Verluste aus Termingeschäften, insbesondere aus dem Verfall von Optionen, dürfen nur mit Gewinnen aus Termingeschäften und mit Erträgen aus Stillhaltergeschäften ausgeglichen werden. Dabei ist die Verlustverrechnung beschränkt auf 20.000 EUR. Nicht verrechnete Verluste können auf Folgejahre vorgetragen werden und jeweils in Höhe von 20.000 EUR mit Gewinnen aus Termingeschäften oder Stillhalterprämien verrechnet werden. Verluste aus Termingeschäften können nicht mit anderen Kapitalerträgen oder gar anderen Einkünften verrechnet werden (§ 20 Abs. 6 Satz 5 EStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2020). Die Beschränkung gilt seit dem 1.1.2021. AKTUELL hat der Bundesfinanzhof - wenn auch nur in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes - Bedenken gegen die betragsmäßige Beschränkung der Verlustverrechnung angemeldet. Er hält sie für verfassungswidrig (BFH-Beschluss vom 7.6.2024, VIII B 113/23 (AdV)).
  • Der Fall: Ein Anleger erklärte in 2021 Kapitalerträge aus Termingeschäften in Höhe von 250.631 EUR und Verluste aus entsprechenden Geschäften in Höhe von 227.289 EUR. Das Finanzamt verrechnete die laufenden Verluste aus Termingeschäften nur in Höhe des gesetzlichen Höchstbetrags von 20.000 EUR mit Gewinnen aus Termingeschäften. Die noch nicht verrechneten laufenden Verluste in Höhe von 207.289 EUR berücksichtigte es lediglich in der Verlustfeststellung. Gegen den Bescheid legte der Steuerbürger Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung (AdV). Er machte Einwände gegen die Beschränkung der Verrechnung von Gewinnen und Verlusten aus Termingeschäften geltend. Er wies darauf hin, dass vom Bundesverfassungsgericht derzeit ohnehin geprüft werde, ob die Beschränkung der Verlustverrechnung für Aktienverluste rechtens ist
    (2 BvL 3/21; vgl. SteuerSparbrief Juli-August 2021). Die Entscheidung werde richtungsweisend auch für die Verrechnung von Verlusten aus anderen Kapitalanlagen sein. Das Finanzgericht gab dem AdV-Antrag statt. Der BFH hat die hiergegen gerichtete Beschwerde des Finanzamts abgewiesen.
  • Begründung: Bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung ist die Verlustverrechnungsbeschränkung für Termingeschäfte gemäß § 20 Abs. 6 Satz 5 i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2020 nicht mit Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes vereinbar. Die Vorschrift bewirke, dass Verluste aus Termingeschäften zwar nicht generell versagt, jedoch nur bei (späteren) Gewinnen aus Termingeschäften bzw. Stillhalterprämien und dann nur zeitlich gestreckt abgezogen werden dürfen. Eine zeitliche Streckung der Verlustverrechnung sei verfassungsrechtlich zwar grundsätzlich nicht zu beanstanden. Der Kernbereich einer Nettoertragsbesteuerung werde aber verletzt, wenn die Gefahr besteht, dass der Verlustausgleich in der Totalperiode gänzlich ausgeschlossen ist. Die jährliche Betragsgrenze von 20.000 EUR begünstige bei hohen Verlusten die Gefahr eines endgültigen Verlustuntergangs. Ein Steuerpflichtiger müsste beispielsweise zur Verrechnung eines Verlustes aus einem Termingeschäft in Höhe von 1 Mio. EUR noch weitere 50 Jahre leben und in jedem dieser 50 Jahre hinreichende Gewinne aus Termingeschäften und Stillhalterprämien erzielen, um eine vollständige Verlustverrechnung zu erreichen; würde er in den Folgejahren auch jeweils Verluste aus Termingeschäften erzielen, würde sich die Verrechnung der Verluste entsprechend verlängern.
  • Auch im Streitfall bräuchte der Antragsteller für die Verrechnung des gesondert festgestellten Verlustes in Höhe von 207.289 EUR über zehn Jahre, um die Verluste auszugleichen, vorausgesetzt, er würde in den Folgejahren jedes Jahr positive Einkünfte aus Termingeschäften und Stillhalterprämien in Höhe von mindestens 20.000 EUR und keine weiteren ausgleichsfähigen Verluste aus Kapitalvermögen erzielen. Hinzu komme, dass dann, wenn der Steuerpflichtige im Folgejahr der Verlustentstehung weitere Termingeschäfte tätigt und hieraus Verluste erzielt, diese neuen Verluste vorrangig mit aktuellen Gewinnen aus Termingeschäften und solchen aus Stillhalterprämien gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 11 EStG dieses Jahres bis zur absoluten Verlustverrechnungsgrenze von 20.000 EUR auszugleichen sind. In Fällen wie im Streitfall sei deshalb nicht nur eine sofortige vollständige Berücksichtigung ausgeschlossen, sondern die Verlustberücksichtigung könne endgültig unmöglich sein.

STEUERRAT: Das Finanzgericht Baden-Württemberg hat - sogar in einem Hauptsacheverfahren - keine Bedenken gegen die Einschränkung der Verlustverrechnung (Urteil vom 29.4.2024, 10 K 1091/23). Gegen das Urteil wurde allerdings die Revision zugelassen, die auch bereits eingelegt worden ist (Az. VIII R 11/24). Insofern wird der BFH bald in einem Hauptsacheverfahren und nicht nur in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entscheiden müssen. Und möglicherweise wird die Frage der Verrechnung von Verlusten aus Termingeschäften auch das Bundesverfassungsgericht erreichen. Oder die Richter des BFH warten einfach ab, wie Karlsruhe in dem erwähnten Verfahren zur Verrechnung von Aktienverlusten entscheiden wird. Jedenfalls sollten Betroffene in ähnlichen Fällen Einspruch sowohl gegen ihre Einkommensteuerbescheide als auch gegen die Bescheide über die Verlustfeststellung einlegen.

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Steuertipp der Woche vom 30.9.2024