspruch auf eine Ausbildungsvergütung auch während Phasen der schulischen Ausbildung besteht (§ 25 Abs. 1 Satz 2 SGB III; § 5 Abs. 4a SGB V; § 1 Satz 5 SGB VI).

  • Der demografische Wandel führt zu einer verstärkten Nachfrage nach qualifizierten Fachkräften im Gesundheits-, Pflege- und Sozialbereich. Regelungsziel ist daher, die Berufsausbildung in diesem Bereich attraktiver zu machen, indem der soziale Schutz während der Ausbildung verbessert wird. Zugleich soll durch die pauschale Regelung verhindert werden, dass mit kunstvollen Gestaltungen die Versicherungspflicht unterlaufen werden kann.
  • Die Neuregelung über die Sozialversicherungspflicht gilt grundsätzlich nur für Ausbildungen, die ab dem 1.7.2020 begonnen werden. Sie gilt mit Rückwirkung aber auch für Ausbildungen, die vor dem 1.7.2020 begonnen wurden, wenn für diese bereits Sozialversicherungsbeiträge gezahlt worden sind. Soweit für laufende Ausbildungen am 1.7.2020 keine Beiträge gezahlt worden sind, beginnt die Versicherungspflicht ab Aufnahme der Beitragszahlung, wenn diese mit Zustimmung des Teilnehmers erfolgt (§ 451 SGB III; § 331 SGB V; § 229 SGB Abs. 9 VI).

STEUERRAT: Eine Klarstellung gibt es bereits seit dem 1.1.2020 für Auszubildende im Pflegebereich: In der zum 1.1.2020 eingeführten beruflichen Pflegeausbildung nach dem Pflegeberufegesetz ist jetzt ausdrücklich eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Sozialversicherung vorgesehen (§ 19 Abs. 1 Satz 2 Pflegeberufegesetz).

Weitere Informationen: Studenten: Sozialversicherung bei dualen Studiengängen

 

3. Elterngeld:
Drei Verbesserungen wegen Corona

Das Elterngeld unterstützt Eltern nach der Geburt des Kindes durch einen Ersatz des Erwerbseinkommens für den Elternteil, der sich um die Betreuung des neugeborenen Kindes kümmert. Beide Eltern haben einen Anspruch auf 14 Monate Elterngeld, wenn sie sich die Betreuung aufteilen. Immer mehr Väter und Mütter nutzen die reservierten Partnermonate, das ElterngeldPlus, mit der Möglichkeit, Teilzeit zu arbeiten und das Elterngeld länger zu erhalten. Auch der Partnerschaftsbonus, der beiden Eltern vier ElterngeldPlus-Monate zusätzlich sichert, wenn sie sich in einem vorgegebenen Stundenumfang Beruf und Betreuung gleichermaßen teilen, kommt gut an. Das Elterngeld errechnet sich aus dem Durchschnitt des Nettoeinkommens der letzten 12 Monate vor dem Monat der Geburt des Kindes und ersetzt das bisherige Nettoeinkommen des Betreuenden zu mindestens 65 %. Durch die Corona-Krise verringert sich das Einkommen vieler Menschen. Und verringertes Einkommen führt zu einem geringeren Elterngeld.

AKTUELL werden durch das "Gesetz für Maßnahmen im Elterngeld aus Anlass der COVID-19-Pandemie", das der Bundestag am 7.5.2020 verabschiedet hat, folgende Verbesserungen beim Elterngeld gewährt. Die Regelungen gelten rückwirkend ab dem 1.3.2020.

  • Eltern, die aktuell wegen Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit Einkommensverluste haben, sollen keinen Nachteil beim Elterngeld haben. Konkret: Kurzarbeitergeld und Arbeitslosengeld I wegen Corona reduzieren das Elterngeld nicht und fließen auch bei der späteren Berechnung des Elterngeldes für ein weiteres Kind nicht mit ein. Um Nachteile bei der späteren Elterngeldberechnung auszugleichen, können werdende Eltern diese Monate auch von der Elterngeldberechnung ausnehmen.
  • Mütter und Väter, die in sog. systemrelevanten Berufen arbeiten und wegen der aktuellen Lage ihre Elterngeldmonate nicht nehmen können, sollen diese verschieben können. Dies betrifft Eltern, die bestimmten Berufsgruppen angehören, z.B. Pflegepersonal, Ärzte und Polizisten, und an ihrem Arbeitsplatz dringend benötigt werden. Sie können die Elterngeldmonate auch nach dem 14. Lebensmonat ihres Kindes nehmen, wenn die Situation gemeistert ist, spätestens zum Juni 2021. Die später genommenen Monate verringern bei einem weiteren Kind nicht die Höhe des Elterngeldes.
  • Eltern sollen den Partnerschaftsbonus nicht verlieren, wenn sie aufgrund der Corona-Krise aktuell mehr oder weniger arbeiten als geplant. Der Partnerschaftsbonus ist eine zusätzliche Leistung, die Mütter und Väter bekommen, die gleichzeitig Teilzeit arbeiten und sich die Kindererziehung teilen.

 

IV. Kapitalerträge

1. Aktien:
Zuteilung von Hewlett-Packard-Aktien per "Spin-off" nicht steuerpflichtig

Der Tausch oder Wandel von Aktien, bei dem die Kleinanleger nicht mitbestimmen können, ist für diese nicht immer vorteilhaft. Zum einen müssen sie mit wirtschaftlichen Nachteilen rechnen, zum anderen kann ein Tauschvorgang aber auch steuerlich nachteilig sein. Vor mehreren Finanzgerichten ging es nun um die Frage, ob Aktionäre von Hewlett-Packard, denen im Zuge eines so genannten "Spin offs" Aktien zugeteilt worden sind, eine "Sachausschüttung" versteuern müssen.

AKTUELL haben drei Finanzgerichte unisono entschieden, dass die Aktionäre der Hewlett-Packard Company (HPC) durch die Ausgabe der Aktien der Hewlett-Packard Enterprise Company (HPE) keine steuerpflichtigen Einkünfte erzielt haben (FG Düsseldorf, Urteil vom 29.1.2019, 13 K 2119/17 E; FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21.8.2019, 1 K 2295/17; FG München, Urteil vom 19.12.2019, 8 K 981/17). Exemplarisch soll hier die Entscheidung des FG Düsseldorf vorgestellt werden.

  • Der Fall: Die HPC führte im Jahr 2015 eine Kapitalmaßnahme durch. Zum 31.10.2015 änderte sie ihren Namen in Hewlett-Packard Incorporated (HPI). Anschließend übertrug sie zum 1.11.2015 ihr Unternehmenskundengeschäft im Wege eines so genannten "Spin-offs" auf eine Tochtergesellschaft, die HPE. Die Aktionäre erhielten für eine alte Aktie der HPC eine Aktie der umbenannten Gesellschaft HPI und zusätzlich eine Aktie der HPE. Für die Aktie der HPI wurde von einer internationalen Agentur eine neue internationale Wertpapiernummer (ISIN) erteilt. Im Streitfall war der Kläger Aktionär der HPC. Seine depotführende Bank behielt auf die Ausgabe der Aktien der HPE Kapitalertragsteuer ein. In seiner Einkommensteuererklärung machte der Kläger geltend, dass die von seiner Bank ausgestellte Steuerbescheinigung unzutreffend sei. Der Vorgang sei ein steuerfreier Aktiensplit. Das beklagte Finanzamt hielt die Besteuerung der Aktienzuteilung als steuerpflichtige Sachausschüttung für zutreffend. Dabei verwies es auf eine Verwaltungsanweisung des Bundesministeriums der Finanzen (BMF-Schreiben vom 20.3.2017, BStBl I 2017, 431).
  • Dieser Ansicht ist das FG Düsseldorf entgegengetreten und auch die anderen Finanzgerichte sind der Auffassung gefolgt. Danach ist die Zuteilung der Aktien der HPE kein steuerpflichtiger Vorgang. Anzuwenden seien die einkommensteuerrechtlichen Sondervorschriften für Kapitalmaßnahmen. Der von der HPI durchgeführte "Spin-off" sei eine Abspaltung im Sinne dieser Sondervorschriften. Diese Abspaltung löse im Zeitpunkt der Zuteilung der Aktien keine Besteuerung aus. Die Gerichte widersprachen der Auffassung der Finanzverwaltung, wonach bei einer Abspaltung von einem nicht im EU/EWR-Raum ansässigen Unternehmen die ISIN des abspaltenden Unternehmens erhalten bleiben müsse. Die Vergabe einer neuen ISIN für die lediglich umbenannte Gesellschaft hielten die Gerichte für unschädlich. Die Richter wiesen noch darauf hin, dass die Aktienzuteilung zu einem späteren Zeitpunkt steuerlich relevant werden könne. Eine abschließende steuerrechtliche Beurteilung des Vorgangs sei bei der Veräußerung der betreffenden Aktien vorzunehmen.

STEUERRAT: Die Urteile dürften auch für Kapitalmaßnahmen anderer Gesellschaften von Bedeutung sein. Anleger sollten daher die Besteuerung in ähnlichen Fällen nicht hinnehmen. Alle Finanzgerichte haben die Revision zugelassen, die zumindest in zwei Fällen (Düsseldorf, Rheinland-Pfalz) auch bereits vorliegt (VIII R 9/19 und VIII R 28/19).

