Betriebsveranstaltungen wie zum Beispiel Weihnachtsfeiern werden vom Fiskus als geldwerte Vorteile der Arbeitnehmer betrachtet. Diese sind im Prinzip steuerpflichtiger Arbeitslohn, allerdings bleiben die Zuwendungen steuerfrei, soweit sie 110 EUR je Betriebsveranstaltung und teilnehmendem Arbeitnehmer nicht übersteigen. Dies gilt für bis zu zwei Betriebsveranstaltungen jährlich (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 1 EStG). Wird der Freibetrag von 110 EUR überstiegen, hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, den zusätzlichen Vorteil der pauschalen Lohnsteuer zu unterwerfen, so dass die Arbeitnehmer letztlich nicht mit Steuern belastet werden (§ 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG). Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass eine Betriebsveranstaltung  - für die Frage der Lohnsteuer-Pauschalierung - auch dann vorliegen kann, wenn sie nicht allen Angehörigen eines Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht. 

Zunächst zum Hintergrund: Die Finanzverwaltung verlangt für die Gewährung des Freibetrages und auch für eine eventuelle Lohnsteuer-Pauschalierung, dass die Teilnahme an der Betriebsveranstaltung allen Angehörigen des Betriebs oder zumindest eines Betriebsteils offensteht. Als begünstigte Betriebsveranstaltungen sind auch solche Veranstaltungen anzuerkennen, die zum Beispiel jeweils nur für eine Organisationseinheit des Betriebs, etwa einer Abteilung, durchgeführt werden, wenn alle Arbeitnehmer dieser Organisationseinheit an der Veranstaltung teilnehmen können (BMF-Schreiben vom 14.10.2015, BStBl 2015 I S. 832).

AKTUELL hat der Bundesfinanzhof - entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung - entschieden, dass eine Betriebsveranstaltung bezüglich der Frage der Lohnsteuer-Pauschalierung auch dann vorliegen kann, wenn sie nicht allen Angehörigen eines Betriebs oder eines Betriebsteils offensteht (BFH-Urteil vom 27.3.2024, VI R 5/22).

  • Der Fall: Der Arbeitgeber veranstaltete im Jahr 2015 in eigenen Räumlichkeiten eine Weihnachtsfeier, zu der nur die Vorstandsmitglieder eingeladen waren. Darüber hinaus richtete er im selben Jahr eine Weihnachtsfeier für Mitarbeiter aus, die zum oberen Führungskreis bzw. Konzernführungskreis gehörten. Dabei handelte es sich um Mitarbeiter, die eine bestimmte Karrierestufe erreicht hatten, aber keinen eigenständigen Betriebsteil bildeten. Für beide Veranstaltungen wendete der Arbeitgeber jeweils hohe Kosten auf. Der Arbeitgeber beantragte daher die Lohnsteuer-Pauschalierung für den geldwerten Vorteil der Arbeitnehmer mit einem Pauschsteuersatz von 25 Prozent. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, die beantragte Lohnsteuer-Pauschalierung könne nicht gemäß § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG erfolgen, denn der Begriff der Betriebsveranstaltung setze voraus, dass die Teilnahme an der Veranstaltung allen Arbeitnehmern des Betriebs oder des Betriebsteils offenstehe. Doch der BFH ist anderer Auffassung und ließ die Pauschalierung zu.
  • Begründung: Entgegen der Rechtsauffassung des Finanzamts handelt es sich bei den Weihnachtsfeiern des Vorstands und der Führungskräfte um Betriebsveranstaltungen i.S. von § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 1 EStG. Dass die Veranstaltungen nicht allen Betriebsangehörigen offenstanden, steht dem nicht entgegen. Der Wortlaut des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 1 EStG, der für die Lohnsteuer-Pauschalierung nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG maßgebend ist, setzt ab dem Veranlagungszeitraum 2015 als Betriebsveranstaltung nur noch eine Veranstaltung auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter voraus. Eine Veranstaltung, an der ausschließlich Beschäftigte des Betriebs und deren Begleitpersonen teilnehmen können, ist vom Wortsinn her eine solche Betriebsveranstaltung, auch wenn diese Veranstaltung nicht allen Angehörigen eines Betriebs offensteht. 

STEUERRAT: Für die Anwendung der Lohnsteuer-Pauschalierung kommt es also allein darauf an, dass es sich um eine Veranstaltung auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter handelt. Um Missverständnisse zu vermeiden: Für die Gewährung des Freibetrages von 110 EUR bleibt es bei der einengenden Auffassung, dass die Veranstaltung allen Mitarbeitern des Betriebs oder zumindest eines Betriebsteils offenstehen muss, denn insoweit gilt der Satz 3 des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG als Spezialvorschrift.

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