1. Arbeitszimmer: Neue Regeln beim Werbungskostenabzug
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer können als Werbungskosten oder Betriebsausgaben in unbegrenzter Höhe abgesetzt werden, wenn das Arbeitszimmer den "Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung" bildet. Sofern für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit "kein anderer Arbeitsplatz" zur Verfügung steht, sind die Arbeitszimmerkosten - nach bisherigem Recht - bis zum Höchstbetrag von 1.250 EUR abziehbar. Bis zu diesem Betrag sind die Kosten nachzuweisen oder glaubhaft zu machen (§ 4 Abs. 5 Nr. 6b i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG 2022). Der Höchstbetrag von 1.250 EUR ist ein Jahresbetrag. Er wird nicht gekürzt, wenn das Arbeitszimmer nur für einen Teil des Jahres genutzt wird oder nur für einige Monate "kein anderer Arbeitsplatz" zur Verfügung steht.
AKTUELL wird ab dem 1.1.2023 der Werbungskostenabzug beim häuslichen Arbeitszimmer geändert (§ 4 Abs. 5 Nr. 6b i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG). Nunmehr gilt:
- Bildet das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung, können die Arbeitszimmerkosten entweder mit den tatsächlichen Aufwendungen gegen Nachweis oder mit einer Jahrespauschale von 1.260 EUR abgezogen werden. Für jeden vollen Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen nicht vorliegen, ermäßigt sich der Betrag von 1.260 EUR um ein Zwölftel.
- Ist das Arbeitszimmer zwar nicht der Mittelpunkt, steht für die betriebliche und berufliche Tätigkeit aber dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, können die Arbeitszimmerkosten mit einer Tagespauschale von 6 EUR pro Tag, maximal 1.260 EUR im Jahr, abgesetzt werden. Das dürfte beispielsweise bei Lehrern der Fall sein. Lesen Sie dazu auch die unten stehenden Hinweise zur Neugestaltung der Homeoffice-Pauschale.
Im Einzelnen:
- Bildet das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung und sollen die Kosten daher voll abgesetzt oder mit der Pauschale von 1.260 EUR geltend gemacht werden, muss - wie bislang auch - ein "echtes" häusliches Arbeitszimmer vorliegen, also ein abgeschlossener Raum vorhanden sein. In den anderen Fällen ("kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung") reicht eine Arbeitsecke aus; zur Not kann es auch der Küchentisch sein.
- Die Jahrespauschale von 1.260 EUR orientiert sich am Höchstbetrag der Tagespauschale für Arbeiten im Homeoffice. Das sind 210 Tage x 6 EUR (§ 4 Abs. 5 Nr. 6c EStG; vgl. nachfolgende Hinweise zur Homeoffice-Pauschale). So sollen Bürger mit einem häuslichen Arbeitszimmer nicht schlechter gestellt sein als solche, die nur die Tagespauschale abziehen können. Bis zu 1.260 EUR müssen die Kosten nicht nachgewiesen werden.
- Die Jahrespauschale wird monatsbezogen berücksichtigt. Liegen die Voraussetzungen für den Abzug der Arbeitszimmerkosten nicht im gesamten Jahr vor, ermäßigt sich der Betrag von 1.260 EUR um ein Zwölftel. Allerdings kann für diesen Kürzungszeitraum die Homeoffice-Pauschale von 6 EUR/Tag beansprucht werden, wenn die weiteren Voraussetzungen vorliegen (vgl. nachfolgende Hinweise zur Homeoffice-Pauschale).
- Üben mehrere Steuerpflichtige ihre jeweils gesamte betriebliche oder berufliche Tätigkeit in demselben häuslichen Arbeitszimmer aus, ist der Betrag von 1.260 EUR gegebenenfalls mehrfach zu gewähren. Bei der Jahrespauschale handelt es sich um einen personenbezogenen Betrag, weil er sich am Höchstbetrag der Tagespauschale (siehe unten) orientiert und Steuerpflichtige mit einem häuslichen Arbeitszimmer nicht schlechter gestellt sein sollen als solche, die nur die Tagespauschale abziehen können. So lautet die Gesetzesbegründung laut Bundetags-Drucksache 20/4729 (Seite 147) vom 30.11.2022. Achtung: Die ursprüngliche Gesetzesbegründung zum Regierungsentwurf sah keine Vervielfachung der Tagespauschale vor.
