1. Arbeitszimmer: Abzug auch bei Piloten und sogar bei Flugbegleitern möglich
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sind bis zu 1.250 EUR als Werbungskosten absetzbar, wenn für die berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht (§ 4 Abs. 5 Nr. 6b i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG). Sowohl Piloten als auch Flugbegleiter haben für büromäßige Arbeiten "keinen anderen Arbeitsplatz", sodass für sie ein Werbungskostenabzug in Betracht kommt. Die berufliche Nutzung muss allerdings glaubhaft dargelegt werden, z.B. zur Fortbildung, zur Vorbereitung von Flügen.
- Bei Piloten, die ein häusliches Arbeitszimmer nutzen, um Handbücher, Streckenunterlagen und technische Unterlagen, die ihnen vom Arbeitgeber ausgehändigt werden, durchzuarbeiten und auf dem neuesten Stand zu halten, können die Arbeitszimmerkosten steuerlich absetzen. Hierbei handelt es sich um konkrete Tätigkeiten, die sie nicht an ihrem Arbeitsplatz - dem Cockpit - erledigen können (FG Brandenburg vom 25.2.1999, EFG 1999 S. 601).
- Wie aber sieht es bei Flugbegleitern aus? Das FG Düsseldorf hat die Anerkennung des Arbeitszimmers abgelehnt, weil der feststellbare zeitliche Umfang der Bürotätigkeiten so gering war, dass dafür ein Arbeitszimmer nicht "erforderlich" war. Die Richter gingen von einem zeitlichen Arbeitsumfang zu Hause von 51 Stunden im Jahr aus, was einem Anteil von 3,1 % der Gesamtarbeitszeit entsprach - zu wenig, um das Arbeitszimmer anzuerkennen (FG Düsseldorf vom 4.5.2017, 8 K 329/15 E). Auch in einem weiteren Urteil hat das FG Düsseldorf das Arbeitszimmer bei einer Flugbegleiterin abgelehnt, weil der Umfang ihrer Bürotätigkeiten den Richtern so gering erschien, dass das Arbeitszimmer dafür nicht "erforderlich" war (FG Düsseldorf vom 24.4.2017, 8 K 1262/15 E). Der Bundesfinanzhof hingegen hatte mit Urteil vom 8.3.2017 (IX R 52/14) wie folgt entschieden: "Der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers setzt voraus, dass der jeweilige Raum ausschließlich oder nahezu ausschließlich für betriebliche/berufliche Zwecke genutzt wird. Unerheblich ist, ob ein häusliches Arbeitszimmer für die Tätigkeit erforderlich ist."
AKTUELL hat der Bundesfinanzhof seine Sichtweise aus März 2017 bekräftigt. Danach kommt es auf die "Erforderlichkeit" des häuslichen Arbeitszimmers gar nicht an. Die "Erforderlichkeit" sei kein Merkmal des Abzugstatbestands. Daher kann ein Arbeitszimmer auch bei einer Flugbegleiterin wegen fehlenden Arbeitsplatzes absetzbar sein, sofern der Raum so gut wie ausschließlich für berufliche Zwecke genutzt wird. Auf den zeitlichen Umfang ihrer Büroarbeiten kommt es nicht an (BFH-Urteil vom 3.4.2019, VI R 46/17).
- Der Gesetzgeber typisiert in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG die Abzugsvoraussetzungen für ein häusliches Arbeitszimmer, indem er die Abzugsmöglichkeit auf die zwei im Gesetz genannten Fallgruppen (kein anderer Arbeitsplatz, Mittelpunkt der gesamten beruflichen Betätigung) begrenzt.
- Das Gesetz verwendet den Begriff der "Erforderlichkeit" oder "Notwendigkeit" nicht. Vielmehr typisiert es mit den beiden genannten Fallgruppen die Erforderlichkeit der beruflichen Nutzung des Arbeitszimmers, ohne den Begriff der Erforderlichkeit in Gestalt eines unbestimmten Rechtsbegriffs zu einem Tatbestandsmerkmal zu erheben. "Ein zusätzliches ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit folgt daher weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus der Gesetzesbegründung. Denn mit den beiden geregelten Fallgruppen sollen gerade Streitigkeiten über die Notwendigkeit eines Arbeitszimmers vermieden werden."
- Der Fall: Die Flugbegleiterin beantragt den Abzug von Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer in Höhe von 1.250 EUR. Sie benötige das Arbeitszimmer für die Nutzung des firmeninternen Intranets, das Abrufen der Dienstpläne, das Lesen interner Mitteilungen und Dienstanweisungen, Trainingsprogramme sowie allgemeine Flugvorbereitungen (z.B. Information über streckenspezifische Besonderheiten und Produktveränderungen, Studium der Arbeitsanweisungen), für Flugnachbereitungen (z.B. Erstellung von Feedback- und Ereignisprotokollen) sowie Fortbildungen (Erste-Hilfe-Auffrischungen, Emergency-Übungen). Zudem legt sie eine Bescheinigung der Fluggesellschaft vor, wonach ihr kein individueller Arbeitsplatz zur Verfügung stehe.
