SteuerSparbrief - Archiv

Der Online-SteuerSparbrief erscheint monatlich im Umfang von rund 16 Seiten und ist Teil des Abonnements von Steuerrat24. Die aktuelle Ausgabe steht jeweils ab Monatsbeginn zum Abruf in der Rubrik "SteuerSparbrief" bereit.

Falls Sie eine frühere Ausgabe versäumt haben, können Sie hier die letzten Ausgaben des SteuerSparbriefs aufrufen.

 

Diese Ausgabe bietet unter anderem folgende interessante Themen:

  • Dienstwagen: Auch beim elektronischen Fahrtenbuch Umwege erläutern
  • Überstundenvergütung: Ermäßigte Besteuerung bei Zahlung für mehrere Jahre
  • Fahrten zur Arbeit: Zweifelsfragen zu Jobtickets und Arbeitgeber-Zuschüssen 
  • Kindergeld: Gilt ein Praxisjahr als Berufsausbildung?
  • Baukindergeld: Was gilt bei Zuzug oder Rückkehr aus dem Ausland?

Hier geht es zum gesamten Inhaltsverzeichnis und zu Ihrem SteuerSparbrief (Hinweis: Die PDF-Datei zum Ausdruck finden Sie unterhalb des Inhaltsverzeichnisses):

Hier finden Sie auch die PDF-Datei zum Ausdruck: SteuerSparbrief Oktober 2019

 

Liebe Leserin, lieber Leser,

die Förderung von Familien ist ein zentrales Anliegen der Politik. Kinder sind unsere Zukunft, aber bekanntlich werden in Deutschland zu wenig Kinder geboren. Der deutschen Politik wird seit Jahrzehnten vorgeworfen, dass sie Kinder - ökonomisch gesprochen - nicht als "Investition", sondern als "Kosten" betrachtet. Das wird zum Beispiel an den Ausgaben für Schule und Bildung deutlich, die immer mehr zusammengestrichen worden sind, so dass viele Schulgebäude ein erbärmliches Bild abgeben.

Nun dachte ich, dass in der Politik jüngst ein Umdenken stattgefunden hat. Wenn auch Sie zu denjenigen gehören, die ein solches Umdenken erwartet haben, dann empfehle ich Ihnen, die Gesetzesbegründung zur Neuregelung der Kindergeldgewährung im "Gesetz gegen illegale Beschäftigung und Sozialleistungsmissbrauch" zu lesen. Mit dem genannten Gesetz erhält die Familienkasse eigene Prüfungskompetenzen, um Missbrauch von Kindergeld zu verhindern. Neu nach Deutschland zugezogene EU-Bürgerinnen und Bürger sind im Übrigen in den ersten drei Monaten vom Leistungsbezug, also von der Kindergeld-Berechtigung, ausgeschlossen, sofern sie keine inländischen Einkünfte erzielen. Auch laufende Kindergeldzahlungen kann die Familienkasse in begründeten Zweifelsfällen künftig vorläufig einstellen. Bei allem Respekt für die Intention des Gesetzes, nämlich die "Abschöpfung" des Kindergeldes, stehen mir bei einigen Passagen die Haare zu Berge. Hier ein Beispiel:

"Bei dem Kindergeld handelt sich .... um eine einkommensteuerliche Leistung, die bei wirtschaftlich nicht aktiven Personen wie eine Sozialleistung wirkt und im Falle einer sozialrechtlichen Hilfebedürftigkeit als Einkommen den Bedarf mindern würde. Auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist es sachlich gerechtfertigt, wirtschaftlich nicht aktive Personen grundsätzlich vom Leistungsanspruch auszuschließen."

Aha, Kindergeld ist also eine reine Sozialleistung des Staates. Der neue § 71 des Einkommensteuergesetzes schlägt dem Fass aber den Boden aus: Die Familienkassen werden ermächtigt, laufende Kindergeldzahlungen vorläufig einzustellen - und zwar ohne Bescheid! Durch die Regelung werde eine Überzahlung verhindert und die Anzahl der Fälle verringert, in denen ein höherer Betrag vom Kindergeldempfänger zurückzufordern ist.

Wer sieht, wie viele Verfahren die Familienkassen vor den Finanzgerichten verlieren, der kann die Begründung der Neuregelung eigentlich nur als zynisch betrachten. Kürzlich hat das Finanzgericht Münster eine Pressemeldung mit dem Satz eingeleitet: "Der Weg zum Finanzgericht Münster kann sich in vielfacher Hinsicht für die Steuerpflichtigen lohnen. ... Die Erfolgsquote für die Steuerpflichtigen lag im Jahr 2018 insgesamt bei rund 49 Prozent und hat sich damit im Vergleich zum Vorjahr nochmals erhöht." Nahezu jede zweite Klage, übrigens gerade auch in Angelegenheiten des Kindergeldes, hatte also ganz oder teilweise Erfolg.

Selbstverständlich wird durch die Neuregelung nicht nur eine Überzahlung von Kindergeld verhindert, sondern auch eine berechtigte Zahlung grundlos verschoben. Wir sprechen wohlgemerkt von dem Kindergeld für Familien, die dieses dringend benötigen. Dass ausgerechnet den Familienkassen, deren "Dienstanweisung Kindergeld" von den Finanzgerichten in schöner Regelmäßigkeit "zerrupft" wird, ein solch scharfes Schwert an die Hand gegeben wird, erschließt sich mir nicht.

Noch einmal: Ich kann verstehen, dass dem Missbrauch von Sozialleistungen entgegengetreten werden muss. Und ich kann auch verstehen, dass volkswirtschaftlich ungewollte "Effekte" (wenn man sie so bezeichnen will), also die Zahlung von Kindergeld an Kinder im Ausland, verhindert werden sollen. Das Gesetz und die Gesetzesbegründung lassen mich aber die Schlussfolgerung ziehen, dass es für die Politik dabei bleibt: "Kinder sind Kosten und keine Investition in die Zukunft." Eine solche Haltung ist beschämend.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr

Christian Herold

Redaktion Steuerrat24

I. Beruflicher Bereich

1. Dienstwagen:
Auch beim elektronischen Fahrtenbuch Umwege erläutern

Im SteuerSparbrief Mai 2019 haben wir darüber berichtet, dass Nutzer von digitalen Fahrtenbüchern durchaus vorsichtig sein sollten. Die elektronische Erfassung der Fahrtwege allein reicht nämlich nicht aus, damit das Fahrtenbuch vom Fiskus anzuerkennen ist. Vielmehr müssen neben dem Bewegungsprofil auch die Fahrtanlässe zeitnah erfasst werden. Zudem wird eine technische Lösung, die auch nach Jahren noch Änderungen zulässt, nicht als elektronisches Fahrtenbuch anerkannt, so dass die Privatnutzung des Kfz nach der Ein-Prozent-Methode zu erfolgen hat (Niedersächsisches FG, Urteil vom 23.1.2019, 3 K 107/18). Um Missverständnisse zu vermeiden: Mit "digitalem Fahrtenbuch" sind hier technische Lösungen gemeint, die im Kfz verbaut sind und die Fahrtstrecken mittels GPS-Unterstützung aufzeichnen. Es geht nicht um Fahrtenbücher, die in Excel geführt werden. Diese sind ohnehin unzulässig und werden verworfen.

Heute möchten wir auf eine weitere Falle aufmerksam machen, die vielen Nutzern digitaler Fahrtenbücher nicht bekannt ist: Es geht um Umwegstrecken während dienstlicher Fahrten. Nach R 8.1 Abs. 9 Nr. 2 der Lohnsteuerrichtlinien sind das Reiseziel und bei Umwegen auch die Reiseroute anzugeben. Mit anderen Worten: Werden Umwege nicht erläutert, ist ein Fahrtenbuch nicht anzuerkennen. Und das gilt nicht nur für manuell geführte Fahrtenbücher, sondern auch für digitale. Dabei machen sich Nutzer digitaler Fahrtenbücher über die Erläuterung der Umwegstrecken in der Regel aber weniger Gedanken als diejenigen, die Fahrtenbücher manuell führen, denn es ist ja gerade Sinn und Zweck der technischen Unterstützung, dass die Arbeit der Fahrtenbuchführung erheblich vereinfacht wird. Doch es hilft nichts: Erläutern Sie Umwegstrecken, die Sie beispielsweise aufgrund einer akuten Stauanfälligkeit der üblichen Strecke nehmen.

STEUERRAT: Das Finanzgericht Düsseldorf hat mit Urteil vom 7.11.2008 (12 K 4479/07 E) eine Toleranzgrenze festgelegt, innerhalb derer nähere Erläuterungen zu Umwegen entbehrlich sind. Danach führen Differenzen zwischen eingetragenen Streckenlängen und Kilometerständen von insgesamt 14 km an 2 Tagen nicht zur Verwerfung eines Fahrtenbuchs. Auch ein Zuschlag von 20 % auf die von einem Routenplaner empfohlene längste Strecke sei noch glaubhaft. Innerhalb des Verkehrs in einer Großstadt könne sich ein noch höherer Zuschlag anbieten.

Weitere Informationen: Firmenwagen und Betriebs-Pkw: Fahrtenbuch ordnungsgemäß führen

 

2. Arbeitslohn:
Urlaubsabgeltung bei Tod ist sozialversicherungspflichtig

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat bekanntlich entschieden, dass ein Arbeitnehmer, der von sich aus sein Arbeitsverhältnis beendet, Anspruch auf eine finanzielle Vergütung hat, wenn er seinen bezahlten Jahresurlaub ganz oder teilweise nicht verbrauchen konnte. Der Anspruch auf bezahlten Urlaub darf auch nicht mit dem Tod des Arbeitnehmers im laufenden Arbeitsverhältnis untergehen, ohne dass ein Anspruch auf finanzielle Vergütung für diesen Urlaub besteht, der im Wege der Erbfolge auf die Erben überzugehen hat (EuGH-Urteile vom 12.6.2014, C-118/13, vom 20.7.2016, C-341/15 und vom 6.11.2018, C-569/16 und C-570/16).

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat die nationale Rechtsprechung an das EU-Recht angepasst. Der Anspruch auf Vergütung des Urlaubs bleibt auch nach dem Tod des Arbeitnehmers als Abgeltungsanspruch bestehen (Urteile vom 22.1.2019, 9 AZR 45/16 und 9 AZR 328/16).

AKTUELL hat sich der GKV-Spitzenverband darauf verständigt, dass nach dem 22.1.2019 gezahlte Urlaubsabgeltungen bei Tod des Arbeitnehmers als Einnahmen anzusehen sind, die als einmalig gezahltes Arbeitsentgelt der Beitragspflicht unterliegen. Sie sind also sozialversicherungspflichtig (GKV-Rundschreiben 2019/4465 vom 29.8.2019). Der 22.1.2019 ist der Tag, an dem die genannten Urteile des BAG verkündet worden sind.

Nach bisheriger Ansicht der Sozialversicherungsträger waren Urlaubsabgeltungen nach Beendigung der Beschäftigung durch Tod des Arbeitnehmers nicht dem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelt zuzurechnen und unterlagen nicht der Beitragspflicht. Allerdings hatten die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger bereits in 2016 zu erkennen gegeben, dass diese Auffassung wohl geändert wird, sobald das BAG auf die Entscheidungen des EuGH reagiert hat (GKV-Rundschreiben 2016/208 vom 2.5.2016).

HINWEIS: Das Finanzgericht Hamburg hat zur steuerlichen Behandlung entschieden, dass ein Urlaubsabgeltungsanspruch keinen Schadensersatzanspruch darstellt. Er gilt vielmehr als nachträgliche Lohnzahlung des Arbeitgebers. Ein Urlaubsabgeltungsanspruch für mehrere Jahre stellt auch keine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit nach § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG dar und unterliegt damit nicht der Tarifermäßigung nach der so genannten Fünftel-Regelung (FG Hamburg 19.3.2019, 6 K 80/18; vgl. SteuerSparbrief September 2019).

 

3. Überstundenvergütung:
Ermäßigte Besteuerung bei Zahlung für mehrere Jahre

Erhalten Sie eine Vergütung für mehrere Jahre zusammengeballt in einem Jahr ausgezahlt, frisst die Steuerprogression einen ganz beträchtlichen Teil davon auf. Erfreulicherweise gibt es aber in diesem Fall die Steuervergünstigung nach der Fünftel-Regelung, denn Vergütungen für eine mehrjährige Tätigkeit gehören zu den "außerordentlichen Einkünften". Voraussetzung dafür ist, dass die nachträgliche und zusammengeballte Zahlung für eine Tätigkeit geleistet wird, die sich über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckt und einen Zeitraum von mehr als 12 Monaten umfasst (gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG).

Steuerbegünstigt ist beispielsweise die Nachzahlung von Arbeitslohn für vorangegangene Jahre, ebenso die Nachzahlung von Arbeitslohn, die sich auf das vergangene und das laufende Jahr bezieht (BFH-Urteil vom 14.10.2004, BStBl. 2005 II S. 289).Wird hingegen Arbeitslohn des vergangenen Jahres innerhalb der ersten drei Wochen des neuen Jahres nachgezahlt, wird diese Zahlung wie laufender Arbeitslohn normal versteuert. Dasselbe gilt für Gehaltsnachzahlungen, die sich auf Monate des laufenden Jahres beziehen.

AKTUELL hat das Finanzgericht Münster entschieden, dass eine Überstundenvergütung, die aufgrund eines Aufhebungsvertrages für mehrere zurückliegende Jahre in einer Summe ausbezahlt wird, als außerordentliche Einkünfte nach der sog. "Fünftel-Regelung" ermäßigt zu besteuern ist (FG Münster vom 23.5.2019, 3 K 1007/18 E).

  • Der Fall: Ein Arbeitnehmer schließt mit seinem Arbeitgeber im Jahre 2016 einen Aufhebungsvertrag, in dem unter anderem geregelt wird, dass er für 330 geleistete Überstunden in den Jahren 2013 bis 2015 eine pauschale Vergütung in Höhe von 6.000 EUR enthält. Hierfür begehrt er die Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 1 EStG, doch das Finanzamt sagt "nein".
  • Die Finanzrichter aber sagen "ja". Die als Arbeitslohn zu qualifizierenden Zahlungen für geleistete Überstunden fallen unter die Tarifermäßigung. Es handele sich um eine "Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit" gemäß § 34 Abs. 1 EStG, da der Zeitraum mehr als zwölf Monate umfasse. Insoweit könnten Überstundenvergütungen nicht anders beurteilt werden als die Nachzahlung von Lohn für die reguläre Arbeitsleistung. Die Vergütung sei dem Arbeitnehmer auch - was nach dem Zweck der ermäßigten Besteuerung erforderlich sei - zusammengeballt in einer Summe im Jahre 2016 zugeflossen.

STEUERRAT: Gegen das Urteil ist die Revision zugelassen worden, die mittlerweile unter dem Az. VI R 23/19 vorliegt. Legen Sie also gegen ablehnende Bescheide Einspruch ein und berufen sich auf das anhängige Verfahren vor dem Bundesfinanzhof.

Weitere Informationen: Vergütungen für mehrjährige Tätigkeit

 

4. Home-Office:
Besteht Unfallversicherungsschutz durch Berufsgenossenschaft?

Arbeitsunfälle sind Unfälle von Arbeitnehmern im Zusammenhang mit ihrer Beschäftigung. Sie sind versichert über die gesetzliche Unfallversicherung und werden durch die Berufsgenossenschaften medizinisch, beruflich und sozial rehabilitiert (§ 8 SGB VII). Probleme gibt es dabei immer wieder bei Arbeitsunfällen im Home-Office.

Die Frage, ob es sich um einen Arbeitsunfall handelt oder nicht, kann für den Betroffenen große finanzielle Folgen haben: Wenn es ein Arbeitsunfall ist, kommt die Berufsgenossenschaft, also die gesetzliche Unfallversicherung des Unternehmens, für die Heilbehandlungskosten auf. Ist es kein Arbeitsunfall, hängt es davon ab, ob der Verletzte eine private Unfallversicherung abgeschlossen hat. Ist dies nicht der Fall, muss er Behandlungskosten, die von der Krankenkasse nicht gedeckt sind, selbst tragen.

Im Jahre 2016 hat das Bundessozialgericht entschieden, dass ein Sturz im Home-Office kein Arbeitsunfall ist und nicht über die gesetzliche Unfallversicherung abgesichert ist. Denn bei einem "Home-Office" hat nicht der Arbeitgeber, sondern der Arbeitnehmer die der privaten Wohnung innewohnenden Risiken zu verantworten. Zwar führt die arbeitsrechtliche Vereinbarung von Arbeit in einem "Home-Office" zu einer Verlagerung vom Unternehmen in den häuslichen Bereich, doch eine betriebliche Arbeit "zu Hause" nimmt der Wohnung nicht den Charakter der privaten, nicht versicherten Lebenssphäre. Daher ist es sachgerecht, das vom häuslichen Bereich ausgehende Unfallrisiko dem Versicherten und nicht der gesetzlichen Unfallversicherung zuzurechnen (BSG-Urteil vom 5.7.2016, B 2 U 5/15 R).

AKTUELL hat das Bundessozialgericht den Unfallschutz für im Home-Office arbeitende Arbeitnehmer deutlich gestärkt. Nunmehr kann auch ein Sturz auf der Haustreppe unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung fallen. Das kann für den Weg zwischen zwei im selben Haus gelegenen Arbeitsräumen ebenso wie für den Weg von einem Außentermin ins häusliche Büro gelten (BSG-Urteile vom 27.11.2018, B 2 U 8/17 R und B 2 U 28/17 R).

  • Nach neuer Rechtsprechung ist bei der Feststellung eines Arbeitsunfalls im häuslichen Bereich nicht mehr vorrangig auf die eher quantitativ zu bestimmende Häufigkeit der betrieblichen oder privaten Nutzung des konkreten Unfallorts abzustellen. Maßgeblich ist nun die "objektivierte Handlungstendenz" des Versicherten: Dabei geht es zunächst darum, dass der Versicherte "subjektiv eine berufliche Tätigkeit ausführen wollte". Im zweiten Schritt ist dann zu prüfen, ob dies "durch objektive Tatsachen eine Bestätigung findet". Zum Zwecke dieser Objektivierung können ggf. auch der Unfallzeitpunkt, der konkrete Ort des Unfallgeschehens und dessen objektive Zweckbestimmung als äußere Indizien berücksichtigt werden. Hierbei sind stets die gesamten Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen.
  • Im ersten Fall hatte ein freiwillig unfallversicherter Versicherungsmakler nachts ein Softwareupdate auf den Server aufgespielt. Der Server stand in einem Kellerraum, Büro und Computer befanden sich im ersten Stock eines Mehrfamilienhauses. Während des Updates musste er mehrfach hin und her laufen, dabei stürzte er im Treppenhaus. Er erlitt schwere Dauerschäden am linken Handgelenk. Die Berufsgenossenschaft erkannte dies nicht als Arbeitsunfall an - wohl aber das Bundessozialgericht.
  • Im zweiten Fall hatte die Mitarbeiterin eines Unternehmens ihr Büro im Keller ihres Wohnhauses. Am Unfalltag war sie zunächst auf der Messe in München und sollte dann nachmittags über die firmeneigene Computersoftware den Geschäftsführer des Unternehmens in München kontaktieren. Sie betrat rechtzeitig ihr Haus und stürzte dann auf der Treppe zu ihrem Kellerbüro. Dabei wurde ein Wirbel im Lendenbereich schwer beschädigt. Das Bundessozialgericht erkannte einen Arbeitsunfall an.