Weitere Informationen: Abgeltungsteuer: Wie Beteiligungen besteuert werden

 

2. Bitcoins und Co.:
Sind Gewinne aus dem Verkauf überhaupt zu versteuern?

Kryptowährungen wie Bitcoin, Ethereum, Litecoin, IOTA u.a. sind digitale, anonyme, notenbankunabhängige Währungen. Viele wissen nicht wirklich, was genau das ist und wie sie funktionieren. Was allerdings weithin wahrgenommen wird, sind Pressemeldungen über extreme Wertsteigerungen und drastische Wertverluste. Die Frage ist, wie Gewinne und Verluste aus dem Handel mit Bitcoins und anderen Kryptowährungen steuerlich zu beurteilen sind.

Die Finanzverwaltung ist der Ansicht, dass Bitcoins bzw. allgemein Kryptowährungen Gegenstand eines privaten Veräußerungsgeschäfts gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG sein und "Veräußerungsgewinne" damit der Einkommensteuer unterliegen können (BT-Drucksache 17/14530 vom 9.8.2013, S. 40; ebenfalls BT-Drucksache 19/370 vom 5.1.2018, S. 21). Das bedeutet:

  • Der Tausch oder Rücktausch von Bitcoins in Euro oder eine andere Kryptowährung innerhalb eines Jahres nach der Anschaffung führt zu einem privaten Veräußerungsgeschäft gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Werden also Euros in Bitcoins umgetauscht, wird damit das Wirtschaftsgut "Bitcoin" angeschafft. Festhalten sollte man unbedingt den Anschaffungszeitpunkt, den Anschaffungspreis und die gekaufte Menge.
  • Werden Bitcoins innerhalb von 12 Monaten nach der Anschaffung wieder verkauft, d.h. in Euros umgetauscht, sind Gewinne in voller Höhe als "sonstige Einkünfte" gemäß § 22 Nr. 2 EStG mit dem individuellen Steuersatz zu versteuern. Abgeltungsteuer fällt darauf jedoch nicht an. Allerdings bleibt ein Gewinn steuerfrei, wenn er unterhalb der Freigrenze von 600 EUR bleibt. Verluste dürfen nur mit Gewinnen aus privaten Veräußerungsgeschäften verrechnet werden, und zwar durch Verlustausgleich im selben Jahr sowie durch Verlustabzug im Vorjahr und/oder in den Folgejahren. Anzugeben sind die Geschäfte in der "Anlage SO".
  • Erfolgt der Verkauf von Bitcoins nach Ablauf von 12 Monaten, sind Gewinne vollkommen steuerfrei und Verluste steuerlich unbeachtlich.
  • Werden Bitcoins nacheinander angeschafft und im selben Depot gehalten, gilt die "First in, first out"-Regel: Für die Berechnung der Spekulationsfrist und des Veräußerungsgewinns gelten die zuerst gekauften Bitcoins als zuerst verkauft (FinMin. Hamburg vom 11.12.2017, S 2256-2017/003-52).
  • Sollten aus der Bitcoin-Anlage als Einkunftsquelle zumindest in einem Jahr Zinserträge erzielt werden, verlängert sich die Spekulationsfrist von 1 Jahr auf 10 Jahre (§ 23 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 EStG).

AKTUELL hat das Finanzgericht Nürnberg Zweifel an der Auffassung der Finanzverwaltung angemeldet. Zwar liegt nur ein Beschluss in einem so genannten Aussetzungsverfahren vor; die Entscheidung in der Hauptsache steht also noch aus. Allerdings weisen die Richter darauf hin, dass der Bundesfinanzhof bislang noch nicht über die steuerliche Behandlung von Kryptowährungen entschieden habe. Daher bestünden an der Rechtmäßigkeit der Besteuerung von Kryptowährungen erhebliche Zweifel, die eine Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Steuerbescheides rechtfertigen würden (FG Nürnberg, Beschluss vom 8.4.2020, 3 V 1239/19).

STEUERRAT: Legen Sie gegen Bescheide, in denen Gewinne aus Kryptowährungen besteuert werden, Einspruch ein und weisen Sie auf das aktuelle Verfahren hin. Mit ein wenig Glück wird das Finanzamt Ihr Verfahren ruhen lassen, bis das FG Nürnberg und später möglicherweise der BFH entschieden haben. Zugegebenermaßen ist die Wahrscheinlichkeit, dass der BFH die Gewinne aus Kryptowährungen tatsächlich unbesteuert lässt, aber nicht sehr hoch, zumal er erst kürzlich selbst Gewinne aus dem Verkauf von Fußballtickets als steuerpflichtig angesehen hat (BFH-Urteil vom 29.10.2019, IX R 10/18; vgl. SteuerSparbrief Mai 2020).

Zu guter Letzt noch eine kleine Anekdote: Die Nürnberger Finanzrichter konnten sich einen Seitenhieb auf eine anderslautende Entscheidung des FG Baden-Württemberg vom 2.3.2018 (Az. 13 V 13100/19) nicht verkneifen. Sie schreiben doch tatsächlich: "Letztlich sollte bei der Qualifizierung einer Kryptowährung als Wirtschaftsgut schon möglichst klar sein ... worüber man eigentlich entscheidet." Die Richterkollegen aus Baden-Württemberg hatten offenbar Bitcoins und Ethereum ein wenig durcheinandergebracht.

Weitere Informationen: Bitcoins: Wie Kryptowährungen steuerlich behandelt werden

 

V. Eigenheim und Vermietung

1. Scheidung:
Spekulationssteuer bei Übertragung einer Immobilie auf Ex-Gatten

Wird eine Immobilie im Rahmen einer Scheidung auf den Ex-Gatten übertragen, um den Zugewinn auszugleichen, so wird dies steuerlich wie eine Veräußerung gesehen (BFH-Beschluss vom 30.7.1998, X B 92/98; FG Köln vom 30.4.2003, EFG 2003 S. 1146). Wenn zwischen dem Erwerb und der Übertragung einer vermieteten Immobilie nicht mehr als zehn Jahre vergangen sind, kann dieser Vorgang mithin die "Spekulationssteuer" auslösen.

AKTUELL hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass ein Rechtsanwalt seinen Mandanten bzw. seine Mandantin im Zusammenhang mit einer Scheidungsfolgenvereinbarung darauf hinzuweisen hat, steuerlichen Rat einzuholen, wenn sich wegen der Übertragung von Grundeigentum eine steuerliche Belastung aufdrängen kann und er selbst zu einer steuerrechtlichen Beratung nicht bereit oder imstande ist (BGH-Urteil vom 9.1.2020, IX ZR 61/19).

  • Der Fall: Die Klägerin traf Ende 2011 mit ihrem Ehemann eine notariell beurkundete Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung. Danach verpflichtete sich die Klägerin, an ihren Ehemann zur Abgeltung des Zugewinnausgleichs neben einer Zahlung von 40.000 EUR ein Mietshaus zu übereignen. Bei Abschluss der Vereinbarung wurde die Klägerin, die Eigentümerin eines weiteren Mietshauses ist, von ihrem Rechtsanwalt beraten. Nach Umsetzung der Vereinbarung stellte das Finanzamt einen "Veräußerungsgewinn" über 95.976 EUR fest und forderte von der Ex-Ehefrau eine hohe Steuernachzahlung (§ 22 Nr. 2, § 23 EStG). Dabei wäre die steuerliche Belastung vermeidbar gewesen, wenn die Klägerin das andere ihr gehörende Mietshaus, für das die Spekulationsfrist bereits abgelaufen war, ihrem Ehemann übereignet hätte. Die Klägerin verlangte daraufhin von ihrem Rechtsanwalt die Erstattung des Steuerbetrages sowie der Kosten eines von ihr eingeholten Sachverständigengutachtens.
  • Der BGH hat der Klägerin dem Grunde nach recht gegeben. Ihr Anwalt hätte hier erkennen können und müssen, dass die Übertragung eines Mietshauses im Rahmen einer Scheidungsfolgenvereinbarung nachteilige steuerliche Auswirkungen für die von ihm beratene Mandantin haben konnte. Er war demnach verpflichtet, die Klägerin auf die Notwendigkeit der Einschaltung eines steuerlichen Beraters hinzuweisen.
  • Allerdings hat die Steuerzahlerin nur einen Teilsieg errungen: Der BGH hat die Sache an die Vorinstanz zurückverwiesen. Diese muss nun klären, ob der Ehemann mit der Übereignung des anderen Mietshauses überhaupt einverstanden gewesen wäre, ob sich also überhaupt ein anderer Sachverhalt ergeben hätte.

STEUERRAT: Die Übertragung eines vermieteten Gebäudes ist erst nach Ablauf von zehn Jahren steuerfrei möglich. Hingegen entsteht bei der Übertragung einer selbstgenutzten Wohnung auch innerhalb der ersten zehn Jahre kein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn - eben wegen der Selbstnutzung. Doch falls der Eigentümer vor der Scheidung aus der Wohnung ausgezogen ist, endet die Selbstnutzung. Die unentgeltliche Überlassung an den Ex-Gatten ist nämlich keine Selbstnutzung mehr (BMF-Schreiben vom 5.10.2000, BStBl. 2000 I S. 1383, Tz. 23). Und deshalb kann in diesem Fall bei Übertragung innerhalb von zehn Jahren ein Veräußerungsgewinn in Betracht kommen, der zu versteuern wäre.

