AKTUELL hat der Bundesfinanzhof bestätigt, dass die volle Grunderwerbsteuer bei einem mittelbaren Zusammenhang zwischen Grundstückskauf- und Bauvertrag entsteht: Ein objektiv sachlicher Zusammenhang zwischen einem Grundstückskaufvertrag und einem Bauvertrag, der zur Einbeziehung der Baukosten in die grunderwerbsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage führen kann, setzt nicht zwingend voraus, dass zum Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrags ein rechtswirksames Angebot zum Abschluss eines Bauvertrags vorlag (BFH-Beschluss vom 7.2.2022, II B 6/21).
- Der Fall: Die Kläger erwarben in 2017 ein unbebautes Grundstück, zwar mit Bauverpflichtung, jedoch ausdrücklich ohne Bauträger- oder Architektenbindung. Dem war die Tätigkeit einer Projektierungsgesellschaft vorausgegangen, die die Grundstücke für die Veräußerin vermarktete und dabei verschiedene Haustypen unter Angabe von Architekten bzw. Bauunternehmern vorstellte. Änderungen hieran sowie individuelle Entwürfe mussten über die Projektierungsgesellschaft genehmigt werden. Bereits im Juli 2016 schlossen die Kläger mit dieser Gesellschaft über das Grundstück eine Reservierungsvereinbarung, in der die Errichtung eines bestimmten Haustyps durch einen dritten Bauträger angedacht war. Dieser Bauträger stellte für die Kläger den Bauantrag. Erst Ende 2017 schlossen die Kläger mit diesem Bauträger den Bauvertrag, auf Grundlage dessen auf dem Grundstück ein Haus des ins Auge gefassten Typs errichtet wurde. Das Finanzamt setzte Grunderwerbsteuer fest und bezog die Baukosten in die Bemessungsgrundlage ein. Der BFH hat diesem Ergebnis zugestimmt.
- Der Zusammenhang zwischen Grundstückskauf- und Bauvertrag muss zwar zum Zeitpunkt des Grundstückskaufvertrags bestehen. Dies bedeutet aber nicht, dass zu diesem Zeitpunkt auch der Bauvertrag tatsächlich abgeschlossen und die Bauverpflichtung rechtswirksam begründet sein müsste. Ein vorhandenes Angebot muss auch keine rechtlichen Mindestvoraussetzungen erfüllen, insbesondere nicht rechtswirksam und damit verbindlich sein.
STEUERRAT: Bauherren sollten bemüht sein, kein einheitliches Vertragswerk entstehen zu lassen. Dies ist aber oftmals nicht so einfach. Der aktuelle Beschluss des BFH zeigt, dass auch ohne - zeitgleiche - schriftliche Vereinbarungen zwischen den Vertragsparteien ein einheitliches Vertragswerk und damit die extrem hohe Grunderwerbsteuer entstehen kann. Um eine getrennte Behandlung von Grundstück und Gebäude zu erreichen und folglich Grunderwerbsteuer nur auf den Grund und Boden entstehen zu lassen, müssen Sie sich selber um eine passende Baufirma kümmern, die in keinerlei Beziehung zum Verkäufer des Grundstücks steht. Die Betonung liegt auf dem Wort "keinerlei".
STEUERRAT: Das Finanzgericht Münster hat entschieden, dass Grunderwerbsteuer auf den gesamten Kaufpreis mitsamt vereinbarten Erschließungskosten zu zahlen ist, auch wenn diese erst noch zu erbringen sind (FG Münster vom 18.3.2021, 8 K 1438/19 GrE, Revision II R 9/21). Gegen diese Entscheidung wurde aber Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt. Betroffene Käufer, denen das Finanzamt in einem ähnlichen Fall die Grunderwerbsteuer auf die noch zu erbringende Erschließung berechnet, können Einspruch gegen ihren Steuerbescheid einlegen und das Ruhen des Verfahrens beantragen (Az: II R 9/21, ähnliche Revisionen sind anhängig unter II R 31/20 und II R 32/20; vgl. SteuerSparbrief September 2021).
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