AKTUELL hat das Sozialgericht München entschieden, dass Arbeitnehmer im Home-Office nicht gesetzlich unfallversichert sind, wenn sie beim Gang zur Toilette stürzen und sich verletzen. Während Arbeitnehmer beim Toilettengang im Betrieb gegen Unfälle versichert sind, greift der Schutz im Home-Office nicht, weil der Arbeitgeber dort keinen Einfluss auf die Sicherheit hat (SG München vom 4.7.2019, S 40 U 227/18).

STEUERRAT: Bei einem Arbeits- oder Dienstunfall steht das gesundheitsschädigende Ereignis in eindeutigem Zusammenhang mit dem Beruf, sodass alle dadurch entstehenden Aufwendungen als Werbungskosten absetzbar sind. Liegt kein Arbeitsunfall vor, können die selbst getragenen Aufwendungen nur im Rahmen der außergewöhnlichen Belastungen - nach Überschreiten der zumutbaren Belastung - abgesetzt werden.

Weitere Informationen: Krankheitskosten aus beruflichem Grund

 

5. Dienstwagen:
Arbeitsrechtlicher Vergleich verhindert Versteuerung nicht

Stellt ein Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer einen Dienstwagen auch für dessen Privatnutzung zur Verfügung, ist diese zu versteuern, und zwar unabhängig davon, ob und in welchem Umfang der Arbeitnehmer den Pkw tatsächlich privat nutzt. Der Vorteil ist nach der so genannten Ein-Prozent-Regelung zu versteuern, wenn kein Fahrtenbuch geführt wird. Die Finanzverwaltung kann sich hier auf die Entscheidungen des Bundesfinanzhofs vom 13.12.2011 (VIII B 82/11) und vom 21.3.2013 (VI R 31/10 berufen), wonach der "Beweis des ersten Anscheins" für eine Privatnutzung eines Fahrzeugs spreche. Die Versteuerung scheidet zwar dann aus, wenn das Kfz nachweislich nicht zu Privatzwecken genutzt werden darf (BMF-Schreiben vom 4.4.2018, BStBl 2018 I S.592 Tz. 2.8). Eventuelle Vereinbarungen in einem arbeitsrechtlichen Vergleich verhindern die Versteuerung aber nicht (FG Hamburg, Urteil vom 26.2.2019, 2 K 273/17).

  • In dem zugrundeliegenden Sachverhalt stand einer Arbeitnehmerin ein Dienstwagen laut Arbeitsvertrag auch zur privaten Nutzung zur Verfügung - allerdings mit der Auflage, dass ein Fahrtenbuch zu führen sei. Tatsächlich ist ein solches Fahrtenbuch aber fehlerhaft geführt worden; folglich war der Nutzungsvorteil nach der Ein-Prozent-Regelung zu versteuern. Das Arbeitsverhältnis ist zwischenzeitlich indes aufgelöst worden, so dass der - ehemalige - Arbeitgeber die Arbeitnehmerin nun arbeitsrechtlich für die etwaigen Mehrsteuern in Anspruch nehmen wollte. Vor dem Arbeitsgericht einigte man sich allerdings dergestalt, dass "eine unterstellte private Nutzung des Kfz nicht weiterverfolgt werde." Ungeachtet dieser arbeitsrechtlichen Vereinbarung wollte die Finanzverwaltung die Privatnutzung weiterhin nach der Ein-Prozent-Regelung versteuern. Die Arbeitnehmerin hingegen behauptete, dass eine private Nutzung nie stattgefunden habe. Aufgrund des arbeitsgerichtlichen Verfahrens könne davon ausgegangen werden, dass der Arbeitgeber offensichtlich der Auffassung gewesen sei, das Fahrzeug habe gerade nicht zur privaten Nutzung zur Verfügung gestanden, auch wenn dies nicht schriftlich vereinbart worden sei. Ihre Klage vor dem Finanzgericht Hamburg blieb aber erfolglos.
  • Es stehe zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Arbeitnehmerin von ihrem früheren Arbeitgeber ein Kfz zur privaten Nutzung überlassen worden war. Stehe die Überlassung zur privaten Nutzung mithin fest, führe bereits die Zurverfügungstellung des Pkw unabhängig von der tatsächlichen Nutzung zu privaten Zwecken zum Zufluss eines geldwerten Vorteils. Auf den Einwand der Klägerin, das Fahrzeug sei zu keiner Zeit zu privaten Fahrten genutzt worden, komme es nicht an. Dies gelte auch, wenn ein weiteres - privates - Fahrzeug vorhanden gewesen sei. Ein arbeitsrechtlicher Prozess oder Vergleich verhindere die Versteuerung im Übrigen nicht. Das Steuerrecht stehe insoweit nicht zur Disposition von Arbeitnehmer und Arbeitgeber.

 

6. Fahrten zur Arbeit:
Zweifelsfragen zu Jobtickets und Arbeitgeber-Zuschüssen

Seit dem 1.1.2019 bleiben so genannte Jobtickets, die Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern für Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Verfügung stellen, steuer- und sozialversicherungsfrei. Das Gleiche gilt für Zuschüsse des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Der Zuschuss muss zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gezahlt werden und gilt nicht für die Nutzung von Flugzeugen. Die Steuerbefreiung ist in § 3 Nr. 15 EStG geregelt, hat aber wohl bereits kurz nach ihrer Einführung für so viele Zweifelsfragen gesorgt, dass sich das Bundesfinanzministerium veranlasst sah, diese in einem 15-seitigen Schreiben zu klären (BMF-Schreiben vom 15.8.2019, IV C 5 - S 2342/19/10007:001).

Zunächst die Grundsätze der Steuerbefreiung

  • Steuerfrei und auch sozialversicherungsfrei bleiben Zuschüsse des Arbeitgebers zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte, Fahrten zu einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet oder zu einem vom Arbeitgeber dauerhaft festgelegten Sammelpunkt (gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 4a Satz 3 EStG) mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Linienverkehr. Dies betrifft sowohl den Personennah- als auch den Personenfernverkehr. Zuschüsse können als Barleistungen oder als Hingabe der Tickets gewährt werden.
  • Befreit bleiben Arbeitgeberleistungen für die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs selbst dann, wenn der Arbeitnehmer diese auch für private Fahrten nutzen kann. Dies betrifft in erster Linie die so genannten Jobtickets.
  • Voraussetzung für die Befreiung ist, dass die Zuschüsse und Jobtickets zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden.
  • In der Einkommensteuererklärung werden die steuerfreien Leistungen auf die Entfernungspauschale angerechnet und vermindern so den als Werbungskosten abzugsfähigen Betrag.
  • Begünstigt werden Sachbezüge in Form der unentgeltlichen oder verbilligten Zurverfügungstellung von Fahrausweisen (Jobtickets), Zuschüsse des Arbeitgebers zum Erwerb von Fahrausweisen sowie Leistungen (Zuschüsse und Sachbezüge) Dritter, die mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis erbracht werden.
  • In die Steuerbefreiung werden auch die Fälle einbezogen, in denen der Arbeitgeber nur mittelbar (z.B. durch Abschluss eines Rahmenabkommens) an der Vorteilsgewährung beteiligt ist. Die Steuervergünstigung gilt - wie erwähnt - sogar für private Fahrten im öffentlichen Personennahverkehr.
  • Nicht begünstigt sind Arbeitgeberleistungen für die Nutzung eines Taxis oder eines Flugzeugs. Nicht begünstigt ist auch die private Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel außerhalb des öffentlichen Personennahverkehrs. Außerdem gilt die Steuerfreiheit nicht für Arbeitgeberleistungen (Zuschüsse und Sachbezüge), die durch Gehaltsumwandlung finanziert werden, da nur zusätzliche Leistungen begünstigt werden.

Nun zu einigen Zweifelsfragen

  • Die Steuerfreiheit für Fahrberechtigungen im Personenfernverkehr kommt nur in Betracht für Arbeitnehmer in einem aktiven Beschäftigungsverhältnis sowie für die beim Entleiher beschäftigten Leiharbeitnehmer. Die Steuerfreiheit für Fahrberechtigungen für den öffentlichen Personennahverkehr gilt hingegen für alle Arbeitnehmer oder Leiharbeitnehmer. Theoretisch könnten also auch Pensionäre profitieren.
  • Zum Personenfernverkehr gehören Fernzüge der Deutschen Bahn (ICE, IC, EC), Fernbusse auf festgelegten Linien oder Routen und mit festgelegten Haltepunkten sowie Fernzüge anderer Anbieter (z.B. TGV, Thalys).
  • Soweit Taxen ausnahmsweise im Linienverkehr nach Maßgabe der genehmigten Nahverkehrspläne eingesetzt werden (z.B. im Ersatzverkehr) und von der Fahrberechtigung mitumfasst sind oder gegen einen geringen Aufpreis genutzt werden dürfen, gehören sie zum Personennahverkehr.
  • Kompliziert kann es werden, wenn ein Arbeitnehmer eine Bahncard 100 erhält, die er für Dienstreisen, Fahrten zwischen Wohnung und Arbeit sowie für Privatfahrten einsetzen darf. Grundsätzlich sollte in diesen Fällen eine Prognoseberechnung erstellt werden, aus der sich ergibt, ob und inwieweit Fahrtkosten für Dienstreisen und Fahrten zwischen Wohnung und Arbeit erspart werden, wenn Einzelfahrscheine gekauft worden wären.
  • Ergibt die Prognose, dass sich die Bahncard bereits allein durch Dienstreisen oder durch Dienstreisen und Fahrten zwischen Wohnung und Arbeit bezahlt macht, so ist diese steuerfrei. Auf eventuelle Privatfahrten kommt es nicht an. Bleibt jedoch ein Rest übrig, der nicht auf Dienstreisen oder andere beruflich veranlasste Fahrten entfällt, so ist dieser Restbetrag zu versteuern.
  • Verzichtet der Arbeitgeber auf eine Prognose, stellt die Überlassung der Fahrberechtigung zunächst in voller Höhe steuerpflichtigen Arbeitslohn dar. Erst am Jahresende darf dann eine Korrektur erfolgen und der steuerpflichtige Arbeitslohn ist zu mindern.
  • Die steuerfreien Leistungen des Arbeitgebers (§ 3 Nr. 15 EStG) werden auf die Entfernungspauschale angerechnet und vermindern so den als Werbungskosten abzugsfähigen Betrag. Das BMF-Schreiben regelt auch hier zahlreiche Details. Beispielsweise wird klargestellt, dass eine Minderung der Entfernungspauschale maximal bis auf 0 EUR erfolgen darf und zudem unabhängig von der tatsächlichen Nutzung der vom Arbeitgeber überlassenen oder bezuschussten Fahrberechtigung vorzunehmen ist. Eine Kürzung der Entfernungspauschale erfolgt daher auch in den Fällen, in denen der Arbeitnehmer die steuerfreie Fahrberechtigung tatsächlich nicht oder ganz bzw. teilweise privat nutzt. Die Minderung unterbleibt hingegen, wenn der Arbeitnehmer wirksam auf die Fahrberechtigung verzichtet hat.

HINWEIS: Der Gesetzgeber plant derzeit eine neue Möglichkeit der Pauschalbesteuerung. Künftig soll die Ausgabe eines Jobtickets mit 25 Prozent pauschal versteuert werden können. Dafür soll die Anrechnung auf die Entfernungspauschale entfallen (§ 40 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStG "Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität - Entwurf").

Hier geht es zu dem Schreiben der Finanzverwaltung: BMF-Schreiben vom 15.8.2019

Weitere Informationen: Fahrten zur Arbeit: Fahrtkostenzuschüsse des Arbeitgebers

 

7. Krankheitskosten:
Unfall nach Betriebsfeier auf dem Oktoberfest ein Arbeitsunfall?

Das Oktoberfest in München ist für Viele ein feucht-fröhliches Vergnügen. Und auch andernorts mangelt es nicht an entsprechenden Festivitäten. Doch aufgepasst: So mancher hat sich während einer Festveranstaltung üble Verletzungen zugezogen. Und selbst wenn es sich bei dem Besuch um eine mehr oder weniger betriebliche "Veranstaltung" handelt, sind Unfälle natürlich nicht ausgeschlossen. Doch gelten Unfälle während des Oktoberfests bei einem Besuch mit den Kollegen wenigstens als Arbeitsunfall?

Im vergangenen Jahr hat das Sozialgericht Berlin entschieden, dass der Besuch des Münchner Oktoberfestes im Kollegenkreis nur unter engen Voraussetzungen eine betriebliche Veranstaltung im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung darstellt (SG-Urteil Berlin vom 1.10.2018, S 115 U 309/17). Die Berufung ist anhängig beim Landessozialgericht Berlin-Brandenburg unter dem Az. L 21 U 197/18.

  • Der Fall: Der 1958 geborene, aus Berlin stammende Kläger war von seiner Firma als Monteur bei einer Brauerei in München eingesetzt. Wie jedes Jahr veranstaltete diese Brauerei auch im September 2016 in ihrem Festzelt auf dem Oktoberfest einen Brauereinachmittag. Eingeladen waren sowohl die Mitarbeiter der Brauerei als auch die bei ihr tätigen Beschäftigten anderer Unternehmen. Der Kläger nahm mit sieben weiteren Kollegen seiner Firma an der Veranstaltung teil. Auf dem Heimweg gegen 22 Uhr prallte er in alkoholisiertem Zustand gegen einen Strommast und brach sich einen Halswirbel. Seinen Antrag auf Anerkennung eines Arbeitsunfalls lehnte die beklagte Berufsgenossenschaft Holz und Metall ab.
  • Nach Auffassung des Sozialgerichts setzt die Anerkennung eines Wegeunfalls als Arbeitsunfall voraus, dass sich der Unfall auf dem Weg zu oder von einer versicherten Tätigkeit ereignet hat. Zwar könne auch eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung, etwa ein Betriebsausflug, einer versicherten Tätigkeit zugerechnet werden. Erforderlich hierfür sei aber, dass es der Arbeitgeber sei, der die Veranstaltung durchführe oder durchführen lasse, und dass die Teilnahme aller Angehörigen des Betriebs oder zumindest einer Abteilung erwünscht sei, um so die Zusammengehörigkeit der Beschäftigten untereinander zu fördern. An einem betrieblichen Zusammenhang fehle es indessen, wenn Freizeit, Unterhaltung oder Erholung im Vordergrund stünden.
  • Hieran gemessen sei der Brauereinachmittag keine betriebliche Veranstaltung gewesen. Die Veranstaltung sei nicht durch die Firma des Klägers, sondern durch die Brauerei, also eine Kundin, durchgeführt worden. Auch die Teilnehmer seien ganz überwiegend keine Angehörigen des Betriebes des Klägers gewesen, was dem Gemeinschaftscharakter einer Betriebsveranstaltung widersprechen würde. Die Anwesenheit des Klägers auf dem Fest sei vom Arbeitgeber zwar gebilligt worden, eine Teilnahme sei ihm jedoch freigestellt gewesen. Ein Vertreter der Unternehmensleitung sei nicht anwesend gewesen, Kosten für Speisen und Getränke seien von der Firma nicht übernommen worden. Dass das Treffen der allgemeinen Bildung eines Netzwerkes und der Kommunikation gedient habe, sei nicht ausreichend, um die betrieblichen Interessen in den Vordergrund zu rücken. Es habe sich eher um ein "Incentive-Event" bzw. eine Motivationsveranstaltung gehandelt. Es habe kein innerer Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit des Klägers und seiner Teilnahme an dem Brauereinachmittag bestanden.

Weitere Informationen: Krankheitskosten aus beruflichem Grund

 

8. Sachbezüge:
Trockenes Brötchen und Kaffee kein steuerpflichtiges Frühstück

Erhalten Arbeitnehmer vom Arbeitgeber freie oder verbilligte Verpflegung, so ist der geldwerte Vorteil steuer- und sozialversicherungspflichtig. Bewertet wird der Vorteil nach den amtlichen Sachbezugswerten, die allerdings - gemessen am allgemeinen Preisniveau - vergleichsweise niedrig scheinen.

Für ein kostenloses Frühstück beträgt der steuerpflichtige amtliche Sachbezugswert 1,77 EUR (2019). Für ein Mittag- oder Abendessen liegt der Wert bei 3,30 EUR (2019). Wenn der Arbeitgeber nun morgens seinen Mitarbeitern lediglich trockene Brötchen (Laugen-, Käse-, Schoko- und Roggenbrötchen) und Kaffee kostenlos zur Verfügung stellt, ist die Frage, ob dies als "Frühstück" zu beurteilen und zu versteuern ist.

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass ein trockenes Brötchen und ein Heißgetränk kein lohnsteuerpflichtiger Sachbezug in Form eines "Frühstücks" ist. Unbelegte Brötchen seien auch in Kombination mit einem Heißgetränk kein Frühstück i.S. von § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 der Sozialversicherungsentgeltverordnung. Selbst für ein einfaches Frühstück müsse jedenfalls noch ein Aufstrich oder ein Belag hinzutreten. Die Überlassung von Backwaren nebst Heißgetränken diene daher lediglich der Ausgestaltung des Arbeitsplatzes und der Schaffung günstiger betrieblicher Arbeitsbedingungen. Aufmerksamkeiten in diesem Sinne komme daher keine Entlohnungsfunktion zu (BFH-Urteil vom 3.7.2019, VI R 36/17).

  • Der Fall: Ein Softwareunternehmen mit 80 Mitarbeitern bestellte täglich ca. 150 Brötchen (Laugen-, Käse-, Schoko- und Roggenbrötchen), die in Körben auf einem Buffet in der Kantine für Mitarbeiter sowie für Kunden und Gäste zum Verzehr zur Verfügung standen. Dabei wurden nur die Brötchen, aber kein Aufschnitt oder sonstige Belege gereicht. Zudem konnten sich die Mitarbeiter, Kunden und Gäste ganztägig kostenlos aus einem Heißgetränkeautomaten bedienen. Ein Großteil der Brötchen wurde von den Mitarbeitern in der Vormittagspause verzehrt. Das Finanzamt sah hierin eine unentgeltliche Zurverfügungstellung einer Mahlzeit an Arbeitnehmer in Form eines Frühstücks, welches als Sachbezug mit den amtlichen Sachbezugswerten von damals 1,70 EUR je Mitarbeiter und Arbeitstag zu besteuern sei. Der BFH hingegen ist anderer Meinung.
  • Nach der Verkehrsanschauung müsse für die Annahme eines (einfachen) Frühstücks jedenfalls ein Aufstrich oder Belag hinzutreten. Dabei sei auch die Art der Brötchen ohne Bedeutung. Es würde im Übrigen der Praktikabilität der Rechtsanwendung im Massenfallrecht der Lohnsteuer widersprechen, wollte man für die Anforderungen, die an ein Frühstück zu stellen sind, nach der Art der dargereichten Brötchen differenzieren.