Weitere Informationen: Steuerrat für Geschiedene und dauernd Getrenntlebende

 

2. Finanzierung von Immobilien:
Baukosten unbedingt frühzeitig aufteilen

Beim Erwerb oder der Herstellung eines teilweise vermieteten und teilweise selbstgenutzten Gebäudes kann eine geschickte Zuordnung der Darlehen und der Eigenmittel enorme Steuervorteile bringen.

Beispiel:
Die Eheleute Heinzmann errichten ein Zweifamilienhaus mit zwei gleich großen Wohnungen zum Preis von 300.000 EUR. Die Wohnung im Obergeschoss wird vermietet und die Wohnung im Erdgeschoss selbst genutzt. Die Ehegatten haben 150.000 EUR Eigenmittel und müssen somit eine Hypothek von 150.000 EUR aufnehmen. Bei rechtzeitiger Gestaltung darf das Darlehen - steuerlich zulässig - allein der vermieteten Wohnung zugeordnet werden. Folge: Die Darlehenszinsen können voll als Werbungskosten abgezogen werden.

Doch bei dem Modell ist einiges zu beachten:

  • Betreffen Rechnungen ausschließlich einen bestimmten Gebäudeteil (z.B. Aufwendungen für Bodenbeläge, Malerarbeiten oder Sanitärinstallationen in einer einzelnen Wohnung), sind die Kosten diesem Gebäudeteil gesondert zuzuordnen. Diese Kosten müssen entweder durch den Unternehmer gesondert abgerechnet oder durch den Steuerpflichtigen in einer gleichartigen Aufstellung gesondert aufgeteilt und ausgewiesen werden, und zwar in der Bauphase und nicht erst im Nachgang.
  • Betreffen Kosten das Gesamtgebäude (z.B. Aufwendungen für den Aushub der Baugrube, den Rohbau, die Dacheindeckung, den Außenanstrich), sind sie den einzelnen Gebäudeteilen nach dem Verhältnis der Wohn-/Nutzflächen anteilig zuzuordnen. Dies gilt auch, wenn die Kosten für die Errichtung des gesamten Gebäudes einheitlich abgerechnet werden, ohne die auf die jeweiligen Gebäudeteile entfallenden Kosten gesondert auszuweisen. Auch hier gilt, dass eine frühzeitige Zuordnung erforderlich ist.
  • Alsdann muss ein "wirtschaftlicher Zusammenhang" zwischen den jeweiligen Gebäudeteilen und den Fremdmitteln einerseits und den Eigenmitteln andererseits hergestellt werden.
  • Von einem solchen Zusammenhang mit den jeweiligen Aufwendungen und Gebäudeteilen ist auszugehen, wenn Sie ein Baukonto (Konto Nr. 1) ausschließlich mit Darlehensmitteln ausstatten und die Herstellungskosten der vermieteten Wohnung zu Lasten dieses Kontos bezahlt werden. Sie sollten ein weiteres Konto (Konto Nr. 2) einrichten, in das Sie Ihre Eigenmittel einbringen, und davon die Kosten der selbst genutzten Wohnung bezahlen. Falls die eigengenutzte Wohnung nicht voll mit Eigenmitteln finanziert werden kann, ist hierfür ggf. ein gesondertes Darlehen aufzunehmen. Jede Vermengung von Eigen- und Fremdmitteln oder der Kosten der beiden Gebäudeteile muss vermieden werden. Es muss leicht und einwandfrei nachprüfbar sein, mit welchen Mitteln welcher Gebäudeteil finanziert worden ist - und zwar anhand objektiver und nicht nur rein gedanklicher Kriterien.

Versäumen Sie es, die Kosten auf diese Weise zu trennen und separat mit Fremd- oder Eigenmitteln zu finanzieren, sind die Schuldzinsen nach dem Verhältnis der Baukosten der einzelnen Gebäudeteile schätzungsweise aufzuteilen.

Nun haben viele Hausbesitzer bei dem genannten Gestaltungsmodell in der Vergangenheit Fehler begangen, etwa indem sie keine getrennten Konten geführt haben, sondern Fremd- und Eigenmittel auf ein einheitliches Baukonto gegangen sind und die Rechnungen dann jeweils in einem Betrag bezahlt worden sind. Es stellte sich daher die Frage, ob der Fehler geheilt werden kann, indem später in einer separaten Übersicht dargelegt wird, wie sich die Eigen- und Fremdmittel auf die jeweiligen Baukosten verteilen.

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof jedoch entschieden, dass ein solcher Fehler nicht geheilt werden kann (BFH-Urteil vom 4.2.2020, IX R 1/18). Es gilt:

  • Ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Schuldzinsen und den Herstellungskosten von bestimmten Gebäudeteilen liegt nur vor, wenn die Herstellungskosten der jeweiligen Gebäudeteile getrennt ermittelt und entsprechend ausgewiesen werden und der Häuslebauer sodann mit den Darlehensmitteln tatsächlich jene Aufwendungen begleicht, die der Herstellung des zur Vermietung bestimmten Gebäudeteils konkret zuzurechnen sind.
  • Werden die Darlehensmittel demgegenüber zusammen mit Eigenmitteln sowie auf einem einheitlichen Baukonto vorgehalten, tritt eine Vermischung von Darlehensmitteln mit Eigenmitteln des Steuerpflichtigen ein, welche eine gezielte Zuordnung des Darlehens zu dem zur späteren Fremdvermietung bestimmten Gebäudeteil ausschließt. Es fehlt überdies an der erforderlichen objektbezogenen Aufteilung der Kosten und Zahlung entsprechend der Darlehenszuordnung.

STEUERRAT: Bereits mit Urteil vom 12.3.2019 (IX R 2/18) hat der BFH entschieden, dass der Fehler der "Geldvermischung" nicht rückwirkend geheilt werden kann. In dem Urteilsfall ging es zwar nicht um die Herstellung, sondern um den Kauf eines Gebäudes. Doch auch hier gilt: Der tatsächliche Vorgang der seinerzeitigen Zahlung lasse sich weder durch eine Umschuldungsmaßnahme noch durch eine Rückabwicklung der betreffenden Kredite ungeschehen machen. Eine rein gedankliche Aufteilung der Fremd- und Eigenmittel reicht nicht aus (vgl. SteuerSparbrief Oktober 2019). Es kann also von einer gesicherten Rechtsprechung ausgegangen werden. Andererseits hat der BFH nun mehrfach bestätigt, dass das Gestaltungsmodell anzuerkennen ist - nur dürfen halt keine Fehler geschehen.

Weitere Informationen: Vermietung: Finanzierungskosten

 

VI. Renten und Pensionen

1. Rentenerhöhung 2020:
Ordentliche Steigerung trotz Corona-Krise

Zum 1.7.2020 steigen die Renten im Westen um 3,45 % und im Osten um 4,20 %. Damit steigen der aktuelle Rentenwert von gegenwärtig 33,05 Euro auf 34,19 Euro und der aktuelle Rentenwert (Ost) von gegenwärtig 31,89 EUR auf 33,23 EUR. Der aktuelle Rentenwert (Ost) steigt damit auf 97,2 % des aktuellen Rentenwerts West (bisher: 96,5 %). Das Rentenniveau beträgt 48,21 %.

  • Grundlage für die Rentenanpassung ist die Lohnentwicklung. Die relevante Lohnsteigerung beträgt 3,28 % in den alten Ländern und 3,83 % in den neuen Ländern. Sie basiert auf der vom Statistischen Bundesamt gemeldeten Lohnentwicklung nach den volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR), wobei der Einfluss der Arbeitsgelegenheiten mit Entschädigungen für Mehraufwendungen ("Ein-Euro-Jobs") außer Acht bleibt. Darüber hinaus wird die beitragspflichtige Entgeltentwicklung der Versicherten berücksichtigt, die für die Einnahmensituation der gesetzlichen Rentenversicherung entscheidend ist.
  • Nachhaltigkeitsfaktor: Neben der Lohnentwicklung wird durch den Nachhaltigkeitsfaktor die Entwicklung des zahlenmäßigen Verhältnisses von Rentenbeziehenden zu Beitragszahlenden bei der Anpassung der Renten berücksichtigt. In diesem Jahr wirkt sich der Nachhaltigkeitsfaktor mit +0,17 Prozentpunkten leicht positiv auf die Rentenanpassung aus.
  • Faktor Altersvorsorge: Damit wird die Veränderung der Aufwendungen der Arbeitnehmer beim Aufbau ihrer Altersvorsorge auf die Anpassung der Renten übertragen. Da der Beitragssatz in der allgemeinen Rentenversicherung des Jahres 2018 (18,6 %) gegenüber dem Jahr 2019 (18,6 %) unverändert geblieben ist und die sog. "Riester-Treppe" seit 2014 nicht mehr zur Anwendung kommt, wirkt sich der Faktor Altersvorsorgeaufwendungen in diesem Jahr nicht auf die Rentenanpassung aus.
  • Angleichung Ost: Bei der Rentenanpassung für die neuen Bundesländer sind die im Rentenüberleitungs-Abschlussgesetz festgelegten Angleichungsschritte relevant. In diesem Jahr ist der aktuelle Rentenwert (Ost) mindestens so anzupassen, dass er 97,2 % des Westwerts erreicht. Mit dieser Angleichungsstufe fällt die Rentenanpassung Ost höher aus, als nach der tatsächlichen Lohnentwicklung Ost.