FAZIT: Wird also das häusliche Arbeitszimmer nur in einem sehr geringen Umfang für berufliche Zwecke genutzt, hat der BFH jetzt folgende Regeln vorgegeben:
- Zunächst ist zu prüfen, in welchem Umfang das Arbeitszimmer beruflich genutzt wird und ob eine schädliche private (Mit-)Nutzung vorliegt.
- Wird der Raum ausschließlich oder nahezu ausschließlich für berufliche Zwecke genutzt und sind die privaten Tätigkeiten (z.B. Erledigung privater Korrespondenz, Aufbewahrung privater Unterlagen) im Verhältnis zur steuerrelevanten Nutzung des Arbeitszimmers als untergeordnet einzustufen, ist das Arbeitszimmer steuerlich anzuerkennen.
Weitere Informationen:
- Arbeitszimmer: Wann steht kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung?
- Arbeitszimmer: Wie muss das häusliche Arbeitszimmer beschaffen sein?
- Wenn das Arbeitszimmer anerkannt wird: Tipps und Kniffe
- Steuerrat für Piloten und Flugbegleiter
2. Arbeitszimmer: Kosten für Modernisierung des Badezimmers nicht absetzbar
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sind bis 1.250 EUR als Werbungskosten oder Betriebsausgaben absetzbar, sofern "kein anderer Arbeitsplatz" zur Verfügung steht, und in unbegrenzter Höhe, falls das Arbeitszimmer den "beruflichen Mittelpunkt" darstellt. Bei der Kostenermittlung werden Aufwendungen, die den Raum direkt betreffen, in voller Höhe erfasst und Aufwendungen, die das Gebäude betreffen, mit dem Arbeitszimmeranteil einbezogen.
Mit dem Arbeitszimmeranteil absetzbar sind auch Aufwendungen für die Instandhaltung, Instandsetzung und Modernisierung des Hauses bzw. der Eigentumswohnung. Unstrittig gilt dies für Renovierungskosten, die das gesamte Haus betreffen, wie Reparatur oder Erneuerung des Daches, der Haustür, der Außenfassade, der Heizung, der Fenster. Ebenfalls gilt dies für Allgemeinflächen, wie Flur, Diele und Treppenhaus. Wie aber sind die Kosten für eine Modernisierung des Badezimmers zu beurteilen? Das Finanzgericht Münster meinte vor vier Jahren, dass die Kosten mit dem Arbeitszimmeranteil absetzbar seien (FG Münster vom 18.3.2015, 11 K 829/14 E).
AKTUELL hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass Aufwendungen für einen Umbau des Badezimmers nicht zu den abziehbaren Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer gehören und folglich nicht mit dem Arbeitszimmeranteil als Werbungskosten oder Betriebsausgaben absetzbar sind (BFH-Urteil vom 14.5.2019, VIII R 16/15).
- Der Fall: Das Badezimmer wurde vollständig umgebaut und behindertengerecht gestaltet, so die Tür versetzt, verbreitert und erneuert, die Badewanne ersatzlos entfernt, Dusche, Waschtisch, Toilette und Bidet versetzt, Zu- und Abwasserleitungen sowie Stromleitungen und -anschlüsse erneuert, der Boden mitsamt der Fußbodenheizung erneuert und ein zusätzlicher Heizkörper installiert, das Bad komplett neu gefliest. Von den gesamten Umbaukosten des Badezimmers in Höhe von 38.822 EUR wurde ein Anteil von 8,43 % (= 3 272 EUR) als Arbeitszimmerkosten geltend gemacht.
- Nach Auffassung des BFH sind Renovierungs- oder Reparaturaufwendungen, die wie z.B. Schuldzinsen, Gebäude-AfA oder Müllabfuhrgebühren für das gesamte Gebäude anfallen, zwar nach dem Flächenverhältnis aufzuteilen und damit anteilig zu berücksichtigen. Nicht anteilig abzugsfähig sind jedoch Kosten für einen Raum, der - wie das Badezimmer und der Flur - ausschließlich privaten Wohnzwecken dient. Erfolgen Baumaßnahmen in Bezug auf einen privat genutzten Raum, stellen sie auch keine "allgemeine Gebäudekosten" dar, die nach dem Flächenverhältnis aufzuteilen und anteilig abzugsfähig sind.
Weitere Informationen: Arbeitszimmer: Welche Kosten können Sie für das Arbeitszimmer absetzen?