Weitere Informationen: Freie oder verbilligte Verpflegung und Unterkunft vom Arbeitgeber

 

II. Privater Bereich

1. Krankheitskosten:
Kosten für Besuch eines Fitnessclubs nicht abziehbar

Krankheitskosten sind bekanntlich als außergewöhnliche Belastungen allgemeiner Art gemäß § 33 EStG absetzbar. Voraussetzung dafür aber ist, dass die medizinische Notwendigkeit, d.h. die Zwangsläufigkeit der Aufwendungen, durch eine Verordnung eines Arztes oder Heilpraktikers nachgewiesen wird (§ 64 Abs. 1 Nr. 1 EStDV). Handelt es sich um wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethoden, ist ein Attest des Amtsarztes oder eine Bescheinigung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung erforderlich (§ 64 Abs. 1 Nr. 2f EStDV).

AKTUELL hat das Finanzgericht Köln entschieden, dass Aufwendungen für den Besuch eines Fitness- und Gesundheitsclubs selbst dann nicht abziehbar sind, wenn ein Arzt die Erforderlichkeit eines Aufbautrainings für die Muskulatur aufgrund eines schweren körperlichen Leidens bescheinigt. Vielmehr bedürfe die Anerkennung der entsprechenden Kosten die Verschreibung einer konkreten und individuellen Therapiemaßnahme (Urteil vom 30.1.2019, 7 K 2297/17).

  • Der Fall: Die Klägerin machte den Jahresbeitrag für einen Fitness- und Gesundheitsclub sowie Fahrtkosten dorthin als außergewöhnliche Belastungen geltend. Es ging um rund 2.500 EUR. Die Notwendigkeit der Maßnahmen ergäbe sich daraus, dass sie nach zwei Gelenkoperationen und diversen orthopädischen Erkrankungen schwerste Probleme im gesamten Bewegungsapparat hatte. Die Klägerin legte ein Attest ihres Orthopäden mit folgendem Inhalt vor: "O.g. Patientin benötigt die Sporttherapie aus orthopädischer Sicht zum Erhalt ihrer Beweglichkeit. Es handelt sich nicht um ein Präventionstraining!!!" Dennoch versagte das Finanzamt den Abzug der Kosten als außergewöhnliche Belastungen. Bei den in Rede stehenden Maßnahmen handele es sich nicht um eine Heilbehandlung im Sinne von § 33 EStG, da keine konkreten ärztlichen Anweisungen über Art und Umfang des Sports vorlägen und keine ärztliche Leitung und Aufsicht oder zumindest Leitung und Beaufsichtigung durch eine andere fachkundige Person, wie z.B. einen Physiotherapeuten, erfolge. In den vorgelegten Attesten werde der Klägerin lediglich angeraten, Aufbautraining der Muskulatur durchzuführen. Auch die Klage vor dem Finanzgericht blieb erfolgslos.
  • Die Begründung der Richter: Zum einen sei bereits fraglich, ob und inwieweit es sich bei den Fitnessstudiobeiträgen und den Fahrtkosten überhaupt um unmittelbare Krankheitskosten und nicht vielmehr um Kosten für vorbeugende Maßnahmen handelt, die zu den nicht abziehbaren Kosten der Lebensführung gehören. Zum anderen stelle ein nicht unerheblicher Teil der Leistungen (Wirbelsäulengymnastik, Gerätetraining, Thermalwassergymnastik) nichtspezifisch medizinisch indizierte Maßnahmen dar, die auch von einer Vielzahl gesunder Menschen durchgeführt werden.
  • Selbst wenn man zugunsten der Klägerin bei den Aufwendungen für die Bewegungstherapie, die Gymnastik und das Gerätetraining von Krankheitskosten ausgehen würde, wäre deren Zwangsläufigkeit nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Weise nachgewiesen. Bei diesen Maßnahmen gelte das Nachweiserfordernis nach § 64 Abs. 1 Nr. 1 EStDV. Eine danach erforderliche Verordnung eines Arztes oder Heilpraktikers für jede durchgeführte Einzelmaßnahme habe die Klägerin jedoch nicht vorgelegt. Bei den von ihr vorgelegten Unterlagen handele es sich lediglich um pauschale ärztliche Bescheinigungen. Sie stellen jedoch kein Rezept oder eine Verschreibung einer konkreten und individuellen Therapiemaßnahme mit Festlegung einer konkreten und individuellen Leistung etwa nach Art, Inhalt, Anzahl und Dauer dar.

STEUERRAT: Das Finanzgericht München hatte bereits im Jahre 2008 ähnlich entschieden. Die Finanzrichter bauten sogar noch eine weitere Hürde auf, bevor der Fiskus überhaupt etwas gibt: Zuerst müsse versucht werden, eine Übernahme der Kosten durch die Krankenkasse zu erreichen (FG München vom 3.12.2008, 1 K 2183/07). Da ist es doch viel einfacher, wenn Sie Ihren Arbeitgeber nach einer Kostenerstattung fragen. Zuwendungen des Arbeitgebers für gesundheitsfördernde Maßnahmen bleiben nämlich bis zu 500 EUR im Jahr steuer- und sozialabgabenfrei. Begünstigt sind nicht nur betriebliche Programme, sondern auch Zuschüsse des Arbeitgebers an die Mitarbeiter, die diese für extern durchgeführte Maßnahmen aufwenden (§ 3 Nr. 34 EStG).

Weitere Informationen: Krankheitskosten: Aufwendungen für medizinische Heilbehandlungen

 

2. Prozesskosten:
Aufwendungen für Studienplatzklage steuerlich nicht absetzbar

Die Klage auf einen Studienplatz ist für viele abgelehnte Studienbewerber in zulassungsbeschränkten Studiengängen die letzte Möglichkeit, ihr Studium doch noch aufnehmen zu können und so lange Wartezeiten zu vermeiden. Mit einer Studienplatzklage können sie einen Studienplatz einklagen - trotz Ablehnungsbescheid und unabhängig vom Numerus clausus. Der Begriff Studienplatzklage bezeichnet eine Vielzahl von verwaltungsrechtlichen Konstellationen. Hierzu gehören vor allem die sog. NC-Verfahren oder Kapazitätsklagen sowie die Verfahren zur Durchsetzung von Härtefall- oder Ortsanträgen oder Studienortswechsel. Die Frage ist, ob und wie die Prozess- und Anwaltskosten steuerlich berücksichtigt werden.

  • Nach Auffassung des BFH stellen Aufwendungen der Eltern, um für ihren Sohn im Klageweg die Zulassung zum Studium der Medizin zu erreichen, Ausbildungskosten dar, die mit dem Ausbildungsfreibetrag nach § 33a Abs. 2 EStG abgegolten sind. Daher sind die Kosten nicht als außergewöhnliche Belastung allgemeiner Art nach § 33 EStG absetzbar (BFH-Urteil vom 9.11.1984, BStBl. 1985 II S. 135).
  • Trägt der Student in spe die Prozesskosten selber, stellen sie bei ihm Ausbildungskosten dar, die entweder bis zu 6.000 EUR als Sonderausgaben (Erststudium nach Abitur) oder unbegrenzt als Werbungskosten (Erststudium nach abgeschlossener Berufsausbildung, Zweitstudium) abziehbar sind (FG Düsseldorf vom 26.5.2009, 10 K 1490/07 Kg).

AKTUELL hat das Finanzgericht Münster entschieden, dass Gerichts- und Rechtsanwaltskosten für eine Studienplatzklage Ausbildungskosten darstellen. Erhöhte Kosten können bei allen Ausbildungsgängen entstehen, denen ein besonderes Bewerbungs- oder Auswahlverfahren vorgeschaltet ist, oder immer dann, wenn die Ausbildung zu dem gewählten Beruf nur in einem weit entfernten Ort, möglicherweise im Ausland, in Betracht kommt. Tragen die Eltern solche Kosten, sind diese aber mit dem Kinder- und BEA-Freibetrag abgegolten. Und wegen dieses Kinderfreibetrages scheidet zudem eine Steuerermäßigung für Unterhalt nach § 33a Abs. 1 EStG aus. Auch können die Ausbildungskosten von den Eltern nicht als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33 EStG abgesetzt werden (FG Münster vom 13.8.2019, 2 K 3783/18 E).

STEUERRAT: Zu empfehlen ist, dass die Eltern dem Kind das Geld für die Prozesskosten schenken und das Kind die Kosten in seiner Steuererklärung als Werbungskosten geltend macht. So kann ein Verlustvortrag erreicht werden, der sich im ersten Berufsjahr steuermindernd auswirkt. Will das Finanzamt die Kosten - bei der Klage wegen Zulassung zu einem Erststudium - lediglich als Sonderausgaben berücksichtigen, sollten Sie Einspruch gegen den Steuerbescheid einlegen und auf die anhängigen Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht verweisen (2 BvL 22/14, 2 BvL 23/14, 2 BvL 24/14 u.a.). Dann muss das Finanzamt das Einspruchsverfahren bis zu einer Entscheidung ruhen lassen.

Weitere Informationen: Anwalts- und Gerichtskosten im privaten Bereich

 

3. Scheidung:
Wie weit gehen die Auskunftsrechte beim Zugewinnausgleich?

Wer während der Ehe in einer Zugewinngemeinschaft gelebt hat, kann bei der Scheidung einen Zugewinnausgleich beantragen. Das heißt, dass das während der Ehe erwirtschaftete Vermögen zwischen den Ex-Partnern hälftig geteilt wird. Doch nicht immer laufen die Verhandlungen über den Zugewinnausgleich friedlich ab. Und zuweilen besteht der Verdacht, dass einer der beiden Ex-Partner Vermögenswerte verschweigt. Nach § 1379 BGB kann jeder Ehegatte von dem anderen Ehegatten Auskunft über das Vermögen verlangen, soweit es für die Berechnung des Anfangs- und Endvermögens maßgeblich ist. Auf Anforderung sind Belege vorzulegen. Doch bestehen darüber hinaus weitere Rechte?

AKTUELL hat das Oberlandesgericht Köln wie folgt entschieden: Auf Verlangen sind vom Auskunftsverpflichteten positive Auskünfte zu Vermögenswerten zu belegen. Die in der Auskunft über positive Vermögenswerte enthaltene Negativerklärung, nicht über weitere relevante Vermögenswerte zu verfügen, ist aber nicht zu belegen. Es besteht kein Anspruch auf Vorlage von Belegen in Form von Stammdatenauskünften in- und ausländischer Banken. Auch eine Stammdatenauskunft einer Notenbank über dort geführte bzw. registrierte Konten des Ex-Partners sowie die Einholung einer Selbstauskunft seitens des Bundesamtes für Finanzdienstleistungsaufsicht gingen zu weit.

Derartige Ansprüche würden eine Ausforschung darstellen. Wenn der Antragsteller Zweifel an der Vollständigkeit der Auskunft zu den Vermögenswerten des Ex-Partners hegt, ist er auf das Verfahren zur Abgabe der eidesstaatlichen Versicherung zu verweisen. Die Richter verkennen nicht, dass dieses Verfahren weniger effektiv sein könnte als eine Verpflichtung, Belege vorzulegen, aus denen die Vollständigkeit der Vermögensauskunft hervorgeht. Jedoch entspreche dieses Vorgehen dem gesetzgeberischen Willen (OLG Köln, Urteil vom 25.10.2018, 10 UF 195/17).

 

III. Kinder

1. Kindergeld:
Kein Anspruch bei Freistellung für Spitzensport in der Ausbildung

Für volljährige Kinder, die für einen Beruf ausgebildet werden, gibt es bis zum 25. Lebensjahr Kindergeld. Sie werden auch dann berücksichtigt, wenn sie sich in einer Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten befinden (§32 Abs. 4 Nr. 2b EStG). Die Übergangszeit darf höchstens vier volle Kalendermonate dauern.

AKTUELL hat das Finanzgericht München entschieden, dass eine achtmonatige Freistellung zur Ausübung von Spitzensport während der Ausbildung zur Versagung des Kindergeldes in diesem Zeitraum führt. Dies gilt auch dann, wenn das Kind während der Freistellungsphase einige Präsenztage beim Ausbilder verbringen muss (Urteil vom 16.5.2019, 10 K 135/19).

  • Der Fall: Der Sohn war Angehöriger der Spitzensportförderung der Bayerischen Polizei. Während der Ausbildung wurde er jeweils für mehrere Monate für Training, Lehrgänge und Wettkämpfe freigestellt. Im Streitjahr waren dies acht Monate. Das Ausbildungsverhältnis bei der Polizei bestand auch während der Freistellungsphase dort. Zudem wurden während der Freistellung die Bezüge fortgezahlt und es bestand Dienstunfallschutz. Der Sohn wurde während der Freistellungsphase an insgesamt drei Tagen in der Dienststelle ausgebildet.
  • Nach Auffassung der Finanzrichter sind die Voraussetzungen für die Gewährung von Kindergeld in der Freistellungsphase nicht erfüllt. Training, Lehrgänge und Wettkämpfe hätten im Hinblick auf das angestrebte Berufsziel keinen Ausbildungscharakter, da die damit erworbenen Kenntnisse keinen konkreten Bezug zu dem angestrebten Beruf aufwiesen und weder Ausbildungsinhalt noch Ausbildungsziel vorgegeben würden. Die nur drei Präsenztage in acht Monaten stellten sich als Ausbildungsmaßnahmen von untergeordneter Bedeutung dar. Hinzu komme, dass es sich zwar um eine vorübergehende Unterbrechung der Ausbildung handelt, diese aber vom Sohn mit seinem Dienstherrn vereinbart worden war und damit auf einem eigenen Entschluss des Kindes beruhte. Letztlich erfolgte die Freistellungsphase "nicht zwischen zwei Ausbildungsabschnitten". Die Ausbildung war nach der Freistellung noch nicht beendet - sie wurde im Anschluss nicht neu aufgenommen, sondern fortgesetzt. Gegen das Urteil ist die Revision zugelassen worden.

Weitere Informationen: Kinder in Schul- und Berufsausbildung

 

2. Kindergeld:
Gilt ein Praxisjahr als Berufsausbildung?

Viele Schulabgänger, die noch nicht wissen, welches für Sie der richtige Beruf sein wird, legen ein so genanntes Praxisjahr ein. Sie nutzen die Möglichkeit, einen Beruf oder eine Branche näher kennenzulernen. Zuweilen wird ein Praxisjahr für eine weitergehende Ausbildung auch verpflichtend vorausgesetzt. Doch gibt es für Eltern volljähriger Kinder, die sich in einem solchen Praxisjahr befinden, noch Kindergeld? Das Finanzgericht Nürnberg hatte diese Frage mit Urteil vom 17.1.2018 (7 K 826/16) zwar im Falle eines angehenden "Landwirtschaftlichen Betriebsleiters" bejaht, der Bundesfinanzhof (BFH) hat jedoch jüngst der Revision des Finanzamts stattgegeben und die Sache an die Vorinstanz zurückverwiesen (Urteil vom 10.4.2019, III R 37/18). Dabei hat er dargelegt, wann der Anspruch auf Kindergeld besteht, wenn sich Kinder in einem Praxisjahr befinden.

  • Der Fall: Der Vater führte einen landwirtschaftlichen Betrieb, den sein bereits volljähriger Sohn später übernehmen sollte. Der Sohn absolvierte hierfür bis Juli 2015 zunächst eine Ausbildung zum Landwirt. Sein Berufsziel ist jedoch das eines "Landwirtschaftlichen Betriebsleiters". In 2015 meldete sich der Sohn daher zum Besuch einer Landwirtschaftsschule in Vollzeit ab dem Schuljahr 2016 an und nahm vom Oktober 2015 bis Ende September 2016 an dem vorgeschalteten Praxisjahr teil. Der Vater beantragte Kindergeld für die Zeit des Praxisjahres, was ihm jedoch von der Familienkasse verwehrt wurde. Bei dem Praxisjahr handele es sich vorrangig um ein reines Sammeln an Berufserfahrung - so die Familienkasse.
  • Der BFH konnte in der Sache zwar nicht abschließend entscheiden. Allerdings hat er die Kriterien für eine weitere Prüfung festgelegt. Wichtig ist, dass die Ausbildungsmaßnahmen im Vordergrund stehen und nicht der reine Erwerbscharakter. Für einen im Vordergrund stehenden Ausbildungscharakter sprechen u.a. das Vorhandensein eines Ausbildungsplanes, die Unterweisung in Tätigkeiten, welche qualifizierte Kenntnisse und/oder Fertigkeiten erfordern, die Erlangung eines die angestrebte Berufstätigkeit ermöglichenden Abschlusses und ein gegenüber einem normalen Arbeitsverhältnis geringeres Entgelt.
  • Der Ausbildungscharakter steht auch stets dann im Vordergrund, wenn die Voraussetzungen eines Ausbildungsdienstverhältnisses vorliegen. In diesem Fall muss die Ausbildungsmaßnahme selbst Gegenstand und Ziel des Dienstverhältnisses sein; die Ausbildung muss mithin verpflichtender Gegenstand des Arbeitsvertrages sein und die vom Arbeitnehmer geschuldete Leistung, für die der Arbeitgeber bezahlt, in der Teilnahme an der Berufsausbildungsmaßnahme bestehen. Wenn das Dienstverhältnis neben der Arbeitsleistung auch berufliche Fortbildungen und Qualifizierungen des Arbeitnehmers zum Gegenstand hat, diese aber nicht den wesentlichen Inhalt des Vertrages ausmachen, wird das Dienstverhältnis nicht zu einem Ausbildungsdienstverhältnis.
  • Die Vorinstanz muss nun prüfen, ob die Erlangung beruflicher Qualifikationen (Ausbildungscharakter) oder die Erbringung bezahlter Arbeitsleistungen (Erwerbscharakter) im Vordergrund stand bzw. ob ein Ausbildungsdienstverhältnis vorlag.

STEUERRAT: Unerheblich sind laut BFH eventuelle Erläuterungen auf der Homepage der Schule (hier: der Landwirtschaftsschule), nach denen auch Veranstaltungen durch die Schule stattfinden und das Praxisjahr durch die Lehrkräfte der Landwirtschaftsschule begleitet und betreut wird. Vielmehr kommt es auf den Umfang und den Ausbildungscharakter der praktischen Tätigkeit an, die gesondert zu prüfen sind. Bemerkenswert ist übrigens, dass das Finanzgericht Münster in einem ähnlich gelagerten Fall das Kindergeld gewährt hat, obwohl die Entscheidung nach dem Urteil des BFH ergangen ist. Es ist nicht einmal die Revision zugelassen worden und eine Auseinandersetzung mit dem BFH-Urteil ist ebenfalls nicht erfolgt (Urteil vom 8.8.2019, 4 K 3925/17 Kg). Daher ist es durchaus nachvollziehbar, dass das Finanzamt eine Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH eingelegt hat (Az. III B 145/19).

Weitere Informationen: Volljährige Kinder: Berücksichtigung ohne Einkommensprüfung

 

3. Studierende:
Wenn BAföG-Empfänger von Sparvermögen nichts wissen

Beim Antrag auf BAföG muss eigenes Vermögen angegeben werden. Zum 1.8.2019 wurde der Vermögensfreibetrag von bisher 5.200 EUR auf 7.500 EUR angehoben und steigt ab 1.8.2020 weiter auf 8.200 EUR. Für verheiratete Studierende sowie für Studierende mit Kindern erhöht sich der anrechnungsfreie Betrag für den Ehegatten bzw. für jedes Kind um jeweils 2.100 EUR, ab 1.8.2020 um 2.300 EUR (§ 29 BAföG).