Corona-Krise im Jahre 2020: Gemäß Rentenformel folgt die jährliche Rentenanpassung der Lohnentwicklung des vergangenen Jahres. Die Rentenerhöhung 2020 spiegelt denn auch die gute Einkommensentwicklung im Jahr 2019 wider. Für das Krisenjahr 2020 wird jedoch mit einem kräftigen Rückgang der Löhne gerechnet, zumal für rund zehn Millionen Arbeitnehmer Kurzarbeit angemeldet wurde und die Arbeitslosigkeit bereits stark steigt. Doch eine 2009 eingeführte Rentengarantie sorgt dafür, dass den Ruheständlern selbst bei schrumpfenden Lohneinkünften im Folgejahr keine Kürzung droht.

Diese Rentengarantie sah ursprünglich vor, dass die Einsparungen in den Folgejahren nachgeholt werden. So geschah es etwa nach der Finanzkrise 2008, als die Rentengarantie die Älteren zunächst vor Einbußen schützte, sie in den Folgejahren ab 2011 dann aber doch an den Folgen der Krise beteiligte - über geringere Rentenanpassungen. Diesen Nachholfaktor hat die große Koalition mit ihrem letzten Rentenpaket im Jahr 2018 jedoch außer Kraft gesetzt. Mit der Einführung einer "doppelten Haltelinie" beim Rentenniveau und beim Beitragssatz haben SPD und Union sichergestellt, dass die Rentner zwar voll am Aufschwung, aber nun überhaupt nicht mehr am Abschwung beteiligt werden.

 

2. Waisenrenten:
Bezug auch bei längeren Übergangszeiträumen

Für Waisen zwischen dem 18. und dem 27. Lebensjahr wird Waisenrente in der gesetzlichen Rentenversicherung, in der gesetzlichen Unfallversicherung und in der Alterssicherung der Landwirte - anders als bei minderjährigen Waisen - nur bei Vorliegen zusätzlicher Voraussetzungen erbracht. So wird die Waisenrente zum Beispiel im Falle der Schul- oder Berufsausbildung oder auch in einem Übergangszeitraum von höchstens vier Monaten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten weiter gezahlt. Wegen der Corona-Maßnahmen kann es passieren, dass Schul- oder Berufsausbildungen zunächst nicht begonnen werden können oder sich die Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten verlängert.

AKTUELL wird durch das "Zweite Sozialschutz-Paket-Gesetz" geregelt, dass Waisenrenten weitergezahlt werden, wenn bedingt durch die Corona-Pandemie Ausbildungen und Freiwilligendienste später als üblich beginnen. So soll "vermieden werden, dass die Corona-Maßnahmen zu Nachteilen bei Waisenrentenberechtigten führen" (§ 304 Abs. 2 SGB VI und § 218g SGB VII sowie § 87d ALG). Dieses Gesetz hat der Bundestag am 15.5.2020 beschlossen.

 

3. Berufsunfähigkeitsversicherung:
Abfindungen und Vergleichszahlungen sind steuerfrei

Für den Fall der Berufsunfähigkeit wird häufig eine private Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen, entweder als selbstständige Versicherung oder als Zusatzversicherung zu einer Lebensversicherung. Bei Eintritt der Berufsunfähigkeit wird dann eine Rente gezahlt, und zwar so lange, wie die versicherte Person lebt und berufsunfähig ist, längstens bis zum Ablauf des Versicherungsvertrages.

Die private Berufsunfähigkeitsrente wird steuerlich als "abgekürzte Leibrente" behandelt. Wegen der begrenzten Laufzeit wird hier der steuerpflichtige Ertragsanteil anders berechnet als für lebenslängliche Leibrenten. Da die Beiträge aus versteuertem Einkommen aufgebracht wurden, wird die Rente mit dem besonderen Ertragsanteil nach § 55 EStDV als "sonstige Einkünfte" versteuert. Die Höhe des Ertragsanteils hängt hier nicht vom Alter bei Rentenbeginn ab, sondern richtet sich nach der Dauer der Rentenzahlung (§ 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb Satz 5 EStG i.V.m. § 55 Abs. 2 EStDV).

Bei Eintritt des Versicherungsfalls bieten Versicherungsunternehmen oftmals den betroffenen Versicherungsnehmern eine Abfindung bzw. Vergleichszahlung in einem Einmalbetrag gegen Beendigung des Versicherungsverhältnisses an. Nimmt der Versicherte dieses Angebot an, stellt sich die Frage, ob diese Einmalzahlung ebenfalls mit dem Ertragsanteil zu versteuern ist. Die Finanzämter bejahen diese Frage natürlich und besteuern solche Ausgleichszahlungen als sonstige Einkünfte (nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG).

AKTUELL hat die Finanzverwaltung zugunsten der Betroffenen beschlossen, dass derartige Vergleichs- bzw. Abstandszahlungen aus dem bestehenden Vertrag einer Berufsunfähigkeitsversicherung keine steuerbare Leistung i.S.d. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG darstellen. Vergleichs- bzw. Abstandszahlungen im Zusammenhang mit Berufsunfähigkeitsversicherungen sind nicht einkommensteuerbar (FinMin. Schleswig-Holstein vom 26.11.2019, VI 303-S 2255-212, ESt-Kurzinformation Nr. 2019/23; Landesamt für Steuern Niedersachsen vom 17.10.2019).

Da solche Abfindungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung lt. Finanzverwaltung "nicht einkommensteuerbar" sind, gelten sie auch nicht als außerordentliche Einkünfte gemäß § 34 EStG - und sind folglich auch nicht mit dem ermäßigten Steuersatz aufgrund der Fünftelregelung zu versteuern.

STEUERRAT: Dasselbe gilt ebenfalls für Abstandszahlungen, die eine Versicherung nach einem Prozess im Wege eines geschlossenen Vergleichs an den Versicherungsnehmer zur Vertragsbeendigung und zur Aufgabe weiterer Ansprüche aus dem Versicherungsverhältnis leistet. Auch hier liegen nicht steuerbare Zahlungen vor.

Versorgungsbezüge: Sterbegeld aus Pensionskasse an die Erben steuerpflichtig

In der betrieblichen Altersversorgung wird eine Hinterbliebenenversorgung (Kapital, Beitragsrückgewähr oder Rente) nur an den Ehepartner, den eingetragenen Lebenspartner, den namentlich benannten Lebensgefährten oder die waisenrentenberechtigten Kinder ausgezahlt. Sind keine der genannten Hinterbliebenen vorhanden, wird ein sog. Sterbegeld an die Erben geleistet, das auf einen bestimmten Betrag, z.B. 8.000 EUR, begrenzt ist.

Die Frage ist, wie die Besteuerung erfolgt. Man könnte annehmen, dass das Sterbegeld von der Einkommensbesteuerung auszunehmen sei. Die Vorschrift des § 22 EStG gelte nur für Vertragspartner des Versicherungsvertrages, nicht aber für bloße Gesamtrechtsnachfolger. Für diese seien allein die Vorschriften des Erbschaftsteuergesetzes maßgebend. Die Erben hätten keine Einkünfte bezogen, sondern einen Nachlass erhalten.

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass das Sterbegeld von einer Pensionskasse, das an andere Personen als die genannten Hinterbliebenen gezahlt wird, auch bei den Erben als "sonstige Einkünfte" steuerpflichtig ist (gemäß § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG). Bei der Einmalzahlung handelt es sich um einen Anspruch gegen die Pensionskasse, der durch Beiträge entstanden war, die gemäß § 3 Nr. 63 EStG steuerfrei waren. Da die Aufwendungen folglich einkommensteuerlich entlastet waren, sind die entsprechenden Leistungen der Pensionskasse "nachgelagert" zu besteuern. Ob die Zahlung an die im Vertrag benannten Begünstigten oder an die Erben erfolge, sei nicht maßgeblich. Entscheidend sei allein der Vorsorgevertrag. Das Sterbegeld ist auch dann einkommensteuerpflichtig, wenn es gleichzeitig bei der Erbschaftsteuer erfasst wird. Denn mittels der Ermäßigungsvorschrift des § 35b EStG kann eine Doppelbesteuerung ausgeglichen werden (BFH-Urteil vom 5.11.2019, X R 38/18).

Der Fall: Den Eheleuten war nach dem Tod ihres Sohnes von einer Pensionskasse ein Sterbegeld ausgezahlt worden. Der Auszahlung lag ein Versicherungsvertrag zugrunde, der ursprünglich von einem ehemaligen Arbeitgeber des Sohnes im Rahmen einer betrieblichen Altersversorgung abgeschlossen worden war. Nach einem Arbeitgeberwechsel hatte der Sohn die Versicherung übernommen. Im Versicherungsvertrag waren als Bezugsberechtigte im Todesfall die "Hinterbliebenen" - also der Ehegatte, Lebenspartner, Lebensgefährtin und Kinder - bestimmt. Im Jahr 2012 verstarb der Sohn. Er hinterließ keine "Hinterbliebenen" und wurde von seinen Eltern beerbt. Die Pensionskasse zahlte an die Eltern die Versicherungsleistung begrenzt auf ein Sterbegeld i.H.v. 8.000 EUR aus. Das Finanzamt sah in der Auszahlung einkommensteuerpflichtige sonstige Einkünfte der Eltern und unterwarf sie der Einkommensbesteuerung. Der BFH hat die Auffassung des Finanzamts bestätigt, dass die Auszahlung als eine Leistung aus einem Altersvorsorgevertrag zu besteuern ist.