- Übt ein Bürger verschiedene betriebliche oder berufliche Tätigkeiten aus, ist die Jahrespauschale auf die verschiedenen Betätigungen aufzuteilen. Der Betrag ist also nicht tätigkeitsbezogen zu vervielfachen, sondern raumbezogen.
- Neben dem Abzug der Jahrespauschale ist ein Abzug der Homeoffice-Pauschale (6 EUR pro Tag) für eine andere Tätigkeit nicht zulässig.
2. Homeoffice: Verbesserung der steuerlichen Pauschale
Infolge der Corona-Pandemie üben viele Arbeitnehmer ihre berufliche Tätigkeit zu Hause aus (Homeoffice). Doch nicht immer verfügen sie über einen separaten Raum, der steuerlich als Arbeitszimmer akzeptiert wird. Normalerweise werden Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nur dann als Werbungskosten oder Betriebsausgaben steuerlich anerkannt, wenn dieser Raum in der Wohnung abgetrennt ist und ausschließlich oder fast ausschließlich für betriebliche oder berufliche Zwecke genutzt wird (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 und 3 EStG 2022).
- Doch auch denjenigen, die keinen abgetrennten Raum haben oder die nicht die Voraussetzungen für den Abzug eines häuslichen Arbeitszimmers erfüllen, entstehen durch ihre berufliche Tätigkeit z.B. in einer Arbeitsecke Aufwendungen für Heizung, Strom, Wasser u.a.
- In den Jahren 2020 bis 2022 können Arbeitnehmer, die zu Hause arbeiten und deren Arbeitsplatz nicht die steuerlichen Voraussetzungen für ein Arbeitszimmer erfüllt, einen Pauschalbetrag von 5 EUR pro Tag als Werbungskosten geltend machen (sog. Homeoffice-Pauschale). Maximal sind 600 EUR im Jahr absetzbar, was 120 Tagen entspricht (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 4 EStG und § 52 Abs. 6 Satz 13 EStG, eingefügt durch das "Jahressteuergesetz 2020" vom 21.12.2020).
AKTUELL wird ab dem 1.1.2023 die Homeoffice-Pauschale entfristet. Der steuerliche Abzugsbetrag wird von bisher 5 EUR angehoben auf 6 EUR pro Tag und für maximal 210 Tage statt bisher 120 Homeoffice-Tage gewährt. Anders als bisher 600 EUR beträgt der Höchstbetrag künftig 1.260 EUR pro Jahr (§ 4 Abs. 5 Nr. 6c EStG, eingefügt durch das "Jahressteuergesetz 2022").
HINWEIS: Der bisherige Begriff der "Homeoffice-Pauschale" ist irritierend, da er den Anschein der Notwendigkeit eines häuslichen Arbeitszimmers erweckte. Daher wird nun immer häufiger der Begriff "Homework-Pauschale" oder aber - nach dem Gesetzeswortlaut korrekt - Tagespauschale verwendet. Letztlich geht es aber um das Gleiche.
Um die Homeoffice-Pauschale (Tagespauschale) zu erhalten, muss der Arbeitsplatz in der Wohnung keine besonderen Voraussetzungen erfüllen. Ob am Küchentisch, in einer Arbeitsecke oder in einem getrennten Raum gearbeitet wird, macht dafür keinen Unterschied. Der Typusbegriff des häuslichen Arbeitszimmers ist keine Tatbestandsvoraussetzung für den Abzug der Pauschale. Mit der Tagespauschale sind alle (Mehr-) Aufwendungen für die Nutzung der häuslichen Wohnung abgegolten.
- Tagespauschale: Steuerpflichtige können einen pauschalen Betrag von 6 EUR für jeden Tag abziehen, an dem die betriebliche oder berufliche Tätigkeit zeitlich "überwiegend" in der Wohnung ausgeübt wird und die erste Tätigkeitsstätte nicht aufgesucht wird. Ein Abzug der Tagespauschale ist auch dann zulässig, wenn ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. "Überwiegend" ist eine zeitliche Bestimmung. Danach muss mehr als die Hälfte der tatsächlichen täglichen Arbeitszeit in der häuslichen Wohnung verrichtet werden.
- Höchstbetrag: Insgesamt ist der Abzug der Tagespauschale für einen häuslichen Arbeitsplatz auf einen Höchstbetrag von 1.260 EUR im Jahr begrenzt (210 Tage x 6 EUR). Die Kosten für Arbeitsmittel können zusätzlich abgesetzt werden.