Anspruch auf BAföG besteht nur dann, wenn das eigene Vermögen des Kindes den Vermögensfreibetrag nicht übersteigt. Dies kontrollieren die BAföG-Ämter ziemlich scharf, und zwar auch für zurückliegende Jahre. Nun kommt es aber nicht selten vor, dass etwa die Eltern oder die Großeltern ein Sparbuch auf den Namen des Kindes angelegt haben, von dem das Kind nichts weiß. Und deshalb konnte das Kind das Guthaben auch nicht als eigenes Vermögen im BAföG-Antrag angeben. Doch später kann es ein böses Erwachen geben. Die Frage ist, ob das - verborgene - Sparguthaben wirklich dem Kind zuzurechnen ist.

Die Prüfung, wer Inhaber eines Sparkontos ist, ist im Ausbildungsförderungsrecht nach den maßgeblichen zivilrechtlichen Grundsätzen der Vermögenszuordnung vorzunehmen. Nach früherer Rechtsprechung war Inhaber eines Sparkontos grundsätzlich derjenige, auf dessen Namen das Konto lautet (BGH-Urteil vom 2.2.1994, IV ZR 51/93). Das aber ist Schnee von gestern.

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat zu Gunsten des Kindes geklärt: Wenn ein naher Angehöriger ein Sparbuch auf den Namen eines Kindes anlegt, ohne das Sparbuch aus der Hand zu geben, ist aus diesem Verhalten in der Regel zu schließen, dass der Zuwendende sich die Verfügung über das Sparguthaben bis zu seinem Tode vorbehalten will und er damit alleiniger Inhaber des Sparguthabens bleibt. Also kann das Sparbuch der Großmutter nicht dem Kind als Vermögen zugerechnet werden, wenn die Oma es nicht herausgibt (VGH-Urteil Baden-Württemberg vom 18.5.2010, 12 S 1112/09).

Die Richter bestätigen damit die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs: Wenn ein naher Angehöriger ein Sparbuch auf den Namen eines Kindes anlegt, ohne das Sparbuch aus der Hand zu geben, ist aus diesem Verhalten in der Regel zu schließen, dass der Zuwendende sich die Verfügung über das Sparguthaben bis zu seinem Tode vorbehalten will und er damit also alleiniger Inhaber des Sparguthabens bleibt. Die alte Rechtsauffassung hat der BGH ausdrücklich aufgegeben (BGH-Urteil vom 18.1.2005, X ZR 264/02).

 

IV. Nebentätigkeit

1. Kinderbetreuung:
Anteilige Aufwendungen für das Eigenheim absetzbar?

Betreut die Tagespflegeperson Kinder verschiedener Eltern im eigenen Haushalt oder in anderen Räumen eigenverantwortlich, handelt es sich um eine selbstständige erzieherische Tätigkeit, da sie vorrangig auf die Erzielung von Einkünften ausgerichtet ist. Sie erzielt Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Bei der Ermittlung der Einkünfte kann die Tagesmutter die mit der Betreuung verbundenen Aufwendungen als Betriebsausgaben absetzen, entweder in tatsächlicher Höhe gegen Nachweis oder ganz einfach in Höhe einer Betriebsausgabenpauschale.

  • Die Betriebsausgabenpauschale beträgt 300 EUR je Kind und Monat. Auch bei erhöhtem Aufwand für Mahlzeiten gibt es keine höhere Pauschale. Anders als bis 2008 kommt es seit 2009 beim Pauschbetrag nicht mehr darauf an, ob und wie viele Mahlzeiten verabreicht werden (BMF-Schreiben vom 11.11.2016).
  • Statt der Betriebsausgabenpauschale können alle tätigkeitsbezogenen Aufwendungen in nachgewiesener Höhe als Betriebsausgaben abgesetzt werden. Dazu gehören beispielsweise Aufwendungen für Nahrungsmittel, Ausstattungsgegenstände (Mobiliar), Beschäftigungsmaterialien, Hygieneartikel, Miete und Betriebskosten der zur Kinderbetreuung genutzten Räumlichkeiten, Kommunikationskosten, z.B. Telefon und Internet, Weiterbildungskosten, Fachliteratur, Fahrtkosten, Ausgaben für Freizeitgestaltung mit den Tageskindern.

AKTUELL hat das Finanzgericht Baden-Württemberg entschieden, dass eine selbstständig tätige Tagesmutter Aufwendungen für ihr Eigenheim, in dem sie mehrere Kinder betreut, nicht anteilig als Betriebsausgaben geltend machen kann (FG Baden-Württemberg vom 7.5.2019, 8 K 751/17).

  • Der Fall: Die Tagesmutter betreut und verpflegt zu Hause vier bis fünf Kinder zu unterschiedlichen Zeiten ab 7.30 Uhr. Sie und ihr Ehemann sind Eigentümer eines Einfamilienhauses mit einer Gesamtfläche von 163,70 qm. Die Tagesmutter macht in ihrer Einkommensteuererklärung für 2011 Gebäudeaufwendungen (Renovierungskosten, Kosten für eine neue Kücheneinrichtung, Schuldzinsen für den Hauskauf und Abschreibung für Abnutzung des Gebäudes) anteilig neben der von der Verwaltung anerkannten Betriebsausgabenpauschale geltend. Sie berechnete einen betrieblichen Anteil von 56,68 % unter Einbezug einer ausschließlich betrieblichen Nutzung jeweils eines ca. 9 qm großen Kinder- und Spielzimmers und eines ca. 25 qm großen Spielzimmers, einer ausschließlich privaten Nutzung des Schlafzimmers und eines Arbeitszimmers und einer betrieblichen Nutzung aller, ca. 56 qm großen Räume im Erdgeschoss, die in zeitlicher Hinsicht hälftig betrieblich genutzt würden. Das Finanzamt berücksichtigt nach einer Außenprüfung neben den Pauschalen keine Aufwendungen, die sowohl den betrieblichen als auch den privaten Bereich betreffen. Die Aufwendungen, die auf die ausschließlich betrieblich genutzten Schlaf- und Spielzimmer entfallen, seien geringer als die Pauschale.
  • Nach Auffassung der Richter kann die Tagesmutter neben den Pauschbeträgen keine tatsächlichen Gebäudeaufwendungen geltend machen. Diese seien betrieblich und privat veranlasst und als Aufwendungen für den privaten Haushalt nicht anteilig als Betriebsausgaben abzugsfähig. Es gebe hier keinen sachgerechten Aufteilungsmaßstab. Das Gebäude werde abwechselnd betrieblich und privat genutzt. Eine zeitliche Zuordnung sei nicht möglich. Auch sei eine Kombination aus flächenmäßiger und zeitlicher Aufteilung der Gesamtkosten im Ergebnis nicht praktikabel bzw. der konkreten Lebenswirklichkeit angemessen. Die Berechnung sei zu pauschal, ohne die individuell vereinbarten und tatsächlichen Anwesenheitszeiten der Kinder in den einzelnen Räumen zu berücksichtigen.

Weitere Informationen: Betreuung von Kindern: Regeln für Tagesmütter und Tagesväter 

 

2. Ehrenamt:
Neuer Ehrenamtsfreibetrag für Geflüchtete

Für gewisse ehrenamtliche Nebentätigkeiten werden Aufwandsentschädigungen gezahlt, die in bestimmter Höhe steuer- und sozialversicherungsfrei sind. Dies betrifft den Übungsleiterfreibetrag und den Betreuerfreibetrag von jeweils 2.400 EUR (§ 3 Nr. 26 und 26b EStG), den Ehrenamtsfreibetrag von 720 EUR (§ 3 Nr. 26a EStG) sowie den Freibetrag im öffentlichen Bereich von 2.400 EUR (§ 3 Nr. 12 EStG).

  • Bei Beziehern von Arbeitslosengeld II oder Sozialhilfe bleiben Aufwandsentschädigungen in dieser Höhe bei der Einkommensermittlung anrechnungsfrei, d.h. sie werden nicht als Einkommen angerechnet (§ 11b Abs. 2 Satz 3 SGB II und § 82 Abs. 2 Satz 2 SGB XII).
  • Seit dem 1.1.2018 gibt es einen neuen Freibetrag für zusätzliche Altersvorsorge (§ 82 Abs. 4 und 5 SGB XII). Bei der Anrechnung auf die Grundsicherung bleibt von Riester- und Betriebsrenten sowie von Rürup-Renten ein bestimmter Betrag anrechnungsfrei, und zwar ein Sockelbetrag von 100 EUR zuzüglich 30 Prozent des übersteigenden Betrages, höchstens jedoch 50 Prozent der Regelbedarfsstufe 1 gemäß § 28 SGB XII (2019: 212 EUR). Das bedeutet: Der Rentner mit Grundsicherung darf eine Riester- oder Betriebsrente bis zum halben Hartz IV-Satz zusätzlich behalten.

AKTUELL wird mit dem "Dritten Gesetz zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes" vom 13.8.2019 ein neuer Ehrenamtsfreibetrag für Geflüchtete während der ersten 15 Monate eingeführt: Ab dem 1.9.2019 bleiben Bezüge oder Einnahmen aus ehrenamtlicher Tätigkeit, die nach §§ 3 Nr. 12, 26, 26a, 26b EStG steuerbefreit sind, bis zu 200 EUR monatlich bei der Einkommensermittlung anrechnungsfrei (§ 7 Abs. 3 Satz 2 Asylbewerberleistungsgesetz).

  • Aufwendungen für Beiträge und notwendige Ausgaben, die den Leistungsberechtigten im Zusammenhang mit der Ausübung der betreffenden ehrenamtlichen oder nebenberuflichen Tätigkeit entstehen, sind grundsätzlich mit dem Freibetrag abgegolten. Bei einem steuerbegünstigten Einkommen oberhalb von 200 EUR monatlich können entsprechende Aufwendungen nicht zusätzlich zum Freibetrag berücksichtigt werden. Ein gesonderter Abzug entsprechender Ausgaben kommt daher nur in Betracht, wenn diese den Freibetrag von 200 EUR monatlich übersteigen und der Leistungsberechtigte dies nachweist.
  • Wenn sich Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG während ihres Asylverfahrens ehrenamtlich engagieren (z.B. in Vereinen) und dafür eine Ehrenamtspauschale erhalten, sollen sie davon zukünftig bis zu 200 EUR im Monat anrechnungsfrei zusätzlich zu ihren Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz behalten können. Nach Ablauf der Wartefrist (erste 15 Monate) gelten für Asylbewerber die Regelungen der Sozialhilfe gemäß § 82 Absatz 2 Satz 2 SGB XII, d.h. auch dann bleiben bis zu 200 EUR monatlich anrechnungsfrei.

 

V. Kapitalerträge

1. Geldwäsche:
Drastische Herabsetzung der Bargeldschwelle für Goldkäufe

Die Überwachung wird immer dichter und die Kontrolle immer strenger - alles mit dem Argument der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Nach nunmehr vier EU-Geldwäsche-Richtlinien ist der Begriff der Geldwäsche auf jede Art von Transaktionen ausgedehnt, unabhängig davon, ob das Geld legal oder illegal erworben wurde. Die Überwachungspflichten sind deutlich verschärft. Seitdem gibt es mehr Überwachungsfälle, mehr Überwachungspflichtige und mehr Überwachungspflichten. Herabgesetzt wurde dabei auch die Schwelle für anonyme Bargeldzahlungen, z.B. beim Kauf von Goldmünzen und Goldbarren, Kunstwerken und Antiquitäten.

  • Bis Juni 2017 waren Barzahlungen beim Handel mit Gütern bis 15.000 EUR möglich, ohne dass der Kunde identifiziert werden musste. Beispielsweise konnten Goldbarren und Goldmünzen bis 15.000 EUR bar und anonym gekauft werden.
  • Seit dem 26.6.2017 ist diese Identifizierungsschwelle herabgesetzt auf 10.000 EUR. Neu eingeführt wurde der Begriff des "Güterhändlers". Dies ist jede Person, die gewerblich Güter veräußert, unabhängig davon, in wessen Name oder auf wessen Rechnung sie handelt. Güterhändler müssen über ein wirksames Risikomanagement verfügen, soweit sie im Rahmen einer Transaktion Barzahlungen ab 10.000 EUR annehmen oder tätigen. Zu den "Güterhändlern" gehören auch Edelmetallhändler (4. EU-Geldwäscherichtlinie 2015/849 vom 20.5.2015 bzw. "Gesetz zur Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, zur Ausführung der EU-Geldtransferverordnung und zur Neuorganisation der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen").

AKTUELL ist geplant, die Schwelle für anonyme Bargeldgeschäfte mit Edelmetallen, wie Gold, Silber und Platin, weiter herabzusetzen - und zwar von 10.000 EUR auf 2.000 EUR. Dies soll ab dem 10.1.2020 gelten. Als Bargeld gelten auch Zahlungen mittels EC- oder Kreditkarte. Damit kann man beim derzeitigen Unzenpreis statt etwa 220 Gramm Goldbarren nur noch rund 40 Gramm Goldbarren oder statt 7 Goldmünzen nur noch 1 Goldmünze anonym gegen Barzahlung erwerben (5. EU-Geldwäscherichtlinie 2018/843 vom 30.5.2018 bzw. "Gesetz zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur 4. EU-Geldwäscherichtlinie"). Der Gesetzentwurf befindet sich derzeit in den parlamentarischen Beratungen. Die 5. EU-Geldwäscherichtlinie wurde am 19.6.2018 im Amtsblatt der EU veröffentlicht und ist von den Mitgliedstaaten bis zum 10.1.2020 in nationales Recht umzusetzen.

  • Die Absenkung des Schwellenbetrages von 10.000 EUR auf 2.000 EUR, ab dem Güterhändler geldwäscherechtlichen Pflichten unterliegen, gilt nur im Edelmetallhandel mit Gold, Silber und Platin. Gemäß Gesetzesbegründung haben Erkenntnisse der nationalen Risikoanalyse ergeben, dass insbesondere im Bereich des Goldhandels ein starker Bargeldverkehr knapp unterhalb der gegenwärtigen Schwelle von 10.000 EUR stattfindet und offensiv damit geworben wird, wie viel Edelmetall identifizierungsfrei (anonym) eingekauft werden kann. Die niedrige Schwelle von nur noch 2.000 EUR zielt darauf ab, diesen Umgehungshandel zu unterbinden bzw. signifikant zu beschränken. Zugleich ist im Bereich des Edelmetallhandels von einem erhöhten Geldwäscherisiko auszugehen.
  • Bei Bargeldgeschäften mit sonstigen - hochwertigen - Gütern, wie Edelsteinen, Schmuck und Uhren, Kunstgegenständen und Antiquitäten, Kraftfahrzeugen, Schiffen, Motorbooten und Luftfahrzeugen bleibt es weiterhin bei der Schwelle von 10.000 EUR. Bei Barkäufen ab 10.000 EUR müssen die Händler den Personalausweis des Kunden kopieren und die Kopie mindestens 5 Jahre lang aufbewahren.
  • Auch beim Kauf von Kunstwerken wird es künftig schwieriger: Zwar liegt die Schwelle für Bargeldzahlungen wie schon seit zwei Jahren weiterhin bei 10.000 EUR, doch diese Schwelle gilt künftig für Zahlungsarten aller Art, also auch dann, wenn der Kunde per Kreditkarte zahlt oder das Geld an den Galeristen oder das Auktionshaus überweist.

ANMERKUNG: Alle Verschärfungen, vermehrte Pflichten und erhöhte Transparenz, begründen EU und Bundesregierung - wie schon bei den vorangegangenen vier EU-Geldwäscherichtlinien - wieder einmal mit der Bekämpfung von Terrorismusfinanzierung und Geldwäsche. Durch die zahlreichen neuen Änderungen wird das geltende Geldwäschegesetz drastisch "aufgeblasen". Doch der Kauf von Edelmetallen ist nicht deshalb attraktiv, weil Investments unter 10.000 EUR anonym getätigt werden können, sondern weil dies eine Möglichkeit darstellt, Geldvermögen gegen einen drohenden Kaufkraftverlust abzusichern. Doch möglicherweise hegt der Gesetzgeber eine ganz andere Absicht: Vielleicht will er den Bargeldgebrauch in der Bevölkerung schleichend austrocknen. Eine umfassende Kontrolle aller Geldströme würde eine Durchsetzung von geld- und zinspolitischen Entscheidungen wesentlich vereinfachen. Schließlich können Sparer mittels Bargeld bzw. Gold einer stillen Enteignung durch Negativzinsen ausweichen. Jedermann sollte klar sein: Nach der Herabsetzung des Schwellenbetrages von früher 15.000 EUR auf 10.000 EUR ab 2017 und jetzt auf 2.000 EUR fehlt bis zum Verbot des anonymen Kaufs von Gold oder anderen Edelmetallen nur noch ein kleiner Schritt. Der allerletzte Schritt wäre ein Verbot von Goldbesitz.

 

2. Abgeltungsteuer:
Veranlagungsoption für unternehmerische Beteiligungen

Der Erwerb von Beteiligungen erfolgt nicht immer als bloße Kapitalanlage, sondern oftmals aus einem unternehmerischen Interesse, insbesondere bei Erwerb von GmbH-Anteilen. Für solche unternehmerischen Beteiligungen im Privatvermögen gibt es - anstatt der Abgeltungsteuer - erfreulicherweise eine Veranlagungsoption zur Regelbesteuerung, um auf diese Weise Schuldzinsen steuerlich absetzen zu können (§ 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG). Voraussetzung dafür ist, dass Sie zu mindestens 25 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt sind oder zu mindestens 1 % an der Kapitalgesellschaft beteiligt und beruflich für diese tätig sind.

  • Was bedeutet Veranlagungsoption? Sie können auf die Anwendung der Abgeltungsteuer verzichten und stattdessen die Besteuerung nach dem Teileinkünfteverfahren beantragen. Das bedeutet: Die Gewinnausschüttungen bleiben zu 40 % steuerfrei, und die übrigen 60 % werden mit dem persönlichen Steuersatz besteuert. Korrespondierend dazu können die Kreditzinsen und andere Aufwendungen zu 60 % als Werbungskosten abgezogen werden. Der Sparerpauschbetrag gilt hier nicht.
  • Der Antrag zur Veranlagungsoption, d.h. auf Regelbesteuerung mit Teileinkünfteverfahren, ist spätestens zusammen mit der Einkommensteuererklärung für das jeweilige Jahr zu stellen. Es kommt also auf den Zeitpunkt an, in dem die Steuererklärung abgegeben wird. Diese Frist ist nicht verlängerbar, eine Antragstellung danach nicht mehr möglich. Er gilt grundsätzlich für fünf Jahre und kann danach erneut gestellt werden (BFH-Urteil vom 28.7.2015, VIII R 50/14).

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof für betroffene Bürger mit unternehmerischen Beteiligungen ein sehr nachteiliges Urteil gefällt: Die Antragsfrist - mit Abgabe der Einkommensteuererklärung - gilt auch dann, wenn erst im Rahmen einer späteren Außenprüfung festgestellt wird, dass eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt, die bekanntlich als Kapitalertrag zu versteuern ist. In diesem Fall greift nur die Abgeltungsteuer, und es kann nicht das günstigere Teileinkünfteverfahren angewandt werden. Hat der Steuerpflichtige keinen vorsorglichen Antrag auf Regelbesteuerung gestellt, besteht dann nicht mehr die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung gemäß § 110 AO (BFH-Urteil vom 14.5.2019, VIII R 20/16).