Versorgungsbezüge: Sterbegeld aus einem Versorgungswerk steuerpflichtig

Ein einmaliges Sterbegeld, das ein berufsständisches Versorgungswerk neben der laufenden Hinterbliebenenrente an den überlebenden Ehegatten des Mitglieds zahlt, unterliegt als "andere Leistung" mit dem Besteuerungsanteil gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG der Einkommensteuer (BFH-Urteil vom 23.11.2016, X R 13/14).

Ebenfalls hat der BFH geklärt, dass das Sterbegeld nicht als "Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten" mit dem ermäßigten Steuersatz mittels Fünftelregelung begünstigt ist (gemäß § 34 EStG). Denn Sterbegelder stellen lediglich untergeordnete Zusatzleistungen zu den laufenden Rentenbezügen dar und sind daher - anders als Kapitalauszahlungen - nicht als Fremdkörper im Leistungskatalog der Basisversorgung anzusehen. Hinzu kommt, dass Sterbegelder aus der Basisversorgung typischerweise nicht so hoch ausfallen, dass sie zu Progressionsnachteilen führen.

Versorgungsbezüge: Sterbegeld aus der Beamtenversorgung steuerfrei?

Sterbegeld für Beamte ist eine Versorgung ihrer Hinterbliebenen im Todesfall. Beim Tod von Beamten bzw. Ruhestandsbeamten (Pensionären) erhalten der überlebende Ehegatte und die Kinder ein Sterbegeld in zweifacher Höhe der monatlichen Dienstbezüge bzw. Pension. Die Frage ist, ob das Sterbegeld als Bezüge aus früheren Dienstleistungen gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 2 EStG steuerpflichtig ist oder ob es als eine der Beihilfe vergleichbare, zweckgebundene Leistung zur Deckung der Beerdigungskosten anzusehen und daher § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei ist.

Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg hatte im Jahre 2019 entschieden, dass das Sterbegeld aus der Beamtenversorgung steuerfrei ist. Zwar handele es sich beim ausgezahlten Sterbegeld um Bezüge aus früheren Dienstleistungen gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 2 EStG, dennoch sei die Steuerbefreiungsvorschrift des § 3 Nr. 11 EStG anzuwenden. Denn es seien Bezüge aus öffentlichen Mitteln, die wegen Hilfsbedürftigkeit bewilligt werden (FG Berlin-Brandenburg vom 16.1.2019, 11 K 11160/18).

Gegen diese Entscheidung ist derzeit immer noch die Revision vor dem BFH anhängig unter dem Aktenzeichen VI R 8/19. Auf das Ergebnis darf man gespannt sein. Wir werden darüber berichten.

STEUERRAT: Da höchstrichterlich noch nicht entschieden ist, ob das Sterbegeld, welches aufgrund der beamtenrechtlichen Vorschriften zur Hinterbliebenenversorgung gewährt wird, nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei ist, sollten vergleichbare Fälle offen gehalten werden, bis der BFH entschieden hat.

 

4. Vorgezogene Rente:
Aufwandsentschädigungen aus Ehrenamt anrechnungsfrei

Bei vorzeitigen Altersrenten und Erwerbsminderungsrenten vor der Regelaltersgrenze (65 Jahre plus x Monate) darf der Hinzuverdienst nicht mehr als 6.300 EUR im Kalenderjahr betragen. Erfasst werden auch Aufwandsentschädigungen für Ehrenämter. Sofern dadurch die Hinzuverdienstgrenze überschritten wird, führt dies zur Minderung oder sogar zum Verlust der Rente. Damit die Bereitschaft von Frührentnern zur Übernahme eines Ehrenamtes nicht leidet, bleiben bestimmte Aufwandsentschädigungen als Hinzuverdienst außer Betracht. Die Ausnahmeregelung gilt bezüglich der Aufwandsentschädigungen für

  • kommunale Ehrenbeamte, z.B. ehrenamtliche Bürgermeister, Beigeordnete, Ortsvorsteher.
  • ehrenamtlich Tätige in kommunalen Vertretungskörperschaften, z.B. Mitglieder im Stadtrat, Kreistag, Verbandsgemeinde- oder Gemeinderat.
  • Mitglieder der Selbstverwaltungsorgane, Versichertenälteste und Vertrauenspersonen der Sozialversicherungsträger (§ 41 SGB IV).

Solche Aufwandsentschädigungen bleiben aufgrund einer Übergangsregelung noch bis zum 30.9.2020 außer Betracht, soweit kein konkreter Verdienstausfall ersetzt wird. Dies gilt sowohl für Bestandsrentner als auch für neue Rentner mit vorzeitiger Altersrente oder Erwerbsminderungsrente (§ 302 Abs. 7 SGB VI und § 313 Abs. 8 SGB VI, eingefügt durch das "Gesetz zur Verbesserung der Leistungen bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und zur Änderung anderer Gesetze" - EM-Leistungsverbesserungsgesetz vom 17.7.2017).

AKTUELL wird die Übergangsregelung um zwei weitere Jahre bis zum 30.9.2022 verlängert. Einkünfte ehrenamtlich tätiger Kommunalpolitiker, die bereits eine vorgezogene Altersrente beziehen, werden weiterhin nicht auf ihre Rente angerechnet. Das sei ein wichtiges Signal an die ehrenamtlichen Amts- und Mandatsträger in den Kommunen, dass ihre Arbeit im Besonderen geschätzt und das kommunale Ehrenamt nicht durch das Rentenrecht unattraktiv gemacht wird (§ 302 Abs. 7 und § 313 Abs. 8 SGB VI, geändert durch das "Siebte Gesetz zur Änderung des SGB IV und anderer Gesetze").

 

VII. Selbstständige

1. Verlustabzug:
Steuererleichterung durch unterjährigen Verlustabzug

Viele Unternehmer, Selbstständige, Freiberufler, Landwirte und Vermieter erwarten aufgrund der Corona-Krise für das Jahr 2020 einen Verlust, den sie dann im kommenden Jahr im Rahmen der Steuerveranlagung in das Jahr 2019 zurücktragen können (Verlustrücktrag gemäß § 10d Abs. 1 EStG).

AKTUELL gewährt der Fiskus eine Liquiditätshilfe in Form einer Steuererleichterung: Um für die steuerliche Berücksichtigung ihrer Verluste nicht bis zum kommenden Jahr warten zu müssen, können die Unternehmer und Selbstständigen bereits jetzt einen unterjährigen Verlustrücktrag beantragen und so die für 2019 geleisteten Vorauszahlungen zur Einkommen- oder Körperschaftsteuer nachträglich herabsetzen lassen. Damit können sie ihre Steuerlast aus dem Vorjahr schmälern, indem sie den Verlust aus der aktuellen Periode mit dem Gewinn aus der vergangenen Periode verrechnen (BMF-Schreiben vom 24.4.2020, IV C 8-S 2225/20/10003).

  • Antrag: Die Inanspruchnahme des pauschal ermittelten Verlustrücktrags aus 2020 zur nachträglichen Herabsetzung der Vorauszahlungen für 2019 erfolgt nur auf Antrag. Der Antrag ist schriftlich oder elektronisch (z.B. mittels ELSTER) bei dem für die Festsetzung der Einkommensteuer bzw. Körperschaftsteuer zuständigen Finanzamt zu stellen. Der Antrag auf Herabsetzung der Vorauszahlungen im pauschalierten Verfahren kann gleichzeitig mit dem Antrag auf Herabsetzung der Vorauszahlungen für 2020 gestellt werden.
  • Antragsberechtigte: Der pauschal ermittelte Verlustrücktrag aus 2020 kann nur von einkommensteuer- oder körperschaftsteuerpflichtigen Personen in Anspruch genommen werden, die im Laufe des Jahres 2020 Gewinneinkünfte oder Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielen. Das Erzielen von Einkünften anderer Einkunftsarten neben den vorgenannten Einkünften ist für die Inanspruchnahme des pauschal ermittelten Verlustrücktrags aus 2020 unschädlich.
  • Negative Betroffenheit: Der Antragsteller muss von der Corona-Krise unmittelbar und nicht unerheblich negativ betroffen sein. Es kann regelmäßig von einer Betroffenheit ausgegangen werden, wenn die Vorauszahlungen für 2020 auf null Euro herabgesetzt wurden und der Steuerpflichtige versichert, dass er für das Jahr 2020 aufgrund der Corona-Krise eine nicht unerhebliche negative Summe der Einkünfte erwartet.
  • Pauschal ermittelter Verlustrücktrag: Der pauschal ermittelte Verlustrücktrag aus 2020 beträgt 15 Prozent des Saldos der maßgeblichen Gewinneinkünfte und/oder der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, welche der Festsetzung der Vorauszahlungen für 2019 zugrunde gelegt wurden. Er ist bis zu einem Betrag von 1.000.000 EUR bzw. bei Zusammenveranlagung von 2.000.000 EUR abzuziehen. Die Vorauszahlungen für 2019 sind unter Berücksichtigung des pauschal ermittelten Verlustrücktrags aus 2020 neu zu berechnen und festzusetzen. Eine Änderung der Festsetzung der Vorauszahlungen führt zu einem Erstattungsanspruch.

