- Einkommen- und gewerbesteuerlich ist Folgendes beschlossen worden: Rückwirkend ab dem 1.1.2022 - nicht wie geplant erst ab dem 1.1.2023 - werden Fotovoltaikanlagen auf Einfamilienhäusern (einschließlich Dächern von Garagen und Carports und anderen Nebengebäuden) bis zu 30 kWp gesetzlich steuerfrei gestellt. Auf einen "Liebhaberei-Antrag" kommt es nicht mehr an. Auch für Anlagen, die auf nicht Wohnzwecken dienenden Gebäuden (z.B. Gewerbeimmobilie, Garagenhof) installiert sind, gilt die Grenze von 30 kWp. Bei Anlagen auf Mehrfamilienhäusern und gemischt genutzten Häusern liegt die Grenze bei 15 kWp pro Wohn- oder Gewerbeeinheit. Auch Fotovoltaikanlagen auf überwiegend zu betrieblichen Zwecken genutzten Gebäuden bis zu 15 kWp je Wohn-/Geschäftseinheit sind begünstigt. Pro Steuerpflichtigem oder Mitunternehmerschaft werden insgesamt höchstens 100 kWp steuerfrei gestellt. Die Steuerbefreiung gilt unabhängig vom Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Fotovoltaikanlage für Einnahmen und Entnahmen, die ab dem 1.1.2022 erzielt werden.
- Bei der Umsatzsteuer wird - hier allerdings erst ab 2023 - gelten: Für die Lieferung, den innergemeinschaftlichen Erwerb, die Einfuhr und die Installation von Fotovoltaikanlagen und Stromspeichern wird ein umsatzsteuerlicher Nullsteuersatz gelten, soweit es sich um eine Leistung an den Betreiber der Fotovoltaikanlage handelt und die Anlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird. Betreiber von Fotovoltaikanlagen werden also bei der Anschaffung der Anlage nicht mehr mit Umsatzsteuer belastet, so dass sich Fragen rund um den Vorsteuerabzug erübrigen.
HINWEIS: Die neue EU-Richtlinie 2022/542 vom 5.4.2022 erlaubt einen umsatzsteuerlichen Nullsteuersatz. Wenn dieser Nullsteuersatz angewandt wird, bleibt übrigens der Vorsteuerabzug des Lieferanten bzw. Handwerkers erhalten. Auch das erlaubt die genannte EU-Richtlinie.
Was gilt bei Bestellungen in 2022?
Wer bereits eine Anlage in Auftrag gegeben hat oder bei dem bereits vorbereitende Leistungen im Zusammenhang mit einer Fotovoltaikanlage durchgeführt worden sind, steht vor der Frage, ab wann der Nullsteuersatz bei der Umsatzsteuer zur Anwendung kommt.
Antwort: Es ist davon auszugehen, dass der Zeitpunkt der Leistungserbringung darüber entscheidet, ob die Anlage mit Umsatzsteuer geliefert bzw. installiert wird oder ob bereits der Nullsteuersatz zur Anwendung gelangt. Als Leistungszeitpunkt gilt der Tag der Lieferung bzw. Installation oder - wenn eine Abnahme des fertig gestellten Werks vereinbart wurde bzw. vorgesehen ist - der Tag der Übergabe und Abnahme. Nur wenn der Leistungszeitpunkt in 20223 liegt, wird der Nullsteuersatz angewandt. Der Tag der Bestellung der Anlage ist nicht erheblich.
Wenn bereits Teilleistungen erbracht worden sind, werden diese grundsätzlich bereits im Zeitpunkt der Erbringung und Abnahme besteuert. Das heißt: Wenn eine Teilleistung noch in 2022 erbracht wird, kommt der Nullsteuersatz nicht zur Anwendung. Zum Thema "Teilleistungen im Bereich der Bauwirtschaft" empfiehlt es sich, das Merkblatt zur Umsatzbesteuerung in der Bauwirtschaft zu beachten. Hier erfahren Sie, wann tatsächlich "echte Teilleistungen" vorliegen können und welche Voraussetzungen insoweit zu beachten sind.