  • Der Fall: Der Kläger war Alleingesellschafter der A-GmbH und Geschäftsführer der B-GmbH, einer 100 %-igen Tochtergesellschaft der A-GmbH. Er bezog in 2009 bis 2011 von der B-GmbH Gehalts- und Tantiemezahlungen sowie Honorare für Beratungsleistungen. Diese erklärte er bei seinen Einkünften aus selbstständiger bzw. nichtselbstständiger Arbeit. Einkünfte aus seiner Beteiligung an der A-GmbH erklärte er nicht. Der Kläger stellte jeweils Anträge auf Günstigerprüfung, jedoch keine Anträge auf Regelbesteuerung gem. § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG. Hierfür hatte er bei der Abgabe seiner Einkommensteuererklärungen keinen Anlass gesehen, da er von Einkünften aus nichtselbstständiger oder selbstständiger Arbeit ausging. Erst nachdem das Finanzamt im Rahmen einer Außenprüfung einen Teil des Geschäftsführergehaltes, der Entgelte für Beratungsleistungen und der Tantieme als verdeckte Gewinnausschüttungen beurteilt hatte, stellte der Kläger Anträge auf Regelbesteuerung. In den geänderten Einkommensteuerbescheiden erhöhte das Finanzamt die Kapitaleinkünfte um die verdeckten Gewinnausschüttungen. Es unterwarf diese nach Günstigerprüfung zwar der tariflichen Einkommensteuer, wendete jedoch das günstige Teileinkünfteverfahren nicht an.
  • Nach Auffassung des BFH findet das Teileinkünfteverfahren keine Anwendung. Allein der vom Kläger gestellte Antrag auf Günstigerprüfung führe nicht zu der begehrten anteiligen Steuerfreistellung der Einkünfte aus der A-GmbH. Den für eine solche anteilige Freistellung erforderlichen Antrag gem. § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG habe der Kläger erst nach der Abgabe der Einkommensteuererklärungen und damit nicht fristgerecht gestellt. Die in den Steuererklärungen enthaltenen Anträge auf Günstigerprüfung könnten nicht als fristgerechte konkludente Anträge für das Teileinkünfteverfahren angesehen werden. Der Steuerpflichtige könne sein Antragsrecht auch vorsorglich ausüben. Verzichte er auf einen solchen vorsorglichen Antrag, trage er das Risiko einer unzutreffenden Beurteilung von Einkünften im Rahmen seiner Steuererklärung.

STEUERRAT: GmbH-Gesellschafter und ihre Berater müssen im Zusammenhang mit Beteiligungen immer die "Glaskugel bemühen." Sprich: Eventuelle Steuerrisiken müssen vorausschauend abgeschätzt werden, um sehr frühzeitig entscheiden zu können, ob der Antrag nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG sinnvoll ist. ABER: Der BFH weist darauf hin, dass auch ein vorsorglicher (ggf. hilfsweiser) Antrag zur Regelbesteuerung zulässig ist. Das heißt, der Antrag wird mit der Abgabe der Steuererklärung vorsorglich bzw. hilfsweise für den Fall gestellt, dass das Finanzamt von höheren Kapitalerträgen als bislang angenommen ausgeht und die Regelbesteuerung daher günstiger wäre. Letztlich bietet es sich also an, einen solchen Antrag in begründeten Fällen immer zu stellen. Um Missverständnisse zu vermeiden: Der vorsorgliche Antrag zur Regelbesteuerung darf nicht mit dem Antrag auf Günstigerprüfung verwechselt werden. Auch hier geht es zwar darum, ob Kapitalerträge besser mit dem persönlichen Steuersatz als mit der 25-prozentigen Abgeltungsteuer besteuert werden. Dieser Antrag ist aber dennoch von dem Antrag nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG zu unterscheiden - so der BFH. Ein letzter Hinweis: Die zu der Thematik unter dem Az. 2 BvR 2167/15 eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde leider nicht zur Entscheidung angenommen (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 8.8.2019).

Weitere Informationen: Abgeltungsteuer: Wahlveranlagung in bestimmten Fällen

 

3. Abgeltungsteuer:
Vereinnahmte Stückzinsen aus Altanleihen doch steuerpflichtig

Beim Verkauf von verzinslichen Wertpapieren erhält der Verkäufer sog. Stückzinsen für die Zeit seit dem letzten Zinstermin. Diese vereinnahmten Stückzinsen waren bis 2008 als Kapitalertrag steuerpflichtig. Doch seit 2009 sind sie Teil des Veräußerungserlöses. Der Veräußerungsgewinn ist steuerpflichtig und unterliegt der Abgeltungsteuer - aber nur bei Wertpapieren, die ab 2009 gekauft wurden! Gleichwohl müssen die Stückzinsen gesondert berechnet und dem Käufer in Rechnung gestellt werden (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG).

Und was gilt bei Wertpapieren, die vor 2009 erworben wurden? In diesem Fall bleibt aufgrund der Altregelung zwar der Veräußerungsgewinn nach einer Haltedauer von 12 Monaten steuerfrei, dies soll aber nicht für die Stückzinsen gelten. Mit dem Jahressteuergesetz 2010 wurde rückwirkend ab 2009 bestimmt, dass auch bei Altanlagen die Stückzinsen steuer- und abgeltungsteuerpflichtig sein sollen, wenngleich auch der Veräußerungsgewinn selbst steuerfrei bleibe (§ 52a Abs. 10 Satz 7 EStG, jetzt § 52 Abs. 28 Satz 16, Halbsatz 2 EStG; BMF-Schreiben vom 22.12.2009, BStBl. 2010 I S. 94, Tz. 49).

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass vereinnahmte Stückzinsen aus dem Verkauf von Altanleihen, die vor 2009 erworben wurden, ab 2009 auch dann steuerpflichtig sind und der Abgeltungsteuer unterliegen, wenn der Veräußerungsgewinn aus dieser Anleihe steuerfrei ist. Dies gilt auch für Stückzinsen, die vor der gesetzlichen Übergangsregelung in den Jahren 2009 und 2010 vereinnahmt wurden (BFH-Urteile vom 7.5.2019, VIII R 22/15 und VIII R 31/15).

Der BFH ordnet Stückzinsen, die ab dem 1.1.2009 zufließen, als Teil des Gewinns aus der Veräußerung einer Kapitalforderung gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG ein. Die spätere Festschreibung der Steuerpflicht der Stückzinsen durch das JStG 2010 habe lediglich die bestehende Rechtslage klargestellt. Die Stückzinsen seien bis Ende 2008 und auch ohne die Regelung in § 52a Abs. 10 Satz 7 Halbsatz 2 EStG i.d.F. JStG 2010 nach Einführung der Abgeltungsteuer und damit ab 2009 steuerpflichtige Kapitaleinkünfte gewesen.

Weitere Informationen: Abgeltungsteuer: Wie Zinsanlagen im Einzelnen besteuert werden

 

VI. Eigenheim und Vermietung

1. Mecklenburg-Vorpommern:
Straßenbaubeiträge weg, Grunderwerbsteuer ´rauf

Seit vielen Jahren kämpfen Immobilienbesitzer für die Abschaffung der Straßenbaubeiträge, so unter anderem in Nordrhein-Westfalen und Mecklenburg-Vorpommern. Tatsächlich waren sie in Mecklenburg-Vorpommern erfolgreich - die Beiträge entfallen. Doch: Zeitgleich mit der Abschaffung der Straßenbaubeiträge ist eine Erhöhung der Grunderwerbsteuer von 5 auf 6 Prozent beschlossen worden, und zwar bereits zum 1.7.2019. Begründung für die Erhöhung: Mit Abschaffung der Straßenbaubeiträge haben die Kommunen als Träger der Straßenbaulast die volle Finanzierungslast zu tragen, ohne durch Beitragserhebung die Straßenbaukosten auf die bevorteilten Grundstückseigentümer anteilig abwälzen zu können. Daher sei eine Kompensation aus zusätzlichen Landesmitteln erforderlich, die ihrerseits über die Erhöhung der Grunderwerbsteuer finanziert werden soll. Dies erfordere im Übrigen die Änderung des Kommunalabgabengesetzes Mecklenburg-Vorpommern.

Weitere Hinweise: Informationen zur Grunderwerbsteuer

 

2. Baukindergeld:
Was gilt bei Zuzug oder Rückkehr aus dem Ausland?

Wer das Baukindergeld beantragt, muss gegenüber der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) den Nachweis über sein Haushaltseinkommen führen. Dazu müssen die Einkommensteuerbescheide des zweiten und dritten Kalenderjahres vor Antragseingang des Antragstellers und - sofern vorhanden - des im Haushalt lebenden Ehe- oder Lebenspartners oder des Partners einer eheähnlichen Gemeinschaft vorgelegt werden. Bei Antragseingang in 2019 sind mithin die Einkommensteuerbescheide aus den Jahren 2016 und 2017 einzureichen.

Offenbar mehren sich die Fälle, in denen das neue Baukindergeld beantragt wird, die Eigentümer der Immobilie in den vergangenen Jahren aber gar nicht veranlagt worden sind und daher keine Steuerbescheide vorweisen können. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn die Antragsteller in der Vergangenheit im Ausland gewohnt haben. Das ist misslich, denn die KfW pocht auf die Bescheide. Doch was tun?

Relativ einfach zu lösen sind die Fälle, in denen eine Veranlagung zur Einkommensteuer mangels Antrags unterblieben ist, die Steuerbürger also zur Abgabe einer Steuererklärung nicht verpflichtet waren. Hier kann nun für die alten Jahre eine Veranlagung beantragt werden. Sobald die Steuerbescheide vorliegen, können diese der KfW zur Verfügung gestellt werden.

Was aber, wenn die Immobilienbesitzer weder beschränkt noch unbeschränkt einkommensteuerpflichtig waren, weil sie etwa in den Jahren 2016 und 2017 im Ausland gewohnt haben und auch kein Einkommen in Deutschland erzielt haben? In diesen Fällen kann selbst auf Antrag keine Veranlagung zur Einkommensteuer durchgeführt werden, denn es hat weder eine beschränkte oder noch eine unbeschränkte Steuerpflicht vorgelegen. Die Finanzverwaltung hüllt sich zu dem Problem - soweit ersichtlich - bislang in Schweigen.

Nach Informationen von Steuerrat24 wurden die Fälle zunächst "gesammelt", allerdings sollte eine Klärung des Problems alsbald erfolgen. AKTUELL ist diese Klärung erfolgt, wie Steuerrat24 auf Nachfrage seitens der KfW mitgeteilt worden ist. Die KfW schreibt: "Zuwanderer/Rückkehrer/Grenzgänger legen eine beglaubigte Übersetzung der ausländischen Einkommensteuerbescheide oder Gehaltsbescheinigung der relevanten Jahre vor. Vom Bruttoeinkommen werden 15 % abgezogen und dann die Einhaltung der Einkommensgrenze geprüft."

Ursprünglich wollte die KfW eine Bescheinigung des deutschen Wohnsitzfinanzamts haben. Dieses sollte bestätigen, dass keine Informationen über steuerlich relevante Einkünfte des Antragstellers im betreffenden Kalenderjahr vorliegen und keine einkommensteuerpflichtigen Einkünfte in Deutschland erzielt wurden. Diese formlose Bestätigung sollte der Antragsteller anstelle der fehlenden Einkommensteuerbescheide im KfW-Zuschussportal hochladen. Dazu nun die KfW: "Die Bescheinigung darüber, dass kein deutsches Einkommen erzielt wurde, entfällt inzwischen."

Ausführliche Informationen: Eigenheim-Förderung: Das neue Baukindergeld

 

3. Finanzierung:
Schuldzinsen bei Umschuldung eines Fremdwährungsdarlehens

Zur Finanzierung eines Eigenheims oder einer Eigentumswohnung wurden vor Jahren oftmals Darlehen in Schweizer Franken aufgenommen, weil der Umrechnungskurs zum Euro sehr vorteilhaft war. Doch am 15.1.2015 hat die Schweizer Notenbank die Bindung des Franken an den Euro beendet und den Euro-Mindestkurs von 1,20 Franken aufgegeben. Daraufhin stürzte der Euro zum Franken kräftig ab, d.h. für die Schuldzinsen (und die Tilgung) mussten mehr Euros bezahlt werden. Hatte man im Jahre 2010 für 1 CHF nur 0,67 EUR zu bezahlen, so waren im Jahre 2015 immerhin 0,96 EUR fällig. Also kein Wunder, dass Umschuldungen vorgenommen wurden und dabei Wechselkursverluste entstanden, die ebenfalls über das Darlehen abgedeckt wurden. Die Frage ist zum einen, ob die Kursverluste als Werbungskosten absetzbar sind. Zum anderen ist die Frage, ob die Schuldzinsen für das Umschuldungsdarlehen als Werbungskosten absetzbar sind, soweit sie auf den Wechselkursverlust entfallen.

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof beide Fragen verneint: Werden mit dem Umschuldungsdarlehen Kursverluste aus einem Fremdwährungsdarlehen ausgeglichen, sind weder die Kursverluste noch die Schuldzinsen zur Finanzierung dieser Verluste als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar. Das Wechselkursrisiko ist (positiv wie negativ) nicht durch die Vermietung und Verpachtung veranlasst, auch wenn das auf fremde Währung lautende Darlehen zur Bezahlung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten verwendet worden ist. Der Mehraufwand fällt wie die Tilgung in die (nicht steuerbare) Vermögenssphäre (BFH-Urteil vom 12.3.2019, IX R 36/17).

  • Der Fall: Der Kläger erwarb zwei Eigentumswohnungen, die er nach anfänglicher Selbstnutzung vermietete. Zur Finanzierung nahm er ein Fremdwährungsdarlehen in Schweizer Franken auf. Im Laufe der Jahre hatte sich die Rückzahlungsverpflichtung - umgerechnet in Euro - drastisch erhöht. Der Kläger nahm deshalb ein Darlehen in Euro auf und verwendete die Valuta dazu, um Schweizer Franken zu erwerben und das Fremdwährungsdarlehen zurückzuzahlen. Das Finanzamt versagte aber den Abzug der Schuldzinsen, die mit dem Währungsverlust bzw. dessen Finanzierung in Zusammenhang stünden. Der BFH bestätigte die Auffassung der Finanzverwaltung.
  • Ist schon der Fremdwährungskursverlust nicht durch die Vermietung und Verpachtung veranlasst, so gilt dies erst recht für die Schuldzinsen zur Finanzierung dieses Kursverlusts so der BFH. Mit der Umschuldung des Fremdwährungsdarlehens wird der Kursverlust realisiert und bezahlt. Weder die erhöhten Rückzahlungsbeträge noch die auf deren Finanzierung entfallenden Schuldzinsen können bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten abgezogen werden.
  • Die Kaufpreisverpflichtung lautete auf EUR, das Darlehen auf CHF. Um die Anschaffungskosten bezahlen zu können, hat der Kläger bei der Darlehensaufnahme auch ein Umtauschgeschäft vorgenommen. Dadurch wird zwar die Verwendung der Darlehensvaluta nicht grundsätzlich infrage gestellt, so dass der Veranlassungszusammenhang zwischen dem (Fremdwährungs-)Darlehen und der Bezahlung von Anschaffungskosten zu bejahen ist. Der Kläger hat aber nicht nur die Verpflichtung zur Rückzahlung des Darlehens, sondern zugleich das Wechselkursrisiko übernommen, welches nicht durch die (spätere) Vermietung und Verpachtung veranlasst ist. Das Wechselkursrisiko hat sich im Zeitpunkt der Anschaffung nicht ausgewirkt, aber im Zeitpunkt der Umschuldung. Das umgeschuldete Darlehen war nur in Höhe der ursprünglichen Anschaffungskosten durch die (spätere) Vermietung und Verpachtung veranlasst. In Höhe des bei Umschuldung realisierten Währungskursverlusts besteht dieser Zusammenhang nicht. Das Umschuldungsdarlehen ist deshalb aufzuteilen.

Weitere Informationen: Vermietung: Finanzierungskosten

 

4. Entschädigungen:
Sofortversteuerung oder Verteilung über die Laufzeit?

Mit dem Bau von Straßen, Kraftwerken, Wohnsiedlungen u.a. werden fast immer Natur und Landschaft beeinträchtigt. Nach dem Grundsatz "Was der Natur aufgrund von Baumaßnahmen oder anderen Eingriffen genommen wird, muss ihr wieder zurückgegeben werden" ist gemäß § 15 des Bundesnaturschutzgesetzes der Verursacher verpflichtet, unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege auszugleichen (Ausgleichsmaßnahmen) oder zu ersetzen (Ersatzmaßnahmen). Hat der Verursacher keine Möglichkeit, auf eigenen Flächen der Natur dienliche Maßnahmen durchzuführen, muss - und dies ist der Regelfall - auf land- oder forstwirtschaftliche Flächen zurückgegriffen werden. Hierzu schließt er mit einem Land- und Forstwirt einen Nutzungsvertrag über Ausgleichsflächen. Darin verpflichtet sich der Land- und Forstwirt, Flächen des Betriebs mit Naturschutzauflagen zu belasten und anschließend dauerhaft unter Wahrung und Förderung naturschutzrechtlicher Aspekte weiter zu bewirtschaften. Zur Absicherung der Maßnahmen wird in der Regel eine "beschränkt persönliche Dienstbarkeit" in das Grundbuch eingetragen. Für diese Nutzungsüberlassung erhält der Land- und Forstwirt eine einmalige Entschädigung, die als Betriebseinnahmen zu versteuern ist. Dies ist unstrittig. Umstritten aber ist, ob die Entschädigung sofort in vollem Umfang sofort zu versteuern ist oder ob sie über die Vertragslaufzeit verteilt werden darf.

  • Nach Auffassung des Bundesfinanzministeriums sind bei einem Landwirt mit Einnahmenüberschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG die Betriebseinnahmen in dem Wirtschaftsjahr zu versteuern, in dem sie zugeflossen sind (BMF-Schreiben vom 3.8.2004, IV A 6-S 2132 a-2/03).
  • Im Jahre 2013 hat das FG Münster entschieden, dass eine Entschädigungszahlung auf einen Zeitraum von 20 Jahren verteilt werden kann, mithin pro Jahr nur 1/20 der Summe zu versteuern ist (FG Münster vom 19.2.2013, 10 K 2176/10 E).
  • Gesetzlich gilt: Einnahmen sind innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind (§ 11 Abs. 1 Satz 1 EStG). Als Ausnahme von diesem Grundsatz sieht § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG vor, dass der Steuerpflichtige Einnahmen für eine Nutzungsüberlassung insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig verteilen kann, für den die Vorauszahlung geleistet wird, sofern dieser mehr als fünf Jahre beträgt.

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass ein Landwirt eine einmalige Entschädigung für eine Nutzungsüberlassung zur Durchführung naturschutzrechtlicher Ausgleichsmaßnahmen gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG auf den Vorauszahlungszeitraum verteilen kann, wenn der Nutzungsüberlassungs- und der Vorauszahlungszeitraum mehr als fünf Jahre beträgt (BFH-Urteil vom 4.6.2019,VI R 34/17).