 

2. Umsatzsteuer:
Rückzahlung von geleisteten USt-Sondervorauszahlungen

Die Finanzämter zahlen den Unternehmen auf Antrag Umsatzsteuer-Sondervorauszahlungen, die bereits für das Jahr 2020 geleistet wurden, wieder zurück (BMF-FAQ vom 8.4.2020; FinMin. Hessen vom 19.3.2020; FinMin. Bayern vom 23.3.2020; FinMin. Brandenburg vom 24.3.2020).

Grundsätzlich müssen Unternehmer nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums bis zum 10. des Folgemonats ihre Umsatzsteuer-Voranmeldungen an das Finanzamt übermitteln. Auf Antrag kann den Unternehmen eine Dauerfristverlängerung um einen Monat gewährt werden. Bei Unternehmen mit monatlichem Voranmeldungszeitraum ist dies jedoch von der Leistung einer Sondervorauszahlung abhängig. Diese beträgt 1/11 der Summe der Vorauszahlungen für das vorangegangene Kalenderjahr und wird bei der letzten Voranmeldung des Jahres angerechnet. Zur Schaffung von Liquidität soll diese Sondervorauszahlung den Unternehmen wieder zur Verfügung gestellt werden.

STEUERRAT: Der Antrag kann formlos oder über ELSTER gestellt werden. Der einfachste und schnellste Weg zur Herabsetzung der Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung 2020 besteht in der Übermittlung einer berichtigten Anmeldung via ELSTER entsprechend des Vordrucks "USt 1 H" (Wert 1 in Zeile 22) mit dem Wert "0" in der Zeile 24.

Hier gibt es eine Anleitung für den Antrag auf Rückzahlung der USt-Sondervorauszahlung.

 

3. Umsatzsteuer:
Ermäßigter Umsatzsteuersatz für die Gastronomie

Bisher gilt für Speisen, die in einem Restaurant, einem Café oder einer Bar verzehrt werden, eine Belastung mit 19 Prozent Umsatzsteuer. Für Gerichte, die der Gast mitnimmt oder nach Hause bestellt, fallen in der Regel nur 7 Prozent an.

AKTUELL wird mit dem "Corona-Steuerhilfegesetz" im Zeitraum vom 1.7.2020 bis zum 30.6.2021 in der Gastronomie für Speisen der Umsatzsteuersatz von 7 Prozent angewandt. Dies gilt für "erbrachte Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen mit Ausnahme der Abgabe von Getränken". In Summe bedeutet die Steuersenkung eine Entlastung von 2,7 Mrd. Euro (§ 12 Abs. 2 Nr. 15 UStG).

Die neue Regelung hat auch einen Vereinfachungseffekt, weil Gastwirte dann nicht mehr zwischen Speisen zum Mitnehmen und Restaurantleistungen unterscheiden müssen, die bisher unterschiedlich abgerechnet wurden. Von der Steuersenkung profitieren auch andere Bereiche, wie Cateringunternehmen, der Lebensmitteleinzelhandel, Bäckereien und Metzgereien, soweit sie mit der Abgabe verzehrfertig zubereiteter Speisen bislang Umsätze zum normalen Umsatzsteuersatz erbracht haben.

 

4. Umsatzsteuer:
Rechnungen können mit Rückwirkung berichtigt werden

Rechnungen müssen nach dem Willen der Finanzverwaltung sehr detailliert sein und den Rechnungsempfänger genau benennen. Anderenfalls kann es geschehen, dass eine Betriebsprüfung den Vorsteuerabzug aus den Rechnungen versagt. Das ist besonders misslich, wenn zwischen der Ausstellung der Rechnung und der Streichung durch das Finanzamt viele Jahre vergangen sind. Denn selbst wenn die Rechnung vom Aussteller korrigiert wird, erkennt der Fiskus diese zumeist nicht rückwirkend an, sondern erst ab dem Berichtigungszeitpunkt. Das heißt: Dem Empfänger wird der Vorsteuerabzug, z.B. des Jahres 2016, zunächst gekürzt, um ihn dann im zweiten Schritt erst im Jahre 2020 wieder zu gewähren. Dadurch werden mitunter hohe Nachzahlungszinsen fällig.

Zwar haben der Europäische Gerichtshof und im Anschluss der Bundesfinanzhof diese Praxis der Finanzämter als unzulässig verworfen, das heißt der Vorsteueranspruch aus einer korrigierten Rechnung steht dem Empfänger auch rückwirkend zu (EuGH-Urteil Senatex vom 15.9.2016, C-518/14; BFH-Urteil vom 20.10.2016, V R 26/15). Doch die Finanzverwaltung ist hartnäckig und treibt entsprechende Verfahren immer wieder vor die Finanzgerichte.

AKTUELL hat der BFH aber unmissverständlich entschieden: Eine zulässigerweise berichtigte Rechnung wirkt auf den Zeitpunkt zurück, in dem die Rechnung ursprünglich ausgestellt wurde (BFH-Urteil vom 5.9.2019, V R 12/17).

  • Der Fall: Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG. Im Jahre 2009 nahm sie Beratungsleistungen in Anspruch. Die Honorarrechnungen ergingen aber nicht an die GmbH & Co. KG, sondern zunächst an die Gesellschafter. Mit ihrer Umsatzsteuererklärung 2010 (Streitjahr) machte die Klägerin die Vorsteuern aus den Rechnungen dennoch geltend. Das Finanzamt erkannte nach einer Außenprüfung den Vorsteuerabzug aus den Rechnungen nicht an. Im Verfahren vor dem Finanzgericht schließlich legte die Klägerin berichtigte Rechnungen vom 2.5.2016 vor, in denen als Leistungsgegenstand die Beratung der GmbH & Co. KG genannt wird. Die Klage vor dem Finanzgericht hatte dennoch keinen Erfolg. Begründung: Aus den im finanzgerichtlichen Verfahren vorgelegten berichtigten Rechnungen vom 2.5.2016 könne die Klägerin keinen Vorsteuerabzug im Streitjahr 2010 geltend machen, weil diese dem Finanzamt bis zum Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung noch nicht vorgelegen hätten. Der BFH hat der hiergegen gerichteten Revision stattgegeben.
  • Begründung: Eine Rechnung kann berichtigt werden, wenn sie nicht alle erforderlichen Angaben enthält oder Angaben in der Rechnung unzutreffend sind. Wird zunächst eine Rechnung ausgestellt, die den steuerlichen Anforderungen nicht entspricht, und wird diese Rechnung später berichtigt, kann das Recht auf Vorsteuerabzug aufgrund der berichtigten Rechnung - rückwirkend - für den Besteuerungszeitraum ausgeübt werden, in dem die Rechnung ursprünglich ausgestellt wurde. Eine berichtigte Rechnung kann auch dann Berücksichtigung finden, wenn sie dem Finanzamt erst nach dem Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung vorliegt.

STEUERRAT: Die Berichtigung wirkt zwar grundsätzlich auf den Zeitpunkt der erstmaligen Rechnungsausstellung zurück. Allerdings findet die positive Rechtsprechung dort ihre Grenzen, wo ein Leistungsempfänger überhaupt nicht benannt worden oder nicht identifizierbar ist (siehe hierzu FG Baden-Württemberg, Urteil vom 23.03.2017, 1 K 3704/15). Ganz unabhängig davon steht zu hoffen, dass das Bundesverfassungsgericht alsbald zur "Angemessenheit" der Nachzahlungszinsen entscheiden wird, denn in vielen Streitfällen geht es letztlich nicht um die Festsetzung der Umsatzsteuer oder der Gewährung des Vorsteueranspruchs an sich, sondern "nur" um die Höhe der Nachzahlungszinsen.

 

5. Firmenwagen:
Keine Versteuerung des Privatanteils bei zusätzlichem Kfz im Privatvermögen?

Für einen Firmenwagen, der sich im Betriebsvermögen befindet, will die Finanzverwaltung stets die Ein-Prozent-Regelung zur Versteuerung der - angeblichen - Privatnutzung anwenden, wenn kein Fahrtenbuch geführt worden ist. Dabei beruft sie sich auf den Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 13.12.2011 (VIII B 82/11), wonach der "Beweis des ersten Anscheins" für eine Privatnutzung eines Fahrzeugs spreche. Nach allgemeiner Lebenserfahrung werden betriebliche Fahrzeuge, die auch zur Nutzung für private Zwecke zur Verfügung stehen, tatsächlich auch privat genutzt. Selbst wenn sich ein weiteres Kfz im Privatvermögen befindet, verzichtet der Fiskus daher zumeist nicht auf die Versteuerung des Privatanteils.

Nach gegenwärtiger Rechtsprechung der Finanzgerichte kommt jedoch eine Erschütterung des Anscheinsbeweises durchaus in Betracht, wenn für Privatfahrten ein weiteres Fahrzeug zur uneingeschränkten Nutzung zur Verfügung steht. Voraussetzung für eine solche Entkräftung ist jedoch, dass dieses Privatfahrzeug in Status und Gebrauchswert vergleichbar ist.