Für die Experten unter Ihnen: Zu weiteren Fragen kann wohl auch auf die BMF-Schreiben vom 30.6.2020 (BStBl 2020 I S. 584; Rz. 47 ff.) und vom 4.11.2020 (BStBl 2020 I S. 1129) verwiesen werden, in denen es um die Frage des richtigen Steuersatzes im zweiten Halbjahr 2020 ging, das heißt, als die Steuersätze für einen kurzen Zeitraum von 19 auf 16 und 7 auf 5 Prozent gesenkt wurden. Auch damals haben sich zahlreiche Anwendungsfragen ergeben.
Sonderfall Brutto- oder Festpreisabreden
Wenn mit dem Lieferanten bzw. Installateur eine so genannte Brutto- oder Festpreisabrede getroffen wurde, könnte es bei dem alten Preis bleiben, selbst wenn der Nullsteuersatz zur Anwendung kommt. Zwar dürften diese Fälle im Zusammenhang mit Fotovoltaikanlagen wohl eher selten anzutreffen sein. Aber wenn es insoweit zu Streitigkeiten kommt, wird § 29 des Umsatzsteuergesetzes maßgebend sein: Beruht die Leistung auf einem Vertrag, der mindestens vier Kalendermonate vor dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes abgeschlossen worden ist, so kann der Kunde einen angemessenen Ausgleich der umsatzsteuerlichen Mehr- oder Minderbelastung verlangen. Das heißt: Angenommen, die Anlage wird unmittelbar am 1.1.2023 geliefert bzw. installiert, so muss der Lieferant bzw. Installateur den Preis - von Gesetzes wegen - nur dann senken, wenn die Anlage vor dem 1.9.2022 bestellt wurde.
Was gilt bei Mietmodellen?
In der Praxis sind zunehmend so genannte Mietmodelle anzutreffen. Üblicherweise wird die entsprechende Fotovoltaikanlage dabei über einen Zeitraum von zumeist 20 Jahren, beispielsweise von den Stadtwerken, angemietet. Nach dem Gesetzeswortlaut unterliegt die reine Miete nicht dem Nullsteuersatz, so dass die Mietzahlungen weiterhin mit 19 Prozent Umsatzsteuer belastet werden. Alleridngs stellen sich "Mietmodelle" oftmals doch eher als "Mietkaufmodelle" dar, so dass - je nach vertraglicher Gestaltung - doch der Nullsteuersatz zur Anwendung kommen kann. Das muss im Einzelfal geprüft werden.
Was gilt bei der Nachrüstung von Anlagen?
Manch Betreiber einer Fotovoltaikanlage, die bereits in 2022 oder zuvor angeschafft worden ist, möchte diese in 2023 nachrüsten, indem er die Kapazität vergrößert oder einen Batteriespeicher einbaut. Werden die entsprechenden Module erst in 2023 geliefert, unterliegen auch diese dem umsatzsteuerlichen Nullsteuersatz. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Anlagenbetreiber aufgrund der Stromeinspeisung ins Netz mit seinen Umsätzen (noch) der Umsatzsteuer unterliegt oder ob er (bereits) die Kleinunternehmerregelung gewählt hat. Übrigens ist ohnehin höchst fraglich, ob der Anlagenbetreiber die Vorsteuer aus der Lieferung eines Batteriespeichers abziehen dürfte, wenn der Speicher noch mit Umsatzsteuerausweis geliefert würde (siehe dazu den SteuerSparbrief Oktober 2022).
Warum heißt es "Nullsteuersatz" statt "Umsatzsteuerfreiheit"?
Man ist schnell geneigt, davon zu sprechen, dass Fotovoltaikanlagen künftig "umsatzsteuerfrei" geliefert werden. Fachlich richtig heißt es aber, dass auf die Lieferung ein "Steuersatz von 0" entfällt. Zugegeben: Dem steuerlichen Laien dürfte sich der Unterschied kaum erschließen. Doch er ist darin begründet, dass einem Unternehmer, der steuerfreie Leistungen erbringt, üblicherweise kein Vorsteuerabzug aus seinen Eingangsleistungen zusteht. Das heißt: Sein eigener Wareneinkauf bleibt - von Ausnahmen abgesehen - mit 19 Prozent Umsatzsteuer belastet. Beim Nullsteuersatz hingegen darf er - trotz des Weiterverkaufs ohne Umsatzsteuer - die Vorsteuer aus seinem eigenen Wareneinkauf abziehen.
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