Der Fall: Ein Landwirt mit Einnahmenüberschussrechnung schließt einen Gestattungsvertrag ab, in dem er einem Kraftwerksbetreiber einige Grundstücke für naturschutzrechtliche Kompensationsmaßnahmen überlässt. Der Vertrag läuft auf unbestimmte Zeit und endet mit dem vollständigen Rückbau des Kraftwerks und der vollständigen Rekultivierung der Vorhabensfläche. Hierzu lässt er eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit im Grundbuch eintragen. Dafür erhält er ein einmaliges Gestattungsentgelt in Höhe von 638.525 EUR zuzüglich Umsatzsteuer. Das Finanzamt will den Betrag in voller Höhe sofort versteuern, der Landwirt möchte die Entschädigung auf 25 Jahre verteilen und nur 1/25 pro Jahr versteuern. Nach Auffassung des BFH ist eine Verteilung der Entschädigungszahlung auf 25 Jahre rechtens.

SCHWIERIG zu verstehen ist hingegen ein anderes Urteil des BFH: Hier hat der BFH entschieden, dass eine einmalige Entschädigungszahlung für die Nutzung eines Grundstücks als Überflutungsfläche für den Betrieb der Hochwasserrückhaltung in vollem Umfang sofort zu versteuern ist. Eine Verteilung auf die Vertragslaufzeit sei nicht zulässig. Auch hier hatte der Landwirt eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit im Grundbuch eintragen lassen (BFH-Urteil vom 21.11.2018, VI R 54/16; vgl. SteuerSparbrief Juli-August 2019).

Die steuerliche Verteilung der Entschädigung scheitert hier am Begriff der "Nutzungsüberlassung". Der BFH hat die Gestattung des Landwirts zur Nutzung seines Grundstücks kurioserweise nicht als eine "Nutzungsüberlasung" gewertet. Vielmehr habe der Landwirt die Entschädigung für die Eintragung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit erhalten, die das Recht des Landes dinglich absicherte, das belastete Grundstück als Überflutungsfläche für den Betrieb der Hochwasserrückhaltung zu nutzen. Die Zahlung stelle hiernach kein Entgelt für die (zeitlich begrenzte) Nutzung, sondern für die dauerhafte dingliche Belastung des Grundstücks dar. Es kommt hinzu, dass nach dem Planfeststellungsbeschluss die Enteignung zum Wohl der Allgemeinheit für zulässig erklärt wurde. Eine "Nutzungsüberlassung" liege - so der BFH - nicht vor, wenn der Steuerpflichtige zur Vermeidung einer sonst zulässigen förmlichen Enteignung daran mitwirkt, durch vertragliche Vereinbarung eine dem Ergebnis eines möglichen Enteignungsverfahrens entsprechende Beschränkung seines Eigentums gegen Entschädigung zu gestatten. Aha!

ERFREULICH ist wiederum ein anderes Urteil des BFH: Dieser hatte zu Gunsten der Grundstückseigentümer entschieden, dass eine Einmalentschädigung für die Überspannung eines Grundstücks mit einer Hochspannungsleitung überhaupt nicht steuerpflichtig ist. Wird die Erlaubnis erteilt, um einer drohenden Enteignung zuvorzukommen, liegen weder Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung noch sonstige Einkünfte vor. Vielmehr handelt es sich um steuerfreie Einnahmen in der Vermögenssphäre. Doch anders als in den beiden oben genannten Fällen ging es nicht um ein Grundstück im Betriebs-, sondern im Privatvermögen (BFH-Urteil vom 2.7.2018, IX R 31/16).

Nach Auffassung der BFH-Richter erzielt der Grundstückseigentümer mit der Entschädigung keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, denn es wird nicht die zeitlich vorübergehende Nutzungsmöglichkeit am Grundstück vergütet, sondern die unbefristete dingliche Belastung des Grundstücks mit einer Dienstbarkeit und damit die Aufgabe eines Eigentumsbestandteils. Die Nutzung des Grundstücks ist durch die Vereinbarung nicht eingeschränkt. Es liegen aber auch keine Einkünfte aus sonstigen Leistungen vor. Von dieser Einkunftsart werden Vorgänge nicht erfasst, die Veräußerungen oder veräußerungsähnliche Vorgänge im privaten Bereich darstellen. Außerdem wäre der Grundstückseigentümer wohl teilweise zwangsenteignet worden, wenn er der Überspannung seines Grundstücks nicht zugestimmt hätte. Wer seiner drohenden Enteignung zuvorkommt, erbringt jedoch keine Leistung im Sinne dieser Vorschrift. 

 

5. Finanzierung:
Zuordnung von Darlehen muss rechtzeitig erfolgen

Beim Erwerb oder der Herstellung eines teilweise vermieteten und teilweise selbstgenutzten Gebäudes kann eine geschickte Zuordnung der Darlehen enorme Steuervorteile bringen.

Beispiel:
Familie Heinzmann erwirbt ein Zweifamilienhaus mit zwei gleich großen Wohnungen zum Preis von 300.000 EUR. Die Wohnung im Obergeschoss wird vermietet und die Wohnung im Erdgeschoss selbst genutzt. Herr Heinzmann hat dafür gesorgt, dass der Kaufpreis im notariellen Kaufvertrag entsprechend dem Verhältnis der jeweiligen Wohnflächen aufgeteilt wurde. Er hat 200.000 EUR Eigenmittel und muss somit eine Hypothek von 100.000 EUR aufnehmen. Er darf - steuerlich zulässig - das Darlehen allein der vermieteten Wohnung zuordnen und die Darlehenszinsen als Werbungskosten absetzen.

Allerdings haben viele Hausbesitzer bei diesem Gestaltungsmodell in der Vergangenheit Fehler begangen, so dass die beabsichtigte Steuerersparnis ins Leere gelaufen ist. Denn zum einen muss die Aufteilung - wie im Beispiel - auch tatsächlich im Kaufvertrag vollzogen worden sein. Und zum anderen muss die Bank das Darlehen auf ein separates Konto überweisen, so dass sichergestellt ist, dass anschließend auch tatsächlich mit diesen Mitteln die Anschaffungskosten der vermieteten Wohnung finanziert worden sind. Fatal wäre es, wenn sich auf dem Konto auch Eigenmittel befinden würden. Denn dann käme es zu einer "Vermischung" von Eigen- und Fremdmitteln und es wäre nicht mehr nachvollziehbar, ob und inwieweit nun das eigene Geld oder das Geld der Bank für die - anteilige - Kaufpreiszahlung eingesetzt worden ist. Eine rein gedankliche Aufteilung reicht nicht aus.

Fehler können nicht geheilt werden

Nun ist verständlicherweise die Überlegung aufgekommen, ob der Fehler der "Geldvermischung" rückwirkend geheilt werden kann. Um es vorweg zu nehmen: Nein, er kann nicht korrigiert werden. Es gab zwar einen Hoffnungsschimmer, da gegen ein Urteil des Finanzgerichts (FG) Köln und ein weiteres Urteil des FG Baden-Württemberg die Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) zugelassen worden ist (FG Köln 5.7.2017, 3 K 2048/16, Rev. IX R 2/18; FG Baden-Württemberg 6.4.2017, 2 K 196/16, Rev. IX R 1/18). Der BFH hat nun aber die Revision gegen das Kölner Urteil zurückgewiesen (BFH-Urteil vom 12.3.2019, IX R 2/18).

  • Dem Urteil des FG Köln lag - vereinfacht - folgender Fall zugrunde: Ehegatten hatten im Jahre 2007 ein Mehrfamilienhaus erworben. Rund 20 Prozent der Wohnfläche nutzen sie selbst, der Rest ist vermietet. Im notariellen Kaufvertrag sind die Anschaffungskosten auch tatsächlich auf die unterschiedlichen Gebäudeteile (selbstgenutzte / vermietete Wohnungen) aufgeteilt worden. Allerdings sind die Darlehensmittel durch die Bank auf ein Girokonto überwiesen worden, auf dem sich auch die Eigenmittel der Eheleute befanden, sodass es zu einer Vermischung von Eigen- und Fremdmitteln auf diesem einheitlichen Konto mit der Folge gekommen war, dass diese Mittel nicht mehr voneinander zu unterscheiden gewesen waren. Von diesem Konto war sodann der vollständige Kaufpreis für das gesamte Objekt gezahlt worden. Dementsprechend konnten die Darlehen und Schuldzinsen nicht mehr dem rein vermieteten Gebäudeteil zugeordnet werden. Folge: Die Schuldzinsen waren nur zu 80 % und nicht zu 100 % abziehbar.
  • Im Jahre 2015 erklärten die Eheleute gegenüber ihrer Bank den Widerruf der Darlehensverträge, da die Widerrufsbelehrung nicht den gesetzlichen Bestimmungen entsprochen habe. Die Darlehensverträge wurden daraufhin aufgelöst; die Steuerpflichtigen nahmen anschließend bei einer anderen Bank neue Darlehen auf. Gegenüber dem Finanzamt vertraten die Eheleute die Auffassung, diese Darlehen seien wie Neuverträge anzusehen und der seinerzeit begangene Fehler könne sozusagen rückwirkend geheilt werden. Sie beantragten daraufhin die Änderung eines älteren Einkommensteuerbescheids (hier: für das Jahr 2013).
  • Das FG Köln und nun auch der BFH lehnten eine Änderung ab. Der tatsächliche Vorgang der seinerzeitigen Zahlung lasse sich weder durch eine Umschuldungsmaßnahme noch durch eine Rückabwicklung der betreffenden Kredite ungeschehen machen. Es sei kein "rückwirkendes Ereignis". Die Umschuldung oder Rückabwicklung der ursprünglichen Darlehen und ihr Ersatz durch neue Kreditmittel führe allein dazu, dass an die Stelle der ursprünglichen Kredite nunmehr neue Fremdmittel getreten seien. Da der ursprüngliche Kredit aber bereits nur anteilig zur Finanzierung der Anschaffungskosten des fremdvermieteten Gebäudeteils und hinsichtlich des Restanteils zur Finanzierung der Anschaffungskosten des selbstgenutzten Gebäudeteils verwandt worden sei, führten sowohl die Umschuldung als auch die Rückabwicklung der ursprünglichen Darlehen auch nur dazu, dass an deren Stelle die neuen Kreditmittel treten. Es fände mithin nur ein Austausch der Kreditmittel statt.

STEUERRAT: Die BFH-Richter geben in dem Urteil für ähnliche Fälle einen "Wink mit dem Zaunpfahl. Die Rückabwicklung eines gegenseitigen Vertrags führe dann zur Annahme eines rückwirkenden Ereignisses, wenn die Beteiligten des Vertrags die Rückbeziehung auf einen früheren Zeitpunkt vereinbart und die gegenseitigen Leistungen einander zurückgewährt haben, also die wirtschaftlichen Folgen des Vertrags rückgängig machen. Im Besprechungsfall hätten die empfangenen Leistungen von den Klägern und der Bank samt Nutzungsentschädigung Zug-um-Zug zurückgewährt werden müssen. Soweit möglich, sollte in entsprechenden Fällen also auf derartige Vertragsvereinbarungen geachtet werden. Aber natürlich müssen die Banken mitspielen - und diese dürften von einem Widerruf der Darlehensverträge nicht begeistert sein. Zudem hat auch die "echte" Rückabwicklung von Darlehensverträgen einen Haken: Der Fiskus meint, dass ein Nutzungsersatz, den der Darlehensnehmer aus der Rückabwicklung eines Darlehensvertrages für die von ihm an den Darlehensgeber (Bank) erbrachten Leistungen erhält, steuerpflichtige Kapitalerträge gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG darstellen. Und davon müsse die Bank Kapitalertragsteuer einbehalten und gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 7b EStG ans Finanzamt abführen (BMF-Schreiben vom 12.4.2018, BStBl 2018 I S.624 Tz. 8b; vgl. SteuerSparbrief Februar 2019).

Weitere Informationen: Vermietung: Finanzierungskosten

 

6. Grunderwerbsteuer:
Das "Aus" für die Steuerfalle "einheitliches Vertragswerk"?

Beim Kauf eines bebauten oder unbebauten Grundstücks entsteht Grunderwerbsteuer. Sie wird ebenfalls fällig, wenn Sie ein Grundstück von einem Bauunternehmen kaufen und sich von diesem ein Haus darauf errichten lassen oder gleich ein schlüsselfertiges Eigenheim erwerben - und zwar auf den Gesamtpreis! "Erstreckt sich der Erwerbsvorgang auf ein noch zu errichtendes Gebäude, ist der Wert des Grundstücks nach den tatsächlichen Verhältnissen im Zeitpunkt der Fertigstellung des Gebäudes maßgebend" (§ 8 Abs. 2 Satz 2 GrEStG). Nach geltender Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) stellen Kauf des Grundstücks und Bau des Hauses ein "einheitliches Vertragswerk" dar. Dadurch entsteht eine Doppelbelastung, denn die Bauherren müssen einerseits Umsatzsteuer für die Baukosten des späteren Gebäudes und andererseits auch noch Grunderwerbsteuer auf die Herstellungskosten zahlen.

Die Doppelbelastung ist schon oft kritisiert worden; die Kritik ist aber vom BFH in schöner Regelmäßigkeit zurückgewiesen worden. Zuletzt gipfelte die Kritik im Jahre 2018 in einer "Schimpftirade" des Niedersächsischen Finanzgerichts. Die Rechtsprechung des II. Senats des BFH verstoße gegen das Grunderwerbsteuergesetz, gegen die Einheit der Steuerrechtsordnung, gegen das verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgebot, gegen das Verfahrensgrundrecht des Bürgers auf seinen gesetzlichen Richter und gegen europäisches Gemeinschaftsrecht. Die Rechtsprechung sei gesetzes- und rechtswidrig (Beschluss vom 22.3.2018, 7 K 150/17).

AKTUELL weist die Geschäftsstelle des 7. Senats des Niedersächsischen FG darauf hin, dass der Beschluss unanfechtbar geworden ist. Der Beschluss ist zwar "nur" in einer Kostensache ergangen. Das heißt, die Kosten des FG-Prozesses wurden dem Finanzamt auferlegt. Die Begründung der Entscheidung lässt aber eindeutig darauf schließen, dass der Steuerzahler und Häuslebauer in vollem Umfang obsiegt hat, letztlich also keine Grunderwerbsteuer auf die Baukosten entrichten musste. Folglich haben wir die seltsame Situation, dass es in Niedersachsen offenbar die Rechtskonstruktion des "einheitlichen Vertragswerks" nicht mehr gibt.

Damit scheint Niedersachsen - zumindest für kurze Zeit - eine bundesweite Sonderrolle einzunehmen, denn es ist kaum vorstellbar, dass die Finanzverwaltung das Ergebnis in anderen Fällen und schon gar nicht bundesweit hinnehmen wird. Wer aber das Glück hat, mit seiner Klage gegen einen Grunderwerbsteuerbescheid beim 7. Senat des Niedersächsischen FG zu landen, kann sich möglicherweise (auch) in Zukunft darauf freuen, dass seine Baukosten von der Grunderwerbsteuer verschont bleiben.

STEUERRAT: Betroffene sollten sich in ähnlichen Fällen gegen ihre Grunderwerbsteuerbescheide zur Wehr setzen und auf den aktuellen FG-Beschluss verweisen. Allerdings sind die Erfolgsaussichten außerhalb Niedersachsens zugegebenermaßen eher bescheiden, denn der BFH hat in der Vergangenheit bereits mehrfach die Urteile des Niedersächsischen FG "kassiert" (Urteile des BFH vom 4.12.2014, II R 22/13 und vom 1.10.2014, II R 32/13). Etwas Hoffnung könnte allenfalls dadurch aufkeimen, dass der langjährige Vorsitzende Richter des II. BFH-Senats im Juli 2015, also nach den genannten Urteilen, in den Ruhestand getreten ist. Es wäre nicht das erste Mal in der Geschichte des BFH, dass eine Neubesetzung eines Senats zu einer Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung geführt hat.

Weitere Hinweise: Informationen zur Grunderwerbsteuer

 

7. Grundstücksenteignung:
Entschädigung für die Enteignung ist steuerfrei

Private Veräußerungsgeschäfte sind u.a. Veräußerungsgeschäfte mit Häusern, Wohnungen und Grundstücken, sofern der Zeitraum zwischen Anschaffung und Verkauf nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Bei Verkäufen innerhalb dieser Spekulationsfrist bleiben Gewinne bis 599 EUR im Jahr steuerfrei und sind - sofern höher - in voller Höhe als "sonstige Einkünfte" mit dem individuellen Steuersatz zu versteuern (§ 23 Abs. 3 EStG).

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass die Enteignung eines Grundstücks gegen den Willen des Eigentümers keine Veräußerung und somit kein privates Veräußerungsgeschäft darstellt. Folglich ist eine Entschädigung für die Enteignung auch innerhalb des Zehn-Jahres-Zeitraums nicht steuerpflichtig (BFH-Urteil vom 23.7.2019, IX R 28/18).

  • Der Fall: Der Ehemann erwarb im Jahr 2005 das Alleineigentum an einem unbebauten Grundstück. Im Jahr 2008 führte die Stadt ein Bodensonderungsverfahren durch und erließ dabei in Bezug auf das Grundstück einen sog. Sonderungsbescheid gegenüber dem Ehemann, infolgedessen das Eigentum auf die Stadt übergehen sollte. Als Entschädigung für den Eigentumsübergang zahlte die Stadt einen Betrag von 600.000 EUR an den Ehemann. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Enteignung des Grundstücks durch die Stadt ein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft darstellt, da zwischen Erwerb und Enteignung weniger als zehn Jahre vergangen seien und deshalb ein Veräußerungsgewinn von rund 175.000 EUR zu versteuern sei. Drei Jahre später sind dann sogar noch einmal 43.500 EUR versteuert worden, da die Entschädigungssumme nach einem Klageverfahren erhöht worden ist.
  • Nach Auffassung der BFH-Richter ist die hoheitliche Übertragung des Eigentums an dem Grundstück auf die Stadt nicht als Veräußerungsgeschäft anzusehen. Die Begriffe "Anschaffung" und "Veräußerung" würden entgeltliche Erwerbs- und Übertragungsvorgänge erfassen, die wesentlich vom Willen des Steuerpflichtigen abhängen; sie müssen Ausdruck einer wirtschaftlichen Betätigung sein. An einer willentlichen Übertragung auf eine andere Person fehle es, wenn - wie im Falle einer Enteignung - der Verlust des Eigentums am Grundstück ohne maßgeblichen Einfluss des Steuerpflichtigen (und ggf. auch gegen seinen Willen) stattfindet. Diese am Wortlaut orientierte Gesetzesauslegung entspreche dem historischen Willen des Gesetzgebers; sie sei auch vor dem Hintergrund eines systematischen Auslegungsansatzes folgerichtig.