Im vergangenen Jahr hatte das Niedersächsische Finanzgericht diesbezüglich entschieden, dass eine Privatnutzung für einen VW Touareg auch dann anzunehmen ist, wenn sich im Privatvermögen ein Opel Corsa befindet. Denn die Fahrzeuge seien in Status und Gebrauchswert nicht vergleichbar - und darauf komme es entscheidend an. Wenn sich im Privatvermögen hingegen ein Volvo XC 90 befindet, könne der Anscheinsbeweis der Privatnutzung des VW Touareg erschüttert werden. Allerdings sei dazu weitere Voraussetzung, dass der Volvo dem Betriebsinhaber jederzeit und uneingeschränkt zur Verfügung steht. Werde der Volvo hingegen auch vom Ehepartner genutzt, so sei diese Voraussetzung nicht erfüllt (Urteil vom 20.3.2019, 9 K 125/18). Fazit: Wird kein Fahrtenbuch geführt, erfolgt die Versteuerung der - unterstellten - privaten Nutzung nach der Ein-Prozent-Regelung.

AKTUELL hat sich das Niedersächsische FG intensiver mit der Frage auseinandergesetzt, welche Anforderungen an die Vergleichbarkeit in puncto Status und Gebrauchswert zu stellen sind. Das Urteil könnte für viele Unternehmer äußerst interessant sein, da es positiv ist (Urteil vom 19.2.2020, 9 K 104/19).

  • Der Fall: Der alleinige Kommanditist einer GmbH& Co. KG nutzte einen recht neuen Pkw Fiat Doblo (Easy 2.0 16V Multijet; Kastenwagen) für betriebliche Zwecke, insbesondere für tägliche Fahrten zu den Betriebsstätten. Das Kfz befand sich im Betriebsvermögen; ein Privatanteil wurde nicht versteuert. Ein Fahrtenbuch wurde nicht geführt. Das Finanzamt rügte den fehlenden Ansatz eines Privatanteils nach der Ein-Prozent-Regelung. Dass sich ein Mercedes Benz C 280 T (Baujahr 1997) im Privatvermögen des Kommanditisten befand, erschüttere den für die Privatnutzung sprechenden Anscheinsbeweis nicht, da dieses Fahrzeug weder in Bezug auf den Gebrauchswert (kein variables Sitzkonzept, geringeres Kofferraumvolumen, veraltete Technik aufgrund des Alters, höhere Laufleistung, geringerer Sicherheitsstandard, größere Reparaturanfälligkeit) noch im Hinblick auf den Status vergleichbar sei. Der hiergegen gerichtete Einspruch hatte keinen Erfolg; das Niedersächsische FG gab der Klage jedoch statt.
  • Begründung: Nach Auffassung des FG ist unter dem Begriff "Gebrauchswert" der Wert einer Sache hinsichtlich ihrer Brauchbarkeit und ihrer Eignung für bestimmte Funktionen und Zwecke (Nutzwert) zu verstehen. In diesem Zusammenhang könnten Umstände wie Motorleistung, Hubraum, Höchstgeschwindigkeit und Ausstattung Berücksichtigung finden. Unter dem Aspekt des "Status" eines Fahrzeugs seien dagegen vornehmlich Prestigegesichtspunkte zu berücksichtigen. Der Mercedes Benz C 280 T sei trotz des Alters, der weitaus höheren Laufleistung und des (veralteten) technischen Zustandes mit dem betrieblichen Fiat Doblo Easy 2.0 16V Multijet in Status und Gebrauchswert mindestens vergleichbar. Mangels feststellbarer Privatnutzung war für die steuerliche Erfassung eines Privatanteils danach kein Raum.

STEUERRAT: Unternehmer sollten die Privatnutzung ihres Firmenwagens in ähnlich gelagerten Fällen nicht hinnehmen und sich gegen ablehnende Bescheide zur Wehr setzen. Legen Sie dem Finanzamt - und später gegebenenfalls dem Finanzgericht dar -, warum die beiden Kfz in "Gebrauchswert" und "Status" vergleichbar sind.

 

6. Firmenwagen:
Schätzung der Stromkosten für das Aufladen von E-Fahrzeugen

Auch wenn die Zahlen insgesamt noch niedrig sind: Immer mehr Unternehmer entscheiden sich bei der Neuanschaffung eines Firmen-Pkw für ein Elektrofahrzeug. Viele dieser Fahrzeuge werden nicht nur in der Firma, sondern auch zuhause aufgeladen. Zwar haben zahlreiche Nutzer von Elektrofahrzeugen hierfür eine eigenständige Lademöglichkeit oder zumindest einen eigenen Stromzähler angeschafft. Doch viele Besitzer laden den Pkw "an der heimischen Steckdose" ohne gesonderten Stromzähler auf. Da aber auf jeden Fall Stromkosten (Grundpreis, anteiliger Strompreis) entstehen, die dem Grunde nach als Betriebsausgaben abziehbar sind, stellt sich die Frage, ob diese geschätzt werden können.

AKTUELL weist die Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen darauf hin, dass eine Schätzung zulässig ist. Maßgebend sind insoweit die Werte, wie sie im Lohnsteuerrecht gelten. Danach darf der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer Pauschbeträge steuerfrei erstatten, wenn der Arbeitnehmer sein betriebliches Elektrofahrzeug bzw. Hybridelektrofahrzeug zu Hause auflädt. Hierbei wird zum einen zwischen den Fahrzeugtypen (Elektro- bzw. Hybridelektrofahrzeug) differenziert. Darüber hinaus ist zu unterscheiden, ob der Arbeitnehmer eine zusätzliche Lademöglichkeit bei seinem Arbeitgeber hat oder nicht (vgl. BMF-Schreiben vom 26.10.2017, BStBl 2017 I S.1439 sowie Beitrag "Firmenwagen: Nutzungswert bei Elektro- und Hybridelektrofahrzeugen"). Übertragen auf Selbstständige bedeutet dies:

  • Besteht eine zusätzliche Lademöglichkeit im Betrieb, dürfen monatlich 20 EUR für Elektrofahrzeuge und 10 EUR für Hybridelektrofahrzeuge als Betriebsausgabe abgezogen werden.
  • Ohne Lademöglichkeit im Unternehmen sind es monatlich 50 EUR für Elektrofahrzeuge und 25 EUR für Hybridelektrofahrzeuge.

Die Vereinfachungsregelung ist zunächst bis zum 31.12.2020 befristet. Es ist aber sehr wahrscheinlich, dass diese verlängert wird.

STEUERRAT: Falls ein gesonderter Stromzähler - stationär oder mobil - vorhanden ist, müssen die Stromkosten nicht für das ganze Jahr, sondern nur für drei Monate aufgezeichnet werden. Es genügt ein "repräsentativer Zeitraum" (OFD NRW, Kurzinformation Einkommensteuer 40/2014 i.d.F. vom 2.3.2020). Die Verwaltungsanweisung bindet zwar nur die Beamten in Nordrhein-Westfalen. Unseres Erachtens spricht aber nichts gegen eine bundesweite Anwendung.

 

VIII. Soziales

1. Krankenversicherung:
Erleichterung für privat Krankenversicherte

Schätzungsweise eine Million Selbstständige und Kleinunternehmer sind derzeit privat kranken- und pflegeversichert. Es ist davon auszugehen, dass die Zahl derjenigen, die aufgrund der aktuellen Corona-Krise auf einen Beitragszuschuss zur privaten Krankenversicherung nach dem SGB II angewiesen sind oder bei denen der Versicherungsbeitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung als Bedarf nach dem SGB XII berücksichtigt wird, in absehbarer Zeit steigen wird. Übersteigt der monatliche Beitrag im bisherigen Tarif den halbierten Beitrag, der bei Hilfebedürftigkeit im Basistarif zu zahlen ist, entsteht entweder eine Finanzierungslücke zulasten der betroffenen Person, die sie selbst zu schließen hat, oder sie muss in den Basistarif ihres Versicherungsunternehmens wechseln. Eine Rückkehr in den vorherigen Tarif nach Überwindung der Hilfebedürftigkeit ist in der Regel aufgrund der derzeit vorgesehenen erneuten Gesundheitsprüfung bei Tarifwechsel nicht oder nur unter Inkaufnahme erheblich höherer Beiträge oder von Leistungsausschlüssen möglich. Dieses Problem besteht grundsätzlich, verschärft sich aber in der aktuellen Corona-Krise.

AKTUELL sieht das "Zweite Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite" vom 19.5.2020 eine Erleichterung für privat Krankenversicherte vor, die aufgrund vorübergehender Hilfebedürftigkeit wegen der Corona-Krise in den abgespeckten Basistarif wechseln: Sie sollen später ohne Nachteile in den ursprünglichen Tarif zurückkehren können. Sie erhalten ein Rückkehrrecht in ihren vorherigen Versicherungstarif unter Berücksichtigung vormals erworbener Rechte ohne erneute Gesundheitsprüfung, wenn sie innerhalb von zwei Jahren nach dem Wechsel die Hilfebedürftigkeit überwunden haben. Der Wechsel ist innerhalb von drei Monaten zu beantragen. Hierdurch wird verhindert, dass privat Krankenversicherte, die - derzeit vor allem aufgrund der aktuellen epidemischen Lage - vorübergehend hilfebedürftig werden, dauerhaft im Basistarif versichert bleiben und - nach Beendigung der Hilfebedürftigkeit - den vollen Beitrag im Basistarif bei in der Regel gleichzeitig geringerem Leistungsversprechen zu tragen haben (§ 204 VVG-neu).