- Kein Nebeneinander von Pauschalen: Ein Abzug von tatsächlichen Kosten, Jahres- oder Tagespauschale nebeneinander ist nicht zulässig. Das gilt auch dann, wenn im Kalenderjahr mehrere Tätigkeiten ausgeübt werden. Die Tagespauschale von 6 EUR bezieht sich auf den Kalendertag und erhöht sich auch dann nicht, wenn an einem Kalendertag verschiedene betriebliche oder berufliche Betätigungen ausgeübt werden, für die jeweils die Abzugsvoraussetzungen vorliegen.
- Tätigkeiten: Üben Steuerpflichtige verschiedene betriebliche oder berufliche Tätigkeiten aus, kann sowohl die Tagespauschale von 6 EUR als auch der Höchstbetrag von 1.260 EUR auf die verschiedenen Betätigungen aufgeteilt oder insgesamt einer Tätigkeit zugeordnet werden. Die Beträge können nicht tätigkeitsbezogen mehrfach abgesetzt werden.
- Doppelter Haushalt: Werden Unterkunftskosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung geltend gemacht, ist ein zusätzlicher Abzug der Tagespauschale nicht zulässig. Gleiches gilt, wenn Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer abgesetzt werden.
- Verrechnung: Die Tagespauschale wird - ebenso wie andere Werbungskosten - mit dem Arbeitnehmerpauschbetrag von 1.230 EUR verrechnet. Das heißt, eine Steuerersparnis gibt es erst dann, wenn die Werbungskosten insgesamt mehr als 1.230 EUR betragen.
- Aufzeichnungspflicht: Die Kalendertage, an denen die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Tagespauschale erfüllt sind, sind vom Steuerpflichtigen aufzuzeichnen und in geeigneter Form glaubhaft zu machen.
- Fahrten: Fährt der Arbeitnehmer an einem Tag zusätzlich zu seiner ersten Tätigkeitsstätte, kann die Tagespauschale von 6 EUR nicht abgezogen werden, sondern nur die Fahrtkosten mit der Entfernungspauschale. Ein Nebeneinander von Pauschalbetrag und Fahrtkosten ist nicht zulässig - so der Grundsatz.
- Fahrten - Ausnahmen: Der Ausschluss der Fahrtkosten gilt jedoch nicht in den Fällen, in denen dem Arbeitnehmer für die betriebliche oder berufliche Betätigung "kein anderer Arbeitsplatz" zur Verfügung steht, das heißt, in diesen Fällen kann sowohl die Entfernungspauschale als auch die Tagespauschale abgezogen werden. Das dürfte beispielsweise bei Lehrern der Fall sein, deren Mittelpunkt der Tätigkeit zwar nicht im Homeoffice, sondern in der Schule liegt, die aber in der Schule auch nicht über ein Büro verfügen, in dem sie den Unterricht vor- und nachbereiten können. Ein Abzug von Fahrtkosten und Tagespauschale ist ebenfalls möglich, wenn zusätzlich zu einer Auswärtstätigkeit die überwiegende Arbeitszeit in der häuslichen Wohnung verrichtet wird. "Überwiegend" wird dabei - soweit ersichtlich - nach zeitlichen (quantitativen) und nicht qualitativen Merkmalen bemessen.
Beispiel:
Ein angestellter Bauingenieur fährt an einem Tag erst auf die Baustelle und anschließend erledigt er die Büroarbeiten nicht am Arbeitsplatz seines Arbeitgebers (erste Tätigkeitsstätte), sondern an seinem Arbeitsplatz in der häuslichen Wohnung. Der Bauingenieur kann für diesen Tag sowohl Reisekosten für die Fahrt zur Baustelle als auch die Tagespauschale abziehen, wenn die Arbeit überwiegend in der häuslichen Wohnung ausgeübt wurde, d.h. mehr als die Hälfte der Gesamtarbeitszeit des Tages beträgt.
STEUERRAT: Im Gegensatz zur bisherigen Regelung reicht für die Tagespauschale eine überwiegende Tätigkeit in der häuslichen Wohnung aus. Bislang wird für die Homeoffice-Pauschale eine ausschließliche berufliche oder betriebliche Tätigkeit in der häuslichen Wohnung verlangt. Eine klare Verbesserung zur geltenden Rechtslage.
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