Weitere Informationen:

 

VII. Renten und Pensionen

1. Riester-Rente:
Abfindung einer Kleinbetragsrente vor 2018 steuerbegünstigt?

Riester-Renten sind nur dann mittels Zulage und ergänzendem Sonderausgabenabzug begünstigt, wenn sie lebenslange Rentenzahlungen vorsehen. Unschädlich ist eine Kapitalzahlung in Höhe von 30 % des Sparkapitals zu Rentenbeginn. Förderunschädlich ist auch die Abfindung einer Kleinbetragsrente zu Beginn der Auszahlungsphase, ohne dass die gewährten Zulagen und Steuervorteile zurückgezahlt werden müssen (§ 93 Abs. 3 EStG). Eine Kleinbetragsrente liegt vor, wenn die monatliche Rente nicht höher ist als ein Prozent der monatlichen Bezugsgröße gemäß § 18 SGB IV (2019 = 31,15 EUR in West und 28,70 EUR in Ost). Die Frage ist, wie die Besteuerung dieser Abfindungszahlung erfolgt.

Nach der Rechtslage bis 2017 war die Abfindung einer Kleinbetragsrente - ebenso wie eine laufende Riester-Rente - in voller Höhe steuerpflichtig gemäß § 22 Nr. 5 EStG. Eine Steuerermäßigung mittels Fünftel-Regelung nach § 34 EStG wegen mehrjähriger Vergütung kam nicht in Betracht, denn es handelte sich nicht um "außerordentliche Einkünfte". Diese Auffassung hatte das Finanzgericht Berlin-Brandenburg bestätigt (FG Berlin-Brandenburg vom 24.1.2018, 7 K 7032/16).

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof zur Rechtslage vor 2018 bestätigt, dass eine Kapitalabfindung aus einem Riester-Vertrag in vollem Umfang steuerpflichtig ist (gemäß § 22 Nr. 5 Satz 1 EStG). Dies ist unstrittig. Doch zweifelhaft ist, ob die Steuerermäßigung mittels Fünftel-Regelung von vornherein verneint werden kann. Falls nämlich die Abfindung nicht dem vertragsgemäßen oder dem typischen Ablauf entspricht, käme die Steuerermäßigung in Betracht. Entscheidend sei, ob die Kapitalisierung laufender Riester-Renten als typisch oder atypisch anzusehen ist (BFH-Urteil vom 11.6.2019, X R 7/18).

  • Die BFH-Richter erklären, dass die Kapitalabfindung eines Anspruchs auf laufende Altersbezüge grundsätzlich als Vergütung für mehrjährige Tätigkeit anzusehen und damit die wesentliche Voraussetzung für die Fünftel-Regelung erfüllt ist (§ 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG). Denn die "Tätigkeit" besteht bei Altersbezügen in der früheren Leistung von Beiträgen. Die Voraussetzung der Mehrjährigkeit ist erfüllt, wenn die Beiträge über mindestens zwei Veranlagungszeiträume und mehr als zwölf Monate geleistet wurden. So weit, so gut.
  • Nun aber macht der BFH das Recht wieder einmal kompliziert: Für die Steuerermäßigung muss die Abfindungszahlung "außerordentlich" sein. Dies ist sie, wenn sie "nicht dem vertragsgemäßen oder dem typischen Ablauf entspricht". Dass im Vertrag die Möglichkeit der Kapitalisierung einer Kleinbetragsrente von Anfang an vorgesehen war, steht der Fünftel-Regelung nicht zwingend entgegen. Vielmehr ist entscheidend, ob die Kapitalisierung als "atypisch" anzusehen ist.
  • Was bitteschön ist "atypisch"? Für diese Beurteilung ist nicht allein "auf die Teilmenge der Kleinbetragsrenten abzustellen, sondern auf sämtliche Altersvorsorgeverträge, deren Auszahlungsphase während der Geltung der im Streitjahr maßgebenden Rechtslage - also von 2005 bis 2017 - begonnen hat." Wie bitte!? Der BFH erläutert, dass der Gesetzgeber selbst die Kapitalisierungsmöglichkeit bei Riester-Renten wohl nicht als atypisch ansieht, weil er mehrere Möglichkeiten zur Kapitalisierung der laufenden Renten eingeführt hat, so die Abfindung einer Kleinbetragsrente oder die Einmalauszahlung bis zu 30 % des Sparkapitals zu Rentenbeginn. Dennoch muss die Vorinstanz nochmals anhand statistischen Materials prüfen, ob es sich bei den Kleinbetragsrenten um atypische Einzelfälle handelt.

ACHTUNG: Seit dem 1.1.2018 gilt eine vorteilhafte neue Rechtslage: Jetzt ist im Gesetz geregelt, dass Abfindungen einer Kleinbetragsrente mittels Fünftel-Regelung steuerbegünstigt sind (gemäß § 34 EStG). Dies gilt auch für Verträge, die vor 2018 abgeschlossen wurden. Bei der Einmalzahlung handelt es sich zwar weiterhin nicht um außerordentliche Einkünfte, doch um die steuerlichen Folgen der Rentenabfindung abzumildern, ist nun die ermäßigte Besteuerung mittels Fünftel-Regelung entsprechend anzuwenden (§ 22 Nr. 5 Satz 13 EStG, eingefügt mit dem "Betriebsrentenstärkungsgesetz" vom 17.8.2017).

  • Seit 2018 hat der Rentenbezieher ein Wahlrecht hinsichtlich des Auszahlungszeitpunkts für die Abfindung der Kleinbetragsrente. Er kann zwischen der Einmalzahlung im Jahr des Beginns der Auszahlungsphase und dem darauffolgenden Jahr wählen (§ 1 Abs. 1 Nr. 4a AltvZertG).
  • Seit 2019 müssen die Leistungen aus Riester-Verträgen, die als Kleinbetragsrente ausgezahlt werden, in der Rentenbezugsmitteilung gesondert ausgewiesen werden. Nur so kann eine korrekte Besteuerung der ausgezahlten Leistungen mittels Fünftel-Regelung sichergestellt werden (§ 22a Abs. 1 Satz 1 EStG).
  • Wird im Fall der Scheidung für eine Riester-Rente in der Auszahlungsphase ein Versorgungsausgleich durchgeführt, reduziert sich dadurch natürlich die laufende Rentenzahlung. Sinkt die Rente aber nun unter die Grenze der Kleinbetragsrente, so kann diese förderunschädlich mittels Einmalbetrag abgefunden werden (§ 93 Abs. 3 Satz 4 EStG).

Weitere Informationen: Riester-Renten: Wie Beiträge und Renten steuerlich behandelt werden - Teil 3

 

VIII. Selbstständige

1. Fortbildung:
Kosten für den begleitenden Ehegatten sind nicht abziehbar

Bei beruflich veranlassten Auslandsreisen, z.B. zum Besuch eines Kongresses, werden die Teilnehmer oftmals von ihren Ehegatten begleitet. Zugegebenermaßen sind zumeist private Gründe für die Begleitung ausschlaggebend, zumal Kongresse und Fachtagungen oft in touristisch attraktiven Städten stattfinden. Doch in vielen Fällen wird die Begleitung des Ehepartners vom Veranstalter und anderen Teilnehmern erwartet, das heißt, die gemeinsame Auslandsreise ist Folge der wirtschaftlichen Stellung.

AKTUELL hat das Finanzgericht Münster entschieden, dass Aufwendungen für berufliche Auslandsreisen, die auf den begleitenden Ehepartner entfallen, grundsätzlich nicht abziehbar sind. Etwas anderes könne allenfalls gelten, wenn der Ehegatte fachlich vorgebildet ist oder zum Teilnehmer in einem Arbeits- oder Angestelltenverhältnis steht (Urteil vom 15.5.2019, 2 K 2355/18 E).

  • Der Fall: Ein Steuerberater und Wirtschaftsprüfer nahm in den Jahren 2008 und 2009 an internationalen Fachtagungen teil. Seine Ehefrau begleitete ihn zu den Reisen nach Delhi, Barcelona und Prag. Die Aufenthalte in diesen Städten wurden über die Veranstaltungsdauer hinaus verlängert. Das Finanzamt war der Auffassung, dass die Reisekosten für die Veranstaltungen privat veranlasst seien, soweit sie auf die privaten Reiseverlängerungen sowie auf die Kosten für die Ehefrau entfielen. Dementsprechend wurden die Aufwendungen nicht anerkannt. Die Finanzrichter haben dies bestätigt.
  • Begründung: Die Ehefrau habe den Kläger zwar bei der Aufnahme und Pflege von Kontakten zu ausländischen Berufsträgern unterstützt. Diese Unterstützungsleistung seien aber nicht über das Maß hinausgegangen, das § 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB von allen Eheleuten als gegenseitigen Beistand und Unterstützung verlangt. Die Ehefrau des Klägers sei fachlich in keiner Weise vorgebildet gewesen und stand zum Kläger auch in keinem Arbeits- oder Angestelltenverhältnis. Sie habe touristisch attraktive Länder und Städte bereist. Das Programm für Begleitpersonen zeichnete sich zudem durch einen hohen Freizeitwert aus. Selbst wenn die Teilnahme der Ehefrau einer Erwartungshaltung der anderen Teilnehmer entsprochen haben sollte, handele es sich bei den durch ihre Teilnahme an der Reise veranlassten Aufwendungen um solche der privaten Lebensführung, weil sie ganz vorrangig durch ihre Rolle als Ehefrau veranlasst waren, hinter der eine etwaige berufliche Motivation - falls überhaupt vorhanden - als gänzlich unbedeutend zurücktrat.
  • Das Finanzgericht hat die Kosten, die auf die Ehefrau entfielen, folglich nicht anerkannt. Gleiches gilt für die Kosten der privaten Reiseverlängerung. Soweit die Kosten nicht einwandfrei zuzuordnen waren, erfolgte die Aufteilung im Wege einer Schätzung. Bemerkenswert ist, dass die Hotelkosten nur hälftig berücksichtigt wurden. Auf die Ehefrau sollen also 50 Prozent der Übernachtungskosten entfallen sein.

HINWEIS: Bezüglich der Hotelkosten hätte man auch die Auffassung vertreten können, dass nur der Mehrpreis von einem Einzel- auf ein Doppelzimmer zu streichen gewesen wäre. Unseres Erachtens wäre dieses Ergebnis in aktuelleren Fällen, das heißt unter Berücksichtigung des Reisekostenrechts ab 2014, sogar zwingend gewesen. Zumindest bei Arbeitnehmern ist dies gesetzlich vorgeschrieben (§ 9 Abs. 1 Nr. 5a Satz 3 EStG).

 

2. GmbH:
Geringes Geschäftsführergehalt neben voller Pension möglich

In der Praxis sind die Fälle relativ häufig anzutreffen, in denen ein GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer auch bei Eintritt des Pensionsalters noch weiter tätig sein möchte. Die Finanzverwaltung - und leider auch der Bundesfinanzhof - verlangen aber, dass in einem solchen Fall die Pension nicht neben dem laufenden Gehalt gezahlt wird. Es gilt seit Jahren folgender Grundsatz: "In der Auszahlungsphase der Pension führt die parallele Zahlung von Geschäftsführergehalt und Pension - sowohl bei einem beherrschenden als auch bei einem nicht beherrschenden - Gesellschafter-Geschäftsführer zu einer verdeckten Gewinnausschüttung, soweit das Aktivgehalt nicht auf die Pensionsleistung angerechnet wird" (BMF-Schreiben vom 18.9.2017, BStBl 2017 I S. 1293; BFH-Urteil vom 23.10.2013 (I R 60/12).

AKTUELL lässt ein aktuelles Urteil des Finanzgerichts Münster zumindest im Einzelfall einen kleinen Silberstreif am Horizont erkennen. Danach darf im Einzelfall die volle Pension neben einem - geringen - Geschäftsführergehalt gezahlt werden (Urteil vom 25.7.2019, 10 K 1583/19 K).

  • Der Fall: Ende 1994 erteilte eine GmbH ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer eine Versorgungszusage. Im August 2010 ging der Geschäftsführer in Pension und es wurde eine neue Geschäftsführerin bestellt. Der bisherige Geschäftsführer war zu diesem Zeitpunkt 68 Jahre alt. Im März 2011 dann die Wende: Die neue Geschäftsführerin wurde offenbar geschasst und der Senior erneut zum Geschäftsführer bestellt. Die abermalige Bestellung war aus rein wirtschaftlichen Gründen der Gesellschaft notwendig geworden. Die GmbH schloss mit dem neuen Geschäftsführer einen Anstellungsvertrag. Als Vergütung erhielt er einen geringen Betrag; die Pension wurde aber nicht gekürzt. Ein Außenprüfer vertrat die Auffassung, die geleisteten Pensionszahlungen seien als verdeckte Gewinnausschüttung zu behandeln. Die hiergegen gerichtete Klage hatte Erfolg.
  • Die Begründung des Gerichts: Zwar bestehe ein Zielkonflikt zwischen Versorgungsbezügen und Gehalt. Das heißt, grundsätzlich würde eine GmbH ihrem Geschäftsführer nicht zeitgleich eine Pension und ein laufendes Gehalt zahlen. Im vorliegenden konkreten Einzelfall sei aber zusätzlich einzubeziehen, dass die erneute Geschäftsführertätigkeit allein im Interesse der GmbH erfolgte und das vereinbarte neue Geschäftsführergehalt letztlich nur ein Anerkennungsbetrag und kein vollwertiges Gehalt ist. Angesichts dieser Umstände des vorliegenden Einzelfalles sowie der vorgetragenen wirtschaftlichen Gründe für die Wiederbestellung des Geschäftsführers hätten auch fremde Dritte eine Anstellung zu einem geringen Gehalt zusätzlich zur Zahlung der Pensionsbezüge vereinbart. Das FG hat allerdings die Revision zugelassen, so dass das letzte Wort noch nicht gesprochen ist. Das Verfahren ist beim BFH unter dem Az. I R 41/19 anhängig.

 

3. Gebrauchtwarenhändler:
Marge ist für Kleinunternehmergrenze unerheblich

Wer als so genannter Wiederverkäufer tätig ist, kann seine Umsatzbesteuerung auf die Differenz zwischen An- und Verkaufspreis beschränken. Diese so genannte Margen- oder Differenzbesteuerung betrifft üblicherweise Händler von Gebrauchtwaren, zum Beispiel auf Flohmärkten, kann aber auch Verkäufer von Neuwaren betreffen, wenn diese ihre Waren "von Privat" oder von Kleinunternehmern erwerben. Aufgrund des zunehmenden Internethandels und der diversen Verkaufsplattformen wie Ebay ist die Zahl der Wiederverkäufer stark gestiegen.

Viele Wiederverkäufer haben in der Vergangenheit die Kleinunternehmer-Regelung des § 19 UStG in Anspruch genommen, das heißt, sie mussten für ihre "Marge" keine Umsatzsteuer zahlen. Doch aufgrund einer Änderung der Verwaltungsauffassung zum 1.1.2010 galten plötzlich viele Wiederverkäufer nicht mehr als "klein" und mussten seitdem Umsatzsteuer abführen, denn seitdem kommt es für die Kleinunternehmerschwelle (17.500 EUR) auf den Umsatz und nicht mehr auf die Marge an. Ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) ließ die betroffenen Unternehmer kurzzeitig hoffen, dass sie die Kleinunternehmerschwelle nun doch nutzen könnten. AKTUELL hat der EuGH diese Hoffnung jedoch enttäuscht. Es bleibt bei der Verwaltungsauffassung, dass es für die Kleinunternehmerschwelle auf die Umsätze und nicht auf die Marge ankommt (EuGH-Urteil vom 29.7.2019, Rs. C-388/18).

  • Zum Hintergrund: Bei Kleinunternehmern wird die Steuer nicht erhoben, wenn der Umsatz zuzüglich Steuer im vorangegangenen Kalenderjahr 17.500 EUR nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50.000 EUR voraussichtlich nicht übersteigen wird (§ 19 UStG). Seit einer Änderung der Verwaltungsauffassung gilt: Für die Ermittlung des Gesamtumsatzes i. S. des § 19 UStG ist auf die vereinnahmten Entgelte und nicht auf den Differenzbetrag abzustellen (BMF-Schreiben vom 16.6.2009, BStBl I 2009 S. 755). Der Bundesfinanzhof (BFH) neigte zwar dazu, zur Ermittlung der betreffenden Umsatzgrößen wieder auf die Differenzbeträge abzustellen. Er hielt aber eine Klärung durch den EuGH für erforderlich (Beschluss vom 7.2.2018, XI R 7/16).
  • Im Streitfall betrugen die Umsätze eines Gebrauchtwagenhändlers, der der Differenzbesteuerung gemäß § 25a UStG unterliegt, bei einer Berechnung nach Verkaufspreisen 27.358 EUR (2009) und 25.115 Euro (2010). Der Gebrauchtwagenhändler ermittelte die Bemessungsgrundlage gemäß § 25a Abs. 3 UStG nach der Differenz zwischen Verkaufs- und Einkaufspreis (Handelsspanne) mit 17.328 EUR und 17.470 EUR. Er nahm deshalb an, dass er Kleinunternehmer i.S. des § 19 UStG sei und keine Umsatzsteuer schulde. Das Finanzamt folgte dem nicht und versagte die Anwendung der Kleinunternehmerregelung für das Jahr 2010. Der Gesamtumsatz des Klägers habe in dem vorangegangenen Kalenderjahr 2009 über der Grenze von 17.500 EUR gelegen - so die neue Verwaltungsauffassung.
  • Vor dem Finanzgericht hatte der Händler bereits einen Sieg errungen. Der BFH hingegen wollte nicht selbst entscheiden und legte die Sache daher dem EuGH vor. Seine Begründung ließ darauf hoffen, dass wieder die Marge als maßgebende Kleinunternehmerschwelle gilt. Doch der EuGH antwortete auf die Vorlagefrage wie folgt: Es würde dem EU-Recht widersprechen, wenn nur die erzielte Handelsspanne berücksichtigt würde. Der Umsatz (zur Ermittlung der Kleinunternehmerschwelle) ist auf der Grundlage aller von dem Wiederverkäufer vereinnahmten oder zu vereinnahmenden Beträge ohne Mehrwertsteuer zu ermitteln, unabhängig von den Modalitäten, nach denen diese Beträge tatsächlich besteuert werden. Dies ergibt sich sowohl aus dem Wortlaut als auch aus der Entstehungsgeschichte der entsprechenden Mehrwertsteuerrichtlinie (Art. 288 Abs. 1 Nr. 1).

 

4. Bargeldgeschäfte:
Schonfrist für elektronische Kassensysteme bis 30.9.2020

Ab dem kommenden Jahr müssen Kassen und Kassensysteme ("elektronische Aufzeichnungssysteme") zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen vorsehen. Das heißt: Ab dem 1.1.2020 müssen Kassen durch eine so genannte technische Sicherheitseinrichtung (TSE) geschützt sein, die bestimmte Vorgänge in der Kasse manipulationssicher protokolliert. Das konkret eingesetzte TSE-Modell muss durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zertifiziert sein. Wichtig: Die betroffenen Kassen müssen außerdem innerhalb eines Monats nach Anschaffung oder Außerbetriebnahme an das zuständige Finanzamt gemeldet werden. Die erstmalige Mitteilung muss bis zum 31.1.2020 erfolgen - so zumindest die Planung!