Der Gesetzestext lautet: "Privat Krankenversicherte erhalten die Möglichkeit, innerhalb einer Frist von drei Monaten nachteilsfrei aus dem Basistarif in ihren Ursprungstarif zurück zu wechseln, wenn sie innerhalb von drei Jahren ihre Hilfebedürftigkeit überwinden" (§ 204 VVG).

 

2. Pflegeunterstützungsgeld:
Verbesserungen bei coronabedingter Verhinderung

Seit dem 1.7.2008 haben Beschäftigte bei unerwartetem Eintritt einer besonderen Pflegesituation das Recht, bis zu zehn Arbeitstage der Arbeit fernzubleiben, wenn dies erforderlich ist, um für einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen in einer akut aufgetretenen Pflegesituation eine bedarfsgerechte Pflege zu organisieren oder eine pflegerische Versorgung für diese Zeit sicherzustellen. Seit 2015 erhalten Arbeitnehmer für die Freistellung bis zu 10 Arbeitstagen eine Lohnersatzleistung: das Pflegeunterstützungsgeld. Auf diese Leistung besteht ein Rechtsanspruch. Das Pflegeunterstützungsgeld beträgt 90 Prozent des wegfallenden Nettogehalts und wird von der sozialen Pflegekasse oder privaten Pflegeversicherung des pflegebedürftigen Angehörigen gezahlt, ggf. bei beihilfeberechtigten Angehörigen anteilig von der Beihilfe (§ 44a Abs. 3 SGB XI).

AKTUELL werden durch das "Zweite Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite" vom 19.5.2020 der Zugang zum Pflegeunterstützungsgeld auf coronabedingte Arbeitsverhinderungen und der Zeitraum für das Pflegeunterstützungsgeld von 10 auf 20 Arbeitstage ausgeweitet. Dies gilt bis zum 30.9.2020. Beschäftigte haben nun ebenfalls bei einem durch das Coronavirus verursachten pflegerischen Versorgungsengpass Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld für bis zu 20 Arbeitstage (statt 10 Tage!), wenn sie aufgrund einer anderweitig nicht behebbaren Versorgungslücke die pflegerische Versorgung eines nahen Angehörigen in dieser Zeit selbst organisieren oder sicherstellen müssen. Bereits genutzte Tage mit Pflegeunterstützungsgeld werden allerdings angerechnet (§ 150 Abs. 5d SGB XI).

  • Dies muss in geeigneter Weise glaubhaft gemacht werden, z.B. durch eine Bestätigung des behandelnden Arztes oder der Pflegeeinrichtung, die auf Grund des Coronavirus ihr Angebot ganz oder teilweise einstellt oder einstellen muss oder durch die Bestätigung einer Pflegeperson, dass sie coronabedingt ausgefallen ist.
  • Der Anspruch setzt nicht voraus, dass die Beschäftigten zunächst gegebenenfalls vorhandene Urlaubsansprüche nutzen.
  • Die Leistung ist ausgeschlossen bei Bezug von Lohnfortzahlung vom Arbeitgeber oder anderweitigen Lohnersatzleistungen, wie Kranken- oder Verletztengeld bei Erkrankung oder Unfall eines Kindes nach § 45 SGB V oder nach § 45 Abs. 4 SGB VII.
  • Ein einseitiges Fernbleiben von der Arbeit wird durch die Regelung nicht ermöglicht. Sie setzt Einvernehmlichkeit mit dem Arbeitgeber voraus. Im Übrigen lässt diese Regelung die Regelungen des Pflegezeitgesetzes und § 44a Abs. 3 SGB XI unberührt, d.h. das Pflegeunterstützungsgeld kann alternativ auch auf diese Rechtsgrundlage gestützt werden.

Kurzzeitige Arbeitsverhinderung

Bisher haben Beschäftigte in einer akut auftretenden Pflegesituation die Möglichkeit, bis zu 10 Arbeitstage von der Arbeit fernzubleiben. Die Neuregelung sieht eine Inanspruchnahme von bis zu 20 Arbeitstagen vor. Voraussetzung ist, dass eine pandemiebedingte akute Pflegesituation besteht, die bewältigt werden muss. So wird pflegenden Angehörigen mehr Zeit eingeräumt, um die Pflege zu Hause sicherzustellen oder neu zu organisieren, wenn z.B. wegen der Covid-19-Pandemie Tagespflegeeinrichtungen geschlossen wurden oder ambulante Pflegedienste nicht mehr in dem gewohnten Umfang arbeiten. Die Regelung ist bis 30.9.2020 befristet.

Flexibilisierungen bei Familienpflegezeit und Pflegezeit

Beschäftigte, die gleichzeitig Pflegeaufgaben übernehmen, werden befristet bis zum 30.9.2020 die Möglichkeit erhalten, mit Zustimmung des Arbeitgebers Familienpflegezeit und Pflegezeit flexibler zu nutzen. Wer den gesetzlichen Rahmen für die Auszeiten (sechs Monate Pflegezeit, 24 Monate Familienpflegezeit) bisher nicht ausgeschöpft hat, soll kurzfristig Restzeiten der Freistellungen in Anspruch nehmen können, sofern sie die Gesamtdauer von 24 Monaten nicht überschreiten.

Die Ankündigungsfrist gegenüber dem Arbeitgeber wird bei der Familienpflegezeit vorübergehend nur 10 Tage (statt 8 Wochen) betragen. Die Mindestarbeitszeit der Familienpflegezeit von 15 Wochenstunden kann vorübergehend unterschritten werden. Die Ankündigung in Textform genügt. Auch wird der unmittelbare Anschluss zwischen Pflegezeit und Familienpflegezeit befristet entfallen.

Berücksichtigung von Einkommenseinbußen bei Darlehen nach Familienpflegezeitgesetz

Auch das Darlehen nach dem Familienpflegezeitgesetz wird den aktuellen Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt angepasst. Monate mit pandemiebedingten Einkommensausfällen können bei der Ermittlung der Darlehenshöhe auf Antrag unberücksichtigt bleiben. Die Rückzahlung der Darlehen wird für die Betroffenen im Verwaltungsverfahren erleichtert.

 

3. Elterngeld:
Kein Anspruch bei Wohnsitz im Ausland

Elterngeld wird Personen gewährt, die einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben. Darüber hinaus können Personen anspruchsberechtigt sein, die vorübergehend ins Ausland abgeordnet oder versetzt bzw. bei einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung tätig sind. Diese Voraussetzungen lagen in einem Fall eines in die USA ausgereisten hessischen Postbeamten während der von seinem Dienstherrn gewährten Elternzeit nicht vor, wie das Hessische Landessozialgericht mit Urteil vom 4.3.2020 entschieden hat (L 5 EG 9/18).

  • Der Fall: Der Postbeamte, dem Sonderurlaub ohne Besoldung gewährt wurde, löste 2014 seine Wohnung im Rheingau-Taunus-Kreis auf und reiste mit seiner US-amerikanischen schwangeren Ehefrau in die USA, wo er seitdem ununterbrochen lebt. Jeweils nach der Geburt seiner Töchter im August 2014 und Mai 2016 beantragte der Mann gegenüber dem Land Hessen die Gewährung von Elterngeld. Dies wurde mit der Begründung abgelehnt, dass er über keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland verfüge.
  • Die Richter beider Instanzen gaben dem Land Hessen Recht. Der Kläger habe weder seinen gewöhnlichen Aufenthalt noch einen Wohnsitz in Deutschland. Er habe seine Wohnung vor der Ausreise in die USA aufgegeben. Bereits damals sei ein Aufenthalt in den USA von mehr als einem Jahr geplant gewesen. Sein Dienstherr, die Deutsche Post AG, habe ihn auch nicht ins Ausland versetzt oder abgeordnet. Der Kläger sei schließlich nicht vorübergehend bei einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung tätig. Denn das Generalkonsulat in Houston (Texas), bei welchem der Kläger seit September 2015 als Pförtner teilzeitbeschäftigt sei, sei eine deutsche Behörde auf exterritorialem Gebiet ohne zwischen- oder überstaatlichen Charakter. Die Revision wurde nicht zugelassen.

STEUERRAT: Innerhalb der EU sowie in Island, Liechtenstein, Norwegen und der Schweiz gelten besondere Regelungen für Grenzgänger - also für den Fall, dass Sie in einem Land leben und in einem anderen Land arbeiten. In diesem Fall erhalten Sie Familienleistungen wie das Elterngeld vorrangig von dem Land, in dem Sie arbeiten. Dabei bedeutet "vorrangig", dass das andere ("nachrangige") Land Ihnen möglicherweise ebenfalls etwas zahlt - nämlich dann, wenn die Familienleistung dort höher wäre. In einem solchen Fall zahlt Ihnen das andere Land den Unterschied (sogenannter Unterschiedsbetrag). Siehe hierzu: Broschüre "Elterngeld, ElterngeldPlus und Elternzeit" des Bundesfamilienministeriums

 

Impressum:
© Steuerrat24, Erich-Grisar-Weg 13, 45699 Herten - www.steuerrat24.de - Stand 29.5.2020.
Alle Rechte vorbehalten.
Alle Angaben nach bestem Wissen, jedoch ohne Gewähr auf Vollständigkeit und Richtigkeit.