AKTUELL haben die Vertreter von Bund und Ländern während einer Sitzung am 25.9.2019 eine Übergangsfrist ("Nichtaufgriffsregelung") für die Einrichtung von Kassen und anderen elektronischen Aufzeichnungsgeräten mit einer (TSE) bis zum 30.9.2020 beschlossen. Diese Frist gilt damit offenbar auch für die Meldung der Kassen und Aufzeichnungsgeräten an die Finanzverwaltung, die eigentlich bis zum 31.1.2020 hätte erfolgen müssen. (Quelle: Meldung der IHK Ruhr vom 26.9.2019)

Der guten Ordnung halber: Kassen und Kassensysteme, die im Zeitraum vom 26.11.2010 bis zum 31.12.2019 angeschafft worden sind und Geschäftsvorfälle digital aufzeichnen, nicht aber mit einer zertifizierten TSE aufgerüstet werden können, dürfen noch bis zum 31.12.2022 verwendet werden. Ab dem 1.1.2023 ist dann aber auch hier Schluss; die Kassen dürfen nicht weiter genutzt werden. Sie dürfen übrigens auch nicht weiterverkauft werden.

MEINUNG: Alles andere als eine Übergangsregelung bis zum 30.9.2020 wäre auch fatal gewesen, denn insgesamt ist das ganze Thema “Kassensysteme und TSE” ein einziges Trauerspiel. Schon die Definition der Anforderungen an die TSE durch das BSI hat viel zu lange gedauert. Die Kassenhersteller konnten dementsprechend gar nicht reagieren.

 

IX. Schenkung und Erbschaft

1. Betriebsübergabe:
Zahlungen an Eltern ohne Kostenübernahme für Pflegeheim

Die Übertragung von Vermögen erfolgt oftmals gegen Zahlung von lebenslangen Versorgungsleistungen an die Eltern. Dieses können Renten oder dauernde Lasten sein. Kinder, die von ihren Eltern produktives Vermögen, also z.B. einen Betrieb oder einen land -und forstwirtschaftlichen Hof übernommen haben, dürfen die Versorgungsleistungen grundsätzlich in voller Höhe als Sonderausgaben abziehen, während die Eltern den entsprechenden Betrag versteuern müssen. Dabei ist die Steuerermäßigung der Kinder üblicherweise wesentlich höher als die Steuerlast der Eltern. Die Übertragung von Mietwohnimmobilien ist seit einigen Jahren nicht mehr begünstigt.

Voraussetzung für den Abzug in voller Höhe ist, dass es sich um ertragbringendes Vermögen handelt und die Leistungen als dauernde Last gelten, sich also insbesondere bei einer Änderung der Versorgungsbedarfs erhöhen (oder vermindern) können. Ohne eine solche Abänderbarkeit gelten die Zahlungen "nur" als Rente und dürfen nur mit dem so genannten Ertragsanteil abgezogen werden. Das ist steuerlich wesentlich ungünstiger.

Doch die uneingeschränkte Abänderbarkeit der Leistungen wird vielfach nicht gewünscht, da die übernehmenden Kinder befürchten, im Falle der Pflegebedürftigkeit der Eltern mit hohen Kosten für ein Pflegeheim belastet zu werden. Also wird immer wieder versucht, die Kostenübernahme für ein Alten- oder Pflegeheim vertraglich auszuschließen. Ob eine solche Vereinbarung im "Fall der Fälle" sozialrechtlich Wirkung entfaltet, sei an dieser Stelle einmal dahingestellt. Jedenfalls führt der Ausschluss der Kostenübernahme für ein Alten- oder Pflegeheim dazu, dass die Versorgungsleistungen als Rente gewertet und dementsprechend nur mit dem Ertragsanteil abgezogen werden dürfen - so jedenfalls das Finanzgericht Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 30.7.2019 (5 K 2332/17).

  • Der Fall: Ende 1998 übernahm der Sohn den elterlichen Weinbaubetrieb. Er verpflichtete sich, seinen Eltern einen Beitrag zu deren Lebensunterhalt in Höhe von umgerechnet rund 3.000 EUR monatlich als dauernde Last zu zahlen. Für den Fall einer Änderung der finanziellen Leistungsfähigkeit des Sohnes und/oder des Unterhaltsbedarfs der Eltern wurde zwar eine Anpassung der Zahlung vorgesehen. Ein Mehrbedarf wegen des Verlassens ihrer Wohnung, z.B. wegen einer Unterbringung in einem Alten- oder Pflegeheim, wurde allerdings ausdrücklich ausgeschlossen. In seinen Einkommensteuererklärungen machte der Sohn die Zahlungen an seine Eltern als dauernde Last geltend und beantragte mithin einen vollen Abzug. Dies wurde vom Finanzamt zunächst nicht beanstandet. Aber ab 2007 beschränkte das Finanzamt den Sonderausgabenabzug der Zahlungen erstmals auf 20 %, weil es die Zahlungen als Leibrente qualifizierte, die nur mit dem Ertragsanteil abzugsfähig sind. Einspruch und Klage blieben erfolglos.
  • Auch das Finanzgericht sah in den Zahlungen nur eine Leibrente, weil die Versorgungsleistungen nach den vertraglichen Vereinbarungen nicht in dem für eine dauernde Last erforderlichen Umfang hätten abgeändert werden können. Im Vertrag sei der durch den Auszug aus der eigenen Wohnung bedingte finanzielle Mehrbedarf ausdrücklich ausgeschlossen worden, also insbesondere der im Alter häufig vorkommende Fall, dass die Aufnahme in ein Alten- oder Pflegeheim finanziert werden müsse. Die auf diese Weise eingeschränkte Änderungsmöglichkeit führe dazu, dass die Leistungen nicht (mehr) als dauernde Last, sondern nur als Leibrente zu qualifizieren seien.

HINWEIS: Die Finanzrichter ließen die Revision gegen das Urteil zu, weil höchstrichterlich noch nicht geklärt ist, ob eine "Abänderbarkeit" der Versorgungsleistung auch dann (noch) angenommen werden kann, wenn ein Mehrbedarf wegen außerhäuslicher Pflege ausgeschlossen ist. Die Revision wird spannend sein, denn im Jahre 2016 hatte der BFH zugunsten der Steuerzahler wie folgt geurteilt: "Die wiederkehrenden Leistungen sind dann nicht als Leibrente, sondern als dauernde Last anzusehen, wenn zwar die Abänderbarkeit der Barleistungen bei wesentlich veränderten Lebensbedürfnissen (Heimunterbringung, Pflegebedürftigkeit) ausgeschlossen wird, der Vermögensübernehmer sich jedoch in nennenswertem Umfang verpflichtet, selbst Pflege- und Betreuungsleistungen zu erbringen (BFH-Urteil vom 23.11.2016, X R 16/14)." Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass sich die Zahlungen an die Eltern im Einzelfall auch als reine Unterhaltsleistungen darstellen können, die allenfalls als außergewöhnliche Belastung abziehbar sind.

 

2. Erbschaft:
So profitieren Sie vom Pflegefreibetrag bis zu 20.000 EUR

Die Erbschaftsteuer kann mitunter einen beträchtlichen Teil des Erbes aufzehren. Von daher sind Erben gut beraten, möglichst alle Frei- und Pauschbeträge ausnutzen. Besonders gilt dies, wenn die Erben nicht mit dem Erblasser in gerader Linie verwandt sind und die persönlichen Freibeträge daher recht gering ausfallen. Ein Freibetrag, der interessanterweise ein Schattendasein führt, ist der so genannte Pflegefreibetrag nach § 13 Abs. 1 Nr. 9 des Erbschaftsteuergesetzes. Dieser beträgt bis zu 20.000 EUR und ist - anders als viele denken - kein Pauschbetrag, das heißt, die Kosten für die Betreuung des Erblassers sind nachzuweisen oder glaubhaft zu machen. Dafür ist etwas Aufwand zu betreiben, doch es lohnt sich, denn in vielen Fällen reduziert sich dadurch die Erbschaftsteuer um mehrere tausend Euro.

Im Einzelnen

Der Freibetrag von bis 20.000 EUR wird Personen gewährt, die dem Erblasser unentgeltlich oder gegen unzureichendes Entgelt Pflege oder Unterhalt gewährt haben. Die Erbschaft wird dann quasi als angemessenes Entgelt für die Betreuung gewertet. Zu den Pflegeleistungen in diesem Sinne zählt auch die hauswirtschaftliche Versorgung (z.B. Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung, Spülen, Wechseln und Waschen der Wäsche und Kleidung). Eine aufgrund des Verwandtschaftsverhältnisses bestehende gesetzliche Unterhaltspflicht schließt die Gewährung des Pflegefreibetrags nicht aus (BFH-Urteil vom 10.5.2017, II R 37/15).

Die Gewährung des Freibetrages erfordert, dass der Erbe darlegt, dass der Erblasser pflegebedürftig war. Der Erbe muss zudem glaubhaft machen, dass er Pflegeleistungen - je nach der Hilfsbedürftigkeit des Schenkers - erbracht hat. Er trägt insoweit die Feststellungslast. Im Hinblick auf die damit verbundenen Nachweisschwierigkeiten sind jedoch keine übersteigerten Anforderungen an die Darlegung und Glaubhaftmachung zu stellen. Eine formale Pflegebedürftigkeit der gepflegten Person oder eine Zuordnung zu einem Pflegegrad sind nicht erforderlich.

Der Nachweis der Pflegebedürftigkeit kann in Form eines ärztlichen Attests oder vergleichbarer Bescheinigungen oder in anderer geeigneter Weise geführt werden. Insbesondere kann regelmäßig angenommen werden, dass mit zunehmendem Alter eines Menschen auch dessen Hilfsbedürftigkeit zunimmt. So kann, wenn keine gegenteiligen Anhaltspunkte bestehen, schon bei einem über 80 Jahre alten Menschen von einer Hilfsbedürftigkeit auszugehen sein, ohne dass es hierzu eines Nachweises in Form eines ärztlichen Attests oder vergleichbarer Bescheinigungen bedarf. Die Unterbringung und Versorgung eines Pflegeempfängers in einem Pflegeheim schließen eine Berücksichtigung von Pflegeleistungen nicht aus. Denn diese können auch gegenüber einer Person erbracht werden, die in einem Pflegeheim lebt (Erlass der obersten Finanzbehörden der Länder v. 4.6.2014, BStBl 2014 I S. 891).

Die Finanzverwaltung akzeptiert für erbrachte Leistungen einen pauschalen Satz von 11 EUR je Stunde. Der pauschale Satz ist unabhängig davon anzusetzen, ob und wenn ja in welchem Pflegegrad die zu pflegende Person eingestuft ist. Eine Kürzung erfolgt, soweit die pflegebedürftige Person Pflegegeld aus der Pflegeversicherung oder einer Pauschalbeihilfe nach den Beihilfevorschriften erhält und diese zu Lebzeiten an die verpflichtete Pflegeperson weitergibt. Die Weitergabe selbst ist nach § 13 Abs. 1 Nr. 9a ErbStG von der Schenkungsteuer befreit. Dem Erwerber steht es andererseits frei, einen höheren Wert seiner Leistungen nachzuweisen.

STEUERRAT: Wer einen Angehörigen längere Zeit unentgeltlich pflegt, sollte die aufgewendeten Stunden notieren, gegebenenfalls in einer Art "Pflegetagebuch." Dabei können auch Einkaufsfahrten, Bankgeschäfte sowie die übliche Hilfe im Haushalt als Pflegeleistungen gelten. Pro aufgewendete Stunde können Sie 11 EUR bei der Erbschaftsteuer geltend machen. Rechnen Sie auch Fahrtkosten für Einkaufsfahrten, Fahrten zum Arzt etc. zusammen. Hier werden üblicherweise 30 Cent pro gefahrenen Km von den Finanzämtern akzeptiert. Maximal dürfen Sie so 20.000 EUR abziehen, das heißt die Bemessungsgrundlage für die Erbschaftsteuer mindert sich insoweit. Der Freibetrag mindert sich, wenn die 20.000 EUR nicht erreicht werden. Und noch ein Hinweis: Achten Sie in der Erbschaftsteuererklärung darauf, dass der Freibetrag auch tatsächlich demjenigen gewährt wird, der die Pflege erbracht hat, damit nicht die Miterben unberechtigt von der Steuerminderung profitieren.

 

X. Steuergrundlagen

1. Verbindliche Auskunft:
Gebühren steuerlich nicht abzugsfähig

Wer vom Amt kommt, ist meistens klüger. Auch beim Finanzamt können Sie Auskünfte zu Steuerfragen bekommen, doch diese sind eher unverbindlich. Was aber nützt dies, wenn man bei wichtigen wirtschaftlichen Entscheidungen eine verlässliche Auskunft über die steuerlichen Auswirkungen zu komplizierten Sachverhalten benötigt? Eine vielfach unbekannte Möglichkeit hierzu ist die schriftliche Anfrage an das Finanzamt, auf die Sie schriftlich eine verbindliche Auskunft erwarten dürfen. Doch für diesen "Service" berechnet das Finanzamt eine Gebühr, die je nach Gegenstandswert sehr hoch sein kann. Die Maximalgebühr bei einem Gegenstandswert von 30 Mio. EUR beträgt sage und schreibe 109.736 EUR! Die Frage ist, ob diese Gebühr wenigstens steuerlich absetzbar ist.

Die Gebühren für verbindliche Auskünfte gehören nach Auffassung der Finanzverwaltung zu den steuerlichen Nebenleistungen (gemäß § 3 Abs. 4 AO). Und solche steuerlichen Nebenleistungen sind steuerlich nicht abzugsfähig, soweit sie auf nicht abziehbare Steuern entfallen, wie die Einkommensteuer, andere Personensteuern und die Umsatzsteuer auf Entnahmen (§ 12 Nr. 3 EStG).

AKTUELL hat das Finanzgericht Berlin-Brandenburg die Auffassung des Fiskus bestätigt, dass die Gebühr für eine verbindliche Auskunft zur Körperschaftsteuer oder Gewerbesteuer bei einer Kapitalgesellschaft nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig ist (FG Berlin-Brandenburg vom 14.2.2019, 10 K 10235/16).

  • Der Fall: Eine Kapitalgesellschaft (GmbH) hat beim Finanzamt die Erteilung einer verbindlichen Auskunft beantragt und erhalten. Es ging um die Frage, ob die Einbringung von Aktien einer AG in eine GmbH im Wege der Ausgliederung nach § 123 Abs. 3 UmwG zu einer nachträglichen Versagung eines Verlustvortrags führe bzw. welche Anforderungen für den Fortbestand des übergegangen Verlustvortrages im Hinblick auf die übergehenden Aktien einzuhalten seien. Für die verbindliche Auskunft verlangte das Finanzamt eine Gebühr in Höhe von 58.906 EUR.
  • Die Entscheidung: Gemäß § 10 Nr. 2 KStG sind nicht als Betriebsausgaben abziehbar die Steuern vom Einkommen und sonstige Personensteuern sowie die Umsatzsteuer für Umsätze, die Entnahmen oder verdeckte Gewinnausschüttungen sind, und die Vorsteuerbeträge auf Aufwendungen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 4 und 7 oder Abs. 7 EStG gilt. Das gilt auch für die auf diese Steuern entfallenden Nebenleistungen. Zu den Nebenleistungen gehören gemäß § 3 Abs. 4 AO u.a. Kosten nach § 89 AO. Auch wenn die Gebühr nicht unmittelbar auf eine Steuer entfällt, sondern auf eine diesbezügliche Auskunft, wird sie doch durch eine Steuer veranlasst.
  • Vorliegend betraf die verbindliche Auskunft die Vermeidung von Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer, also nicht abzugsfähige Steuern. Auch die Gebühr sei folglich nicht als Betriebsausgabe abziehbar. Durch die ausdrückliche Auflistung der Gebühr in § 3 AO als steuerliche Nebenleistung hat der Gesetzgeber deutlich gemacht, dass diese von der gesetzlichen Vorschrift erfasst werden soll. Da der Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft regelmäßig dem Zweck dient, die Steuern im Rahmen einer geplanten rechtlichen Gestaltung möglichst gering zu halten oder zu vermeiden, überzeugt der Einwand der Klägerin, es sei darauf abzustellen, ob tatsächlich eine Steuer entstanden sei, nicht.

Weitere Informationen: Die verbindliche Auskunft vom Finanzamt

 

XI. Soziales

1. Arbeitslosengeld I:
Änderung der Sperrzeiten bei versicherungswidrigem Verhalten

Bezieher von Arbeitslosengeld I, die eine von der Arbeitsagentur angebotene zumutbare Stelle oder berufliche Eingliederungsmaßnahme ohne wichtigen Grund nicht annehmen bzw. abbrechen, riskieren eine Sperrzeit beim ALG. Beim ersten Regelverstoß gibt es eine dreiwöchige Sperre, beim zweiten wird eine Sperrzeit von 6 Wochen und beim dritten Verstoß eine Sperrzeit von 12 Wochen verhängt (§ 159 Abs. 4 SGB III). Zwischen Anfang 2015 und Juni 2019 haben die Arbeitsagenturen bei Beziehern von ALG I knapp 150.000 Sperrzeiten wegen "versicherungswidrigen Verhaltens" verhängt. Die Angebote der Arbeitsagenturen sind mit Rechtsfolgenbelehrungen versehen, die jeweils im "Dreier-Pack" für den Fall der Ablehnung alle drei möglichen Sperrzeitdauern androhen.

AKTUELL hat das Bundessozialgericht entschieden, dass die Rechtsfolgenbelehrungen rechtsunwirksam sind, weil sie nicht erkennen lassen, welche konkrete Rechtsfolge im Fall der Nichtbewerbung droht. Zudem setze der Eintritt einer sechs- bzw. zwölfwöchigen Sperrzeit bei Arbeitsablehnung voraus, dass zuvor der Eintritt einer solchen Sperrzeit mit einer Dauer von drei bzw. sechs Wochen wegen eines ersten bzw. zweiten versicherungswidrigen Verhaltens festgestellt worden sei. Eine zweite und dritte Sperrzeit mit einer Dauer von sechs und zwölf Wochen könne nur eintreten, wenn dem Arbeitslosen zuvor konkrete Rechtsfolgenbelehrungen erteilt worden sind und zudem bereits ein Bescheid über eine vorausgegangene Sperrzeit ergangen ist. Einheitliche Rechtsfolgenbelehrungen, die auf sämtliche möglichen Sperrzeitformen bei einem wiederholten versicherungswidrigen Verhalten hinweisen und damit lediglich den Gesetzestext wiederholen, sind keine wirksamen Rechtsfolgenbelehrungen für Sperrzeiten mit einer Dauer von sechs oder zwölf Wochen (BSG-Urteile vom 27.6.2019, B 11 AL 14/18 R und B 11 AL 17/18 R).

AKTUELL hat die Bundesagentur für Arbeit auf das Sperrzeit-Urteil des Bundessozialgerichts reagiert und verhängt während des Bezugs von Arbeitslosengeld bis auf weiteres "auch bei zweitem und drittem versicherungswidrigem Verhalten" jeweils nur eine Sperrzeit von 3 Wochen (BA-Weisung 201907016 vom 17.7.2019).

STEUERRAT: Da das Bundessozialgericht die Rechtsfolgenbelehrung der Arbeitsagenturen zu Angeboten von Arbeitsstellen und Eingliederungsmaßnahmen für "rechtsunwirksam" erklärt hat, können nun auch rechtskräftig gewordene Bescheide der Arbeitsagenturen aus den Jahren seit 2015 nochmals durch einen Überprüfungsantrag angefochten werden. Dabei können Sie bei der Arbeitsagentur beantragen, mit Hinweis auf § 44 SGB X eine fehlerhafte Entscheidung zu ändern.

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